Ist das Mittelalter oder kann das weg? Zur Debatte um Authentizität in Kingdom Come: Deliverance

30. Juni 2018

„[E]r will blos zeigen, wie es eigentlich gewesen.“ 1

Diese Worte Leopolds von Ranke sagen aus, was wohl ein Großteil der ‚Gamingszene‘ über Daniel Vávra gedacht haben mag, als diesem Rassismus- und Sexismus-Vorwürfe in Bezug auf ‚sein‘ Spiel und seine Person entgegengebracht wurden. Doch liegt in solch einer Argumentationsweise genau die Krux: RezipientInnen akzeptieren die Authentizitätsfiktion des Spiels als historische Wahrheit, die identitätsstiftend sein kann, womit ein Angriff auf das Spiel als Angriff auf die Identität bestimmter Personen empfunden werden kann.

Vávra ist Gründer, Creative Director und Lead Designer von Warhorse Studios, dem Entwicklerstudio, das für das über eine Crowdfunding-Kampagne finanzierte Spiel Kingdom Come: Deliverance (KCD) verantwortlich ist. 2 Dieses Spiel wurde angekündigt und sehnsüchtig erwartet als authentisches Mittelalterrollenspiel. 3 Kurz vor Release im Februar 2018 entwickelte sich jedoch eine Debatte um die Authentizität des Spiels, die eng verknüpft wurde mit der Person Vávras. Die Komplexität der Debatte wurde dadurch weiter gesteigert, dass ihr von Beginn an auch eine politische Dimension innewohnte: Einer der Hauptvorwürfe gegenüber Vávra und dem Spiel KCD ist die Vermittlung eines bestimmten Bildes vom europäischen Mittelalter, das unter anderem den Aspekt Diversität gänzlich ignoriere. Hierzu äußerte sich vor allem der deutsche Blogger Jan Heinemann – Mitglied im Arbeitskreis Geschichtswissenschaft und Digitale Spiele 4 – in einem gründlich recherchierten Blogeintrag, der aber mehr auf die Person Vávras eingeht als sich dem Spiel selbst zu widmen, welches zu diesem Zeitpunkt noch nicht erschienen war. 5

Dieser Beitrag hat es sich nicht zur Aufgabe gemacht, die Debatte nachzuerzählen oder das vermittelte Mittelalterbild des Spiels einer grundsätzlichen Wertung zu unterziehen. Es wird versucht, so prägnant wie nötig die Eckpunkte von ‚Anklage‘ und ‚Verteidigung‘ nachzuzeichnen, um im nächsten Schritt zu zeigen, warum diese Debatte in der Weise, wie sie geführt wurde, zu keinem Ergebnis kommen konnte. Vor allem Jan Assmanns Ausführungen zum kulturellen Gedächtnis 6 zeigen auf, welche Defizite beide Seiten des ‚Streits‘ in ihrer Position zur Darstellung historischer Inhalte aufweisen. Des Weiteren soll es darum gehen, den Begriff der Authentizität im Kontext der Debatte um die Gestaltung historischer Settings zu problematisieren. Die Ergebnisse des Leibniz-Forschungsverbundes „Historische Authentizität“ 7 werden dazu dienen, die in der Debatte verwendeten Termini begrifflich zu schärfen, um zum Kern des Problems zu gelangen: der Objektivierung eines subjektiven Geschichtsbildes.

Burzum-Shirt und GamerGate

Jan Heinemanns Beitrag zu KCD war notwendig, da – besonders bei historischen Spielen – über vermeintlich mitvermittelte ‚Ideologien‘ dargestellter Geschichtsbilder gesprochen werden muss. Da er sich zu sehr auf die Person Daniel Vávras konzentriert hat, wurde vor allem in der deutschen Gaming-Presse die Debatte 8 weiter angeheizt. Heinemanns Argumentation ist aus wissenschaftlicher Perspektive absolut plausibel, wenn er feststellt, dass das Inszenieren von angeblichen historischen Wahrheiten aus dem Anspruch der Authentizität heraus völlig am aktuellen Forschungsdiskurs vorbeigeht. 9 Ebenso kann man ihm zustimmen, dass über Jahrzehnte reproduzierte popkulturelle Vorstellungen des Mittelalters so sehr im kulturellen Gedächtnis verankert sind, dass „Multiperspektivität und Widersprüche […] von den Teilnehmer*innen schnell als Angriff auf die eigene […] Identität gewertet [werden].“ 10 Heinemann selbst projiziert alle von ihm aufgezeigten Defizite in Diversität und Multikulturalität im Ursprung auf die Person und angeblichen Überzeugungen des Chef-Entwicklers von Warhorse Studios, da „[j]edes Werk (so auch jedes Spiel) […] nichts über die historische Wirklichkeit aus[sagt], aber alles darüber, wie seine Autor*innen […] diese sehen – oder sehen wollen.“ 11 Heinemann zeigt hier einen stark hermeneutischen Blick auf Werk und Autor, der keinesfalls kritiklos übernommen werden sollte und zugleich die Fronten in der Debatte verhärtete, da sich SpielerInnen, ähnlich wie Vávra, selbst angegriffen gefühlt haben könnten. Doch zunächst soll kurz auf seine Hauptvorwürfe eingegangen werden:

Daniel Vávra könne anhand seiner Äußerungen und Vorlieben eine rechtskonservative Gesinnung nachgewiesen werden, 12 die er auch auf das Spiel übertragen habe. Als Beleg für die Theorie verweist Heinemann auf ein Burzum 13 -Shirt, das Vávra auf der gamescon 2017 getragen hat. Ausgehend von Heinemanns oben erwähnter hermeneutischer Denkweise verwundert es nicht, dass er über Burzum und Varg Vikernes dieselben Bezüge zwischen Werk und Künstler herstellt, wie er es bei Vávra und KCD macht. Nachdem Heinemann Vávra über dieses Kleidungsstück zu einem Neonazi stilisiert hatte, da er „(mindestens) Vikernes‘ Liedtexte“ 14 bewerbe, widmet er sich Vávras Äußerungen zu GamerGate. Dass die AgitatorInnen unter dem Deckmantel GamerGate politisch höchst fragwürdig sind und sich selbst durch Drohungen und Beleidigungen aus dem Dialog ausgeschlossen haben, zeigte die Debatte unter diesem Hashtag, die 2014 begann. 15 Ohne hier erneut auf GamerGate einzugehen, ermöglichen doch die von Heinemann recherchierten Äußerungen Vávras in diesem Kontext einen Einblick in die Gesinnung des Spieleentwicklers. 16 Auch gab Vávra der US-amerikanischen Nachrichtenwebsite Breitbart, die mindestens als rechtskonservativ einzuordnen ist, ein Interview 17 in Bezug auf einen Vortrag der Historikerin Viktoria Elisabeth Cooper über die Aneignung des europäischen Mittelalters in Videospielen und die daraus resultierenden (politischen) Auswirkungen. 18 Im oben genannten Interview wird unter anderem auch auf die Vergangenheit Vávras verwiesen; so sei er unter dem kommunistischen Regime in der ehemaligen Tschechoslowakei aufgewachsen. Mit dieser Aussage möchte Vávra seine eigene politische Unbefangenheit verdeutlichen. Ohne Vávra etwas unterstellen zu wollen, haben diese Verweise auf die Vergangenheit der Tschechischen Republik starken Charakter von ‚Whataboutism‘. Auch in einem Statement gegenüber der GameStar zu den Vorwürfen argumentiert er entsprechend: „Ich wuchs in einem Land auf, das nach der Besatzung durch die Nationalsozialisten von einem kommunistischen Regime beherrscht wurde.“ 19

Vávra soll an dieser Stelle noch ein weiteres Mal zitiert werden, um zur Kernfrage dieses Beitrags zu gelangen:

"I am making a game about the history of my country… all of a sudden there are people telling me that I should not make as it really was." 20

Dieses Zitat führt von den persönlichen Vorwürfen weg zum eigentlichen Problem dieser Debatte: dem seit Ranke bestehenden Anspruch, Geschichte zu erzählen, wie sie wirklich war. Allerdings wird bei KCD keine – anders als das Spiel durchaus suggeriert – ‚Historiographie‘ betrieben, sondern ein bestimmtes Bild des Mittelalters reproduziert.

Es soll an dieser Stelle kein Urteil über Vávras politische Einstellung gefällt werden. Stattdessen sei auf den Kern des Problems gezielt, nämlich das Geschichtsbild und die Geschichtswahrnehmung im kulturellen Gedächtnis sowie die Unschärfe des Authentizitätsbegriffs. Der Kritik zugänglich gemacht wird dies nicht im Kurzschluss auf die Entwickler des Spiels oder über die Diskussion von Inhalten, sondern es soll auf kulturtheoretischer Basis aufgewiesen werden, warum eine solche Debatte ergebnislos bleibt. Ein Grundproblem der beschriebenen Debatte besteht darin, dass sich Politisierung nicht auf einzelne Personen im Entwicklerteam zurückführen lässt, sondern dass sie einen Reflex einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe abbildet, die in einer immer komplexer werdenden Welt auf der Suche nach identitätsstiftenden Merkmalen ist. Was im 19. Jahrhundert mit dem Mittelalter funktionierte, funktioniert auch heute: Spiele wie KCD sind das ‚Schloss Neuschwanstein‘ der Gaming-Szene.

Die Meistererzählung 21 im kulturellen Gedächtnis

Nach Jan Assmann kann zwischen kommunikativem und kulturellem Gedächtnis unterschieden werden. 22 Beim Übergang von der das kommunikative Gedächtnis prägenden „Alltagskommunikation […] in den Bereich der objektivierten Kultur“ 23 sind bei kommunikativem wie kulturellem Gedächtnis in der Kommunikation „ähnliche Bindungen an Gruppen und Gruppenidentitäten [zu] beobachten“. 24 Assmann nennt diese Strukturierung von Wissen „identitätskonkret“ 25 . Der Anker des kulturellen Gedächtnisses ist der Erinnerungsraum, der aus „Zeitinseln“ 26 besteht, die sich der Chronologie entziehen. Dies ist auch in Bezug auf das romantisierte Mittelalter der Fall. Selbst ein Spiel wie KCD, dessen Entwickler den Anspruch auf Authentizität verfolgten, schwärmt von einem Mittelalter, das –wie bereits zu Zeiten der Romantiker – auch heute die Funktion erfüllt, „der politischen und gesellschaftlichen Orientierungslosigkeit ein eigenes kulturelles Erbe entgegen[zu]stellen.“ 27

Die Schnittstelle dieser Funktion mit der aktuellen gesellschaftspolitischen Situation wird im weiteren Verlauf des Beitrags noch aufgegriffen werden. Zunächst gilt es, sich mit den Merkmalen des kulturellen Gedächtnisses auseinanderzusetzen: Was macht das Mittelalter als Ganzes zu einer aus seiner eigenen Zeitlichkeit enthobenen Meistererzählung? Was begeistert die Menschen daran?

Als erstes erscheint die Flucht in das einfach und klar strukturiert erscheinende Mittelalter ‚identitätskonkret‘. 28 Seit dem 19. Jahrhundert hat sich ein bestimmtes romantisches Mittelalterbild in den Köpfen der Menschen festgesetzt: Das Mittelalter steht für die scharfe Abgrenzung von ‚Gruppen‘ und das Vorhandensein klarer Identitäten, wodurch es für Menschen auf der Suche nach ‚Zugehörigkeit‘ attraktiv wird. Die Konstanz dieses Bildes liegt unter anderem an der wunderbar einfachen „Rekonstruktivität“ 29 des als eine Epoche gesehenen Mittelalters. Wenige Epochen sind auf dieselbe Weise mystifiziert und von Sagen und Legenden geprägt. 30 Ein weiterer Punkt wäre die Organisation des europäischen Mittelalters im kulturellen Gedächtnis. Hierunter ist vor allem die mittlerweile seit mehr als hundert Jahren andauernde Vermittlung ein und derselben Klischees in Schrift und Bild zu verstehen. Das ‚romantische Mittelalter‘ hat jeden Medienwandel überstanden; auch das Internet. Der Erfolg zeigt sich vor allem an der Verbindlichkeit der Erzählung. 31 Gruppenzugehörigkeit und gemeinsame Werte werden aus der gemeinsamen okzidentalen Vergangenheit abgeleitet. Beispielsweise ist die Abwehr von Gefahren aus dem Orient ein Teil der Erzählung vom europäischen Mittelalter, der jegliche Nationalstaatlichkeit überdauert hat und sich vor allem gegenwärtig bei der europäisch organisierten ‚Neuen Rechten‘ zeigt. So könnte man dem Spiel eine politische ‚Meinungsmache‘ ankreiden: die einseitige Darstellung der Kumanen als Fremde aus dem Osten, die plündern und verwüsten, repräsentiert ein solches Klischee. 32

Der letzte Punkt Assmanns in Bezug auf das kulturelle Gedächtnis erklärt abschließend die Zerfahrenheit der oben geschilderten Debatte. Nach Assmann ist das kulturelle Gedächtnis reflexiv in Bezug auf das Selbst und das Selbstbild. 33 Und genau hier scheiden sich die Geister. Die Dekonstruktion des Mittelalters und vor allem eines bestimmten Mittelalterbildes in der Gesellschaft, aber auch in der Forschung, ist Teil dieser Reflexion. Jedoch verwehren sich Teile der Gesellschaft vehement dieser Dekonstruktion, da diese, wie Heinemann feststellt, deren Identitätskonstruktion bedroht. Daraus lassen sich zwei Pole ableiten:

„Die einen erinnern sich an die Vergangenheit aus Angst, von ihrem Vorbild abzuweichen, die anderen aus Angst, sie wiederholen zu müssen.“ 34

Wie kann diese Kluft für einen Dialog überbrückt werden, wenn doch „[k]ein Gedächtnis […] eine Vergangenheit als solche zu bewahren [vermag].“ 35 Mit diesem Satz zeigt Assmann das Problem auf, mit dem der Historismus im ‚Rankschen Sinne‘ zu kämpfen hat und was ein gut gemeintes Vorhaben, nämlich zu erzählen, wie es wirklich war, unmöglich macht. An dieser Stelle sei erneut auf das Eingangszitat verwiesen. Der Historismus hat in seiner Grundidee der Objektivität von Historiographie gegenüber einer solchen „Relevanz-Perspektivierung der Überlieferung, die alles auf den Fluchtpunkt der kulturellen Identität bezieht, mit großer Entschiedenheit Stellung bezogen.“ 36 Wenn man also Vávra als Person etwas vorwerfen will, ist es die Instrumentalisierung von Rankes Aussage in dem oben erwähnten Interview, die sicherlich nicht den Ansprüchen Leopolds von Ranke genügt, der kritische und gründliche Durchsicht der erzählenden Quellen forderte. 37

Wo die ‚Verteidigung‘ den Fehler macht, einerseits kritischer dekonstruktiver Betrachtung kein Gehör zu schenken, da sie ihre Identität gefährdet sieht, und andererseits ‚Objektivitätsanspruch‘ auf die Darstellung von Geschichte zu erheben, macht sich die ‚Anklage‘ ebenso schuldig, die Darstellung der Geschichte in KCD auf eine identitätsstiftende Funktion zu reduzieren. 38

Warum die Bereiche ‚Identität‘ und ‚Authentizität‘ nicht einfach zu trennen sind, zeigt ein Blick auf den Terminus Authentizität.

Eine Burg ist kein Subjekt

Spätestens seit den 1970er- und 1980er-Jahren lässt sich ein ‚turn back‘ zu historischen Inhalten erkennen. 39 Das Verändern der Lebenswelt führte zur Entwicklung einer Bewältigungsstrategie. So ist vor allem im Bereich der Computerspiele im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts ein stetiger Anstieg an historischen Inhalten festzustellen, 40 der nicht abzureißen scheint. In der Gaming-Community wurde KCD wohl auch aus diesem Grund sehnsüchtig erwartet. Auch der Erfolg des Mittelalters in langjährigen Spielereihen mit historischen Inhalten wie beispielsweise Total War 41 von Creative Assembly bestätigt die anhaltende Beliebtheit historischer Settings. Allerdings sind Spiele wie etwa der aktuelle Total War-Ableger Total War Sagas: Thrones of Britannia Strategiespiele, die keine Geschichte erzählen, sondern vornehmlich ein historisches, meist epochenübergreifendes Setting bereitstellen, in dem das ludische Subjekt selbst zum Erzähler wird. Die Immersion findet in einer Welt statt, die zwar ein historisches Umfeld ins Gedächtnis ruft, SpielerInnen aber selbst zu GestalterInnen der Welt machen. Die gottähnliche Position und das eigene ‚Umschreiben‘ der Geschichte machen hier einen gänzlich anderen Reiz aus. 42

KCD hingegen versetzt das ludische Subjekt in einen vorgefertigten Charakter, der eine eigene Geschichte besitzt und sich in einer bereits festgefügten Welt mit festgefügten Konflikten bewegt. Der Unterschied zwischen Strategie- und Rollenspiel zeigt, dass bei Rollenspielen wie KCD in einem objektauthentisch bereitgestellten Setting die Komponente der Subjektauthentizität noch stärker wiegt. 43 Unter objektbezogener Authentizität sei an dieser Stelle das zu fassen, was in der historischen und archäologischen Überlieferung als gesichert gelten kann. Das meint beispielsweise die Darstellung bestimmter Gebäude, Kleidung oder Kunstwerke, die anhand von Schrift- und Bildquellen sowie archäologischen Untersuchungen datierbar sind. Es handelt sich um Inhalte, die mit Heinze gesprochen eine „Kulissenauthentizität“ 44 erschaffen. Diese Objektauthentizität schafft ein historisches Immersionserlebnis, das bei SpielerInnen ein Gefühl von Authentizität erweckt. 45 Den ‚Echtheitsgrad‘ bestimmt hier natürlich die Ausführlichkeit, mit der die SpieleentwicklerInnen sich in die historische Materie eingearbeitet haben. Wenn AutorInnen selbst entscheiden, was historisch authentisch gelten soll oder nicht, geht die Objekt- in Subjektauthentizität über. In diesem „Spannungsfeld von subjekt- und objektbezogenen Authentizitätszuschreibungen“ 46 befinden wir uns in der oben beschriebenen Debatte um KCD, da das Spiel zusätzlich den Anspruch erhebt, realistisch zu sein. 47 Wenn man nämlich, wie Vávra selbst sagt, ein Spiel erschaffen will, das zeigt, wie es wirklich gewesen ist, 48 muss man sich der Verantwortung bewusst sein, dass Laien das Setting des Spiels als historisch akkurat auffassen und unreflektiert übernehmen.

Zur Verteidigung des Spiels werden in der Debatte vor allem zwei Argumente angeführt: Einerseits sei es kein ‚Whitewashing‘, wenn Recherchen ergeben hätten, dass es keine Hinweise auf ‚people of color‘ im Böhmen des 15. Jahrhunderts gebe. Andererseits müsse man die Kunst vom Künstler trennen, da sie nicht zwangsläufig dessen Einstellungen reflektiere. 49 Zum zweiten Punkt ist bereits gesagt worden, dass Werk und Autor voneinander zu trennen sind. Dennoch spiegeln Gesellschaft und Kunst einander wider und sind zueinander in Beziehung zu setzen. Und da der Autor Teil der Gesellschaft ist, ist er je nach Position des Betrachters ebenfalls miteinzubeziehen. Interessanter ist für diesen Beitrag, dass der ‚Whitewashing‘-Vorwurf mit dem Argument zu entkräften versucht wird, dass es so gewesen sei wie dargestellt: ‚people of color‘ hätten im gewählten historischen Setting keine Rolle gespielt. 50 Dies führt zurück zum Kern des Problems: Keine Schilderung oder Darstellung historischer Ereignisse darf in keinem Fall als unumstößlich gelten. Im Umkehrschluss: Warum sind keine ‚people of color‘ im Spiel? Nicht, weil Vávra es so wollte, sondern, weil es der Identitätskonstruktion von ProduzentInnen wie RezipientInnen entspricht. Denn eben jene, die den Vorwurf damit entkräften, dass es unwahrscheinlich sei und damit weniger authentisch, sind jene, die sich durch eine diversitätsorientierte Darstellung angegriffen fühlen.

Ein schönes Beispiel hierfür kommt aus der Welt der TV-Serien. BBC hat dieses Jahr die Serie Troy: Fall of a city 51 auf Netflix ausgestrahlt. Darin wird Homers Ilias neu erzählt. Die Figur des Achilles wird von einem dunkelhäutigen Schauspieler verkörpert, was im Internet einen riesigen Aufschrei auslöste. Zu dieser Debatte 52 soll nur kurz gesagt sein, dass hier ‚Blackwashing‘ Vorwürfe damit untermauert werden, dass ein dunkelhäutiger Achilles nicht historisch authentisch sei. Es wäre interessant zu wissen, wie viele dieser Personen keinen Anstoß daran nehmen, dass beispielsweise kein einziger Roma, Jude oder ‚nicht-weißer‘ Mensch im Spiel KCD zu sehen ist. Was damit gezeigt werden soll, ist die Janusköpfigkeit solcher Debatten. Man fühlt sich durch den Vorwurf des ‚Whitewashings‘ in der eigenen Identität gekränkt, wirft aber anderen ‚Blackwashing‘ vor, weil dies die kulturelle Identität untergräbt. Dass dieser Vorwurf in Bezug auf ein nacherzähltes Epos noch wesentlich fragwürdiger ist, als bei einem Spiel mit ‚authentischem‘ Mittelaltersetting, sollte eigentlich nicht erwähnt werden müssen. Auch hier zeigt sich, dass sich subjektive und objektive Authentizitätsauffassung miteinander vermischen beziehungsweise die Subjektauthentizität oft Anspruch erhebt, objektiv zu sein – vor allem, wenn es um das kulturelle Gedächtnis derer geht, die Angst davor haben, von der Vergangenheit abzuweichen.

Es ist und bleibt ein ‚Stellungskrieg‘

Wie sich gezeigt hat, sind bei Authentizitätsdebatten die Fronten in den allermeisten Fällen grundsätzlich verhärtet. Die Dekonstruktion von Geschichtsbildern ist dadurch besonders konfliktbelastet, da die Identität bestimmter Personengruppen mitunter durch ein bestimmtes Geschichtsbild beeinflusst wird. Auch ist zu beachten, dass jede Dekonstruktion erneute Konstruktionen schafft, die wiederum Identifikationspotenzial in sich bergen. Ein Lösungsansatz könnte darin bestehen, im oben beschriebenen Spannungsfeld zwischen Subjekt- und Objektauthentizität den Dialog zu suchen. 53 In diese Kerbe schlägt ein Blog-Eintrag von Andreas Inderwildi:

„The past is more than an accumulation of facts, and filling a world with period-accurate weaponry, recreations of castles and allusions to historical events doesn’t equate to historical authenticity. KCD sees its own modern biases reflected in a past age because it plants them there, as all historical appraisal or recreation must to an extent.“ 54

Aber genau das müssen auch die Kritiker von KCD akzeptieren. Das Setting bildet die Variante einer historischen Erzählung ab. Die Verfechter wiederum müssen akzeptieren, dass das Spiel keine historische Wahrheit abbildet:

„The dream of an objective, accurate recreation of the past will always be a fool’s errand.“ 55

Beide Seiten müssen damit leben, dass es unterschiedliche Auffassungen von Authentizität gibt und diese innerhalb der Gesellschaft verhandelt werden. Wenn allerdings die Vermutung berechtigt ist, dass ‚Ideologie‘ hinter einem bestimmten im Spiel dargestellten Geschichtsbild steckt, ist es richtig und wichtig darauf hinzuweisen. Dies kann allerdings ‚diplomatischer‘ geschehen, als es Jan Heinemann in Bezug auf Daniel Vávra getan hat. Identität und Geschichte können womöglich nie in Gänze voneinander getrennt werden. Doch ist es ein Unterschied, ob diese Identitätssuche in der eigenen Geschichte nur über Exklusion möglich ist, oder ob man bereit ist, das eigene ‚identitätsstiftende‘ subjektauthentische Geschichtsbild zu reflektieren. Wer dazu nicht bereit ist, verharrt in konservierten Wunschvorstellungen, die im Einzelnen auf Rassismus, Klassismus und Sexismus überprüft werden können und müssen. Stört man sich an einer solchen ‚Prüfung‘ und benutzt angeblich objektive historische Wahrheit als Legitimation der eigenen überholten Weltvorstellung, schließt man sich damit selbst aus dem Dialog aus.

Immerhin scheinen die MacherInnen von KCD die Debatte zumindest in Hinblick auf die Sexismus-Vorwürfe in ihrer DLC-Planung zu berücksichtigen. Die im Zuge der E3 vorgestellte ‚Roadmap‘ für die zukünftigen Pläne zum Spiel zeigen den DLC A Woman’s Lot, in welchem man die weibliche Figur ‚Theresa‘ spielen können soll. 56

Am Ende kann nur dafür plädiert werden, nicht nur über das vermittelte Geschichtsbild und die Inhalte eines Spiels zu diskutieren, sondern vor allem die ‚Geschichtskultur‘ 57 , die dahintersteht, zu reflektieren. So könnten ProduzentInnen und RezipientInnen für eine reflektierte Wahrnehmung von erzählter Geschichte sensibilisiert werden, ohne auf Spielspaß verzichten zu müssen. Wenn man sich darüber bewusst ist was man spielt, spricht auch nichts dagegen, wenn man spielt. Dies sollte nebenbei nicht nur für Spiele mit historischem Setting gelten.

Medienverzeichnis

Spiele

Warhorse Studios: Kingdom Come: Deliverance. Deep Silver 2018.

Creative Assembly: Medieval II: Total War. Sega 2006.

Creative Assembly: Atilla: Total War. Sega 2015.

Creative Assembly: Total War Sagas: Thrones of Britannia. Sega 2018.

Creative Assembly: Warhammer: Total War. Sega 2016.

Texte

Assmann, Aleida: Erinnerungsräume: Formen und Wandlungen des kulturellen Gedächtnisses. 3. Auflage. München: C. H. Beck 2006.

Assmann, Jan: Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen. 7. Auflage. München: C. H. Beck 2013.

Ders.: Kollektives Gedächtnis und kulturelle Identität. In: Assmann, Jan; Hölscher, Tonio (Hg.): Kultur und Gedächtnis. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1988, S. 9-19.

Batchelor, James: Vavra: "There is no propaganda" in Kingdom Come: Deliverance. Warhorse co-founder says controversy over historical RPG would be "laughable if it wasn't serious". 2018. <https://www.gamesindustry.biz/articles/2018-04-19-vavra-there-is-no-propaganda-in-kingdom-come-deliverance> [20.06.2018].

Cooper, Victoria Elizabeth: Playing Politics: Exploring Nationalism and Conservatism in Fantasy Video Games. Leeds: 2015. <https://www.academia.edu/13695051/Playing_Politics_Exploring_Nationalism_and_Conservatism_in_Fantasy_Video_Games> [24.06.2018].

Gamestar Redaktion: Kingdom Come: Deliverance – Die Reaktion auf die Rassismus-Vorwürfe. 2018. <https://www.gamestar.de/artikel/kingdom-come-deliverance-die-reaktion-auf-die-rassismus-vorwuefe,3324854.html> [20.06.2018]

Halley, Dimitry: Kingdom Come: Deliverance - DLC-Roadmap zeigt 4 Story-DLCs, Hardcore Mode und mehr. Entwickler Warhorse enthüllt die Zukunft von Kingdom Come: Deliverance. Mit dabei: Ein DLC mit weiblicher Hauptfigur. 2018. <https://www.gamestar.de/artikel/kingdom-come-deliverance-dlc-roadmap-zeigt-4-story-dlcs-hardcore-mode-und-mehr,3330020.html> [27.06.2018].

Heinemann, Jan: Das „authentischste“ Historienspiel aller Zeiten?! Die gewaltige Schräglage von „Kingdom Come: Deliverance“. 2018. <https://lepetitcapo.wordpress.com/2018/01/13/das-authentischste-historienspiel-aller-zeiten-die-gewaltige-schraeglage-von-kingdom-come-deliverance/comment-page-1> [20.06.2018].

Ders.: Hope of deliverance… 2018. <https://lepetitcapo.wordpress.com/2018/01/27/hope-of-deliverance> [20.06.2018].

Heinze, Carl: Mittelalter Computer Spiel. Zur Darstellung und Modellierung von Geschichte im populären Computerspiel. Bielefeld: Transcript 2012.

Interwildi, Andreas: Kingdom Come Deliverance’s quest for historical accuracy is a fool’s errand. 2018. <https://www.rockpapershotgun.com/2018/03/05/kingdom-come-deliverance-historical-accuracy> [20.06.2018].

Kämper, Heidrun; Voigt-Goy, Christopher (Hg.): Konzepte des Authentischen. Göttingen: Wallstein 2018.

‚Kigosh‘: KC Kontroverse zwischen Journalismus und Hexenjagd. 2018. <https://www.gamestar.de/community/user/kigosh,711635/blog/kc-kontroverse-zwischen-journalismus-und-hexenjagd,711635,17738.html> [20.06.2018].

Lowry, Brendan: Kingdom Come: Deliverance — Historical Accuracy Isn’t Whitewashing. 2018. <https://lortarkam.wordpress.com/2018/02/22/kingdom-come-deliverance-historical-accuracy-isnt-whitewashing> [20.06.2018].

Medievalists.net: When Reality Becomes Fantasy: How Video Games are Hijacking the Middle Ages. 2015. <http://www.medievalists.net/2015/07/when-reality-becomes-fantasy-how-video-games-are-hijacking-the-middle-ages> [20.06.2018].

‚Pharos‘: Scholars Respond to Racist Backlash against Black Achilles, Part 1: Ancient Greek Attitudes toward Africans. 2018. <http://pages.vassar.edu/pharos/2018/05/11/scholars-respond-to-racist-backlash-against-black-achilles-part-1-ancient-greek-attitudes-toward-africans> [20.06.2018].

Pirker, Eva Ulrike; Rüdiger, Mark; Authentizitätsfiktionen in populären Geschichtskulturen: Annäherungen. In: Dies. [u.a.] (Hg.): Echte Geschichte. Authentizitätsfiktionen in populären Geschichtskulturen. Bielefeld: Transcript 2010, S. 11-30.

Ranke, Leopold von: Vorrede zur ersten Ausgabe. Oktober 1924. In: von Ranke, Leopold: Sämtliche Werke. Bd. 33&34. Leipzig: Duncker und Humblot 1874.

Rexroth, Frank: Meistererzählungen vom Mittelalter. Epochenimaginationen und Verlaufsmuster in der Praxis mediävistischer Disziplinen. HZ Beihefte Bd. 46. München: Oldenbourg 2007.

Sabrow, Martin & Saupe, Achim (Hg.): Historische Authentizität, Göttingen: Wallstein 2016.

Dies.: Historische Authentizität. Zur Kartierung Kartierung eines Forschungsfeldes. In. Dies. (Hg.): Historische Authentizität. Göttingen: Wallstein 2016, S. 7-28.

Schwarz Angela: Computerspiele – Ein Thema für die Geschichtswissenschaft? In: Dies. (Hg.): „Wollten Sie auch immer schon einmal pestverseuchte Kühe auf Ihre Gegner werfen?“ Eine fachwissenschaftliche Annäherung an Geschichte im Computerspiel. 2. erweiterte Auflage, Münster: LIT 2012, S. 7-34.

Shimshock, Robert: Developer Speaks Out over Claim ‘Historical Accuracy’ Pushes White Supremacy in Game. 2018. <http://www.breitbart.com/big-hollywood/2015/07/28/developer-speaks-out-over-claim-historical-accuracy-pushes-white-supremacy-in-games> [20.06.2018].

Uslenghi, Fabio: Kingdom Come: Die wichtigsten Erkenntnisse der Historiker-Analyse - »Die Kumanen sind ein zweischneidiges Schwert«. 2018. <https://www.gamestar.de/artikel/kingdom-come-die-wichtigsten-erkenntnisse-der-historiker-analyse-die-kumanen-sind-ein-zweischneidiges-schwert,3328370.html> [20.06.2018].

Serien

Harris, Owen; et. al.: Troy. Fall of a city. UK & USA: BBC One & Netflix 2018.

Websites

<https://warhorsestudios.cz> [19.06.2018]

<https://www.kingdomcomerpg.com> [19.06.2018]

<https://www.kickstarter.com/projects/1294225970/kingdom-come-deliverance?lang=de> [19.06.2018]

<https://rationalwiki.org/wiki/Timeline_of_Gamergate> [20.06.2018]

<https://gespielt.hypotheses.org> [20.06.2018]

<https://www.netflix.com/de/title/80175352> [26.06.2018]

Artikelbild

Edmund Leighton: God Speed. 1900.

  1. Ranke: Vorrede. 1974, S. VII.[]
  2. Internetauftritt des Entwicklerstudios: <https://warhorsestudios.cz> [19.06.2018]; Internetauftritt des Spiels: <https://www.kingdomcomerpg.com> [19.06.2018].[]
  3. Auf Kickstarter: <https://www.kickstarter.com/projects/1294225970/kingdom-come-deliverance?lang=de> [19.06.2018]. Beworben als „[r]ealistic single-player RPG set in the medieval Europe. Open-world sandbox with period accurate melee combat. Dungeons & no Dragons.“[]
  4. Internetauftritt des Arbeitskreises: <https://gespielt.hypotheses.org> [20.06.2018].[]
  5. Heinemann: Das „authentischste“ Historienspiel aller Zeiten?! 2018. <https://lepetitcapo.wordpress.com/2018/01/13/das-authentischste-historienspiel-aller-zeiten-die-gewaltige-schraeglage-von-kingdom-come-deliverance/comment-page-1> [19.06.2018].[]
  6. Siehe hierzu: Assmann, Aleida: Erinnerungsräume. 2006 sowie Assmann: Das kulturelle Gedächtnis. 2013. Für diesen Beitrag wird auf folgenden Beitrag verwiesen: Assmann: Kollektives Gedächtnis. 1988.[]
  7. Siehe hierzu vor allem: Kämper; Voigt-Goy (Hg.): Konzepte des Authentischen. 2018 sowie Sabrow; Saupe (Hg.): Historische Authentizität. 2016. []
  8. Einen Überblick über die Debatte bietet folgende Zusammenstellung von Jan Heinemann, die er im Anschluss an seinen Artikel veröffentlichte: Heinemann: Hope of deliverance… 2018. <https://lepetitcapo.wordpress.com/2018/01/27/hope-of-deliverance> [20.0.2018]. Eine weitere Reaktion auf die Debatte: Lowry: Historical Accuracy Isn’t Whitewashing. 2018. <https://lortarkam.wordpress.com/2018/02/22/kingdom-come-deliverance-historical-accuracy-isnt-whitewashing> [20.06.2018].[]
  9. „Ich kann bei diesem Authentizitäts-Taumel nur den Kopf schütteln. Vor allem, weil er in der Regel fernab aller geschichtswissenschaftlichen Forschungsergebnisse oder -diskussionen verläuft, sondern sich stattdessen auf verbreitete Vorstellungen von Geschichte stützt, die als absolute Wahrheit gesetzt werden.“ Heinemann: Das „authentischste“ Historienspiel aller Zeiten?! 2018. <https://lepetitcapo.wordpress.com/2018/01/13/das-authentischste-historienspiel-aller-zeiten-die-gewaltige-schraeglage-von-kingdom-come-deliverance/comment-page-1> [19.06.2018].[]
  10. Ebd.[]
  11. Ebd.[]
  12. „Ihm gefallen hauptsächlich abstruse Metal-Videos, noch abstrusere historische Verschwörungstheorien […], sowie Videos, in denen Verstöße gegen Genderrichtlinien gefeiert werden oder ‚white supremacy‘ als Mythos und als gesellschaftliches Phänomen in Abrede gestellt wird.“ Ebd. Zum jetzigen Zeitpunkt haben sich u.a. die ‚Likes‘ auf Youtube nicht mehr nachprüfen lassen. []
  13. Burzum ist ein in den frühen 1990er-Jahren gegründetes Black-Metal Projekt des Musikers Varg Vikernes, der wegen Mordes im Gefängnis saß und eine zu Recht umstrittene Person ist. Encyclopaedia Metallum: Burzum 2018. <https://www.metal-archives.com/bands/Burzum/88> [26.06.2018][]
  14. Heinemann: Das „authentischste“ Historienspiel aller Zeiten?! 2018. <https://lepetitcapo.wordpress.com/2018/01/13/das-authentischste-historienspiel-aller-zeiten-die-gewaltige-schraeglage-von-kingdom-come-deliverance/comment-page-1> [zuletzt aufgerufen am 19.06.2018]. Ohne Vávra in Schutz nehmen zu wollen, trägt er ein Kleidungstück, welches das Albumcover von Filosofem zeigt, ein 1996 veröffentlichtes Burzum-Album. Dessen Texte lassen nicht auf die Person Vikernes‘ und seiner politischen Gesinnung schließen.[]
  15. Eine Übersicht findet sich hier: Timeline of Gamergate. <https://rationalwiki.org/wiki/Timeline_of_Gamergate> [20.06.2018].[]
  16. Vgl. Abschnitt „Von GamerGate…“ Heinemann: Das „authentischste“ Historienspiel aller Zeiten?! 2018. <https://lepetitcapo.wordpress.com/2018/01/13/das-authentischste-historienspiel-aller-zeiten-die-gewaltige-schraeglage-von-kingdom-come-deliverance/comment-page-1> [zuletzt aufgerufen am 19.06.2018].[]
  17. Shimshock: Developer Speaks Out. 2018.<http://www.breitbart.com/big-hollywood/2015/07/28/developer-speaks-out-over-claim-historical-accuracy-pushes-white-supremacy-in-games> [20.06.2018].[]
  18. Cooper: Playing Politics. 2015. <https://www.academia.edu/13695051/Playing_Politics_Exploring_Nationalism_and_Conservatism_in_Fantasy_Video_Games> [24.06.2018> Die Präsentation wurde für diesen Beitrag über academia.edu angefragt, allerdings gab es bisalng keine Antwort von Cooper. Einen Überblick bietet der Artikel auf medievalists.net. Medievalists.net: When Reality Becomes Fantasy: How Video Games are Hijacking the Middle Ages. 2015. <http://www.medievalists.net/2015/07/when-reality-becomes-fantasy-how-video-games-are-hijacking-the-middle-ages> [20.06.2018].[]
  19. „Ich wuchs in einem Land auf, das nach der Besatzung durch die Nationalsozialisten von einem kommunistischen Regime beherrscht wurde. […] Ich bin kein Freund irgendeiner, wie auch immer gearteten, totalitären Herrschaft und erachte den Vorwurf, ich wäre ein Nazi oder würde irgendeiner Ideologie nahestehen, die auch nur im Entferntesten in diese Richtung geht, daher als absurd, ja sogar persönlich beleidigend und verletzend. Jeder, der mir auf sozialen Netzwerken folgt, wird wissen, dass ich die antifaschistische Bewegung unserer Vergangenheit in Ehren halte und die Menschen, die mir folgen, auch immer an unsere Vergangenheit oder Ehrentage für unsere Vorfahren, die im Kampf gegen dieses Regime standen, erinnere. Ich tue dies, um die Geschichte unseres Landes und seines Kampfes gegen zwei Unrechtsregime in Erinnerung zu halten, damit meine Fans – gerade auch junge Leute – sie nicht vergessen.“ GameStar Redaktion: Reaktion auf die Rassismus-Vorwürfe. 2018. <https://www.gamestar.de/artikel/kingdom-come-deliverance-die-reaktion-auf-die-rassismus-vorwuefe,3324854.html> [20.06.2018].[]
  20. Vávra bei Shimshock: Developer Speaks Out. 2018.<http://www.breitbart.com/big-hollywood/2015/07/28/developer-speaks-out-over-claim-historical-accuracy-pushes-white-supremacy-in-games> [20.06.2018].[]
  21. Siehe hierzu: Rexroth, Frank: Meistererzählungen vom Mittelalter. 2007.[]
  22. Assmann: Kollektives Gedächtnis. 1988, S.10.[]
  23. Ebd., S. 11.[]
  24. Ebd., S.11.[]
  25. Ebd., S. 13.[]
  26. Ebd., S.12[]
  27. Heinze: Mittelalter Computer Spiel. 2012, S. 14.[]
  28. Vgl. Assmann: Kollektives Gedächtnis. 1988, S. 13.[]
  29. Ebd. []
  30. Heinze: Mittelalter Computer Spiel. 2012, S. 14-15.[]
  31. Ebd., S.14. []
  32. Vor allem mangelt es bei den Kumanen an der viel betonten Authentizität, „[d]enn sie tragen exotische Steppenrüstungen samt Spitzhelmen und Masken, die im 15. Jahrhundert längst nicht mehr typisch waren.“ Uslenghi: Kingdom Come. 2018. <https://www.gamestar.de/artikel/kingdom-come-die-wichtigsten-erkenntnisse-der-historiker-analyse-die-kumanen-sind-ein-zweischneidiges-schwert,3328370.html> [20.06.2018]. Das Bild der Kumanen zeigt, dass man an dieser Stelle keinen Wert auf eine authentische Darstellung gelegt hat, sondern versuchte, diese so exotisch wie möglich zu gestalten.[]
  33. Vgl. Assmann: Kollektives Gedächtnis. 1988, S. 15.[]
  34. Ebd., S. 16.[]
  35. Ebd., S. 13.[]
  36. Ebd., S. 14: hieraus resultierte auch der Vorwurf gegenüber dem Historismus, er würde relativieren, indem er jegliche Überlieferung als gleichwertig betrachte. []
  37. Vgl. Heinze: Mittelalter Computer Spiel. 2012, S. 19.[]
  38. Vgl. Ebd., S. 27. Auch der User der GameStar-Community ‚Kigosh‘ hat in einem Blog-Eintrag auf dieses Defizit bei Heinemann hingewiesen: „In seinem gesamten Blogbeitrag führt Heinemann aber genau eine solche Authentizitätsdebatte und lanciert dadurch die laut ihm zu vermeidenden Identitätsdebatten.“ ‚Kigosh‘: KC Kontroverse zwischen Journalismus und Hexenjagd. 2018. <https://www.gamestar.de/community/user/kigosh,711635/blog/kc-kontroverse-zwischen-journalismus-und-hexenjagd,711635,17738.html> [21.06.2018].[]
  39. Vgl. Sabrow; Saupe: Historische Authentizität. 2016, S. 10. und Heinze: Mittelalter Computer Spiel. 2012, S. 23-24.[]
  40. Vgl. Schwarz: Computerspiele. 2012, S. 10-11.[]
  41. Namentlich sind hier vor allem die Titel Medieval 2: Total War, Total War: Atilla mit dem DLC Age of Charlemagne und Total War Sagas: Thrones of Britannia zu nennen. Dass die Warhammer: Total War Spiele ebenfalls ein an das europäische Mittelalter angelehntes Fantasy-Setting bedienen, bestärkt dies.[]
  42. Vgl. Schwarz: Computerspiele. 2012, S. 16.[]
  43. Zur Unterscheidung zwischen Objekt- und Subjektauthentizität vgl. Sabrow; Saupe: Historische Authentizität. 2016, S. 14.[]
  44. Heinze: Mittelalter Computer Spiel. 2012, S. 182. Zur Authentizitätsfiktion vgl. das gleichnamige Kapitel ebd., S. 174-183.[]
  45. Pirker & Rüdiger: Authentizitätsfiktionen. 2010, S. 17.[]
  46. Sabrow & Saupe: Historische Authentizität. 2016, S. 14.[]
  47. Erwidert wird der Vorwurf, das Spiel werbe mit Realismus, in der GameStar-Community: „Auch wenn die Homepage des Spiels mit Realismus wirbt, bedeutet es nicht, dass die Spielemacher ihren Kunden versprechen, ein Spiel zu entwickeln, das die Welt des mittelalterlichen Böhmens so zeigt, wie es «wahrhaftig» war.“ ‚Kigosh‘: KC Kontroverse zwischen Journalismus und Hexenjagd. 2018. <https://www.gamestar.de/community/user/kigosh,711635/blog/kc-kontroverse-zwischen-journalismus-und-hexenjagd,711635,17738.html> [21.06.2018]. Der GameStar-User ‚Kigosh‘ verkennt an dieser Stelle aber, dass es, wie durch Äußerungen Vávras gezeigt werden kann, dies durchaus bei KCD der Anspruch war.[]
  48. Vgl. Anmerkung 20 und das dazugehörige Zitat Vávras.[]
  49. Zum ersten Punkt sagte Vávra selbst in der GameStar: „Die Nationalität anderer Charaktere spiegelt wider, was wir über Böhmen um 1403 wissen. Dank intensiver Recherche umfasst dieses Wissen ganze Familienstammbäume und Besitzrechte. Wie bereits erwähnt, ist die Handlung von Kingdom Come: Deliverance beschränkt auf ein begrenztes Areal der heutigen Tschechischen Republik (16 km²), einem Areal, das weit im Landesinneren des europäischen Kontinents liegt. Basierend auf unseren Quellen war die Region hauptsächlich besiedelt von Menschen, deren regionale Herkunft im heutigen Tschechien, Deutschland, Polen, Belgien (Wallonen) liegt. Zusätzlich sprechen die Quellen von einigen wenigen Menschen italienischer Herkunft, die hauptsächlich als Steinmetze und Architekten in den großen Städten tätig waren sowie einer jüdischen Gemeinde.“ GameStar Redaktion: Reaktion auf die Rassismus-Vorwürfe. 2018. <https://www.gamestar.de/artikel/kingdom-come-deliverance-die-reaktion-auf-die-rassismus-vorwuefe,3324854.html> [20.06.2018]. Zu zweitens schreibt Brendan Lowry: „If there’s one thing to take away from my argument here, it is this: art does not always reflect what the artist him/herself believes.“ Lowry: Historical Accuracy Isn’t Whitewashing. 2018. <https://lortarkam.wordpress.com/2018/02/22/kingdom-come-deliverance-historical-accuracy-isnt-whitewashing> [20.06.2018].[]
  50. Hierzu Daniel Vávra: „Natürlich sah die Situation zur damaligen Zeit in einigen anderen Ländern bereits heterogener aus. […] Die Menschen in Böhmen waren sich sicherlich auch darüber bewusst, dass es Menschen anderer Hautfarbe oder Abstammung gibt, […], jedoch ist es mehr als zweifelhaft, dass sie unter ihren normalen Lebensumständen im ländlichen Raum, in dem KCD maßgeblich angesiedelt ist, jemals direkten Kontakt hatten.“ GameStar Redaktion: Reaktion auf die Rassismus-Vorwürfe. 2018. <https://www.gamestar.de/artikel/kingdom-come-deliverance-die-reaktion-auf-die-rassismus-vorwuefe,3324854.html> [20.06.2018]. Martin Klima, Executive Producer bei Warhorse Studios ergänzt: „Jetzt kommt das Argument der Kritiker, aber was sei mit Menschen schwarzer Hautfarbe? Nach über vier Jahren intensiver Recherche lässt sich festhalten, dass es keinen Beweis gibt, dass es keine Menschen dunkler Hautfarbe in Böhmen gegeben hat und umgekehrt. Es gibt viele Dinge, die wir nicht beweisen können […] Diese Feststellung verfehlt meiner Meinung nach jedoch den Kern der angesprochenen Vorwürfe. Wir machen kein Spiel über das mittelalterliche Europa, sondern erzählen eine Geschichte, die in einem sehr kleinen Teil des mittelalterlichen Europas angesiedelt ist. […] Die Spieler werden nicht von weltverändernden Ereignissen mitgerissen, sie bereisen noch nicht einmal […] die Machtzentren der Zeit, deren Bevölkerungszusammensetzung sich sicherlich massiv von der des ländlichen Böhmens unterschied. Daher spielte die Frage über die Möglichkeit der Existenz ethnischer Minderheiten in der Spielwelt für uns keine Rolle.“ Ebd.[]
  51. Der Auftritt der Serie im Web: <https://www.netflix.com/de/title/80175352> [26.06.2018].[]
  52. Ein Artikel, der die durchaus rassistisch motivierten Vorwürfe aufgreift: Scholars Respond to Racist Backlash against Black Achilles. 2018. <http://pages.vassar.edu/pharos/2018/05/11/scholars-respond-to-racist-backlash-against-black-achilles-part-1-ancient-greek-attitudes-toward-africans> [20.06.2018].[]
  53. Zum Thema Dialog: Vávra äußerte sich bei gamesindustry.biz folgendermaßen: „‚It all started without anyone asking us for an opinion,‘ he said. ‚All of a sudden there were articles on the internet, nobody asked us about what they were writing – which is not very good journalism, I would say. Most of the articles were written in a way that was like 'it didn't happen, but it could happen.‘“ Bathcelor: "There is no propaganda". 2018. <https://www.gamesindustry.biz/articles/2018-04-19-vavra-there-is-no-propaganda-in-kingdom-come-deliverance> [20.06.2018].[]
  54. Interwildi: Kingdom Come. 2018. <https://www.rockpapershotgun.com/2018/03/05/kingdom-come-deliverance-historical-accuracy> [20.06.2018].[]
  55. Ebd.[]
  56. Vgl. Halley: Kingdom Come: Deliverance - DLC-Roadmap. 2018. <https://www.gamestar.de/artikel/kingdom-come-deliverance-dlc-roadmap-zeigt-4-story-dlcs-hardcore-mode-und-mehr,3330020.html> [27.06.2018].[]
  57. Vgl. Heinze: Mittelalter Computer Spiel. 2012, S. 27 ff.[]

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So zitieren Sie diesen Artikel:

Huss, Nicolas: "Ist das Mittelalter oder kann das weg? Zur Debatte um Authentizität in Kingdom Come: Deliverance". In: PAIDIA – Zeitschrift für Computerspielforschung. 30.06.2018, https://paidia.de/ist-das-mittelalter-oder-kann-das-weg-zur-debatte-um-authentizitaet-in-kingdome-come-deliverance/. [22.12.2024 - 08:32]

Autor*innen:

Nicolas Huss

Nicolas Huss (geb. Mutz) studierte von 2011 bis 2017 Germanistik und Geschichtswissenschaft an der Eberhardt Karls Universität Tübingen. Momentan arbeitet er an seiner Promotion zum Thema „Humoralcharakterologie in der Literatur des Spätmittelalters“ in der Germanistischen Mediävistik. Er ist Lehrbeauftragter an der Universität Tübingen und Mitglied im Redaktionsteam von ‚Mittelalter.digital‘. Twitter: @NiHUMedieval hcommons: @NiHuMedival