In der Forschungsliteratur wurden digitale Spiele im Zusammenhang mit Behinderung bislang vornehmlich unter dem Aspekt der Spielbarkeit (Barrierefreiheit) diskutiert sowie anhand der Frage, wie Menschen mit Behinderung mit digitalen Spielen lernen können. Nur vereinzelt wurden die (noch eher seltenen) Spiele beachtet, die Behinderung selbst zum Gegenstand machen oder sogar die Spielenden in die Rolle einer Person mit Behinderung schlüpfen lassen. Diskussionen über diese Spiele finden in der Regel auf nicht-wissenschaftlichen Foren statt.
Dabei sind digitale Spiele – insbesondere die Untergattung Serious Game – ein durchaus sehr geeignetes Medium zur Sensibilisierung für marginalisierte soziale Gruppen. Sie ziehen Spielende geradezu in ihre (imaginäre) Welt hinein und ermöglichen eine empathische Einfühlung auch in Figuren mit Behinderung. Ein Videospiel bietet sich nicht nur deshalb an, weil es komplexe Systeme erlebend nachzuvollziehen erlaubt, sondern auch, weil es die Motivation steigert, sich mit dem Thema „Behinderung“ überhaupt zu befassen, so dass motivationale, affektive und kognitive Lerneffekte erzielt werden. Zudem kann ein (Serious) Game auf einem mobilen Endgerät flexibel gespielt werden, auch unbeobachtet, so dass etwaige Berührungsängste oder andere unangenehme Gefühle ungehemmt zugelassen werden können, die in einer Gruppensituation eher unterdrückt würden.
Wie dieses Potential auf unterschiedliche Weise genutzt werden kann, soll die zentrale Fragestellung dieser Sonderausgabe sein. Insbesondere interessiert die Untergattung Serious Game, eine besondere Form von Spielen mit einer expliziten Absicht des game based learning und mit expliziten Lernzielen, denen der Unterhaltungsaspekt untergeordnet ist.
Angesichts der bislang noch geringen wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema „Games über Behinderung“ geht es zunächst um eine Bestandsaufnahme der Möglichkeiten, Game Studies und Disability Studies miteinander zu verbinden. Darüber hinaus sind folgende Themenkomplexe von besonderem Interesse:
- Figuren mit Behinderung in digitalen Spielen und ihr Verhältnis zu gängigen Vorurteilen gegenüber Behinderung
- Typen von Behinderung vs. Typen/Genres von Spielen
- Verbreitung von Forschungsergebnissen zu Behinderung über digitale Spiele und Bedeutung des Medienwechsels
- Funktion von Behinderungen im Gameplay
- Möglichkeiten des Mediums zur didaktischen Umsetzung von Sensibilisierungsstrategien für Menschen mit Behinderung, insbesondere didaktisches Potential von Serious Games
- Mediale Konstruktionen von Normalität und Abweichung
- Einzelstudien zu Serious Games, die sich mit Behinderung auseinandersetzen
Die Beiträge sollen einen Umfang von maximal 35.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen) nicht überschreiten. Bei Interesse senden Sie bitte ein Abstract mit maximal 300 Wörtern bis zum 22.07.2024 an paidia@germanistik.uni-muenchen.de
Bitte verwenden Sie dabei ein gängiges Dateiformat (.doc, .docx, .pdf). Sie erhalten von uns Rückmeldung bis zum 13.08.2024. Einsendeschluss für die vollständigen Beiträge ist der 31.10.2024.
Da alle Vorschläge im Blind-Peer-Review-Verfahren gesichtet werden, achten Sie bitte darauf, dass Ihr Textdokument anonymisiert ist. Zusätzlich zum Abstract wird um eine Kurzbiografie von etwa 100 Wörtern Umfang gebeten. Diese fließt nicht in die Auswahl der Beiträge ein und muss daher in einem separaten Dokument geschickt werden.
Die Veröffentlichung der Ausgabe ist für [Q1/2025] auf PAIDIA – Zeitschrift für Computerspielforschung (www.paidia.de) geplant.
Für Rückfragen stehen Ihnen die Herausgeber:innen der Sonderausgabe gerne zur Verfügung:
Dr. Jakob Kelsch (Universität Passau) Jakob.Kelsch@Uni-Passau.de
Prof. Dr. Susanne Hartwig (Universität Passau) Susanne.Hartwig@Uni-Passau.de