„You have unlocked a new chapter“. Kampagnen-Brettspiele als serielle Erlebniswelten

30. Dezember 2024
Abstract: Wie hat die Digitalisierung die Serialität von Kampagnen-Brettspielen verändert? Dieser Frage geht der vorliegende Beitrag nach, indem untersucht wird, inwiefern die Integration digitaler Elemente in analoge Spiele Spielstrukturen und -praktiken modifiziert. Am Beispiel der Begleitapps und -websites zu 'Tainted Grail' und 'Gloomhaven' wird gezeigt, dass durch die Integration digitaler Elemente 1) zeitliche Spielstrukturen modifiziert werden, 2) Spielatmosphären digital erzeugt werden und 3) Komplexität reduziert wird, sodass narrative Elemente intensiviert werden und Kampagnen-Brettspiele sich als serielle Erlebniswelten verfestigen.

Einleitung

Das Kampagnen-Brettspiel (KBS) Frosthaven entführt seine Spieler in eine Fantasy-Welt, in der sie Charaktere verkörpern, die in verschiedenen miteinander verknüpften Szenarien taktische Kämpfe mit diversen Monstern zu bewältigen haben. Es verfügt über 1500 Spielkarten, Hunderte von Kartonfiguren und Dutzende von Kartenteilen, die variabel miteinander kombiniert werden, um immer neue Spielbretter für die jeweiligen Szenarien zu erschaffen. Neben dem 80 Seiten umfassenden Regelwerk liegen dem Spiel zwei weitere umfangreiche Ringbücher bei, die den Aufbau der knapp 140 Szenarien detailliert erläutern. Ein Kalender dient dazu, das Verstreichen der Zeit festzuhalten; versiegelte Umschläge mit neuen Komponenten werden geöffnet; neue Spielmechaniken entdeckt und (als Sticker) ins Regelbuch geklebt; neue Charaktere werden enthüllt; die Karte der Spielwelt wird im Verlauf des Spiels mit Stickern beklebt, die entdeckte Orte und errichtete Gebäude darstellen. Um das Spiel komplett durchzuspielen, gilt es, ca. 80 bis 100 der im Spiel enthaltenen Szenarien zu spielen – und damit inklusive Spielauf- und -abbau wahrscheinlich mehr als 300 Stunden Lebenszeit investiert zu haben. Frosthaven demonstriert, dass das, was man heute unter einem Brettspiel verstehen kann, sich in den vergangenen Jahren erheblich gewandelt hat. Dies betrifft zum einen die Komplexität und den zeitlichen Aufwand: Vorbei sind die Zeiten, in denen man erwarten konnte, die Regeln eines Spiels bereits in wenigen Minuten verstanden und das Spiel nach einer guten Stunde beendet zu haben. Gewiss – auch die Mehrzahl der modernen Brettspiele bewegt sich in diesem Rahmen.

Doch es gibt mittlerweile auch zahlreiche Spiele mit deutlich höherer Komplexität und längerer Dauer. Ein besonderer Typus dieser anspruchsvollen Spiele sind KBS (wie Frosthaven), die darauf angelegt sind, über Dutzende miteinander verknüpfter Partien hinweg gespielt zu werden. Sowohl die Komplexität als auch der zeitliche Aufwand solcher KBS führen nicht selten dazu, dass Spieler:innen die jeweiligen Spielfortschritte digital abspeichern (z.B. durch Fotos) oder in Foren und auf Webseiten Regelfragen recherchieren. Doch nicht nur scheint die Nutzung digitaler Technologien und Plattformen vor dem Hintergrund dieser spezifischen Probleme der Dauer und der Komplexität relevanter geworden zu sein. Auch darüber hinaus hat die Digitalisierung einen Einfluss auf die Gesellschaft im Allgemeinen,1 den Sektor digitaler2 und analoger3 Spiele im Speziellen genommen: So werden bspw. Apps genutzt, um Spiele zu bewerten, Spielverläufe zu dokumentieren oder Spielgeschehnisse, z. B. komplexe Kampfverläufe, besser zu überblicken. Auch setzt die Entwicklung von KBS nicht selten ein Crowdfunding voraus. In Let's Plays und Podcasts werden KBS außerdem vorgeführt und besprochen.

Dieser Beitrag schließt an bisherige Untersuchungen zur Serialität in Gesellschaftsspielen an4 und ergänzt diese, indem KBS medien- und kultursoziologisch analysiert und nach den spezifischen Unterschieden gefragt wird, die Digitalisierung für den Brettspielsektor insgesamt und das Spielen von KBS im Speziellen macht. Der Beitrag geht den spezifischen digitalisierten Praktiken nach.5 Es wird gezeigt, inwiefern die Serialität von KBS durch digitalisierte Praktiken maßgeblich modifiziert wird. Unter Serialität verstehen wir im Anschluss an Clüver die variable Kombination von Wiederholung und Varianz:

Die Wiederholung entsteht durch einen Bruch, der die gleiche Ausgangssituation wiederherstellt, die Varianz ist in der subjektiv sehr hohen Vielfalt möglicher Spielsituationen und Züge zu finden, aber durch die mathematische Formalisierbarkeit grundsätzlich begrenzt.6

Clüver hat darauf aufmerksam gemacht, dass KBS zu den „erzählerischen Spielen“ zu zählen sind, bei denen „seriell fortlaufende Erzählungen [integriert werden]“ und Serialität dabei nicht einfach nur hinzugefügt wird, sondern eine „Anpassung der Struktur eines Spiels auf Kosten von Wiederholbarkeit und Stabilität“ voraussetzt. Er konstatiert, dass ein „seriell verfasstes Spielerlebnis […] durch die Änderung der Struktur der einzelnen Artefakte [entsteht], nicht aufgrund einer bloßen Erweiterung.“ Der Beitrag schließt also an die Frage an, was „neuere Audiovisionen und Spiele [opfern oder benötigen], um Formen alternativer Serialität hervorzubringen?“7

Wir explizieren zunächst, was KBS ausmacht und verorten sie im Kontext von Modern Board Games.8 Dabei werden Bezüge zu Pen-and-Paper-Rollenspielen, Wargames und Computerspielen rekonstruiert und die Bedeutung der digitalen Ökologie für diese Spiele reflektiert (Abschnitt 2). Im Anschluss daran (Abschnitt 3) wird herausgearbeitet, dass die Integration digitaler Elemente 1) zeitliche Strukturen modifiziert, 2) die Erzeugung von Atmosphären vereinfacht und 3) Spielkomplexität strukturell reduziert. Abschließend zeigen wir, wie alle drei Aspekte zu einer Intensivierung der Narration und damit zu neuen Formen des Seriellen führen (Abschnitt 4).

Kampagnen-Brettspiele

Kampagnen-Brettspiele (KBS) sind in den letzten Jahren zu einer zunehmend populären Brettspielgattung geworden. Diese Popularität äußert sich u.a. darin, dass sich ein starker quantitativer Anstieg dieses Spieltyps in Relation zu anderen Spieltypen verzeichnen ließe. Die Website BoardGameGeek verzeichnet weit über 125.000 Brettspiele. Von diesen werden nur 897 als Campaign Games klassifiziert.9 855 davon (also der überwiegende Teil) sind im Jahr 2011 oder später erschienen; seit dem Jahr 2021 wurden 329 KBS publiziert.

KBS zeichnen sich, ähnlich wie (analoge und digitale) Rollenspiele, erstens durch zusammenhängende Geschichten aus, die von den Spielenden erlebt werden können. Sie sind, im Vergleich zu typischen Pen-and-Paper-Rollenspielen, für die Praktiken des Imaginierens10 konstitutiv sind, stärker durch die Wirkung materieller Artefakte strukturiert. Sie sind in dieser Hinsicht Computerspielen nicht unähnlich. Die Gesamtspieldauer beträgt Dutzende oder gar Hunderte von Stunden. Der Spielfluss ist dabei in der Regel durch abgegrenzte zeitliche Einheiten strukturiert (Missionen, Szenarien, Kapitel). Am Fall komplexer KBS lassen sie strukturelle Dynamiken aufzeigen, die den Brettspielsektor aktuell prägen und die zugleich miteinander verschränkt sind.

Zweitens sind diese eigentlich analogen Spiele zunehmend in vielfältiger Weise mit digitalen Medien verschränkt. Digitale Technologien spielen bereits in der Entwicklung und Vermarktung von Brettspielen eine wichtige Rolle. Digitale Design- und Produktionswerkzeuge unterstützen Entwickler:innen bei der kreativen Arbeit. Sie erlauben es auch, Prototypen schnell zu iterieren und das Feedback von Testspieler:innen zu integrieren, was den Entwicklungsprozess beschleunigen kann.11 Zudem werden die Spiele oft durch Crowdfunding-Kampagnen finanziert, die durch Social-Media-Marketing und YouTube-Videos begleitet werden (z.B. öffentliche Tests von Prototypen durch Brettspiel-Influencer:innen). Dies hat zu einer Diversifizierung und einem Anstieg der Spielangebote geführt, da Entwickler:innen nun unabhängiger von traditionellen Verlagen agieren können bzw. auch kleinere Firmen komplexe und riskante Projekte realisieren können.12 So das Spiel dann erschienen ist, setzt eine weitere Welle an Videos ein (Regelerklärvideos, Rezensionen, Playthroughs). Beim kollektiven Verstehen und Erklären der Spielregeln sowie der Beurteilung des Spiels spielt wiederum die Plattform BoardGameGeek eine Schlüsselrolle. Darüber hinaus sind auch digitale Brettspiel-Versionen Teil der digitalen Ökologie moderner Brettspiele geworden. Websites wie Board Game Arena und Programme wie Tabletop Simulator versuchen, die analoge Spielerfahrung möglichst genau digital zu reproduzieren. Das erlaubt es, Brettspiele durch ihre digitalen Replikate zu erleben. Solche digitalen Versionen werden wiederum auch als Form des Marketings eingesetzt.13

Während diese zwei Aspekte nicht exklusiv für KBS gelten, sondern das Feld moderner Brettspiele insgesamt betreffen, zeichnen diese spezifischen Spiele drittens durch eine temporale Struktur aus, die sie von anderen Brettspielen deutlich unterscheidet. Das kommt bereits in ihrer Bezeichnung zum Ausdruck. Unter 'Kampagnen' versteht man eine gemeinsame zielgerichtete und koordinierte Tätigkeit von Akteur:innen, die sich einerseits durch eine längere Dauer, aber zugleich durch ein geteiltes Ziel auszeichnet – man denke etwa an Werbekampagnen oder Impfkampagnen. KBS sind typischerweise kooperativ (das bedeutet, dass die Spielenden gemeinsam „gegen“ die Spielmechanik spielen) und erfordern ein zeitliches Engagement innerhalb einer Sitzung und über mehrere Spielsitzungen hinweg. Der dadurch erzeugte narrative Sinnzusammenhang entfernt KBS von der zeitlichen Begrenztheit anderer Brettspiele, in denen jede Spielsitzung einen Neuanfang markiert. Er nähert sie zugleich anderen medialen Formaten an, die sich durch Serialität auszeichnen (etwa Fernsehserien und Fortsetzungsromanen), und greift zugleich Elemente von analogen wie digitalen Rollenspielen auf. Es ist zudem zu beobachten, dass KBS selbst Fortsetzungen haben können, welche die Spielmechaniken weiterentwickeln oder variieren und sich mitunter narrativ auf ihre Vorgänger beziehen und somit als Sequels oder Prequels fungieren können. Frosthaven ist eine Fortsetzung von Gloomhaven, die Pandemic-Legacy-Reihe wird analog zu Fernsehserien in Form von Seasons vermarktet. Tainted Grail ist als fantastisches Narrativ angelegt, dessen Kernerzählung drei Kampagnen umfasst. Um zu verstehen, wie aber auch und gerade die Spielpraxis von KBS spezifisch durch digitale Anwendungen angereichert wird, wenden wir uns nun der Integration solcher Tools in den Spielablauf selbst zu.

Integration digitaler Elemente in analoge Spiele

Zahlreiche Beispiele machen deutlich, wie weit ausgeprägt und zugleich unterschiedlich die Integration digitaler Elemente in analoge Spiele aussehen kann. Ob als Augmented-Reality-Anwendung im Rahmen von Live-Mission-Games (z. B. The Heist), als App-Anwendung in „klassischeren“, aber neu aufgesetzten Brett- (z. B. Die Siedler von Catan) oder Gesellschaftsspielen (z. B. Die Werwölfe von Düsterwald) oder im Rahmen von den hier untersuchten KBS (z. B. Tainted Grail oder Gloomhaven): Analoge Spiele werden vielfach um digitale Elemente angereichert.

Im folgenden Abschnitt wird untersucht, was für einen Unterschied die Nutzung digitaler Apps für KBS macht. Dabei werden wir zunächst exemplarisch auf die Begleit-App für Tainted Grail eingehen und im Anschluss daran auf die Relevanz von Apps für die Reduktion von Komplexität zugunsten der Narrativität eingehen.

Die digital gestützte Narration

Am Beispiel der „Begleit-App“ für Tainted Grail soll zunächst gezeigt werden, wie die Struktur des Spiels sich hinsichtlich ihrer Zeitlichkeit, ihrer materiellen Organisation und der Rolle von Technik ändert. Startet man die Begleit-App, so ist zunächst bedrohlich wirkende Musik zu hören, die im Hintergrund um das Knistern eines Feuers und die Geräusche von wilden Tieren ergänzt wird. Die App gibt vier Optionen an, die ausgewählt werden können. Dabei handelt es sich um die vier Kampagnen, die im Kontext des Tainted-Grail-Universums gespielt werden können. Neben den vier Kampagnenoptionen wird außerdem die grau hinterlegte Auswahloption „Spielen“ angeboten.

In Tainted Grail startet die Gruppe der Spieler:innen mit ihren Spielfiguren auf Feldern, die als Karten auf dem Tisch ausgelegt werden. Diese Karten stellen „Orte“ der Spielwelt von Tainted Grail dar und haben eine bestimmte „Ortsnummer“. Im Laufe des Spiels geht es unter anderem darum, die verschiedenen Orte zu „erkunden“, um so an relevante Informationen zu gelangen und die Geschichte voranzubringen. Sowohl die Begleit-App als auch ihr analoges Pendant, das „Buch der Entdeckungen“ (BdE), fungieren hier als zentrale Informationsquellen: Entscheidet sich eine Gruppe, einen bestimmten Ort zu untersuchen, wird das Buch aufgeklappt und nach der Ortsnummer gesucht. Dort ist i. d. R. ein kurzer Erzähltext zu finden, der vorgelesen wird, bevor Handlungsoptionen für die Spieler:innen angeboten werden. Das Spiel folgt hier einer Logik der Pfadabhängigkeit, die für Spiele ganz unterschiedlichen Typus zentral sind und vor dessen Hintergrund das

Spiel […] (je nach Genre, technischer Möglichkeit und ästhetischer Gestaltung) seinen Partizipanten aktiv am Entstehungszusammenhang eines Textes, einer Narration, einer Struktur und vor allem eines Prozesses teilhaben zu lassen und gleichzeitig die explizite Einschreibung von Autorenhaftigkeit zu negieren [scheint].14

Durch die Aktivierung eines Spielereignisses werden Optionen angeboten, deren Auswahl weitere Spielereignisse aktiviert, auf die wiederum durch die Auswahl neuer Optionen reagiert werden kann, bis ein Strang abgeschlossen wurde oder nicht mehr weiterverfolgt werden kann. Die insgesamt 200 Ortskarten, von denen während des Spiels meist nur eine Handvoll ausgelegt ist, bieten unterschiedliche Optionen und somit zahlreiche Pfade an, denen nachgegangen werden kann. Wenn Spieler:innen sich entscheiden, einen Ort zu erkunden, suchen sie die entspreche Ortsnummer im BdE und lesen sich dann den Erzähltext durch. Dieser Text gibt einen Einblick in den Ort, da es sich i.d.R. um Ortsbeschreibungen und/oder die Beschreibung von Spielereignissen innerhalb des Ortes handelt. Anschließend entscheidet sich die Gruppe für eine Option, der dann in der Logik der Pfadabhängigkeit nachgegangen werden kann. Die Begleit-App kann die Nutzung des BdE weitestgehend ersetzen: Nachdem eine Kampagne ausgewählt wurde, erhalten Spieler:innen die Möglichkeit, eine Ortsnummer, die auf den Spielkarten abgebildet ist, einzugeben. Durch die Bestätigung der Eingabe kommt es zu einer veränderten Bildschirmansicht, in der nun der entsprechende Beschreibungstext, darunter die verschiedenen Auswahlmöglichkeiten zu sehen sind. Die Spielgruppe kann dann überlegen und entscheiden, für welche der Optionen sie sich entscheidet, diese auswählen und so dem Pfad bis zu einem Ende folgen.

Die Modifikation zeitlicher Strukturen

Die Nutzung der Begleit-App macht, so die erste Beobachtung, v.a. hinsichtlich der zeitlichen Strukturierung des Spiels einen Unterschied. Denn selbst bei routinierten Spieler:innen kann beobachtet werden, dass die Nutzung des BdE einen Zeitaufwand erfordert, der die Spielpraxis irritieren kann, da der Fokus vom Spiel, d.h. seiner Diegese und seiner spielmechanischen Durchführung, weggelenkt wird: So resultiert aus der Entscheidung, einen bestimmten Ort zu erkunden, dass der entsprechende Ort, d.h. seine Beschreibung und die Handlungsmöglichkeiten qua seiner Ortsnummer, im BdE gesucht werden muss. Die Materialität des BdE setzt hier eine körperliche Auseinandersetzung, ein Blättern und Lesen voraus, das einerseits Teil des Spielvollzuges ist, andererseits in Phasen des Wartens für die anderen Spieler:innen resultieren kann. Aus interaktionstheoretischer Perspektive wird in solchen Sequenzen auf ganz unterschiedliche Arten und Weisen insofern Konsens erzeugt, als solche Warte-Passagen kein Problem sind, ja sogar zum Spiel dazugehören. Andernfalls, d.h. falls es jemand „leid wäre zu warten“, könnten Probleme entstehen, die sogar zum Spielabbruch führen können, woran niemand interessiert ist, der:die (weiter) spielen möchte.15 Vor dem Hintergrund spieltheoretischer Überlegungen wird während des Suchens das Narrativ weder paidisch, d.h. z.B. im Modus des unverfänglichen Ausprobierens, noch ludisch, d.h. im Sinne spielmechanischer und strategischer Überlegungen, weiter erschlossen. In diesen Momenten, in denen materielle Artefakte der Alltagswelt die Aufmerksamkeit auf sich ziehen und Praktiken (z.B. Suchen und Warten) konstituieren, müssen Spieler:innen stillschweigend oder durch kleine Korrekturleistungen besonders daran arbeiten, den Spielrahmen als primären Rahmen aufrechtzuerhalten: Obwohl gerade gesucht, d.h. geblättert und gewartet wird, gehört das immer noch auch zum Spielen dazu!

Die digitalisierte Entsprechung des Suchens der Ortsnummern im BdE findet sich bei der Nutzung der Begleit-App im Eingeben der dreistelligen Ortsnummer. Natürlich setzt das Interface des Bildschirms ebenfalls eine körperliche Auseinandersetzung, ein Eintippen, voraus.16 Dennoch sorgt die Nutzung der Begleit-App für ein Raffung der Spielpraxis, da die Praxis des Suchens (der Ortsnummer im BdE) wegfällt. Betrachtet man nun die praktische Einbettung dieser Suchpraxis, d.h. welche Praktiken ihr je vor- und nachgelagert sind, so wird besser nachvollziehbar, was für einen Unterschied es macht, wenn Praktiken des Suchens und Wartens durch die Nutzung der Begleit-App zwar nicht wegfallen, aber durch ihre kurze Dauer das Risiko für Irritationen und Brüche verringern. Sowohl die Eingabe der Ortsnummer als auch die analoge Entsprechung, d.h. das Suchen nach der Ortsnummer im BdE, setzen i.d.R. voraus, dass die Gruppe von Spieler:innen sich entschieden hat, den Ort zu erkunden. Unabhängig der konkreten strategischen oder anderweitigen Gründe handelt es sich hierbei um Spielpraktiken, in denen die Erzählung und/oder spielmechanischen Grundlagen im Mittelpunkt, im „joint focus of attention“17 stehen. Durch das Suchen und Warten im BdE geraten also kurzzeitig Praktiken in den Mittelpunkt der Erzählung, die Teil des Spiels im Allgemeinen, nicht aber spezifischer Spielhandlungen im Besonderen sind, wie es etwa das Vorlesen einer Ortsbeschreibung oder das Würfeln sind.

Diese praktische Auseinandersetzung mit der Ortsnummer (eingeben – suchen/finden) fungiert in beiden Fällen als Bindeglied zwischen der Spielpraxis des Erkundens und der dann folgenden narrativen Praxis, da nun, nachdem die Ortsnummer gefunden (BdE) oder eingegeben (Begleit-App) wurde, eine Ortsbeschreibung vorgelesen werden kann. Die Nutzung der Begleit-App führt also zu einer Raffung der Spielpraxis, durch die zwei Spielpraktiken, das Erkunden und die Narration, einfacher nacheinander vollzogen und aufeinander bezogen werden können. Das Risiko, dass durch Praktiken des Suchens und Wartens Anschlusspraktiken in Gang gesetzt werden, die das Spiel pausieren oder unterbrechen – z.B. „während du suchst, hole ich mir kurz etwas zu trinken“ – wird durch die Nutzung der Begleit-App reduziert. In der nun folgenden Fortsetzung der Narration, bspw. einer Orts- und Ereignisbeschreibung, wird ein anderer Unterschied deutlich, der durch die digitalisierten Spielbedingungen ermöglicht wurde: Die (digitalisierte) Erzeugung von Spielweltatmosphären.

Die digital bedingte Erzeugung von Spielatmosphären

Wie bereits erwähnt, arbeitet die Begleit-App mit Musik. Sie ergänzt die Spielsituation also um einen Aspekt, der essenziell für die Erzeugung von Atmosphären ist. Diese Erzeugung, so das Argument, wird ermöglicht, indem Handlungsträgerschaft an die Begleit-App verschoben wird, d.h. erstens Beschreibungen nicht mehr von Spieler:innen vorgelesen werden müssen, zweitens die Qualität der vorgelesenen Erzählung um ein Vielfaches steigt, da die Texte und Beschreibungen von professionellen Sprecher:innen eingesprochen werden.

Ähnlich wie beim BdE handelt es sich beim Smartphone, auf dem die App verwendet wird, um ein materielles Artefakt (das Smartphone), das die Aufmerksamkeit auf sich zieht, während eine Beschreibung von einer professionellen Sprecher:in vorgelesen wird: Gebannt hören Spieler:innen zu, wie eine Ortsbeschreibung vorgelesen wird, wie Dramatik durch den musikalischen Hintergrund erzeugt oder abgebaut werden kann und wie so ganz unterschiedliche Atmosphären erzeugt werden können. Atmosphären sind nach Robert Gugutzer, der sich auf Schmitz bezieht, Quellen des „Ergriffenseins“18. Solche Quellen machen aus Spieler:innen nicht einfach nur Zuhörer:innen einer Erzählung, sondern Betroffene einer Erzählung. Und genau hier liegt ein entscheidender Unterschied zum BdE:  Atmosphären, die durch und mit der Begleit-App erzeugt werden, konfigurieren die Spieler:innen als Teilnehmer einer fiktiven Welt. So, d. h. durch digital bedingte Atmosphärenkonstruktionen, wird der Fokus auf die Spielwelt gelenkt und intensiviert. Die Begleit-App nimmt hier auf fast typische Art und Weise die Funktion eines Mediums ein,19 indem sie bestimmte Aspekte der Spielwelt (z. B. Musik) einerseits zugänglich macht; andererseits berichtet sie in ihrer eingenommenen Rolle als Erzählerin über Ereignisse der Spielwelt und agiert damit zugleich als Chronistin – ohne dass diese Diskrepanz aufgelöst wird. Nicht mehr müssen Spieler:innen Texte vorlesen, geschweige denn Musik machen, um eine bestimmte – für das Spiel passende – Stimmung zu erzeugen. Der Technik, d.h. der Begleit-App, wird Handlungsträgerschaft, d.h. das Potenzial, zugeschrieben, die entsprechenden Beschreibungen auf entsprechende Arten und Weisen vorlesen zu lassen, dabei im Hintergrund passende Musik abzuspielen und so passende Atmosphären zu erzeugen.

Die damit einhergehende Verschiebung von Handlungsträgerschaft wird zugleich durch ihre Materialität, d.h. die Materialität der Smartphones oder Tablets als leicht zugängliche „Nahkörpertechnologie“20 einerseits und der Begleit-App als digitaler Anwendung andererseits, stabilisiert. Der Technik wird in diesem Vollzug implizit nicht nur die Fähigkeit zugeschrieben, passende Musik abzuspielen, den Text der Spielsituation entsprechend vorzulesen, und dabei Begriffe richtig, d.h. auch spannend und betont, vorzulesen. Ihr wird außerdem, ähnlich der Spielleitung in Pen-and-Paper-Rollenspielen, die Kompetenz zugeschrieben, eine solche Atmosphäre erzeugen zu können und Spieler:innen affektiv betroffen zu machen. Der für Latour so relevante Aspekt der Zustandsänderung durch Technik21 wird hier als Erwartungspotenzial an die Begleit-App herangetragen: Ihr wird die Fähigkeit zugeschrieben, eine bestimmte Stimmung zu erzeugen, die bestenfalls zur Etablierung einer Atmosphäre führt, die wiederum das Spielerlebnis intensiviert.

Spielerische Komplexitätsreduktionen

Wie oben beschrieben, zeichnen sich KBS durch eine Spieldauer aus, die dazu führt, dass Spieler:innen sich über einen längeren Zeitraum immer wieder treffen müssen, um das Spiel gemeinsam durchzuspielen. Während dieser Spielsitzungen wird das Narrativ immer weiter um potenziell relevante Informationen angereichert, bspw. wenn Spieler:innen Fortschritte verbuchen können und in der Erzählung „vorankommen“. Ähnlich ist es mit Spielmechaniken, die im Laufe des Spiels modifiziert oder um weitere Elemente erweitert, d.h. um Informationen angereichert, werden. In beiden Fällen kommt es durch die Spieldauer zu einer Komplexitätssteigerung: Auf der narrativen Ebene werden bspw. neue Charaktere eingeführt, potenziell spielrelevante Informationen in Nebensätzen „gedroppt“ und immer neue spielentscheidende Ereignisse beschrieben, auf die sich Spieler:innen beziehen können, wenn sie Spielentscheidungen treffen. Auch auf der spielmechanischen Ebene erfährt diese Logik der Komplexitätssteigerung keinen Abbruch, da neue Fähigkeiten erlernt werden können, die neue Spielmechaniken aktivieren und eine intensive Auseinandersetzung mit dem Regelwerk voraussetzen. Die Komplexitätssteigerungen werden dann auch dadurch verstärkt, dass zwischen Spielsitzungen i. d. R. nicht nur wenige Tage, sondern gar Wochen und Monate liegen können. Spieler:innen müssen dann gemeinsam rekonstruieren, „was bisher geschah“. Diese als „Recap“ bekannte Spielpraxis findet ihre Ursprünge u.a. in Film und Fernsehen, hat sich allerdings auch im Rahmen analoger Spiele (insbesondere etwa bei Pen-and-Paper-Rollenspielen) etabliert. Doch wie helfen nun digitale Apps und Technologien bei der Rekonstruktion des Spielgeschehens?

Mit Hilfe von spezifischen Apps wie dem Gloomhaven Helper oder dem Gloomhaven Storyline Tracker sowie breit etablierten Apps wie WhatsApp und digitalen Endgeräten wie Smartphones vereinfachen Spieler:innen solche Rekonstruktionsarbeiten, indem Spielverläufe, Ereignisse und Kampfverläufe dokumentiert werden.22

Der Gloomhaven Helper bspw. erlaubt es, Kampfverläufe zu digitalisieren, indem zunächst Charaktere von Spieler:innen und Monster eingetragen werden. Während des Spiels, spezifischer des Kampfes, können Statuseffekte und/oder Schadenspunkte manuell eingetragen werden. Gloomhaven zeichnet sich durch ein komplexes Kampfsystem aus, in dem Spieler:innen auf jede Menge Details achten müssen, um während des Kampfes keine Fehler zu machen. Dank der App werden verschiedene Kampf- und Statusmodifikationen nun auf dem Bildschirm angezeigt; sie gibt somit in erster Linie einen vereinfachten und guten Überblick über das Kampfgeschehen. Die Dokumentation solcher komplexen Kampfprozesse wird ins Digitale übertragen, indem alle spielrelevanten Informationen auf dem Bildschirm visualisiert werden. Was hier dokumentiert wird, ist also weniger die Narration als vielmehr ein komplexes Kampfsystem. Wenn davon ausgegangen werden kann, dass Spielsitzungen eher selten während Kampfsituationen pausiert oder beendet werden, bedeutet das zugleich, dass sich diese Dokumentationsfunktion auch in zeitlicher Hinsicht von anderen unterscheidet: Nicht das Problem der Dauer, sondern der Komplexität des Spiels wird mit Hilfe einer solchen App bearbeitet. Anders verhält es sich bei der Dokumentationsfunktion des Storyline Trackers von Gloomhaven. Mit dieser App können Spieler:innen die bisherigen Entscheidungen und damit auch die Pfadabhängigkeiten, aber auch relevante Informationen hinsichtlich des Narrativs dokumentieren und abspeichern. Eine solche Funktion erlaubt es zwar ebenfalls einen Überblick zu bewahren – allerdings nicht über eine Kampfsituation, sondern über eine lang andauernde Geschichte. Beide Apps bearbeiten die Probleme der Komplexität und Dauer von unterschiedlichen Seiten.

Über diese spielspezifischen Apps hinaus machen auch Programme wie WhatsApp und digitale Techniken wie Smartphones im Allgemeinen einen Unterschied hinsichtlich der Art und Weise des Dokumentierens. So kann und wird die Nutzung von WhatsApp oder ähnlichen Messenger-Diensten verwendet, um die aktuelle Spielsitzung, d. h. v. a. den Verlauf der Geschichte, sprachlich zusammenzufassen. Im Rahmen der von den Autoren durchgeführten Spielsitzungen beginnen die nächsten Sitzungen bspw. damit, die Zusammenfassung, die als Sprachnachricht dokumentiert wurde, abzuhören und so die Rekonstruktion zu vereinfachen. Auch kann neben den üblichen Blöcken und spielspezifischen Dokumentationsheftchen die Möglichkeit genutzt werden, den Spieltisch abzufotografieren. Das Abfotografieren des Spieltisches ermöglicht die einfachere Rekonstruktion nicht des Narrativs der letzten Spielsitzung, sondern des Wiederaufbaus komplexer Karten- und Figurenanordnungen auf dem Spieltisch, wie es bspw. bei Gloomhaven oder Tainted Grail der Fall ist, d. h. bei Spielen, bei denen der Aufbau i. d. R. 45 bis 70 Minuten dauert.

Intensivierung narrativer Elemente

Wie zu Beginn geschildert wurde, lässt sich Serialität als die variable Kombination aus Varianz und Wiederholung begreifen.23 Betrachtet man nun die Digitalisierung des Brettspielsektors, so wird schnell deutlich, dass durch die zahlreichen neuen Möglichkeiten, sich mit KBS auseinanderzusetzen, die Varianz des Spielverlaufes gestiegen ist: So können Fragen auftauchen, die mit Hilfe von Apps oder Foren beantwortet werden und so zu einer Unterbrechung des Spiels führen. Spieler:innen können das Spielgeschehen mit dem Wissen pausieren, dass eine Frage in einem Forum o.Ä. beantwortet werden kann, die das Regelbuch bspw. nicht beantwortet. Die Bewertung und Präsentation von Spielen im Rahmen von Playthroughs kann vor dem Spiel dafür sorgen, dass ein Spiel 1) überhaupt gekauft und/oder 2) schon vor dem ersten Durchblättern des Regelbuches einfacher verstanden werden kann, wodurch auch eine intensive Lektüre eben dieses Regelbuches ggf. entfallen kann.

Während die bisherigen Beispiele die Varianz betonen, die mit der Digitalisierung der Brettspielpraxis einhergegangen sind, wird durch die Dokumentation des Spiel- oder Kampfgeschehens mit Hilfe von Apps die Stabilisierung fokussiert: Komplexe Sachverhalte können während des Spiels vereinfacht überblickt werden, was für weniger Spielunterbrechungen sorgt. Dem durch das Spiel erzeugten Narrativ kann, wie durch die digitale Erzeugung von Spielatmosphären, leichter gefolgt bzw. eine stärkere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Darüber hinaus vereinfachen die Dokumentationsweisen außerdem den Wiedereinstieg in ein bereits bestehendes Szenario. Dabei handelt es sich allerdings nicht um eine Wiederholung, die durch einen Bruch entsteht, „der die gleiche Ausgangssituation wieder herstellt“24, sondern um eine Dokumentation, ein Abspeichern, das eine Situation herstellt, die noch nicht erprobt worden ist. Die vereinfachte Dokumentation ähnelt hier der Speichern- und Laden-Funktion im Rahmen digitaler Spiele, da so „komplexere und zeitintensivere Spiele [ermöglicht] […][,] jederzeit unterbrochen und zu einem späteren Zeitpunkt weiter gespielt werden können“25.

Insgesamt tragen die diskutierten digitalen Anwendungen damit zu einer Intensivierung der narrativen Elemente von KBS bei und lassen die analogen Elemente (wie Spielkarten oder Bücher) in den Hintergrund rücken. Digitale Elemente sichern Anschlussfähigkeit, reduzieren Unterbrechungen, entlasten von spielerischer Komplexität und reichern die Spielatmosphäre an. Damit verlieren KBS noch mehr den Charakter eines analogen Brettspiels und treten stärker als serielle Erlebniswelten in Erscheinung. Hierbei rücken KBS zum einen näher an Pen-and-Paper-Rollenspiele heran (wobei die Technik z.T. die Rolle der Spielleitung übernimmt). Zum anderen relativieren sich die Grenzen zum Computerspiel weiter, von dem sie grundsätzlich ohnehin Designelemente inkorporiert haben. KBS versprechen Spieler:innen einzigartige Erfahrungen, die in der Gruppe gemacht werden können, aber auch für Solospieler:innen möglich sind. KBS überlassen es den Spieler:innen, ob sie analoge Elemente möglichst weitgehend digitalisieren wollen und/oder das Spiel durch analoge Zusatzelemente (wie zusätzlich zu erwerbende Miniaturen) anreichern wollen. KBS erscheinen als Prototypen multimodaler Spielwelten, die individualisierbare Erlebnisse offerieren, die über Monate oder Jahre erschlossen werden sollen. Anders als Fernsehserien, welche die zeitliche Streckung des narrativen Erlebens einem Kollektiv an Rezipient:innen anbietet, in dem alle Zuschauer:innen das gleiche erleben, werben KBS mit einer einzigartigen Erfahrung,26 die – ähnlich wie im Pen-and-Paper-Rollenspiel, aber im Vergleich zu diesem standardisierter – nur von einer kleinen Gruppe oder gar einer einzelnen Person auf eine jeweils spezifische Weise erlebt werden kann. Das typische Finanzierungsmodell des Crowdfundings, das eine Inszenierung der zu erwartenden Materialen und der durch diese gewährleisten Dauerhaftigkeit und Variabilität des Erlebens (z.B. durch Erweiterungen und eine Vielzahl von Charakteren/Gegner:innen) in den Fokus rückt, lässt erwarten, dass analoge wie digitale Ergänzungsoptionen diese Nische im Brettspielmarkt weiterhin prägen werden.

 

Medienverzeichnis

Spiele

Awaken Realms (2019): Tainted Grail: The Fall of Avalon.

Cephalofair Games (2017): Gloomhaven.

Cephalofair Games (2022): Frosthaven.

KOSMOS (1995): Die Siedler von Catan.

ProLudo (2003): Die Werwölfe von Düsterwald.

Z-Man Games (2008): Pandemic.

Literatur

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Krämer, Sybille: Medium, Bote, Übertragung. Kleine Metaphysik der Medialität. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2008.

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Zuboff, Shoshana. The Age of Surveillance Capitalism. The Fight for a Human Future at the New Frontier of Power. London: Profile Books 2019.

 

  1. Mau, Das metrische Wir. 2017; Daniels, Gregory, und Cottom, Digital Sociologies. 2016; Nassehi, Muster. 2019; Krämer, Symbolische Maschinen. 1988; Zuboff, The Age of Surveillance Capitalism. 2019. []
  2. Krell und Wettmann, Corporeal Interactions in VRChat. 2023; Woznica, Videographie im Wandel. 2020.[]
  3. DeJong, Making the Digital Tangible Through Analog Games. 2023; Krekhov, Emmerich, Rotthaler, Krueger, Puzzles Unpuzzled: Towards a Unified Taxonomy for Analog and Digital Escape Room Games. 2021.[]
  4. Clüver, Klassische, moderne und erzählerische Spiele: Zur Serialität von Gesellschaftsspielen. 2017.[]
  5. Pias, Elektronenhirn und verbotene Zone. Zur kybernetischen Ökonomie des Digitalen. 2004.[]
  6. Clüver, Klassische, moderne und erzählerische Spiele: Zur Serialität von Gesellschaftsspielen. 2017, S. 9.[]
  7. Ebd., S. 24.[]
  8. Sousa und Bernardo, Back in the Game. 2019.[]
  9. Alle Angaben zur Seite BoardGameGeek.com wurden am 24. 4. 2024 abgerufen.[]
  10. Herbrik, Die kommunikative Konstruktion imaginärer Welten. 2011; Herbrik und Röhl, Visuelle Kommunikationsstrategien im Zusammenspiel. 2007; Herbrik, Das Imaginäre in der (Wissens-)Soziologie und seine kommunikative Konstruktion in der empirischen Praxis. 2013.[]
  11. Bushner, Hobbyist Board Game Design Practices: How Do Board Game Designers Craft Their Rules Manuals and Solicit User Feedback on Prototype Games? 2020.[]
  12. Wachs und Vedres, Does Crowdfunding Really Foster Innovation? 2021. Ähnliche Entwicklungen durch Crowdfunding lassen sich auch im Videospielmarkt beobachten. Vgl. Smith, The Backer–Developer Connection. 2015.[]
  13. Eine vollständige Transformation eines analogen in ein digitales Spiel liegt vor, wenn ein eigenständiges digitales Produkt auf Basis eines Brettspiels entwickelt wird. Dies ist jedoch nicht Gegenstand dieses Aufsatzes.[]
  14. Neitzel und Nohr, Das Spiel mit dem Medium. Partizipation - Immersion – Interaktion. Zur Teilhabe an den Medien von Kunst bis Computerspiel. 2006, S. 16.[]
  15. Goffman, Encounters: Two Studies in the Sociology of Interaction. 1972.[]
  16. Das ist aber natürlich immer auch abhängig von Fragen der Accessibility: Welches Interface kann wie von wem verwendet werden?[]
  17. Goffman, The Interaction Order. 1983, S. 3.[]
  18. Gugutzer, Leib und Situation. Zum Theorie- und Forschungsprogramm der Neophänomenologischen Soziologie. 2017, S. 158.; vgl. zum Atmosphärenbegriff auch Zimmermann, Virtuelle Wirklichkeiten. 2023.[]
  19. Krämer, Medium, Bote, Übertragung. 2008.[]
  20. Kaerlein, Bartz, und Hörl, Smartphones als digitale Nahkörpertechnologien. 2018.[]
  21. Latour, Reassembling the Social. 2005, S. 52.[]
  22. Hänselmann, Doc Game oder Reenactment Game? Zur Bewertung des Dokumentarischen in ‚dokumentarischen Computerspielen‘. 2015.[]
  23. Clüver, Klassische, moderne und erzählerische Spiele: Zur Serialität von Gesellschaftsspielen. 2017.[]
  24. Ebd., S. 9.[]
  25. Harth, Save, Load & Reload – Über den Umgang mit Kontingenz und Serialität in der Praxis des Computerspielens. 2017, S. 2.[]
  26. Reckwitz, Die Gesellschaft der Singularitäten. 2018.[]

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Thiel-Woznica, MarcelDickel, Sascha: "„You have unlocked a new chapter“. Kampagnen-Brettspiele als serielle Erlebniswelten". In: PAIDIA – Zeitschrift für Computerspielforschung. 30.12.2024, https://paidia.de/you-have-unlocked-a-new-chapter/. [02.01.2025 - 12:56]

Autor*innen:

Marcel Thiel-Woznica

Marcel Thiel-Woznica (MA) promoviert in der Soziologie und ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Teilprojekt "Posthumane Entdifferenzierung" des Sonderforschungsbereiches 1482 "Humandifferenzierung" an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Praxistheorie, Zukunftssoziologie, Soziologie digitaler Spiele und Methoden qualitativer Sozialforschung (insbes. Videoanalyse & Videographie). Er ist Teil des Sprecher:innen-Teams der AG "Soziologie digitaler Spiele" der DGS Sektion Medien- und Kommunikationssoziologie.

Sascha Dickel

Sascha Dickel (Prof. Dr.) ist Universitätsprofessor für Mediensoziologie und Gesellschaftstheorie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Mitglied des dortigen Sonderforschungsbereiches 1482 "Humandifferenzierung". Seine Schwerpunkte liegen in der Erforschung digitaler Kommunikation, sozio-technischen Zukünften und dem Verhältnis von Wissenschaft und Öffentlichkeit. Jüngste Veröffentlichung: Der kybernetische Blick und seine Grenzen. Zur systemtheoretischen Selbstbeschreibung der digitalen Gesellschaft (2023); Berl. J. Soziol. 33 (3), S. 197–226.