Lust am Scheitern - Eine mystische Denkfigur in ‚Dark Souls III‘

23. September 2024
Abstract: In ‚Dark Souls III‘, dem bislang letzten Teil der Dark Souls-Spielreihe, begegnet eine Denkfigur, die so bereits in der abendländischen Mystik präfiguriert ist: Lust am Scheitern. Die verschiedenen Gegner, vom ersten Trashmob bis zum Endboss, wollen nicht einfach überwunden werden, sondern in ihrer partikularen Erscheinungsform intensiv erlebt sein. Instrumentelles Wissen weicht hier einer ästhetischen Erfahrung. Der Beitrag arbeitet verschiedene Betrachtungsebenen heraus, mit denen eine Verbindungslinie zwischen gegenwärtigem Computerspiel und vormoderner Literatur sichtbar wird. Dabei soll gezeigt werden, in welchem Verhältnis diese beiden medial und historisch disparaten Gegenstände stehen, welche ludonarrativen Logiken in ‚Dark Souls III‘ erste Perspektiven auf vormoderne Literatur zulassen und wie sich dies insbesondere in zentralen Texten der abendländischen Mystik spiegelt.

Vorspiel: Looten in Azeroth

Wer im Jahr 2005,1 noch einige Jahre vor der Veröffentlichung von Dark Souls2, einer ambitionierten PvE-Gilde in World of Warcraft3 (WoW) beitreten möchte, muss vor allem eine Kompetenz mitbringen: Wipe-Bereitschaft. Bosskämpfe in Raidinstanzen für 40 Personen bilden die wesentlichen Herausforderungen des Spiels und wollen bewältigt werden, egal wie oft man daran scheitert. Wipen gilt in WoW jedoch als unerwünschter Misserfolg; Bosse sind zum Looten da. Wertvolle Gegenstände von getöteten Raidbossen sind das zentrale Kapital in WoW, das sowohl den Zugang zu anspruchsvolleren Raids wie auch soziales Prestige beim Defilieren in der Hauptstadt gewährt. Das Schwert Gressil, Dawn of Ruin ist mit seinem hohen Schadenswert nicht nur äußerst zweckdienlich, sondern es zeigt auch indexikalisch an: Ich habe Kel’Thuzad, den Endboss in Naxxramas, besiegt.4

Ist eine Gilde ambitioniert, kann ein Server-First-Kill angestrebt werden. Die engagiertesten Raids können sogar hohe regionale oder weltweite Ranglistenplätze erreichen. Für alle anderen sedimentieren sich diese Pionierleistungen bald zu lernbaren Wissensbeständen: Die zunächst textuell, später v. a. in YouTube-Videos vorliegenden Bosstaktiken gehören zur Vorbereitungsroutine der meisten WoW-Spieler:innen. Sämtliche Problemstellungen werden präzise beschrieben, mit exakten Schadenswerten quantifiziert und durch bewährte Lösungsansätze handhabbar gemacht – Bosskämpfe werden einfach. Sind die notwendigen Taktiken internalisiert und die raiddienliche Ausrüstung erfarmt, steht dem eigenen Erfolg kaum noch etwas im Weg.

1. Einleitung

Eine hochgewachsene, aber dennoch gebeugte Gestalt. Sie ergiesst sich aus der Höhe, gleitet zu Boden. Eine eherne Rüstung, das Gesicht verschleiert, der Umhang schemenhaft. Das Schwert steht in Flammen. Jeder Schritt ein dumpfes Grollen, jede Bewegung mit leisem Hauchen. Schnelle Angriffe, unerwartete Hiebe. Plötzlich ein zweites Schwert, die Klinge eisig. Der Kampf nun erbarmungslos, die Bewegungen unentrinnbar. Eine Erfahrung, die kaum zu beschreiben ist, sondern nur erlebt werden kann.5

Doch diese Beschreibungen gibt es, hier und überall. Aber können sie tatsächlich abbilden, was im Moment der Konfrontation geschieht? Bietet eine Bosstaktik ein taugliches Mittel, um den Boss selber zu besiegen? Ein Bosskampf in Dark Souls lebt vom direkten Erlebnis, vom Einlassen auf die Auseinandersetzung. Oder noch mehr: vom Einlassen des Anderen. Die eigene Wahrnehmung wird durch das Gegenüber bestimmt, im Verlauf verändert, in ihrer Rezeptivität geformt. Im direkten Kontakt werden Avatar und Boss eins, die Bewegungen fügen sich ineinander, das eigene Handeln verliert seine selbstbezügliche Ordnung. Dennoch scheitert man – immer wieder. In jedem Versuch liegt ein anderes Erlebnis, zeigt sich ein eigener Verlauf, kommt der Boss in seiner Wirkmacht von neuem zur Geltung. Das eigene Scheitern wird auf Dauer gestellt, wird zum Modus der stetigen Wiederholung. Das fortlaufende Kampferlebnis negiert das singuläre Erfolgserlebnis. Es wird zu einer gelebten Erfahrung, die nur sich selbst zum Ziel hat. Man tötet den Boss nicht, man scheitert an ihm. Und im wiederholten Scheitern erlebt man ihn am intensivsten.

Dark Souls fördert durch seine Grunddisposition eine Lust am Scheitern. Die konstitutive Auseinandersetzung mit Gegnern – Trashmobs wie Bossen – ist in ihrem Ablauf kaum greifbar, sondern nur im direkten Kontakt erlebbar. Die Besonderheit von Dark Souls ist nicht nur seine immense Schwierigkeit, sondern auch eine ästhetische Erfahrung. Das Spiel zelebriert die Variation seiner Tötungsarten, vom ersten Trashmob in Cemetery of Ash bis zum Endboss Soul of Cinder. Die dabei gemachte Erfahrung der Pein und der evozierte Wille zur Verworfenheit sind Denkmuster, die bereits für die abendländische Mystik bestimmend sind, etwa bei Mechthild von Magdeburg6. In der gewollten Selbsterniedrigung vollzieht sich wiederum eine Wahrnehmungsformung, die auch bei Heinrich Seuse7 zentral ist. Und das eigentümliche Spielerlebnis, wiederholtes Scheitern an einem Boss anstelle seiner Bewältigung, macht einen Modus kenntlich, der von Georges Bataille8 als innere Erfahrung bezeichnet wurde. In diesem Sinne soll im Folgenden gezeigt werden, wie Dark Souls III eine Denkfigur refiguriert, die bereits für die abendländische Mystik eine zentrale Rolle spielt: Lust am Scheitern – als Wahrnehmung und Erfahrung, die von gelingensorientierter Zielstrebigkeit ebenso absieht wie von diskursiver Wissensbildung. Dark Souls erzählt keine Erfolgsgeschichte, es fordert vielmehr ein „Erlöschen des Äußeren“9.

 2. Historisch und medial Disparates

Obwohl Dark Souls als ARPG naturgemäss manche Spielmechaniken mit MMORPGs teilt (z.B. Charakterentwicklung, Bosskämpfe, Items etc.), fordert es doch zu einem völlig anderen Bewältigungsmodus heraus. Die Forschung hat dazu bereits diverse Ansätze aufgezeigt,10 mitunter auch in mediävistischer Perspektive.11 Mir geht es in meinen folgenden Überlegungen hingegen um eine Denkfigur, die sich nicht nur in Dark Souls (bzw. kontrastiv dazu in vormoderner Literatur allgemein) beobachten lässt, sondern auch spezifisch in der abendländischen Mystik.12

Methodisch greife ich auf das von Elisabeth Bronfen in der Anglistik/Amerikanistik etablierte Modell des Crossmappings zurück,13 das ich für eine Gegenüberstellung von vormoderner Literatur und gegenwärtigem Computerspiel als durchaus erhellend erachte:

Ich bezeichne damit das Aufeinanderlagern oder Kartographieren von Denkfiguren. Bei solch einer Lektüre sollen Ähnlichkeiten zwischen ästhetischen Werken aufgezeigt und festgehalten werden, für die keine eindeutigen intertextuellen Beziehungen im Sinne eines explizit thematisierten Einflusses festgemacht werden können. Dabei geht es auch um die Transformation, die sich durch die Bewegung von einer historischen Zeit in eine andere ergibt, und ebenso auch um die Bewegung von einem medialen Diskurs in einen anderen.14

Neben der grundlegenden historischen Transformation ist hier vor allem die Idee einer medialen Verschiebung zentral, um den gegebenen Refigurationen in Dark Souls gerecht zu werden. Diese greifen demnach nicht unmittelbar auf mystische Denkfiguren zurück, sind deren Vermächtnis aber auch nie vollends entledigt. Das „Aufflackern kultureller Intensität zu verschiedenen historischen Zeiten sowie in verschiedenen Medien“15 bedingt grundsätzlich eine vergleichende Arbeit in beide Richtungen. Im Anschluss an Mieke Bals Begriff der preposterous history16 weist Bronfen schliesslich darauf hin, dass spätere Refigurationen sich auch immer rückwirkend in frühere Werke einschreiben, die Bewegung kultureller Denkfiguren also nicht unidirektional verlaufe.17 Eine Analyse mystischer Denkfiguren in Dark Souls wird dadurch umso virulenter.

Mit der vorgeschlagenen Konstellation soll hier keine oberflächliche Korrespondenz zwischen vormoderner Literatur und gegenwärtigem Computerspiel behauptet werden. Es geht dabei nicht um ein mittelalterliches Setting oder um ein fixes Arsenal von Motiven, das nurmehr zu inventarisieren wäre.18 Crossmapping als Methode kann vielmehr

zu einem Verständnis von ästhetischen Werken führen […], in dem erfinderisch Korrespondenzen gesucht werden, um disparate Texte miteinander zu verbinden, um Bezüge herzustellen zwischen kulturellen Gegenständen, die oberflächlich betrachtet nicht übereinstimmen und nicht vergleichbar sind.19

Historisch und medial Disparates wird damit in ein perspektivisches Näheverhältnis gerückt, wodurch sich neue mediale Konstellationen ergeben, die wiederum zu bislang wenig oder gar nicht verfolgten Fragestellungen führen können.20

Mit der folgenden Gegenüberstellung möchte ich somit keineswegs suggerieren, dass in Dark Souls die Kultur des Mittelalters oder wesentliche Denkfiguren der christlichen Mystik unmittelbar und unverändert wieder zum Zuge kommen. Aber ich finde es eine Überlegung wert, dass in Dark Souls eine ästhetische Disposition unterlegt ist, die so bereits in der vormodernen Literatur vorliegt. Die kulturelle Tragweite davon ist nicht zu unterschätzen; Gundolf Freyermuth spricht von Computerspielen als einer

neuen audiovisuellen Ausdrucks- und Erzählform, die als zentrales Medium digitaler Kultur, gleich den früheren audiovisuellen Leitmedien Theater, Film und Fernsehen, nachhaltig unsere Welt- und Selbstwahrnehmung prägt. [...] ein Medium also, welches das Bewusstsein der Mehrheit der Menschen prägt, beeinflusst, verändert – ihre Sicht auf die Welt, ihr Verständnis vom Leben, ihre Identität.21

Nimmt man diesen Aspekt der ‚Wahrnehmungsformung‘ – eine zentrale mystische Denkfigur, etwa bei Heinrich Seuse22 – ernst, dann ist eine Dialogizität zwischen einer vormodernen Denktradition wie der christlichen Mystik und einem gegenwärtigen Computerspiel wie Dark Souls umso wirkungsvoller. Oder, um es noch einmal mit Bronfen zu formulieren; dann „erweist sich ein Erforschen der Analogien zwischen den Repräsentationen der Vergangenheit und ihren gegenwärtigen Refigurationen als brisante kulturelle Arbeit“23. Es geht mir also weniger um eine möglichst authentische Repräsentation von ‚Mittelalter‘ oder ‚Mittelalterlichem‘ in gegenwärtigen Computerspielen;24 interessanter scheint mir die Beobachtung, dass in Computerspielen wieder ähnliche Problemstellungen auftauchen, die einen Bewältigungsmodus einfordern, der so oder ähnlich auch in der vormodernen Literatur verhandelt wird.

3. Dark Souls – Dark Ages?

Die Vorstellung eines ‚authentischen Mittelalters‘ im Computerspiel ist in wissenschaftlicher Perspektive kaum haltbar. Eine visuelle und/oder motivische Nähe kann zwar verschiedentlich verfolgt, aber immer nur vage behauptet werden.25 Als vielversprechender erweist sich eine Betrachtungsebene, die wir an anderer Stelle ‚ludonarrative Logiken‘ genannt haben.26 Damit wird eine Verschränkung von ludischen und narrativen Dynamiken aufgegriffen,27 die vormodernen Texten und gegenwärtigen Medien gleichermassen eignet. Text und Spiel werden damit nicht auf eine effektvolle Oberflächenstruktur reduziert, sondern vielmehr in ihren medialen Eigenlogiken ernst genommen.

Für ein Crossmapping zwischen vormoderner Literatur und gegenwärtigem Computerspiel möchte ich vorweg einige Schlaglichter auf drei zentrale Aspekte von Dark Souls III werfen, die mit verschiedenen Gattungen und Texten des Mittelalters und der Frühen Neuzeit in einen Dialog zu bringen sind, bevor ich dann ausführlicher auf die Mystik zu sprechen komme. Dabei handelt es sich um (1) exzessive Gewalt, (2) erlebte Überwältigung und (3) ironische Skatologie. Jede dieser drei Kategorien ist bereits mehr oder weniger auf die Mystik hin orientiert, kann aber auch nochmal andere Anknüpfungspunkte aufzeigen, etwa zum Artusroman, zur Heldenepik, zur Legendarik oder zum Schwankroman.

Im Durchgang von Cemetery of Ash bis zu Kiln of the First Flame ist der Avatar mit einer (1) ‚exzessiven Gewalt‘ konfrontiert, die sich nicht in einer schwierigen Spielmechanik erschöpft, sondern eine Lust des Spiels an der Intensität und Variation unterschiedlicher Gewaltformen erkennen lässt. In Undead Settlement stösst man etwa auf den ersten Cathedral Evangelist, eine mächtige Gegnerin, deren höhnisches Lachen man schon von weitem hören kann, selbst wenn sie noch nicht sichtbar ist. Neben ihrer Primärattacke, dem Zuschlagen mit Buch und Streitkolben, kann sie sich auch selber entflammen und den Avatar in eine tödliche Umarmung emporheben. Wenig später folgt der erste Hollow Manservant, ein grobschlächtiger Gegner, der eine riesige Trummsäge mit sich führt, womit er beidhändig auf den Avatar einhackt oder sie in weitem Bogen um sich schwingt. Bisweilen gerät er auch in eine Enrage-Phase, in der er mit seiner Säge völlig entfesselt auf den Boden drischt. Obwohl es sich hier um Trashmobs (in einem frühen Level) handelt, zeugen die Angriffsarten von einer exzessiv visualisierten Gewalt, die das Spiel bis zum Schluss prägt. Nicht nur die Bosse prügeln erbarmungslos auf den Avatar ein, sondern auch die Trashmobs tun dies in hoher Intensität und vielfacher Variation.28

In der höfischen Kultur des Mittelalters ist Gewalt normalerweise „eingehegt und kontrolliert“29. Nur ausserhalb des Höfischen zeigt sich auch eine ‚autotelische Gewalt‘, die in ihrem Ziel zerstörerisch und in ihrer Form selbstbezüglich ist. Und darin liegt die Provokation: „Autotelische Gewalt ist die Gewalt, die (uns) am meisten verstört, die sich dem Verständnis, auch dem Erklären weitestgehend zu entziehen scheint. Zumindest gilt dies heute so und man spricht von ‚sinnloser Grausamkeit‘.“30 Im Nibelungenlied findet sich dieses Phänomen sogar gedoppelt, indem Kriemhild sich hier grausam an ihren eigenen Verwandten rächt, worauf sie zum Schluss der Handlung selbst zerstückelt (ze stucken […] gehouwen) wird.31 In der Vita von Heinrich Seuse wird der Diener von einer höllischen Gestalt (ungehúrú helschú person) heimgesucht, die ihm mit einem grausamen Bohrer (grúlichen negber) den Mund zertrümmern will.32 In der Legende der hl. Lucia wird die Jungfrau einer ganzen Kette von Martern ausgesetzt: Löwen, Zwangsprostitution, Strecken mit Seilen und Ochsen, Zauberlist, Feuer, Pech, Harz und Öl. Umso mehr Lucia leiden soll, desto eher gelingt jedoch ihre Selbstbehauptung; sie lobt Christus vrolich uber lut, ouch sunder alle swere.33 Gerade in dieser legendarischen Spielart zeigt sich die hier verfolgte Denkfigur besonders deutlich: Einerseits ist der Triumph der Protagonist:innen umso höher, desto brutaler die Herausforderungen sind.34 Andererseits kommt dabei aber eine Gewalt zum Zuge, die auch eine ästhetische Dimension zu gewinnen scheint.

Dark Souls III vermittelt an verschiedenen Stellen in verschiedenen Formen ein Grundgefühl der (2) ‚erlebten Überwältigung‘ im Kontakt mit einem übermächtigen Gegenüber. Solche Momente können bei einzelnen Trashmobs entstehen, etwa der Monstrosity of Sin in der Zone Profaned Capital; ein Gegner mit übergrossem Körper und einer achtfingerigen Hand als Kopf, dessen Bewältigung sich als äusserst herausforderungsreich erweist.35 Für Dark Souls typisch ist auch eine schwierige Sequenz von Trashmobs über einen längeren Levelabschnitt, wie dies im Aufstieg in der Zone Cathedral of the Deep erstmals begegnet. Eine besondere Form der Überwältigung liegt beim Trashmob Jailer in der Zone Irithyll Dungeon vor, einer hochgewachsenen humanoiden Gestalt mit einem glühenden Brandeisen in der Hand. Das ‚furchterregende‘ Element an diesem Gegner ist aber nicht etwa dessen Visualität oder Mechanik, sondern ein aussergewöhnlicher Effekt, der bei längerem Hinsehen die Healthbar des Avatars schrumpfen lässt. Furcht hat hier eine manifeste Realität, die sogar die Oberflächenstruktur des Interface angreift. Die typischste Soulslike-Erfahrung liegt aber in der Konfrontation mit einem schwierigen Boss; in Dark Souls III exemplarisch und berüchtigt etwa der Nameless King.36

Die Literatur des Mittelalters kennt diese Denkfigur ebenso. In der Artusepik bildet die Konfrontation des Protagonisten mit einem übermächtigen Gegner ein beliebtes Motiv, so etwa bei Erec mit Mabonagrin: „nû gesach in Êrec dan / rîten von verre. / des boumgarten herre / was lanc unde grôz, / vil nâch risen genôz. / der underwant sich grôzer drô. / sîn ros was grôz unde hô, / starc rôt zundervar.“37 Während Erec sich hier auf die Konfrontation einlässt und daraus letztlich auch als Sieger hervorgeht, bietet etwa die Legende von Maria Magdalena einige Momente der völligen Überwältigung. Ein Priester gelangt zu ihrem Aufenthaltsort in der Wüste, wobei er umso schwächer wird, desto mehr er sich dem liminalen Ort nähert: „do er so nahen ir getrat, / daz noch ein stein wurfe dar, / secht, do bestunt sin herze gar / ein engestliche vorchte, / di ouch an im worchte, / daz alle craft an im swein: / sine vuze und sine bein / wurden im gar ane macht; [...].“38 Die Wirkung von Magdalena ist so immens, dass dem Priester jegliche Kräfte schwinden; eine vergleichbare Dynamik zu Jailer aus dem Beispiel oben. Der Religionswissenschaftler Rudolf Otto hat ‚das Heilige‘ ganz in diesem Sinne als etwas Numinoses beschrieben, das zwischen Faszination (fascinans) und Schrecken (tremendum) changiere.39 In beiden Beispielen ist das Gegenüber anziehend; Erec will Mabonagrin besiegen, der Priester will Magdalena begegnen. Während dies im ersten Fall gelingt, ist die Intensität im zweiten Fall zu hoch. Das Menschliche ist nahbar, das Heilige ist es – hier zumindest – nicht.

In Dark Souls III stösst man verschiedentlich auf ein Element, das ich hier (3) ‚ironische Skatologie‘ nenne. Zuerst begegnet dies mit dem Trashmob Cage Spider, der aus einem ovalen Käfig mit mehreren menschlichen Körpern besteht, deren Extremitäten wie Spinnenbeine herausragen. Der NPC hat eine bemerkenswerte Attacke: Er wirft mit Scheisse. Dabei handelt es sich nicht etwa um eine blosse Animation, sondern um ein tatsächliches Item: Dung Pie. Der Tooltip im Ladescreen erläutert den Verwendungszweck: „Throw at enemy to inflict toxin build-up, but also ups your own toxicity.“40 Der Nutzwert geht hier also mit einer Selbstgefährdung einher. An einer Stelle in Undead Settlement wird man von bis zu fünf Cage Spiders angegriffen, wodurch sich die Geschosse mit Exkrementen vervielfachen. Ihr Schaden fällt jedoch nur gering aus, weshalb ich diese ostentative Skatologie durchaus als ironisch fassen würde. Ein weiteres Beispiel bildet der Innenraum der Kathedrale in Cathedral of the Deep. Der Bereich um die beiden Giant Slaves ist kniehoch von einem braunen Schlamm bedeckt, der das Vorankommen des Avatars signifikant verlangsamt. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich dabei um die Exkremente der Riesen handelt. Als Spieler:in ist man durch den Verlangsamungseffekt gezwungen, im Kampfverlauf buchstäblich durch die Scheisse zu rollen. Auch an dieser Stelle steht jedoch nicht der Schadenseffekt im Vordergrund, sondern ein Interaktionsmodus der evozierten Selbsterniedrigung; und damit eine ironisch-skatologische Dimension der Spielumgebung.41

Die Präsenz von Scheisse ist in literarischen Texten des Mittelalters und der Frühen Neuzeit keine Seltenheit; oftmals steht dabei ein teuflischer Index und/oder eine närrische Subversion im Vordergrund.42 Dies zeigt sich etwa im Ulenspiegel, einem Schwankroman an der Schwelle zur Neuzeit. In einem Wettstreit am Königshof mit einem anderen Narren um die abentürlichste Narrei greift Ulenspiegel zu einer intrikaten List:

Also gieng Ulenspiegel mitten in den Sal und hub sich hinden uff und scheiß ein Huffen mitten in den Sal und nam ein Löffel und teilet den Treck recht mitten entzwei und rufft dem andern und sprach: ‚Narr, kum her und thu mir die Leckerei auch nach, als ich dir vor wil thun!‘ und nam den Löffel und faßte den halben Treck darein und ißt den uff unnd bote den Löffel dem Sch[al]ckßnarren unnd sprach: ‚See hin, iß du das ander halb Teil und darnach so mach du auch ein Hauffen und teil den auch voneinander, so will ich dir auch nachessen.‘43

Die skatologische Dimension ist durchwegs eskalativ. Neben der schieren Präsenz von Scheisse im Königssaal ist es v.a. das Essen der ‚Leckerei‘ und das Anbieten der zweiten Hälfte zum Verzehr durch den anderen Narren, was hier ins Auge sticht. Während der Kontrahent zwar kapituliert, ist der Sieg dennoch zweifelhaft errungen: Ulenspiegel musste seine eigene Scheisse verzehren,44 so wie auch der Dung Pie bei Verwendung dem Avatar selbst Schaden zufügt. Beiden Medien ist eine Lust am skatologischen Spiel abzulesen, die um ihren ironischen Zuschnitt weiss: In Dark Souls III ist dem Item seine Nutzlosigkeit explizit eingeschrieben und die Spielumgebung geradezu hämisch arrangiert; im Ulenspiegel setzt die abentürlichste Narrei eine programmatische Rahmenbildung, die dann auch handlungslogisch durch das Ausstellen und Verspeisen von Scheisse entsprechend ausgereizt wird.

Exzessive Gewalt, erlebte Überwältigung und ironische Skatologie lassen eine ludonarrative Logik erkennen, die in Dark Souls III von Anfang an bestimmend ist. In ihrer gegebenen Ausprägung steht sie den hier nur kurz gestreiften Texten des Mittelalters und der Frühen Neuzeit nahe. Entscheidend dafür ist jedoch nicht (nur) eine äusserlich erkennbare Erscheinungsform, sondern ein spezifischer Interaktionsmodus. Damit eröffnen jeweils beide medialen Gegenstände eine vergleichbare ästhetische Erfahrung, die sich in den hier gesetzten Schlaglichtern bereits abgezeichnet hat, aber noch deutlicher im Dialog mit der abendländischen Mystik zu beobachten ist, was ich im Folgenden zeigen möchte.

 4. Eine mystische Denkfigur in ‚Dark Souls III‘

Bereits Johan Huizinga hat sich in Homo Ludens (1938) für Spielformen der Kulturgeschichte interessiert, deren Lösung „nicht durch Nachdenken oder logisches Vernunftfolgern“45 gefunden werden konnte. Dark Souls III ist von einem ähnlichen Prinzip geprägt: Bei Bossen wie Dancer of the Boreal Valley, Champion Gundyr oder Nameless King hilft abstraktive Logik wenig; man muss sich hier vielmehr auf eine kontemplative Praxis und damit auf eine innere Erfahrung einlassen.46 Darin liegt ein enormes Frustrationspotential: Wenn eine Bossmechanik nicht erklärbar, sondern nur erfahrbar ist, wird ein moderner Mensch wütend. In der Literatur und Kultur des Mittelalters ist die Überwältigung durch ein mächtiges Gegenüber hingegen eine vielfach erprobte Denkfigur. Beispiele dafür finden sich etwa im höfischen Roman, in der Heldenepik, in der Legendarik und insbesondere in der Mystik. Um es etwas zugespitzt zu formulieren: Mittelalterliche Menschen wären vielleicht die besseren Dark Souls-Spieler:innen.

Die Konfrontation mit einem übermächtigen Gegner in Dark Souls verlangt eine Haltung der Selbstpreisgabe, die von jeglicher instrumentellen Vernunft absieht. Wie der Gegner in seiner partikularen Ausformung agiert, kann nur in einer momenthaften Verähnlichung gespiegelt werden. Externe Vorbereitung und situative Anwendung, wie dies in anderen Spielen mit strukturierten Bosstaktiken zur Verfügung steht, werden dadurch hinfällig. Auch wenn schriftliche und audiovisuelle Guides durchaus zur Verfügung stehen, erleichtern sie einen Bosskampf in Dark Souls nur geringfügig. Die Praxis steht hier vor der Lehre. Auch von der anderen Seite her gedacht findet sich dieses Prinzip bestätigt: Die Herrschaft des Begriffs bzw. eine diskursive Form des Denkens ist in Dark Souls gleich doppelt gebrochen; einerseits wird hier so gut wie gar nicht gesprochen, andererseits ist das vollzogene Spielerlebnis kaum zureichend beschreibbar.

Mit dieser Lesart von Dark Souls ergeben sich mehrere Betrachtungsebenen, die für ein Crossmapping mit der abendländischen Mystik von Relevanz sind. Darum soll hier nochmal die Frage aufgeworfen werden: ‚Was ist Mystik‘47 in dieser Perspektive? Mystik meint zunächst eine Erfahrung der Nähe von bzw. der Vereinigung mit Gott (terminologisch: raptus, visio, unio). Eine weitere zentrale Vorstellung ist das Abrücken von einer Selbstbezogenheit (bei Meister Eckhart: eigenschaft) bzw. von einer ‚instrumentellen‘ Vernunft (etwas moderner gedacht). Dabei dominiert immer auch die Einschätzung, dass Erfahrung nicht mit Ausdruck einhergeht, sprachliche Diskursivierung also gegenüber dem momenthaften Erleben defizitär bleibt (sog. ‚Unsagbarkeitstopos‘). Damit sind einige Bezüge eröffnet, die es im weiteren Verlauf zu verfolgen gilt. Die ‚Lust am Scheitern‘ steht dabei als zentrale Denkfigur im Fokus, was ich insbesondere mit drei bzw. vier Autor:innen aus Mittelalter und Moderne aufzeigen möchte: einleitend mit Heinrich Seuse (1295-1366), vertiefend mit Mechthild von Magdeburg (1207-1282), abschliessend mit Georges Bataille (1897-1962); und noch kurz ausblickend mit Robert Musil (1880-1942).

 4.1 Bloßlegung und Wahrnehmung (Heinrich Seuse)

Das skizzierte Verhältnis von Erklärbarkeit und Erfahrbarkeit in Dark Souls liesse sich als hermeneutische Tilgung beschreiben, wie sie in der christlichen Mystik mit Heinrich Seuse zu denken ist. Seine ‚Vita‘ erzählt und reflektiert den mystischen Weg des Dieners der ewigen Weisheit, der vom beginnenden über den fortschreitenden zum vollendeten Menschen aufsteigt.48 Ein zentrales Motiv ist dabei das Leiden durch froemde (‚böse Leute‘) als imitatio Christi,49 was sich im zweiten Status intensiviert. Im Dialog mit einem höfischen Jüngling stellt der Diener die Frage, was es zum (geistlich-)ritterlichen Erfolg im Turnier benötige. Jener antwortet ihm unverhohlen:

‚wele aller meist streichen und gedranges erlidet und dar inne nit erzaget, denn daz er kechlich und manlich gebaret, der vast sizet und uf sich lat schlahen, dem wirt der pris geben. [...] er muoss den turnei us und us herten, und wurdi er geschlagen, daz im daz fúr zuo den ogen us wúste und im daz bluot ze mund und nasen us brechi, daz muoss er alles liden, sol er daz lob gewúnnen.‘50

Nur in diesem Durchstehen von Leid, sei dieses auch noch so gesteigert, könne er zu Ehre gelangen. Die Grundhaltung des Leidens im Spiel, wie der höfische Jüngling es hier ausmalt, kann als vergleichbare Disposition in Dark Souls gelten; nur wer sich dem programmatischen ‚Geschlagenwerden‘ hingibt,51 schreitet im Prozess seiner Vollendung voran. Mit dieser brachialen Ausgangsbedingung ist bei Seuse eine Transformation der Wahrnehmung verknüpft, bei der eine begriffliche Reflexion zurückgestellt wird. Ein ‚Jenseits der Bedeutung‘ postuliert etwa Niklaus Largier52 als Grundprinzip einer mittelalterlichen Vorstellung von spekulativer Sinnlichkeit:

Überschreiten wir indes den durch ‚Bedeutung‘ dominierten semiotischen und hermeneutischen Horizont, kann die Angleichung an das sogenannte Urbild nichts anderes meinen als das kritische Unterlaufen des Alten, bedeutungsvoll Sedimentierten zugunsten des Neuen, das in der spiegelnden Wahrnehmung alle Bedeutung suspendiert.53

In diesem Prozess der Verähnlichung begibt sich das Subjekt in einen Modus der Selbstpreisgabe, in der sich Identität und Differenz ebenso auflösen wie eine Dominanz des diskursiven Wissens. An deren Stelle tritt eine ästhetische Erfahrung, eine affektive Freude und eine Lust an der sich modifizierenden sinnlichen Wahrnehmung; „der staunende und erfreute Blick auf das Partikulare und Konkrete“54. Im mystischen Denkhorizont spielt die Motivik der Spiegelung eine zentrale Rolle, eine kontemplative Ästhetik, die sich an die Stelle abstraktiven Wissens stellt.55 Seuse überträgt aus einer Eckhart’schen Vorstellung der Gelassenheit (gelâzenheit56 ) – nach Roger Caillois eine zentrale Konstituente jeglicher spielhafter Kultur57 – die Haltung der Kontemplation in eine Praxis des Spekulierens (speculatio). Der Impetus zielt auch hier nicht auf ein diskursives Verstehen, sondern auf ein affektives Wahrnehmen. Im Modus dieser speculatio muss eine instrumentelle Vernunft, die auf Verstehen und Bewältigen zielt, schweigen: „Es lúhtet neiswas in dem herzen, daz niemand gewoerten kan, so ich dich, daz wiselose guot, loben wil.“58 In der kontemplativen Versenkung kommt das Subjekt zum Verstummen, bleibt dabei aber keineswegs passiv; Spekulation und Kontemplation gehen bei Seuse in eine Praxis über, die eine strikte Dichotomisierung von vita contemplativa und vita activa in Frage stellt.59 Etwas einfacher für Dark Souls übersetzt: Als Spieler:in beobachtet man den Boss nicht nur, sondern begibt sich mit ihm in eine stetige Auseinandersetzung. Mit Seuse gedacht ist dabei entscheidend, dass es nicht um abstraktives Verstehen geht, das sich (wie oben mit WoW gezeigt) in eine funktionale Bosstaktik übertragen liesse. Für Dark Souls kann somit auch annähernd gelten, was Largier für eine mittelalterliche Praxis der imitatio feststellt:

Und auch hier geht es darum, im Medium der ‚Betrachtung‘ eine sinnlich-affektive Wahrnehmung herzustellen, die ein Supplement zur Unmöglichkeit bildet, das Göttliche zu verstehen, also in Formen der ‚Bedeutung‘ zu fassen. Doch es ist nicht der Horizont einer Ästhetik des Schönen, sondern eine Ästhetik des Schreckens, des Hässlichen, des Schmerzes und des Abjekten, der evoziert wird. Dies bildet die Matrix einer Praxis der imitatio, die man formal als Disfiguration mittels Verfahren der Figuration beschreiben kann oder auch, etwas konventioneller: als Selbsterniedrigung, humilitas, Selbstaufgabe, die in der Kontemplation zunächst zu vollziehen ist.60

Der Schmerz geht von der Grundvorstellung einer Passionsmystik aus, die das Leid Christi ins Zentrum rückt und daran auch einen eigenen Leidensweg knüpft. Für das hier verfolgte Crossmapping scheint mir der Aspekt zentral, dass mit dieser Form der imitativen Kontemplation eine dezidierte Praxis der Selbsterniedrigung einhergeht, die ihrerseits eine Öffnung der Sinne mit sich bringt, was die Voraussetzung einer sinnlich-affektiven Wahrnehmung bildet. Zwischen dem Selbst und dem Gegenüber wird dadurch keine feste Grenze eingezogen (oder auch nur aufrechterhalten), sondern geradezu eingerissen; in einer bemerkenswerten Blosslegung, was bei Seuse eine zentrale Vorstellung ist:

Ausgehend von Seuse darf man wohl sagen, dass imitatio in ihrem Grund zunächst nicht imitierende Nachahmung von etwas ist, sondern die Produktion einer Rezeptivität oder auch Verwundbarkeit und Blosslegung, die auf die speculatio offen ist, also auf die Neuformung der Wahrnehmung durch die Mittel der Kontemplation. Damit ist die imitatio denn auch immer neu zu vollziehen, muss sie doch die in Formen der Repräsentation gefangene Wahrnehmung in die Rezeptivität zurückführen.61

Zwei Grundgedanken scheinen mir hier entscheidend: Zunächst bedeutet imitatio bei Seuse nicht schlicht eine Nachahmung, sondern eine Selbstpreisgabe, die eine intendierte Verwundbarkeit evoziert. In einem zweiten Schritt bedeutet dies, dass der Prozess einer sich entsprechend modifizierenden Wahrnehmung nie zum Abschluss kommen kann, sondern in immer neu vollzogene Ansätze der Rezeptivität rückgeführt werden muss.62 Im Effekt dieses Vorgangs ergibt sich eine ‚Entselbstung‘, die der Diener im vorletzten Kapitel der Vita in eindrücklicher Begrifflichkeit schildert:

Von dem inblike entsinket der geist im selben und aller siner selbsheit, er entsinket och der wúrklichkeit siner kreften und wirt entwúrket und entgeistet. Und daz lit an dem inschlag, da er uss sin selbsheit in daz froemd sinsheit vergangen und verlorn ist, na stillheit der verklerten glanzenrichen dúnsterheit in der blossen einvaltigen einikeit. Und in disem entwistem wa lit dú hoehstú selikeit.63

Durch das Einstrahlen des göttlichen Lichts (inblik) entsinkt der Geist sich selber; in diesem Zustand liege die höchste Seligkeit.

Die hier skizzierten Überlegungen zu Seuse legen einen Seitenblick auf eine rezeptive Praxis nahe, die Peter Szondi in seinem Traktat Über philologische Erkenntnis (1962) als ‚perpetuierte Erkenntnis‘ bezeichnet hat.64 Mit Blick auf Dark Souls ist dabei – auch im Anschluss an Seuse – die Frage zu stellen, inwiefern das Kämpfen gegenüber dem Besiegen, das Prolongieren gegenüber dem Bewältigen und somit die Wiederholung gegenüber der Einmaligkeit dominieren. Anders formuliert: Das Einsammeln von Achievements weicht in Dark Souls einer ästhetischen Erfahrung. Szondi formuliert zum hermetischen Gedicht:

Denn obwohl auch das hermetische Gedicht verstanden werden will und ohne Schlüssel oft nicht verstanden werden kann, muß es doch in der Entschlüsselung als verschlüsseltes verstanden werden, weil es nur als solches das Gedicht ist, das es ist. Es ist ein Schloß, das immer wieder zuschnappt, die Erläuterung darf es nicht aufbrechen wollen.65

Analog dazu sehe ich die Auseinandersetzung mit einem Boss in Dark Souls: Zunächst ist die Spielmechanik so gestaltet, dass sie sich nicht vollends entschlüsseln und in eine leicht umzusetzende Bosstaktik übersetzen lässt. Sie wäre mit Szondi vielmehr als ein Schloss zu begreifen, das immer wieder von neuem zuschnappt. Während Spieler:innen in WoW eine bewährte Taktik relativ klar umsetzen können, ist einem Boss in Dark Souls nur mit perpetuierter Erkenntnis beizukommen, indem man sich immer wieder von neuem auf die Auseinandersetzung einlässt. Szondi formuliert für die Literatur ein emphatisches Credo: „Das philologische Wissen darf also gerade um seines Gegenstands willen nicht zum Wissen gerinnen.“66 In leichter Abwandlung dieser Logik kann eine Begründung dafür liegen, warum Dark Souls eine so hervorragende Spielreihe ist: Die spielerische Erfahrung ‚kann‘ bei diesem Gegenstand nicht zum Wissen gerinnen.

 4.2. Umso tiefer, desto süsser (Mechthild von Magdeburg)

Von perpetuierter Erkenntnis in unablässiger Lektüre liesse sich auch bei Mechthilds von Magdeburg Das fliessende Licht der Gottheit sprechen, setzt die topische captatio benevolentiae hier doch mit dem berühmten Hinweis ein: „Alle, die dis buoch wellen vernemen, die soellent es ze nún malen lesen.“67 Im wiederholten Lektüreakt kann eine Annäherung an eine Erfahrung stattfinden, die der Text nur bedingt bezeugen kann.68 Dies wird schon ganz zu Beginn des Buches explizit gemacht, wenn die Gottesschau der entrückten Seele beschrieben wird: „So swebent si fúrbas an ein wunnenriche stat, da ich nút vil von sprechen mag noch wil. Es ist ze notlich, ich engetar, wan ich bin ein vil súndig moensche.“69 Unsagbare Erfahrung und wiederholte Lektüre gehen hier Hand in Hand.

Für den vorliegenden Kontext möchte ich bei Mechthild zwei Aspekte hervorheben: Zunächst die an vielen Stellen sichtbare Tendenz, erfahrenes Leid (pîn) gezielt zu suchen; dann die Mobilität der Seele, die sowohl die Hölle wie auch den Himmel zu durchqueren vermag. Für ein Crossmapping mit Dark Souls III sind diese Aspekte deswegen so zentral, weil sie einerseits die für Dark Souls typische Wiederholung des Scheiterns aufgreifen, andererseits ein markantes Bewegungsmuster des Avatars spiegeln.

In Buch IV, Kap. XXII ist die Seele von einer schweren Trostlosigkeit ergriffen. Mit einem ostentativen Willen zur Selbsterniedrigung bittet sie Christus, so tief wie möglich sinken zu dürfen (la mich fúrbas sinken70), um damit in grosse Finsternis zu gelangen. Für diese allgemeine Tendenz prägt Mechthild den Begriff der ‚gewollten Gottesferne‘ (vroemedunge71 ), die von der Seele freudig willkommen geheissen wird:

‚Siest willekomen, vil selig vroemedunge! Wol mir das ich ie geboren wart, das du, vrouwe, nu min kamererin solt sin! Wan du bringest mir ungewone vroede und unbegriffenlich wunder und dar zuo untreglich suessekeit. [...]‘72

Durch die gewollte Gottesferne empfindet die Seele Freude, Wunder und Süsse; es liesse sich hier gleichsam von einer Lust an der Selbsterniedrigung bzw. einer ‚Lust am Scheitern‘ sprechen. Mechthild treibt diesen Gedanken allerdings noch weiter, indem die Selbsterniedrigung vollends habitualisiert und die dabei empfundene Lust verworfen wird: „Aber, herre, die suessekeit solt du von mir legen und la mich dine vroemedunge han.“73 Das Modell scheint auf den ersten Blick paradox; die Gottesferne ist der Seele heilsamer als die Gottesnähe. Göttliche Zuwendung weist sie hingegen mit der Bitte ab, dass ihr dadurch bloss nicht wohl werden solle.74 Stattdessen sucht die Braut Gottes bewusst die Qual: „Hie nach kam dú brut in so grosse vinsternisse, das der licham swiste unde kramp in der pine.“75 Am Schluss des Kapitels folgt dazu eine emblematische Formel, mit der die Seele die zunehmende Verworfenheit lobt: „Mere ie ich tieffer sinke, ie ich suessor trinke.“76 Die Selbstbestimmung innerhalb dieser verworfenheit77 – wie es an anderer Stelle heisst – ist eine Setzung, die dezidiert von Mechthild ausgeht.78 Es lässt sich insofern festhalten, dass die Lust an der Pein – oder noch konsequenter: die Tendenz zur Pein, auch ohne Lust – eine Denkfigur ist, die Das fliessende Licht ganz wesentlich bestimmt.

Eine topologische Konkretisierung findet sich in einer berühmten Textstelle, in der Mechthild beschreibt, wie die sinkende diemuetekeit auf die Seele wirkt: Zuerst jage sie diese in den Himmel empor und dann wieder in den Abgrund hinunter. Die Abwärtsbewegung der Seele wird dabei besonders betont: „Si sinket mit grossem vlisse in die nidersten stat, die got in siner gewalt hat.“79 In diesem forcierten Hinabsinken gelangt die Seele an den letzten Grund, nämlich under Lucifers zagel80. Solange ihr Verweilen an diesem Ort zu Gottes Ehre gereiche, wolle sie diesen gegen keinen anderen eintauschen. Der Schluss des Kapitels bringt die Logik nochmal auf den Punkt: Mit dem Aufstieg ins Höchste und dem Niedersinken ins Tiefste gelangt die Seele letztlich zu Tugend und Heiligkeit. Entscheidend dafür ist jedoch stets das Ausharren in der Pein, mit dem sie sich schmückt.81 Bei Mechthild ist das erfahrende Leid am Ende doch heilsträchtig. Am Schluss folgt der göttliche Gnadenakt, in dem die gesteigerte Pein eine Erfüllung findet. Auch darin kann eine Parallele zu Dark Souls gezogen werden: Die Lust am Scheitern endet nicht in einem völligen Absturz, sondern erweist sich als ästhetische Wahrnehmungsformung, die sich zum Schluss in einer umfassenden Spielerfahrung erfüllt. Und vielleicht, wenn es dazu kommen soll, sogar in einer intensiven Begegnung mit dem Endboss.

Für das Environmental Stollytelling in Dark Souls hat Franziska Ascher eine ‚radikal vertikale Gliederung der Spielwelt‘ veranschlagt, die in ihrer Stossrichtung grundsätzlich abwärts zeige.82 Diese Grundtendenz lässt sich so auch in Dark Souls III beobachten. Eine performative Umsetzung dieses Prinzips liegt etwa in der Zone Catacombs of Carthus vor: Eine Hängebrücke kann hier zum Einsturz gebracht werden, wodurch sie zu einer Leiter wird und den Zugang zum folgenden Bosskampf gegen High Lord Volnir freilegt.83 Der Handlungsmoment ist bezeichnend: Eine ‚horizontale‘ Struktur (Brücke) wird durch Einflussnahme des Avatars zu einer ‚vertikalen‘ Struktur (Leiter) umgelegt, was im Effekt den weiteren Abstieg ermöglicht. An anderer Stelle in der Zone Irithyll of the Boreal Valley ist der Zugang zu einer geheimen Treppe durch eine illusionäre Wand verdeckt, die zuerst vom Avatar freigelegt werden muss.84 Der überaus lange Abstieg führt in unterirdische Katakomben, die von zwei Minibossen des Typs Sulyvahn’s Beast bewacht werden; zwei riesige Monster mit skelettösem Echsenkörper und sechs feurigen Augen. Neben dieser monströsen Visualität erweist sich auch der Kampfverlauf als äusserst herausfordernd.

Der vertikale Aufbau der Spielwelt in Dark Souls III refiguriert eine literarische Denkfigur, die in Antike und Mittelalter als descensus ad inferos, als Abstieg in die Unterwelt, imaginiert wurde. Die Beispiele und Protagonisten sind zahlreich: Odysseus, Aeneas, Dante; als kulturell dominante Vorstellung auch Christus zwischen Kreuzigung und Auferstehung. Das zweite Beispiel von oben weist gleich mehrere Aspekte auf, die ein descensus-Motiv nahelegen: geheimer Zugang, langer Abstieg, wartende Höllenbestien. Auch in der mystischen Denktradition spielt der Abstieg in die Hölle eine zentrale Rolle. Bei Mechthild berichtet die Seele von einem Ort, dessen Name ‚der ewige Hass‘ (der ewige has) laute.85 Die Hölle weist hier eine klare Topologie auf: „in dem nidersten teil der helle ist das fúr und die vinsternisse und stank und eisunge und allerleige pine allergrost [...]. In dem mittelen teil der helle ist allerleie pine meslichor [...]. In dem oberoston teil der helle ist allerleie pine allerminnest [...].“86 Geht man bei Dark Souls III von einem grundsätzlich abwärtsgerichteten Bewegungsmuster aus, deckt sich dessen Environmental Stollytelling mit der hier gezeigten Höllentopologie: Umso tiefer, desto schlimmer; am niedersten Ort ist folglich allerleige pine allergrost (‚jede Art von Qual am allerschlimmsten‘). So wie sich die Qualen der Hölle mit zunehmendem Vordringen steigern, nimmt auch der Schwierigkeitsgrad der Gegner in Dark Souls zu. Das descensus-Motiv im Kleinen (Abstieg zu Sulyvahn’s Beats) entspricht der ludonarrativen Logik im Großen (ganze Spielwelt).

Eine Besonderheit in Mechthilds Höllenschau ist der Fokus auf das Leiden, denn auch hier dominiert die Semantik der ‚Pein‘. Die hostile Spielwelt in Dark Souls findet in der Beschreibung von Satan eine Präfiguration: „So begriffet er den homuetigen allererst und druket in under sinen zagel und sprichet alsust: ‚Ich bin nit so versunken, ich welle es noch úber dich han.‘“87 Im weiteren Verlauf beschreibt die Seele die geschauten Schrecknisse der Hölle. Die Einzelheiten lesen sich wie ein Level-Design in Dark Souls, wenn etwa eine menschliche Gestalt zu einem dekorativen Objekt wird: „Der diep hanget mit sinen fuessen uf und ist in der helle in lúchtevas; die unseligen sehent doch nit deste bas.“88 Auch die direkte Interaktion mit dem Teufel erinnert an eine Kampfanimation in Dark Souls: „Den gitigen frisset er, wan er iemer wolte haben mer. Als er in denne verslukket hat, so tuot er in dur sinen zagel varn.“89 Und selbst eine differenzierte Logik des ludischen Versagens – im Jargon slacken (Trägheit) oder tilten (Zorn) – ist hier präfiguriert: „Der trege ist da mit allen pinen geladen, der zornig wirt da mit fúrinen geiseln gesclagen.“90 Diese drei kleinen Textbeispiele können zeigen, wie sich die Vorstellungswelten der mittelalterlichen Mystik und eines gegenwärtigen Computerspiels gegenseitig erhellen, auch wenn damit keine direkte Rezeption von Mechthild in Dark Souls behauptet werden soll. Dass in beiden Medien ähnliche Denkfiguren faszinieren, stellt allerdings eine bemerkenswerte Verbindungslinie über die mediale und historische Distanz dar.

Das descensus-Motiv in Dark Souls III ist – anders als in vielen literarischen Prätexten – nicht einem bestimmten Zweck verschrieben (z.B. die Begegnung mit oder die Rettung von einer geliebten Figur) und damit auch von einer dezidierten Instrumentalität entbunden.91 Eine mystische Logik des Leidens liegt ihm damit näher, stehen doch auch hier „das fúr und die vinsternisse und stank und eisunge und allerleige pine“92 im Vordergrund. Die bei Mechthild explizit betonte ‚Vielfalt der Pein‘ und die dann auch ostentativ durchexerzierten Höllenstrafen lassen eine weitere Logik erkennen, die so auch in Dark Souls vorliegt. Die mittelalterliche Literatur kennt eine Vielzahl von Texten, in denen der Teufel neben seiner handlungslogischen Antagonistenrolle auch eine narrative Lizenz bildet, mit der prekäre Sinneinheiten breit auszuerzählen sind.93 Bei Mechthild stellt eine Höllenvision insofern nicht nur ‚das Böse‘ dar, sondern es eröffnet sich hier überhaupt erst die Möglichkeit, von solchen Wissensbeständen erzählen zu können – und sie dabei variantenreich auszuimaginieren. Der aufgehängte Dieb als Leuchter in der Hölle, der verschluckte und dann durch den Schwanz des Teufels wieder ausgeschiedene Gierige, der mit feurigen Geisseln gepeitschte Zornige – die Bildlichkeit zeigt nicht zuletzt auch eine Lust an der vielfältigen Imagination von Höllenqualen. Meine These ist, dass die Spielwelt in Dark Souls III nach ähnlichem Prinzip verfährt: Sowohl Bosse als auch Trashmobs sind so geartet, dass der eigentliche Reiz nicht (nur) in ihrer Bewältigung liegt, sondern in der ästhetischen Erfahrung ihrer Angriffsarten. Oder anders formuliert: Der besondere Reiz an Dark Souls ist nicht, die Gegner zu besiegen, sondern sich von ihnen besiegen zu lassen. Ich sehe darin die Grundidee einer ‚Lust am Scheitern‘: Das Spiel zelebriert geradezu die unterschiedlichen Tötungsarten der Gegner. Das ‚Einlassen des Anderen‘, wie ich dies oben mit Seuse skizziert habe und weiter unten mit Bataille weiter ausführen werde, heisst hier auch ganz dezidiert ‚das Scheitern zulassen‘. Erst indem der Avatar an den Gegnern scheitert, kommt die Varianz des Spiels vollends zur Geltung. Eine möglichst effiziente Spielweise, wie dies etwa mit übermächtigen Waffen oder – in maximaler Extension – in No-Hit Runs94 zur Umsetzung kommt, wäre folglich als subversive Spielweise zu fassen, die keine intensive Auseinandersetzung mehr mit der Spielwelt zulässt.

Dieses Grundprinzip zeigt sich auch exemplarisch am vielgeschauten Walkthrough des YouTubers FightinCowboy.95 Ab Part 20 und bis zum Schluss verwendet er das ‚Fume Ultra Greatsword‘96 (abgekürzt: ‚FUG‘), eine überproportional grosse und starke Nahkampfwaffe. In der Zone Irithyll of the Borean Valley, die Cowboy selbst als eine der schwierigsten Zonen von Dark Souls III bezeichnet,97 twohittet er gleichzeitig eine Fire Witch und einen Pontiff Knight;98 darüber und auch über viele vergleichbare Momente ist er explizit selber erstaunt. Die Fähigkeiten der Gegner kommen durch diese – darum ‚subversive‘ – Spielweise in keiner Weise zur Geltung, was sich im weiteren Verlauf des Walkthroughs vielfach wiederholt.99 Im direkten Gegensatz dazu steht eine kurze Sequenz, in der das rasche Töten einer Fire Witch bezeichnenderweise misslingt, wodurch ihre Attacke zur Durchführung kommt.100 Der Moment beinhaltet keinen spektakulären Bosskampf und auch keinen besonders schwierigen Level-Abschnitt, vermag aber das zu zeigende Phänomen deutlich zu machen. Die Fire Witch holt mit ihrer Lanze aus, spiesst den Avatar auf, hebt ihn in die Höhe und wirft ihn in einem weiten Bogen durch den Raum. Noch bevor die Attacke vollständig durchgeführt ist, kommentiert Cowboy unmittelbar: „Oh no! I love this throw though.“ Diese Kommentierung scheint mir emblematisch die Ambiguität der Situation zu erfassen: Das Besiegen von Gegnern bildet einerseits die Grundvoraussetzung für das Weiterkommen im Spiel, verhindert andererseits aber ein vollständiges Erleben der Spielwelt. Erst indem der Avatar am Gegner scheitert, kann dessen spezifische Eigenlogik zur Geltung kommen. Im direkt anschliessenden Kommentar vermerkt Cowboy denn auch: „I haven’t seen that thing he uses as a drop yet; [...] that grab is so badass!“ Das Missbehagen über das eigene Scheitern weicht einer Freude über die dadurch sichtbare Spielmechanik und die so erweiterte Spielerfahrung. Damit zeigt diese kurze Sequenz, was ich weiter oben mit Seuse und Largier besprochen habe: ‚spekulative Wahrnehmung‘ als Modus von Rezeptivität und Empfänglichkeit.

Die bei Mechthild zentrale Vorstellung der Gottesferne setzt an die Stelle der Gottesnähe eine Erfahrung der physischen und psychischen Qual. Dieser Zustand ist allerdings nicht auf Dauer gestellt: „In der tiefsten Verlassenheit dieser ‚Pein‘ aber erfolgt der Umschlag, da gerade dann Gott am innigsten erfahren wird.“101 Dass die leidvolle Gottesferne letztlich doch heilsträchtig ist, liesse sich auch auf die Topologie von Dark Souls III übertragen. Ascher hat für Dark Souls bereits festgehalten, dass auch hier das grundsätzlich abwärtsgerichtete Bewegungsmuster nicht ausschliesslich gilt:

Wenn der Aufbau der Spielwelt von Dark Souls vertikal ist, so ist die Hauptrichtung im Spiel abwärts – mit nur einer großen Ausnahme: Dem Aufstieg in das gleißende Sonnenlicht von Anor Londo, das zwar aus einer Illusion geboren, deswegen jedoch nicht weniger überwältigend wirkt nach den finsteren Tiefen der Schandstadt und dem grauen Zwielicht von Sens Festung.102

Die Umkehrung der Abwärtsbewegung, ein dezidiertes Streben in die Höhe, kommt in Dark Souls III noch stärker zum Zuge. Dies zeigt sich etwa am Level-Design in den Zonen Cathedral of the Deep, Anor Londo, Lothric Castle, Grand Archives oder Archdragon Peak; die Bewegung des Avatars führt hier grundsätzlich aufwärts. Im Kleinen wiederholt sich dieses Muster etwa an der überaus langen Leiter in der Zone Smoldering Lake103 oder prominenter an den Zugängen zu den finalen Bossen Nameless King und Soul of Cinder.

Dieses zyklische Muster findet sich etwa bei Seuse in der Vorstellung des mystischen Wegs als Ausfluss und Rückfluss (usgeflossenheit und wideringeflossenheit)104 des Geistes. Bei Mechthild schlägt die Gottesferne letztlich in eine Gotteserfahrung um und der oben besprochene Höllenabstieg wird mit einer Entrückung der Seele in den Himmel kontrastiert. Von zwei Engeln ins Himmelreich geführt, wird sie dort im Kuss mit ihrem Geliebten (Christus) in die höchste Höhe emporgezogen, wo sie zuvor nie gehörte Dinge sieht und von denen sie kaum zu sprechen vermag. Dabei handelt es sich um zentrale Momente der Heilsgeschichte: Engelsturz, Trinität, Jüngstes Gericht. In einer Beschreibung der neun bzw. zehn Chöre kulminiert die Beschreibung in dem, was sich über dem himmlischen Thron befindet:

Das hoehste úber al, das ie wart in dem himmele, ist die wunderunge, das ist, das si moegent ansehen, das nu ist und iemer sol geschehen. Eya, das erliche rum und dú suesse ewekeit und das kreftig durschowen aller dingen und dú sunderlichú heimlicheit, dú zwúschent gotte und einer ieglichen sele ane underlas gat, die lit an so notlicher zartekeit, hette ich aller menschen wisheit und aller engele stimme, ich koende es nit fúr bringen.105

Die Vereinigung mit Christus, was ein wesentliches Motiv christlicher Mystik bildet, wird hier erweitert durch eine Zusammenschau der Zeiten; von der vergangenen Heilsgeschichte über das Jetzt bis in ‚die herrliche Weite und die süße Ewigkeit‘ hinein. Dieses typologische Denkmuster ist für das christliche Mittelalter sehr prägend, wie dies Erich Auerbach in seinem einflussreichen Figura-Aufsatz gezeigt hat.106 Was im Alten Testament als Typus verheissen wurde, erfüllt sich im Antitypus des Neuen Testaments, insbesondere in der Figur Christi. Christus bildet in diesem Deutungsmuster die ‚Mitte der Zeit‘, der zuletzt eine dritte Zeit der Vollendung folgen werde.107 Friedrich Ohly bringt das Prinzip treffend auf den Punkt: „Die Zeit der Mitte hat den Doppelblick nach hinten und nach vorn, derart, daß beide Blicke stimulierend wirken. Das Heute als gesteigerte Vergangenheit schaut auf das höhere Morgen.“108 Was diesen ‚typologischen Dreischritt‘ besonders virulent macht, ist die Idee einer Überschneidung der Zeiten, dass sich im Antitypus verschiedene Typen vergegenwärtigen.109 Für diese Mehrfachcodierung hat Auerbach auch die Intensität der Darstellung betont, die den Rezipienten in den Bann zieht und seine affektive Wahrnehmung lenkt.110 Dies führt wieder zu Dark Souls III zurück, worin Soul of Cinder, der finale Endboss, sich insbesondere in einem Aspekt von allen bisherigen Bossen unterscheidet: „The Soul of Cinder is the manifestation of all Lords of Cinder that have pledged to defend the First Flame by linking it.“111 In Phase 1 nimmt Cinder vier Haltungen ein, deren Attacken den vorangegangenen Bosskämpfen entnommen sind. In Phase 2 wechselt er dann zu einem Skill-Set, das wiederum Gwyn, Lord of Cinder, dem Endboss in Dark Souls, entnommen ist. Brisanterweise bildet Phase 2 aber nicht eine einfache Kopie dieses Bosskampfs, sondern diverse Attacken wurden signifikant variiert und erweitert. Oder um diesen Aspekt mit Auerbach wieder auf die mittelalterliche Typologie rückzuführen: „die Figur übertrifft die Erfüllung, oder noch eigentlicher: die Erfüllung dient dazu, die Figur noch wirkungsvoller hervortreten zu lassen.“112 Bzw. nochmal mit Ohly: „Das Alte wird heller als es war, solange es allein war, ohne Erfüllung im Neuen.“113 Cinder erscheint als Antitypus, der das Alte nicht nur in sich vereint, sondern es in seiner Gegenwärtigkeit weiter steigert. In der Patristik zeigt sich dieses Prinzip auch terminologisch, wenn hier der Typus bzw. die Verheissung als umbra (Schatten), der Antitypus bzw. die Erfüllung als veritas (Wahrheit) bezeichnet wird.114 Was dereinst dunkel war, erscheint nun in hellerem Licht. Die Entrückung in den Himmel bei Mechthild spiegelt damit einerseits die ‚topologische‘ Aufwärtsbewegung in Dark Souls III, andererseits auch die ‚typologische‘ Überlagerung der Zeiten im finalen Bosskampf gegen Cinder.

 4.3. Die marternde Freude (Georges Bataille)

In der Mitte des 20. Jahrhunderts publiziert Georges Bataille sein Buch Die innere Erfahrung, in dem er mystische Denkmuster vielfach aufgreift und (atheistisch) radikalisiert. Entgegen einer engen Definition konturiert er ‚innere Erfahrung‘ als Notwendigkeit, „alles rastlos in Frage zu stellen“. Zentral ist dabei die Vorstellung, dass sie in keinen sicheren Hafen führe, sondern „zu einem Ort der Verwirrung, des Nichtsinns“115. Im Hinblick auf Dark Souls liegt darin eine bemerkenswerte Verbindungslinie, wenn Bataille ein hermeneutisches Verständnis der gesicherten Sinnbildung negiert. Die Denkfigur ist auf einen Bosskampf wie z.B. Abyss Watchers, Dancer of the Boreal Valley, Champion Gundyr oder nicht zuletzt Nameless King durchwegs übertragbar, bedingen diese Begegnungen doch sämtlich eine Wahrnehmungsform, die nicht von Ordnung und Sinn geleitet ist.

Das Ziel der inneren Erfahrung ist bei Bataille „nur sie selbst“; Wissen sei dabei „weder ihr Ziel noch ihr Ursprung“. Die Erfahrung ist hingegen selbstbezüglich und extrem: „Ich nenne die Erfahrung eine Reise ans Ende des dem Menschen Möglichen.“116 Damit verliert sie einerseits ihre zielgerichtete Instrumentalität und gewinnt andererseits eine eigene Intensität in der Entgrenzung – zwei Aspekte, die ich so auch in Dark Souls verorte: Eine Spielerfahrung, die nicht vollständig in abstraktives Wissen überführbar ist, sondern nur in der wiederholten Auseinandersetzung sich immer wieder momenthaft einstellen kann. Bataille sagt: „Man muss die Erfahrung leben [...],“117 womit er explizit davon wegleiten will, eine ‚Erkenntnis‘ als Ziel zu installieren, „zu der man durch die Erfahrung gelangt.“118 Erfahrung ist insofern nicht Mittel zum Zweck; sie dient nicht dazu, eine äussere Erkenntnis zu erlangen, zu der die Erfahrung nur den Weg darstellt. Darin liegt die Radikalisierung von Batailles Vorstellung: „Nur von innen, gelebt bis zur Trance, enthüllt sie sich, wobei sie vereint, was das diskursive Denken trennen muss.“119 Innere Erfahrung und diskursives Denken stehen bei Bataille genauso im Konflikt, wie ich dies oben mit Seuse, Szondi und Largier für Dark Souls zu zeigen versucht habe. Die Konfrontation mit einem schwierigen Boss ist nicht in abstraktives Wissen überführbar, sondern nur in der direkten Auseinandersetzung erlebbar. Oder nochmal mit Bataille: „Was dem äußersten Wissen für immer fehlt, ist das, was allein die Offenbarung gewährte.“120

Die dabei vollzogene ‚Entselbstung‘ (in einem mystischen Sinn – mit Eckhart: ledic sein, ohne eigenschaft121 ) kehrt auch bei Bataille als Grundgedanke wieder: „Die Erfahrung erreicht schließlich die Verschmelzung von Objekt und Subjekt, indem sie als Subjekt Nichtwissen ist, als Objekt das Unbekannte.“122 In dieser Beschreibung einer ‚entblössten Erfahrung‘ liegt letztlich die Vorstellung einer unio mystica, wenn man sie nicht mehr in einem religiösen Rahmen verortet. So wäre dies auch für eine Konfrontation in Dark Souls zu denken: Als Subjekt nähert man sich der Begegnung mit Nichtwissen, das Gegenüber ist als Objekt das Unbekannte. Und in der wiederholten Konfrontation mit dem Gegner wäre eine Verschmelzung zwischen Subjekt und Objekt zu sehen, eben eine perpetuierte Auseinandersetzung, die kein äusseres Ziel verfolgt, sondern die ästhetische Erfahrung selbst ins Zentrum stellt.

Als weiteren wichtigen Teilaspekt der inneren Erfahrung nennt Bataille die „Kunst der nichtdiskursiven Empfindung“123. Damit gehe eine Intensität einher, die das ‚Gesetz der Sprache‘ gemeinhin verhindere: „Aber wenn wir uns an diesem Gesetz stoßen, können wir im Vorübergehen das Bewusstsein auf einen von ihnen heften und, indem wir den Diskurs in uns zum Schweigen bringen, bei der Überraschung verweilen, die jener Zustand uns bereitet.“124 Damit findet sich hier eine Logik wieder, die so auch in Dark Souls begegnet. Das dortige Kampferlebnis ist ganz in diesem Sinne von einer momenthaften Überraschung geprägt und fordert keine diskursive Einbettung. Wie oben gezeigt, wird damit der Nutzen von Bosstatikten nivelliert; in Dark Souls kommt ihnen vielmehr der Status von alternativen Spieldurchläufen zu, „denn die Wörter, die aufgelösten Bilder sind mit bereits erprobten Empfindungen beladen, die sich an Gegenstände heften, die sie mit dem Bekannten verbinden.“125 Der Mangel an Diskurs im ‚Spiel‘ verschränkt sich in diesem Sinne mit einem Mangel an Diskurs im ‚Spielen‘. Sprach- und Wissensskepsis reichen bei Bataille so weit, dass ihm dies eigentlich den Tod bedeutet:

Also sprechen, denken, es sei denn scherzend oder ..., heißt, die Existenz zum Verschwinden zu bringen: es heißt nicht, zu sterben, sondern tot zu sein. Es heißt, sich in der erloschenen, beruhigten Welt zu bewegen, in der wir uns gewöhnlich hinschleppen: da ist alles stillgestellt, das Leben ist Verschiebung auf später, von Verschiebung zu Verschiebung... Die kleine Reihung der Projekte genügt, die Flamme erlischt, und auf den Sturm der Leidenschaften folgt die Windstille.126

Entgegen dieser Verschiebung, dem Tod in der beruhigten Welt, verortet Bataille die innere Erfahrung: „Die innere Erfahrung ist die Aufkündigung der Ruhe, sie ist das Sein ohne Aufschub.“127 Dass damit Entbehrung einhergeht, wie ich dies oben auch an Mechthild gezeigt habe, ist bei Bataille stets mitgedacht: „Das ist die marternde Freude.“128 In Ablehnung der göttlichen Gnade wird die Marter hier auf Dauer gestellt. Auch darin verorte ich eine Lust am Scheitern; oder wenn nicht eine Lust, die analog zu Mechthild auch bei Bataille getilgt wird,129 dann doch ein wiederholtes Scheitern – ein Modus, der von gelingensorientierter Zielstrebigkeit abkommt.

5. Schluss

Dark Souls III lebt von der perpetuierten Auseinandersetzung mit bzw. der ästhetischen Erfahrung von jedem einzelnen Gegner. Das entscheidende Differenzkriterium ist dabei nicht besiegt/unbesiegt bzw. tot/lebendig, sondern vielmehr die Frage, ob das Kampferlebnis vollends zur Geltung kam. Der entscheidende Bewältigungsmodus ist demnach auch nicht, den Gegner einfach zu töten, sondern fortlaufend gegen ihn zu kämpfen – und dadurch immer wieder von neuem an ihm zu scheitern. In den Blick rückt so eine Praxis der kontemplativen Übung, die nicht auf instrumentelle Vernunft zielt, sondern eine Transformation der Wahrnehmung eröffnet.

Als zentrale Denkfigur in der Kulturgeschichte begegnet diese mediale Eigenlogik v.a. in der abendländischen Mystik. Bei Seuse zeigt sich eine spekulative Sinnlichkeit, bei der ästhetische Wahrnehmungsformung an die Stelle diskursiven Wissens rückt. Analog dazu ist in Dark Souls eine Spielweise erkennbar, die nicht auf einer festgefügten Taktik gründet, sondern als fortlaufende Auseinandersetzung mit dem Gegner funktioniert. Mechthild prägt die Neigung, sich willentlich der Pein hinzugeben; die Vorstellung eines Höllenabstiegs steht einer Himmelsvision gegenüber. Dark Souls ist seinerseits berüchtigt dafür, die Spieler:innen in Selbsterniedrigung zu üben. Das Durchlaufen von Abgründen – nicht nur psychisch, sondern auch topologisch – findet seine Aufhebung erst gegen Ende, wenn der Endboss nach langem Aufstieg vor einem steht und als Erfüllung seiner zahlreichen Vorläufer erscheint. Bei Bataille wird die Idee einer inneren Erfahrung bis ins Äusserste entgrenzt; sie zielt auf keinen Zweck mehr, der ausserhalb ihrer selbst liegt. Auch wenn in Dark Souls ein Weiterkommen möglich ist und angestrebt werden mag, scheint die Spielumgebung doch auf eine selbstbezügliche Auseinandersetzung angelegt. Einer blossgelegten Rezeptivität eröffnet sich so eine Welt, deren Marter kein Hindernis ist, sondern ein ästhetisches Erleben diesseits begrifflicher Einebnung bietet.

Dieter Mersch hat sich bei Computerspielen schon früh für eine „Ästhetik des Gegenwärtigen“ ausgesprochen, „das auf nichts Anderes verweist als die Performanz des Spiels selbst“.130 An anderer Stelle spricht er von der „Unverzichtbarkeit des Sinnlichen“; dem Primat des Hermeneutischen sei die Performanz einer Materialität entgegenzusetzen, die „sich selbst ausstellen oder präsentieren muß, um erscheinen zu können oder vernehmbar zu werden“131. Diese Dynamik wird in Dark Souls durch die weitgehende Sprachlosigkeit verstärkt, womit das ästhetische Erlebnis an die Stelle einer diskursiven Einordnung rückt. Bei Bataille ist diese Idee radikalisiert, indem hier die innere Erfahrung zum Selbstzweck wird; zu einer gelebten Erfahrung, die ihre eigene Instrumentalisierung negiert.

Im Anschluss an Szondis Modell einer ‚perpetuierten Erkenntnis‘ kann für Dark Souls ebenso gelten, dass dem Spiel nicht einfach seine Lösung an die Seite zu stellen ist. Denn obwohl das Spiel bewältigt werden will, muss es in seiner Bewältigung stets als zu bewältigendes wahrgenommen werden; als ein Gegner, der Gegner bleibt und nicht einfach überwunden wird. Diese Ambiguität bildet kein Skandalon; sie zeugt vielmehr von einer echten perpetuierten Auseinandersetzung. Wissen um die Lösung und Erfolg durch Überwindung werden eingelöst für eine fortwährende Konfrontation mit dem Spiel und eine dadurch aufrechterhaltene Form der ästhetischen Wahrnehmung. Perpetuierung zeigt sich dann konkret im stetigen Neuversuchen und im ungebrochenen Interesse an wiederholten Spieldurchgängen anderer Spieler:innen, wie sie auch in Play- und Walkthroughs auf YouTube vielfach verfügbar sind. So tritt in Dark Souls letztlich die Variation und das ‚Wiederspielen‘ (analog zum ‚Wiedererzählen‘) an die Stelle von Originalität, was einer mittelalterlichen Kunstvorstellung durchaus nahezukommen vermag.132

Im Anschluss an die eingangs geschilderte Disposition in WoW soll hier nochmal die Eigenlogik von Dark Souls als ARPG betont werden, insbesondere wenn man sie nach Caillois mit dem ludus-Begriff zu fassen versucht. Ludus meint demnach den „Hang zur Bewältigung künstlich hergestellter Schwierigkeiten“133 und steht somit im Kontrast zum agon-Begriff, insofern ludus „das Talent und die Anspannung des Spielers völlig unabhängig von jedem Gedanken an Wettstreit oder Rivalität“ entfalten könne; man kämpfe hier vielmehr „gegen ein Hindernis und nicht gegen einen oder mehrere Konkurrenten“.134 Dass ludus im Gegensatz zu agon den Geist des Wettkampfs nur ungenügend unterstütze und insofern keinen Stoff zu einem Schauspiel für die Massen biete,135 vermag vielleicht zu plausibilisieren, warum ARPGs auf Streamingplattformen wie Twitch in der Regel weniger frequentiert werden als stärker agonal strukturierte Genres wie z.B. Shooter, Battle Royale, MOBA, RTS oder MMORPG.136 Nach Caillois steht gerade ludus

für ein spezifisches Element im Spiel, das in seiner Tragweite und seiner Fruchtbarkeit für die Kultur nicht zu überschätzen ist. Es verbindet sich mit ihm keine so klare psychologische Haltung wie beim agon, alea, mimicry oder ilinx, durch die Disziplinierung der paidia trägt es jedoch dazu bei, den Grundkategorien des Spiels ihre Reinheit und Vorrangstellung zu sichern.137

Die Bewältigung künstlich hergestellter Schwierigkeiten – z.B. die Auseinandersetzung mit einer Spielwelt und mit NPCs – steht also mehr im Zentrum von Caillois Kulturbegriff als der Wettstreit und die Rivalität mit anderen Spieler:innen. Dass ein Spiel wie Dark Souls sich dem Trend der Online-Rivalität (weitgehend) entzieht,138 vermag es vielleicht sogar eher als ein ‚absolutes Spiel‘ erscheinen lassen.139 Oder anders formuliert: Wo Dark Souls noch Spiel ist, sind Counter-Strike oder League of Legends – wohlgemerkt auch dem eigenen Anspruch nach – schon Sport.140

Ausblick: Verprügelt werden bei Musil

Relativ zu Beginn von Robert Musils Der Mann ohne Eigenschaften (1930) sinniert Ulrich nach dem morgendlichen Erwachen über den vorangegangenen Abend. Unter diffusen Umständen wurde er von drei Männern verprügelt und dabei übel zugerichtet. Eine junge Frau – Bonadea, seine künftige Geliebte – nimmt sich seiner an und fährt ihn im Wagen nach Hause. Während der Fahrt berichtet Ulrich von seinem Erlebnis und versucht dessen Ausgang zu begründen.141 Dabei betont er,

daß man solche Kampferlebnisse nicht nach dem Erfolg beurteilen dürfe. Ihr Reiz liegt auch wirklich darin, daß man in einem kleinsten Zeitraum, mit einer im bürgerlichen Leben sonst nirgendwo vorkommenden Schnelligkeit und von kaum wahrnehmbaren Zeichen geleitet, so viele, verschiedene, kraftvolle und dennoch aufs genaueste einander zugeordnete Bewegungen ausführen muß, daß es ganz unmöglich wird, sie mit dem Bewußtsein zu beaufsichtigen. Im Gegenteil, jeder Sportsmann weiß, daß man schon einige Tage vor dem Wettkampf das Training einstellen muß, und das geschieht aus keinem anderen Grund, als damit Muskeln und Nerven untereinander die letzte Verabredung treffen können, ohne daß Wille, Absicht und Bewußtsein dabei sein oder gar dareinreden dürfen.142

Ulrich negiert – ob nun intradiegetisch überzeugend oder nicht – den Erfolg als Ziel einer gewaltsamen Auseinandersetzung und stellt ihm die Eigenlogik eines Bewegungsablaufs entgegen, der sich jeglicher bewussten Lenkung entziehe. Die Passage ist durchaus bemerkenswert, erfolgt dieser Gedankengang doch nicht nur in einem Moment der körperlichen Versehrung, sondern im Vorfeld einer Anschlussreflexion, die es in sich hat:

Ulrich hatte sich in Eifer geredet. Das sei im Grunde, – behauptete er nun – er meine, dieses Erlebnis der fast völligen Entrückung oder Durchbrechung der bewußten Person sei im Grunde verwandt mit verlorengegangenen Erlebnissen, die den Mystikern aller Religionen bekannt gewesen seien, und es sei sonach gewissermaßen ein zeitgenössischer Ersatz ewiger Bedürfnisse, und wenn auch ein schlechter, so immerhin einer; und das Boxen oder ähnliche Sportarten, die das in ein vernünftiges System bringen, seien also eine Art von Theologie, wenn man auch nicht verlangen könne, daß das schon allgemein eingesehen werde.143

Ulrich fasst die zuvor dargelegte Trennung zwischen Kampferlebnis und Bewusstsein als Denkfigur, die so bereits in der Mystik vorliege. Nun stellt die Bedeutung der Mystik für Musils Werk an sich keine neue Erkenntnis dar;144 der Konnex zum Kampferlebnis erscheint im hier vorliegenden Diskussionszusammenhang allerdings in einem neuen Licht. Kampf als unbewusstes Erlebnis sei als ‚Entrückung‘ und ‚Durchbrechung‘ zu fassen – eine Begrifflichkeit, die der berühmten Predigt 52: Beati pauperes spiritu (sog. ‚Armutspredigt‘) von Meister Eckhart entstammt. Mit durchbrechen ist bei Eckhart ein Einswerden mit Gott gemeint; „wan ich enpfâhe in disem durchbrechen, daz ich und got einz sîn.“145 Ulrichs Kampferlebnis wird von ihm in nächste Nähe zu einer mystischen Erfahrung gerückt, die ohne Willen, Absicht und Bewusstsein – mit Eckhart gesprochen also ledic (‚frei‘) – verlaufen solle.146 Während die Schlägerei eine lose Form davon darstelle, bilde Kampfsport ein geordnetes System und damit quasi eine Theologie aus – womit implizit das Verhältnis von paidia (als ‚freie Improvisation‘) und ludus (mit ‚hemmenden Konventionen‘) aufgerufen ist.147 Ulrichs Reflexion ist also nicht nur mystisch, sondern auch spieltheoretisch durchdacht. Damit ist in Ulrichs Rückblick auf seine selbst erlittene Schlägerei eine Konstellation modelliert, die ich an dieser Stelle für die gegenwärtige Popkultur aufzuzeigen versucht habe: Die Refiguration einer mystischen Logik im Kampferlebnis von Dark Souls. Als Computerspiel wäre es in Analogie zum Boxen als Gewaltform zu sehen, die in ein ‚vernünftiges System‘ gebracht wurde. Ob es dabei nur ‚ein schlechter Ersatz‘ für ‚verlorengegangene Erlebnisse‘ sein kann, wie Ulrich urteilt, überlasse ich der je eigenen Spielerfahrung.

 

Medienverzeichnis

Spiele

Blizzard Entertainment: World of Warcraft (Windows). Blizzard Entertainment 2004.

FromSoftware: Dark Souls (Windows). Bandai Namco Games. 2011.

FromSoftware: Dark Souls II (Windows). Bandai Namco Games. 2014.

FromSoftware: Dark Souls III (Windows/PS5). Bandai Namco Entertainment 2016.

FromSoftware: Elden Ring (Windows/PS5). Bandai Namco Entertainment 2022.

Riot Games: League of Legends (Windows). Riot Games 2009.

Valve: Counter-Strike (Windows). Valve; EA Games 2000.

Primärliteratur

Das Nibelungenlied. Mhd./Nhd. Nach der Handschrift B hg. von Ursula Schulze. Ins Nhd. übersetzt und kommentiert von Siegfried Grosse. Stuttgart: Reclam Bibliothek 2010.

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Hartmann von Aue: Erec. Mhd./Nhd. Hg., übersetzt und kommentiert von Volker Mertens. Stuttgart: Reclam 2008.

Mechthild von Magdeburg: Das fliessende Licht der Gottheit. Zweisprachige Ausgabe. Aus dem Mhd. übersetzt und hg. von Gisela Vollmann-Profe. Berlin: Verlag der Weltreligionen 2010.

Meister Eckhart: Werke I. Texte und Übersetzungen von Josef Quint. Hg. und kommentiert von Niklaus Largier. Frankfurt a. M.: Deutscher Klassiker Verlag 1993 (Bibliothek des Mittelalters 20).

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Das Passional. Eine Legenden-Sammlung des dreizehnten Jahrhunderts [= Buch III]. Hg. von Friedrich Karl Köpke. Quedlinburg, Leipzig 1852. Amsterdam: Editions RODOPI 1966.

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Heinrich Seuse: Deutsche Schriften. Hg. von Karl Bihlmeyer. Stuttgart 1907. Nachdruck Frankfurt a. M.: Minerva 1961.

Zürcher Bibel. Hg. vom Kirchenrat der Evangelisch-reformierten Landeskirche des Kantons Zürich. 2. Auflage. Zürich: Verlag der Zürcher Bibel beim Theologischen Verlag Zürich 2008.

Sekundärliteratur

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Reemtsma, Jan Philipp: Vertrauen und Gewalt. Versuch über eine besondere Konstellation der Moderne. Hamburg: Hamburger Edition 2013.

Reinhardt, Ursula: Religion und moderne Kunst in geistiger Verwandtschaft. Robert Musils Roman ‚Der Mann ohne Eigenschaften‘ im Spiegel christlicher Mystik. Marburg: N.G. Elwert 2003 (Marburger theologische Studien 72).

Ruh, Kurt: Geschichte der abendländischen Mystik. Band I: Die Grundlegung durch die Kirchenväter und die Mönchstheologie des 12. Jahrhunderts. München: Verlag C.H.Beck 1990.

Ruh, Kurt: Geschichte der abendländischen Mystik. Band II: Frauenmystik und Franziskanische Mystik der Frühzeit. München: Verlag C.H.Beck 1993.

Ruh, Kurt: Geschichte der abendländischen Mystik. Band III: Die Mystik des deutschen Predigerordens und ihre Grundlegung durch die Hochscholastik. München: Verlag C.H.Beck 1996.

Schulz, Armin: Erzähltheorie in mediävistischer Perspektive. Studienausgabe. 2. Auflage. Hg. von Manuel Braun, Alexandra Dunkel, Jan-Dirk Müller. Berlin, Boston: De Gruyter 2015.

Seepel, Horst-Joachim: Das skatologische Element im Volksbuch von Dyl Ulenspiegel. In: Eulenspiegel-Jahrbuch 38 (1998), S. 93–129.

Störmer-Caysa, Uta: Einführung in die mittelalterliche Mystik. Stuttgart: Reclam 2004.

Stridde, Christine: Über Bande. Erzählen vom Spiel(en) in der höfischen Literatur des Mittelalters. Habil. Masch. Zürich 2019.

Szondi, Peter: Über philologische Erkenntnis. In: ders.: Schriften I, hg. von Jean Bollack u.a. Berlin: Suhrkamp Verlag 2011, S. 263–286.

Vollmann-Profe, Gisela: Stellenkommentar. In: Mechthild von Magdeburg: Das fliessende Licht der Gottheit. Zweisprachige Ausgabe. Aus dem Mhd. übersetzt und hg. von Gisela Vollmann-Profe. Berlin: Verlag der Weltreligionen 2010, S. 691–810.

Wagner-Egelhaaf, Martina: Musil und die Mystik der Moderne. In: Braungart, Wolfgang (Hg.): Ästhetische und religiöse Erfahrungen der Jahrhundertwenden. Bd. 2: Um 1900. Paderborn: Schöningh 1998, S. 195–215.

Werner, Florian: Dunkle Materie. Die Geschichte der Scheisse. München: Nagel & Kimche 2011.

Worstbrock, Franz Josef: Wiedererzählen und Übersetzen. In: Haug, Walter (Hg.): Mittelalter und frühe Neuzeit. Übergänge, Umbrücke und Neuansätze. Tübingen: Niemeyer 1999 (Fortuna vitrea 16), S. 128–142.

Wowhead Classic: Art. Gressil, Dawn of Ruin. <https://www.wowhead.com/classic/item=23054/gressil-dawn-of-ruin> [14.08.2024].

Videos und Streams

Best of Asmongold: Asmongold ACTUALLY Gives Up Fighting Nameless King Dark Souls 3. YouTube 2019. <https://www.youtube.com/watch?v=FOjp5EfFYqY> [14.08.2024].

FightinCowboy: Dark Souls 3 Walkthrough. Teil 1-38. YouTube 2016. <https://www.youtube.com/watch?v=2ZnFfnQeihc&list=PL7RtZMiaOk8gqctsEgBQ9IhQAnm_P5ILT> [14.08.2024].

Faraaz Khan: 0 Hits Taken Dark Souls 3 in its Entirety (All Bosses Including DLCs). YouTube 2017. <https://www.youtube.com/watch?v=z5XS-dfx0lg> [14.08.2024].

Twitch: Kategorien. <https://www.twitch.tv/directory> [14.08.2024].

Artikelbild

Cutscene zum Bosskampf ‚Dancer of the Boreal Valley‘ (eigener Screenshot).

 

  1. Die ursprüngliche Idee zu diesem Aufsatz entstand im Rahmen eines Gastvortrags an der Universität Marburg mit dem Titel „Lust am Scheitern. Die negative Ästhetik von Dark Souls“ (gehalten am 18. Januar 2019). Eine methodologische Vorarbeit bildete der gemeinsam mit Franziska Ascher herausgegebene Sammelband „Vom Wigalois zum Witcher. Mediävistische Perspektiven zum Computerspiel“ (2018). Für die kritische Durchsicht des vorliegenden Texts danke ich Franziska Ascher, Shana Fehr, Daniela Fuhrmann und Florian Nieser.[]
  2. Vgl. FromSoftware: Dark Souls. 2011. Hier und im Folgenden referiere ich kursiv auf die jeweiligen Einzeltitel (Dark Souls, Dark Souls II, Dark Souls III), recte auf die ganze Spielreihe (Dark Souls). Der Fokus meiner Ausführungen liegt dezidiert auf Dark Souls III (ohne DLCs). Diese Auswahl ergibt sich aus den besprochenen Spielelementen, insbesondere dem Gegnerdesign und der Spielumgebung. Manche Beobachtungen lassen sich auf die ganze Spielreihe übertragen, bisweilen auch auf das Soulslike-Genre insgesamt.[]
  3. Vgl. Blizzard Entertainment: World of Warcraft. 2004. WoW dient mir bei meinen Überlegungen zu Dark Souls verschiedentlich als Kontrastfolie. Dies liegt keineswegs an einer etwaigen Abneigung gegen dieses Spiel (ganz im Gegenteil), sondern an der medialen und diskursiven Dominanz, die WoW als MMORPG in den letzten 20 Jahren einzunehmen vermochte. Meine Beschreibung zielt hier vornehmlich auf die Grundversion, das sog. ‚Vanilla WoW‘. Im Prinzip lassen sich die Beobachtungen auch auf die folgenden Erweiterungen übertragen, insbesondere auf den Re-Release von ‚WoW Classic‘ im Jahr 2019, welches auch 15 Jahre später zu durchwegs vergleichbaren (sozialen) Dynamiken führte. []
  4. Vgl. Wowhead Classic: Art. Gressil, Dawn of Ruin. Naxxramas ist die finale, schwierigste und geradezu sagenumwobene Raidinstanz in ‚Vanilla WoW‘. Die doppelte Codierung von Gressil (beste Waffe, hohes Prestige) lässt sich auch auf andere Gegenstände übertragen, ist als Beispiel aber besonders augenfällig.[]
  5. Vgl. Dark Souls Wiki: Art. Dancer of the Boreal Valley.[]
  6. Mechthild von Magdeburg (ca. 1207-1282) ist eine der bedeutendsten Autorinnen des deutschsprachigen Mittelalters. Sie entstammte einer adeligen Familie und lebte ab 1230 als Begine in Magdeburg. Seit ihrem 12. Lebensjahr habe sie göttliche Gnadenerweise erfahren, woraus letztlich auch ihr herausragendes Buch Das fliessende Licht der Gottheit hervorgegangen ist. Vgl. übersichtlich Ruh: Geschichte der abendländischen Mystik II. 1993, S. 247–295.[]
  7. Heinrich Seuse (ca. 1295/97-1366) ist eine zentrale Figur der deutschen Mystik. Er entstammte einer Patrizierfamilie, von der er mit 13 Jahren ins Dominikanerkloster in Konstanz eintrat. Für sein Denken ist der Einfluss von Meister Eckhart massgeblich, was sich etwa im Büchlein der Wahrheit zeigt. Auf seinen Reisen lernte Seuse im Tösser Frauenkloster Elsbeth Stagel kennen, die eine zentrale Rolle für das Entstehen seiner Schriften spielte. Um 1347/48 wird Seuse nach Ulm verlegt. Seine Schriften sind im vierteiligen Exemplar vereint: Seuses Leben, das Büchlein der ewigen Weisheit, das Büchlein der Wahrheit und das Briefbüchlein. Vgl. übersichtlich Ruh: Geschichte der abendländischen Mystik III. 1996, S. 417–475.[]
  8. Georges Bataille (1897-1962) war ein französischer Schriftsteller und Philosoph. Mit seinem vielfältigen Werk steht er insbesondere durch Die innere Erfahrung (L’expérience intérieure, 1954) und Die Erotik (L’Érotisme, 1957) auch dem mystischen Denkhorizont nahe.[]
  9. Bataille: Die innere Erfahrung. 2017, S. 33.[]
  10. Vgl. exemplarisch Inderst; Wagner; Zurschmitten: Prepare to Die. 2019; Illger: Grüne Sonnen. 2020, S. 191–251.[]
  11. Vgl. unseren Sammelband Ascher; Müller: Vom ‚Wigalois‘ zum ‚Witcher‘. 2018; ausführlich Ascher: Erzählen im Imperativ. 2021.[]
  12. Abendländische Mystik meint gemeinhin eine spätantike und mittelalterliche Denktradition, die von der Patristik über die lateinische und volkssprachliche Mönchstheologie bis in die sog. ‚Frauenmystik‘ reicht. Auch in der Neuzeit und bis in die Moderne finden sich mystische Bewegungen und Einflüsse auf weitere Texte bzw. andere Künste. Grundlegend für mystisches Denken ist die Vorstellung einer Erkenntnis/Erfahrung von bzw. einer Vereinigung mit Gott (die unio mystica), woraus jeweils spezifische Frömmigkeitspraktiken hervorgehen. Einen besondere Status in der germanistischen Forschung nimmt der sog. ‚Unsagbarkeitstopos‘ ein – die Vorstellung, dass mystische Erfahrung nicht (vollständig) in Sprache zu übersetzen sei. Vgl. dazu exemplarisch Ruh: Geschichte der abendländischen Mystik I-III. 1990-96; Störmer-Caysa: Einführung in die mittelalterliche Mystik. 2004; Haas: Mystik als Aussage. 2007; Leppin: Ruhen in Gott. 2021; in mediologischer Perspektive auch unseren Sammelband Fuhrmann; Müller: Mystik und Legende. 2023.[]
  13. Vgl. grundlegend Bronfen: Liebestod und Femme fatale. 2004; Bronfen: Crossmappings. 2009.[]
  14. Bronfen: Liebestod und Femme fatale. 2004, S. 10f.[]
  15. Bronfen: Crossmappings. 2009, S. 8.[]
  16. Bal: Quoting Caravaggio. 1999.[]
  17. Vgl. Bronfen: Liebestod und Femme fatale. 2004, S. 18; Bronfen: Crossmappings. 2009, S. 12f.[]
  18. Vgl. dazu auch unseren Beitrag Ascher; Müller: Die Zirkulation ludonarrativer Logiken. 2018.[]
  19. Bronfen: Liebestod und Femme fatale. 2004, S. 12.[]
  20. Vgl. in dieser Tradition bereits Lutz; Missfelder; Renz: Äpfel und Birnen. 2006.[]
  21. Freyermuth: Game Studies und Game Design. 2015, S. 70f.[]
  22. Vgl. Largier: Spekulative Sinnlichkeit. 2018, S. 47–50; ausführlicher dazu weiter unten.[]
  23. Bronfen: Liebestod und Femme fatale. 2004, S. 18.[]
  24. Zum Konzept des ‚Sekundärmittelalters‘ vgl. Groebner: Das Mittelalter hört nicht auf. 2008.[]
  25. Vgl. unseren Forschungsüberblick in Ascher; Müller: Die Zirkulation ludonarrativer Logiken. 2018, S. 7–9.[]
  26. Vgl. Ascher; Müller: Die Zirkulation ludonarrativer Logiken. 2018; allgemein historisierend Anz; Kaulen: Literatur als Spiel. 2009, Stridde: Über Bande. 2019.[]
  27. Während die Literaturwissenschaften relativ klar umrissene – wenn auch im Einzelnen nicht unumstrittene – Modelle für ‚das Narrative‘ aufgeboten haben, bedarf ‚das Ludische‘ einer kurzen Klärung. Roger Caillois beschreibt das Ludische als „Begabung zur Improvisation und Freude“ (paidia) sowie als „Hang zur Bewältigung künstlich hergestellter Schwierigkeiten“ (ludus; Zitate nach Caillois: Die Spiele und die Menschen. 2017, S. 51). Als Antriebskräfte dieser beiden Tendenzen nennt Caillois „die Lust an der Herausforderung, am Rekord oder einfach an der überwundenen Schwierigkeit; [...] das Streben nach Wiederholung und Symmetrie oder, im Gegenteil, die Freude, zu improvisieren, zu erfinden, die Lösungen unendlich zu variieren; das Streben, ein Mysterium oder ein Rätsel aufzuhellen [...]“ (Caillois: Die Spiele und die Menschen. 2017, S. 92). Auf die forschungsgeschichtliche Divergenz von Ludologie und Narratologie gehe ich hier nicht weiter ein und verweise dazu exemplarisch auf Aarseth: A Narrative Theory of Games. 2012.[]
  28. Die Beispiele sind beliebig erweiterbar: Lycanthrope, Infested Corpse, Ascended Winged Knight etc. Eine kategoriale Differenz von ‚Boss‘ und ‚Trashmob‘ ist in Dark Souls somit verschiedentlich aufgehoben, womit eine ‚Freude am Partikularen‘ hier vollends zur Geltung kommen kann.[]
  29. Schulz: Erzähltheorie. 2015, S. 73.[]
  30. Reemtsma: Vertrauen und Gewalt. 2013, S. 117.[]
  31. Vgl. Nibelungenlied. 2010, S. 694, Str. 2374.[]
  32. Vgl. Seuse: Deutsche Schriften. 1961, S. 77.[]
  33. Vgl. Passional III. 1966, S. 29f.; ausführlicher dazu meine Buchkapitel in Müller: Die Macht der Rede. 2023, S. 202–211.[]
  34. Vgl. spieltheoretisch grundlegend Huizinga: Homo Ludens. 2015, S. 147.[]
  35. Vgl. FightinCowboy: Walkthrough 25. 2016, 00:10:35.[]
  36. Vgl. Dark Souls Wiki, Art. Nameless King; für die hier angelegte Spielerfahrung anschaulich das Video Best of Asmongold: Asmongold ACTUALLY Gives Up Fighting Nameless King Dark Souls 3. 2019.[]
  37. Hartmann: Erec. 2008, S. 510, V. 9009–9016 („Der Herr des Baumgartens war groß und kräftig, fast wie ein Riese. Er stieß starke Drohworte aus. Sein Pferd war schwer und groß, feuerrot wie Zunder.“).[]
  38. Passional II. 2013, S. 1192f., V. 41446–41453 („Als er näher an sie herantrat, dass nur noch ein Steinwurf zwischen ihnen lag, seht, da wurde sein Herz von einer schlimmen Furcht ergriffen, die auch bewirkte, dass ihm alle Kräfte schwanden: Er verlor die Kontrolle über seine Füsse und Beine.“ [eigene Übersetzung]).[]
  39. Otto: Das Heilige. 2014, S. 1–55. Zur Kritik an Ottos Modell vgl. Agamben: Homo sacer. 2002, S. 85–90.[]
  40. Vgl. dazu auch Dark Souls Wiki, Art. Dung Pie. Es ist hier dennoch zentral, dass der Text im Ladescreen erscheint und damit den Spieler:innen als wirksames Prinzip explizit vor Augen geführt wird.[]
  41. Vgl. zum ‚environmental Storytelling‘ in Dark Souls allgemein Ascher: Narration der Dinge II. 2014.[]
  42. Vgl. allgemein Seepel: Das skatologische Element. 1998, S. 93–129; zum Ulenspiegel Moshövel: Zwischen Dämonisierung, Satire und Komik. 2011. In gegenwärtigen Medien kommt solchen Elementen ggf. eher die Funktion einer schockierenden Ekelästhetik zu. Vgl. dazu Breuer; Vidulić: Schöne Scheisse. 2018, S. 5.[]
  43. Dil Ulenspiegel. 2015, S. 72. Die List liegt hier darin, dass Ulenspiegel zum Schluss eigentlich blufft. Innerhalb einer skatologischen Matrix ist davon auszugehen, dass der Verzehr von fremder Scheisse ein höheres Übel bedeutet als der Verzehr von eigener Scheisse. Mit dem Anbieten des Löffels, der die Hälfte von Ulenspiegels Scheisshaufen beinhaltet, besteht die Möglichkeit, dass der Königsnarr den Wettstreit direkt aufgibt, was er dann auch tut. Während dieser also von Anfang an fremde Scheisse essen müsste, kommt Ulenspiegel gar nicht erst zu dieser Entscheidungssituation.[]
  44. Vgl. hier auch motivisch den NPC Dung Eater bzw. die damit verknüpfte Questreihe in Elden Ring; dazu summarisch Elden Ring Wiki, Art. Dung Eater.[]
  45. Huizinga: Homo Ludens. 2015, S. 125; hier konkret altnordische Fragenkämpfe.[]
  46. Vgl. allgemein Largier: Spekulative Sinnlichkeit. 2018, S. 19.[]
  47. Vgl. grundlegend Haas: Was ist Mystik. 1986, S. 319–334; instruktiv Ruh: Geschichte der abendländischen Mystik I. 1990, S. 13–27; übersichtlich Leppin: Die christliche Mystik. 2007.[]
  48. Vgl. übersichtlich Ruh: Geschichte der abendländischen Mystik I. 1990, S. 445–468; zur legendarischen Tendenz Largier: Eschatologische Übung. 2023, S. 25–36. Die Aufstiegsbewegung bildet eine weitere Parallele zu Dark Souls III, worauf ich unten mit Mechthild stärker eingehe.[]
  49. Dies auch im Rückgriff auf Bonaventura; vgl. Ruh: Geschichte der abendländischen Mystik I. 1990, S. 458f.[]
  50. Seuse: Deutsche Schriften. 1961, S. 149 („‚Wer am meisten Streiche und Drangsal erduldet und dabei nicht verzaget, wer sich dennoch mutig und männlich benimmt, wer sicher zu Pferde sitzt und auf sich losschlagen läßt, der erhält den Preis. [...] er muß durch das ganze Turnier hindurch aushalten; und empfinge er Schläge, daß ihm das Feuer aus den Augen sprühte und das Blut aus Mund und Nase dränge, das muß er alles erdulden, soll ihm der Preis werden.‘“). Mediävistische Sonderzeichen werden hier und im Folgenden immer aufgelöst.[]
  51. Vgl. zu einer analogen Textlogik grundlegend Largier: Lob der Peitsche. 2001, S. 23.[]
  52. Vgl. hier und im Folgenden grundlegend Largier: Spekulative Sinnlichkeit. 2018; aufbauend auf seiner ‚Medieval Lecture‘ an der Universität Zürich mit dem Titel „Der Spiegel der Sinne: Spekulation und Kontemplation im Mittelalter“ (gehalten am 13. Dezember 2017).[]
  53. Largier: Spekulative Sinnlichkeit. 2018, S. 17.[]
  54. Largier: Spekulative Sinnlichkeit. 2018, S. 19.[]
  55. Vgl. Largier: Spekulative Sinnlichkeit. 2018, S. 22.[]
  56. Vgl. exemplarisch Eckhart: Deutsche Werke I. 1993. S. 118–131.[]
  57. Vgl. Caillois: Die Spiele und die Menschen. 2017, S. 83.[]
  58. Seuse: Deutsche Schriften. 1961, S. 304 („Es leuchtet etwas – ich weiss nicht was – in meinem Herzen auf, was niemand in Worte fassen kann, wenn ich dich, das unfassbare Gut, loben will.“).[]
  59. Vgl. allgemein Mieth: Im Wirken schauen. 2018, S. 34–127. Die Forschung hat traditionellerweise zwischen einer ‚affektiven‘ und einer ‚spekulativen‘ Mystik unterschieden, was sich hier am Beispiel von Seuse als nicht derart dichotomisch erweist.[]
  60. Largier: Spekulative Sinnlichkeit. 2018, S. 49.[]
  61. Largier: Spekulative Sinnlichkeit. 2018, S. 49f.[]
  62. Vgl. dazu auch Largier: Eschatologische Übung. 2023, S. 26.[]
  63. Seuse: Deutsche Schriften. 1961, S. 189f. („Von dieser Einstrahlung entsinkt der Geist sich selbst und all seiner Selbstheit, er entsinkt auch der Wirksamkeit der Kräfte und wird vernichtet und des Geistes beraubt. Und das liegt an der Entrückung, durch die er aus seiner Selbstheit in die fremde Seinsheit gegangen ist und sich darin verloren hat gemäß der Stille der verklärten, glanzvollen Finsternis in dem lauteren, einfachen Einen. Und in diesem weiselosen Wo liegt die höchste Seligkeit.“).[]
  64. Vgl. Szondi: Über philologische Erkenntnis. 2011, S. 263–286; hier S. 265; zur ‚Transaktualität‘ dieser Denkfigur auch meinen Aufsatz Müller: Das Moment des Fragens. 2016, S. 261–269.[]
  65. Szondi: Über philologische Erkenntnis. 2011, S. 266.[]
  66. Szondi: Über philologische Erkenntnis. 2011, S. 266.[]
  67. Mechthild: Das fliessende Licht. 2010, S. 18 („Alle, die dieses Buch verstehen wollen, sollen es neunmal lesen.“). Der Paratext gilt in der Forschung als nicht authentisch, gehört aber dennoch zu den bekanntesten und meistdiskutierten Abschnitten der Textes. Vgl. Vollmann-Profe: Stellenkommentar. 2010, S. 692.[]
  68. Vgl. Ruh: Geschichte der abendländischen Mystik II. 1993, S. 281.[]
  69. Mechthild: Das fliessende Licht. 2010, S. 22 („So schweben sie weiter an einen herrlichen Ort, über den ich nicht viel sagen kann und will. Es ist zu überwältigend; ich wage es nicht, denn ich bin ein sehr sündiger Mensch.“). Die Formulierung alludiert auch deutlich an das berühmte Paulusdiktum in 2 Kor 12,4; siehe dazu weiter oben.[]
  70. Mechthild: Das fliessende Licht. 2010, S. 260.[]
  71. Mechthild: Das fliessende Licht. 2010, S. 262. Vgl. dafür vorbildhaft wiederum Paulus in Röm 9,1-5; hier v.a. 9,3 („Ja, ich wünschte, selber verflucht und von Christus getrennt zu sein [...]“).[]
  72. Mechthild: Das fliessende Licht. 2010, S. 262 („Sei willkommen, höchst beseligende Verlassenheit! Wohl mir, daß ich geboren wurde, da du, Herrin, nun meine Kammerfrau sein wirst! Denn du bringst mir ungewohnte Freude und unbegreifliche Wunder und dazu unerträgliche Süße.“).[]
  73. Mechthild: Das fliessende Licht. 2010, S. 262 („Aber, Herr, die Süße sollst du von mir nehmen und laß mir das Fernsein von dir!“). Ein ähnlicher Gestus findet sich etwa auch in Eckharts Armutspredigt, in der die Willenlosigkeit so weit getrieben wird, dass selbst diese nicht mehr gewollt werden soll. Vgl. Eckhart: Deutsche Werke I. 1993, S. 550–563.[]
  74. Vgl. Mechthild: Das fliessende Licht. 2010, S. 262.[]
  75. Mechthild: Das fliessende Licht. 2010, S. 264 („Danach kam die Braut in so große Finsternis, daß der Leib schwitzte und sich krümmte vor Qual.“).[]
  76. Mechthild: Das fliessende Licht. 2010, S. 264 („Aber je tiefer ich sinke, desto süßer trinke ich.“).[]
  77. Mechthild: Das fliessende Licht. 2010, S. 476; die Edition übersetzt etwas umständlich mit ‚Verworfen-sein-Wollen‘. Mechthild stärkt hier zudem den imitatio-Gedanken, indem sie die gewollte Qual mit dem Leiden Christi auf Erden begründet.[]
  78. Vgl. Ruh: Geschichte der abendländischen Mystik II. 1993, S. 271.[]
  79. Mechthild: Das fliessende Licht. 2010, S. 328 („Sie sinkt mit großer Entschiedenheit hinab bis zum tiefsten Ort, über den Gott herrscht.“).[]
  80. Mechthild: Das fliessende Licht. 2010, S. 238 („unter Luzifers Schwanz“).[]
  81. Vgl. Mechthild: Das fliessende Licht. 2010, S. 330.[]
  82. Vgl. Ascher: Narration der Dinge II. 2014, S. 3, 14.[]
  83. Vgl. FightinCowboy: Walkthrough 16. 2016, 00:10:20–00:10:08.[]
  84. Vgl. FightinCowboy: Walkthrough 22. 2016, 00:13:05–00:13:40.[]
  85. Vgl. für die ganze Sequenz Buch III, Kap. XXI in Mechthild: Das fliessende Licht. 2010, S. 206–216.[]
  86. Mechthild: Das fliessende Licht. 2010, S. 208 („Im untersten Teil der Hölle sind das Feuer und die Finsternis und Gestank und Grauen jeder Art von Qual am allerschlimmsten [...]. Im mittleren Teil der Hölle gibt es verschiedene gemäßigtere Qualen [...]. Im obersten Teil der Hölle gibt es vielerlei Qualen der leichtesten Art [...].“ Die Auslassungen betreffen jeweils erwähnte Personengruppen, die für den vorliegenden Kontext nicht relevant sind.).[]
  87. Mechthild: Das fliessende Licht. 2010, S. 208 („Dann ergreift er den Hochmütigen als ersten und drückt ihn unter seinen Schwanz und sagt dazu: ‚Ich bin nicht so tief gesunken, daß ich mich nicht noch über dich erheben könnte!‘“).[]
  88. Mechthild: Das fliessende Licht. 2010, S. 208–210 („Der Dieb ist an seinen Füßen aufgehängt und dient in der Hölle als Leuchter; die Unseligen sehen deswegen doch nicht besser.“).[]
  89. Mechthild: Das fliessende Licht. 2010, S. 210 („Den Gierigen frißt er, weil dieser unersättlich war. Wenn er ihn dann verschluckt hat, dann drückt er ihn durch seinen Schwanz wieder heraus.“).[]
  90. Mechthild: Das fliessende Licht. 2010, S. 210 („Der Träge ist dort mit allen Mühen beladen, der Zornige wird dort mit feurigen Geißeln geschlagen.“).[]
  91. Vgl. dazu auch meine Ausführungen zu Bataille weiter unten.[]
  92. Mechthild: Das fliessende Licht. 2010, S. 208 („das Feuer und die Finsternis und Gestank und Grauen und jede Art von Qual“).[]
  93. Vgl. dazu allgemein Eming; Fuhrmann: Der Teufel und seine poietische Macht. 2021, S. 1–24, hier v.a. S. 11–19.[]
  94. Vgl. exemplarisch das Video Faraaz: 0 Hits Taken. 2017.[]
  95. Obwohl ich Dark Souls III selber (mehrfach) durchgespielt habe, referiere ich hier verschiedentlich auf das genannte Walkthrough auf YouTube, da es einerseits qualitativ sehr gut ist und andererseits für die Leser:innen eine direkte Einsicht in die besprochenen Spielsequenzen ermöglicht. Dabei ist zu bedenken, dass ein ‚Walkthrough‘ allein von seinem Format her eine möglichst effiziente Spielweise verfolgt, was Cowboy auch explizit thematisiert (vgl. FightinCowboy: Walkthrough 22. 2016, 00:11:50–00:11:56). Die hier vorgeführte Spielweise ist insofern nicht exemplarisch für ein individuelles Spielerlebnis.[]
  96. Vgl. Dark Souls Wiki, Art. Fume Ultra Greatsword.[]
  97. Vgl. FightinCowboy: Walkthrough 19. 2016, 00:19:38–00:19:42.[]
  98. Vgl. FightinCowboy: Walkthrough 20. 2016, 00:16:28–00:16:32.[]
  99. Vgl. exemplarisch FightinCowboy: Walkthrough 21. 2016, 00:07:40–00:08:55. Mehrere Sewer Centipedes werden hier durchwegs geonehittet. Bezeichnenderweise sinniert Cowboy in dieser Sequenz ausschliesslich über das Geräusch, das die Gegner beim Sterben machen – und nicht über ihre Fähigkeiten, da diese nicht sichtbar werden.[]
  100. Vgl. FightinCowboy: Walkthrough 21. 2016, 00:10:40–00:11:02.[]
  101. Vollmann-Profe: Stellenkommentar. 2010, S. 747.[]
  102. Ascher: Narration der Dinge II. 2014, S. 14f.[]
  103. Vgl. FightinCowboy: Walkthrough 19. 2016, 00:00:22–00:00:54.[]
  104. Seuse: Deutsche Schriften. 1961, S. 190; vgl. dazu auch Ruh: Geschichte der abendländischen Mystik III. 1996, S. 463–465.[]
  105. Mechthild: Das fliessende Licht. 2010, S. 156 („Das Höchste überhaupt, was es je im Himmel gab, ist das Staunen darüber, daß man sehen kann, was nun ist und in Zukunft sein wird. O, die herrliche Weite und die süße Ewigkeit und das machtvolle Erkennen aller Dinge und die besondere Vertrautheit, die zwischen Gott und einer jeden Seele ohne Unterlaß herrscht! Die besteht in so wunderbarer Zärtlichkeit, daß ich es nicht ausdrücken könnte, auch wenn ich aller Menschen Weisheit und aller Engel Stimme besäße.“).[]
  106. Vgl. grundlegend Auerbach: Figura. 2018, S. 121–188; hier auch definitorisch S. 164: „Die Figuraldeutung stellt einen Zusammenhang zwischen zwei Geschehnissen oder Personen her, in dem eines von ihnen nicht nur sich selbst, sondern auch das andere bedeutet, das andere hingegen das eine einschließt oder erfüllt. Beide Pole der Figur sind zeitlich getrennt, liegen aber beide, als wirkliche Vorgänge oder Gestalten, innerhalb der Zeit; [...].“ Vgl. umfangreicher Auerbach: Mimesis 2015, hier v.a. S. 139–166; in mediävistischer Perspektive Kiening; Mertens Fleury: Figura. 2013; dort auch Kiening: Einleitung. 2013, S. 7–20.[]
  107. Vgl. übersichtlich Angenendt: Geschichte der Religiosität. 2009, S. 213–234; mediologisch Kiening: Mitte der Zeit. 2010, S. 121–137. []
  108. Ohly: Synagoge und Ecclesia. 1977, S. 324.[]
  109. Im Mittelalter hat dies bisweilen prekäre Ausformungen angenommen, etwa in der legendarischen Stilisierung von Franziskus. Vgl. dazu Kiening; Beil: Urszenen des Medialen. 2012, S. 172f.; Prautzsch: Heilszeichen. 2023, S. 85–105.[]
  110. Vgl. Auerbach: Mimesis 2015, S. 160f.; dazu auch Largier: Spekulative Sinnlichkeit. 2018, S. 55.[]
  111. Dark Souls Wiki, Art. Soul of Cinder. Der Text entspricht der originalen ‚In-Game Description‘.[]
  112. Auerbach: Mimesis 2015, S. 191.[]
  113. Ohly: Synagoge und Ecclesia. 1977, S. 323.[]
  114. Vgl. Auerbach: Figura. 2018, S. 145.[]
  115. Zitate nach Bataille: Die innere Erfahrung. 2017, S. 14.[]
  116. Zitate nach Bataille: Die innere Erfahrung. 2017, S. 19.[]
  117. Bataille: Die innere Erfahrung. 2017, S. 21.[]
  118. Bataille: Die innere Erfahrung. 2017, S. 20.[]
  119. Bataille: Die innere Erfahrung. 2017, S. 21f.[]
  120. Bataille: Die innere Erfahrung. 2017, S. 44.[]
  121. Vgl. Eckhart: Deutsche Werke I. 1993, S. 14 (Predigt I: Intravit Jesus in templum).[]
  122. Bataille: Die innere Erfahrung. 2017, S. 22.[]
  123. Bataille: Die innere Erfahrung. 2017, S. 28.[]
  124. Bataille: Die innere Erfahrung. 2017, S. 29.[]
  125. Bataille: Die innere Erfahrung. 2017, S. 17.[]
  126. Bataille: Die innere Erfahrung. 2017, S. 68f.[]
  127. Bataille: Die innere Erfahrung. 2017, S. 69.[]
  128. Bataille: Die innere Erfahrung. 2017, S. 80.[]
  129. Vgl. Bataille: Die innere Erfahrung. 2017, S. 19.[]
  130. Zitate nach Mersch: Logik und Medialität des Computerspiels. 2008, S. 24.[]
  131. Zitate nach Mersch: Was sich zeigt. 2002, S. 16 (Hervorhebungen im Original). Vgl. dazu auch mein Kapitel ‚Mediale Gegenwärtigkeit‘ in Müller: Die Macht der Rede. 2023, S. 24–32.[]
  132. Vgl. Schulz: Erzähltheorie. 2015, S. 123f.; Worstbrock: Wiedererzählen und Übersetzen. 1999.[]
  133. Caillois: Die Spiele und die Menschen. 2017, S. 51.[]
  134. Zitate nach Caillois: Die Spiele und die Menschen. 2017, S. 54.[]
  135. Vgl. Caillois: Die Spiele und die Menschen. 2017, S. 57.[]
  136. Vgl. Twitch: Kategorien.[]
  137. Caillois: Die Spiele und die Menschen. 2017, S. 58.[]
  138. Eine wichtige Ausnahme dazu bilden ‚Invaders‘ bzw. ‚Dark Spirits‘ – fremde Spieler:innen, die in die eigene Spielwelt eindringen, um den Avatar zu töten (et vice versa). Dieses partielle PvP-Element in Dark Souls liesse sich im vorliegenden Kontext etwa als Einbruch des Agonalen ins Ludische denken. Als sekundäre Form der Agonalität erscheinen wiederum erfolgsbezogene Vergleiche mit anderen Spieler:innen.[]
  139. Vgl. Huizinga: Homo Ludens. 2015, S. 15–20.[]
  140. Vgl. Huizinga: Homo Ludens. 2015, S. 213f.[]
  141. Der Erzählmoment steht damit in einer doppelten Retrospektive: Zunächst vom Aufwachen zur Fahrt im Wagen, dann von der Fahrt im Wagen zur Auseinandersetzung. Diese Nachträglichkeit spiegelt bereits eine mystische Logik, die um ihre spezifische Medialität zwischen Erzählen und Ereignis weiss.[]
  142. Musil: Der Mann ohne Eigenschaften. 2011, S. 28.[]
  143. Musil: Der Mann ohne Eigenschaften. 2011, S. 29.[]
  144. Vgl. Wagner-Egelhaaf: Musil und die Mystik der Moderne. 1998, S. 195–215; Reinhardt: Religion und moderne Kunst. 2003; Gschwandtner: Ekstatisches Erleben. 2013; Bogdanović: Mystik. 2021.[]
  145. Eckhart: Deutsche Werke I. 1993, S. 562 („denn mir wird in diesem Durchbrechen zuteil, daß ich und Gott eins sind.“).[]
  146. Vgl. Eckhart: Deutsche Werke I. 1993, S. 16 (Predigt I: Intravit Jesus in templum).[]
  147. Vgl. Caillois: Die Spiele und die Menschen. 2017, S. 34.[]

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Spiele: 

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Müller, Thomas: "Lust am Scheitern - Eine mystische Denkfigur in ‚Dark Souls III‘". In: PAIDIA – Zeitschrift für Computerspielforschung. 23.09.2024, https://paidia.de/lust-am-scheitern-eine-mystische-denkfigur-in-dark-souls/. [12.12.2024 - 01:30]

Autor*innen:

Thomas Müller

Dr. Thomas Müller studierte Germanistik, Komparatistik und Geschichte in Zürich, Basel und Berlin. An der Universität Zürich promovierte er 2023 bei Prof. Dr. Christian Kiening mit einer Arbeit zum Thema „Die Macht der Rede. Mediale Dynamiken im ‚Passional‘“ (https://www.chronos-verlag.ch/node/28663). Seine Forschungsinteressen liegen im Bereich der Literatur- und Medientheorie, der germanistischen Mediävistik und der kulturwissenschaftlichen Game Studies.