DiscriminationPong im Literaturunterricht – Wie ein Computerspiel das poetische Verstehen und die Aus­einander­setzung mit Diskriminierung entscheidend befördern kann.

21. Dezember 2015
Abstract: Das poetische Verstehen im Literaturunterricht sucht die präzise Wahrnehmung des Textes mit der subjektiven Involviertheit zu kombinieren. Daher bietet sich dieser literaturdidaktische Ansatz besonders an, um im Deutschunterricht auch das übergeordnete Bildungsziel, die Ausbildung von Werten und die Reflexion derselben, zu berücksichtigen. Schwierigkeiten in der Umsetzung, die durch die Alterität von Literatur bedingt sind, können durch geschickte mediale Orchestrierung der Arbeitsgrundlagen aufgefangen werden. Dies demonstriert der Beitrag anhand einer Unterrichtseinheit zum Thema Diskriminierung, die sich auf den Roman Go! von Kazuki Kaneshiro und das Game DiscriminationPong der Zürcher Künstlergruppe and-or.ch stützt.

Poetisches Verstehen

Als Reaktion auf die Kompetenzorientierung der letzten Jahre im Bildungssystem wird in der Literaturdidaktik seit einiger Zeit das Konzept eines „Poetischen Verstehens“ diskutiert. 1 Der allgemeinen Lesekompetenz, die nach PISA zunehmend in den Fokus rückt, soll damit die „literarische Lesekompetenz (verstanden als literarisch-ästhetische Rezeptionskompetenz)“ 2 mit Nachdruck zur Seite gestellt werden. Grundlegend ist darin einerseits die Begegnung mit dem literarischen Gegenstand jenseits eines Nützlichkeitsdenkens, das den Umgang mit Literatur unmittelbar in Fertigkeiten und Kompetenzen umzusetzen sucht. Andererseits ist die Idee zentral, dass sich das lesende Subjekt wirklich auf den Text einlässt, sich dem „Spiel [...], das ein Text mit unseren Kenntnissen, Wahrnehmungs- und Empfindungsfähigkeiten beginnt“, 3 tatsächlich überlässt und sich derart zum Text in Bezug setzt. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass die Rolle, die die Auseinandersetzung mit Literatur für die Förderung von Ich-Entwicklung und Fremdverstehen, für Sozialisations- und Enkulturationsprozesse spielt, vergessen geht. 4

Dass diese Art des Umgangs mit Literatur die genannten Punkte im Blick hat und gleichzeitig dem Aufbau und der Erweiterung von konkreten (literarischen) Kompetenzen dienen kann, zeigt Kaspar Spinner mit seinen elf Aspekten literarischen Lernens. 5 Wichtig ist darin vor allem die Verbindung von präziser Textlektüre mit dem Rückbezug auf das lesende Ich, die Kombination also von „[s]ubjektive[r] Involviertheit und genaue[r] Wahrnehmung“. 6 Poetisches Verstehen zielt demnach ganz entschieden darauf ab, dass sich die Lesenden in der Auseinandersetzung mit literarischen Texten auch selber genauer beobachten und bedenken. Ein zentraler Punkt ist dabei die Annäherung an die literarischen Figuren und der Nachvollzug ihrer Perspektiven. 7 Diesen Aspekt streicht auch Peter Bieri heraus 8: Für ihn setzt das Verstehen von Literatur beim Inhalt eines Textes an; dieser präsentiert sich im Wesentlichen als Handlungen, die an Figuren gebunden sind, wobei sich ein Text mal breit auf viele Figuren abstützt, mal auf eine einzige, durch deren Perspektive die Handlung nachvollzogen werden kann. Die Handlungen der betreffenden Figur(en) verstehen heißt nun, die Gründe verstehen, weshalb eine Figur handelt. Und mit den Gründen ist in den Blick zu nehmen, worauf sich diese Gründe stützen.

Eine Auseinandersetzung mit Literatur in der geschilderten Art (und also nahe an agierenden Figuren) heißt damit unweigerlich auch: Auseinandersetzung mit Wertesystemen – und zwar sowohl mit jenen der literarischen Figuren als auch mit den eigenen. Denn einerseits fußen Handlungsgründe auf Normen, Werten und Wunschvorstellungen, auf die sich eine Figur in der betreffenden fiktionalen Welt explizit oder implizit bezieht; Literatur kann damit gleichsam als ‚Geflecht’ von Normsystemen und Wertvorstellungen verstanden werden, die von den Figuren erfahren und ausgehandelt werden müssen und die lesend nachvollzogen werden können. Andererseits erfordert Kunst (und also auch Literatur) die Konfrontation mit sich selbst, 9 erfordert „Selbsterschließung, Selbsterklärung, Selbstdeutung“. 10 Nimmt man diese Prämissen ernst, so bedeutet dies, dass Wertvorstellungen von Figuren in der Lektüre unweigerlich auf jene der Lesenden treffen; denn Werte gründen in Subjekten, sind damit individuell, 11 lassen sich daher im Leseprozess auch nicht einfach ausblenden: Jede Lektüre ist gleichsam getränkt von eigenen Wertvorstellungen. Und ein Lesen, das derart zwischen dem Sich-Einlassen auf die Figurenperspektive und der Befragung der eigenen Bedeutungskonstituierung oszilliert, kann daher als wichtiger Ort der Selbstbildung zur Werteerziehung verstanden werden. 12 Denn Werte können nicht ‚gelehrt’ oder ‚vermittelt’ werden, entstehen vielmehr „in Erfahrung der Selbstbildung und der Selbsttranszendenz“, 13 werden also „reflektiert erworben“ 14 – und dies nicht zuletzt in der kritischen Auseinandersetzung mit literarischen Texten und anderen Elementen des kulturellen Gedächtnisses. Mit Blick auf die Literatur heißt dies, dass die Lesenden dazu eingeladen sind, sich einzulassen auf die sich in der fiktionalen Welt manifestierenden Wertvorstellungen und sie – probehalber – auf sich selbst zurückzubeziehen bzw. sich durch die in der Literatur verhandelten Werte auch befragen zu lassen. Dem Literaturunterricht in dem eben modellierten Sinne kann daher großer Einfluss auf das übergeordnete Bildungsziel, die Ausbildung von Werten und die Reflexion derselben, zugesprochen werden. 15

Probleme in der praktischen Umsetzung

Soweit die Theorie: Die praktische Erfahrung im Literaturunterricht zeigt jedoch, dass es keine einfache Sache ist, eine Schulklasse in dieser Weise an Literatur heranzuführen und ihr Erfahrungen der geschilderten Art zu ermöglichen. Das hat in erster Linie mit dem Gegenstand des Literaturunterrichts, der Literatur selbst, zu tun. Diese konturiert Kommunikation in sehr spezifischer Weise, unterscheidet sich gerade dadurch von anderen gesellschaftlichen Teilsystemen: 16 Literatur (und Kunst insgesamt) legt es ganz und allein darauf an, beobachtet zu werden; sie bindet die Beobachter damit im Sinne der Beobachtung zweiter Ordnung. Statt unmittelbar einen Zweck zu erfüllen, wie andere Arten der Kommunikation, hat Literatur ihren Zweck demnach in sich selbst. Das Lesen literarischer Texte erfordert also einen besonderen ‚Beobachtungsmodus’, auf den man sich einlassen wollen muss – was im Schulalltag nicht immer leicht fällt.

Literatur kann weiter als Alterität im Sinne der „in den Text eingeschriebene[n] Subjektivität, welche beim Lesen nachvollzogen und mit dem eigenen Erleben in Beziehung gesetzt wird“, 17 verstanden werden. Auch auf diese Alterität muss man sich einlassen wollen, und auch hier fällt dies nicht immer leicht – etwa daher, weil sich die Alterität bspw. in der Perspektive einer Figur im Text manifestiert, die wenig mit der eigenen Lebenswelt zu tun hat, die z. B. in einer anderen Zeit lebt oder die einem wegen bestimmter Handlungen und den ihnen zugrunde liegenden Wertvorstellungen fremd erscheint. 18 Und schließlich fällt auch der Rückbezug der in der Lektüre über das Einnehmen von Figurenperspektiven gleichsam stellvertretend gemachten Erfahrungen auf das eigene Ich – die Beobachtung dritter Ordnung – keineswegs immer leicht: Denn allzu oft weisen SchülerInnen gerade im Jugendalter einen Text schnell und auch recht unbedacht weit von sich, wollen sich nicht wirklich ernsthaft nachdenkend auf die Frage einlassen, inwiefern die im Text verhandelten Themen, Konflikte und Konstellationen mit einem selbst zu tun haben könnten oder durch die eigene Wahrnehmung ‚gefärbt’ sind – was Voraussetzungen wären für eigentliches poetisches Verstehen.

Will man poetisches Verstehen mit besonderer Betonung der subjektiven Involviertheit und der Perspektivenübernahme im Literaturunterricht also modellieren, so muss ein produktiver Umgang mit den geschilderten Schwierigkeiten gefunden werden. Es gilt für die betreffende Lehrperson vor allem,

die Aufmerksamkeit ihrer Schüler auf die Ursachen und innere Zusammenhänge der Gedanken und Taten fiktiver Figuren zu lenken. Dazu ist nicht nur Fachwissen notwendig, sondern auch ein Blick für den Wesenskern literarisch gestalteter Situationen: zentrale Fragen müssen kontinuierlich die politischen, sozialen, wirtschaftlichen und ethischen Hintergründe von Entscheidungen und Handlungsabläufen fokussieren, um Motivationen und Handlungen am fiktiven Beispiel mit Blick auf innere Zusammenhänge auch auf ihren ethischen Hintergrund hin reflektieren zu können. 19

Hier möchten wir ansetzen und im Folgenden eine Unterrichtseinheit präsentieren, die Alteritätserfahrung und den produktiven und selbstreflexiven Umgang damit ins Zentrum rückt – und derart ein poetisches Verstehen zu realisieren sucht, das die Balance hält zwischen genauer Textlektüre, emphatischem Miterleben, differenziertem Bedenken von Gründen und Werturteilen und schließlich dem Rückbezug auf das lesende Selbst. Dabei stützen wir uns wesentlich auf den Einbau eines Computerspiels, das in entscheidender Weise dazu beitragen soll, die genannten Ziele der Einheit zu erreichen.

Diskriminierung in Literatur und Computerspiel

Ziel der hier vorgeschlagenen Unterrichtseinheit für eine höhere Gymnasialklasse 20 ist es, einerseits das poetische Verstehen im oben skizzierten Zuschnitt an einem Roman zu erproben. Die Wahl fiel hierbei auf Kazuki Kaneshiros preisgekrönten Erstling Go! 21; dies deswegen, weil die Alteritätserfahrung, die Literatur grundsätzlich bietet, in diesem eindrücklichen Roman aus Japan in besonders akzentuierter Weise zum Tragen kommt: Denn die in Go! geschilderte Lebenswelt der koreanischstämmigen Bevölkerung in Japan dürfte den meisten deutschsprachigen SchülerInnen wenig bekannt sein. Andererseits ist das Ziel, im genannten Theorierahmen das in diesem Roman (und allgemein in vielen literarischen Texten) 22 ganz zentrale Phänomen ‚Diskriminierung’ vermittels der Literatur erfahrbar zu machen und derart letztlich auch das eigene Wertesystem zu befragen. Die SchülerInnen sollen so die Diskriminierung, die im Leben des jugendlichen Protagonisten Lee Sugihara omnipräsent ist – ein Schüler der Klasse beschreibt dies in folgenden Worten: „In Sugiharas Welt gehört Diskriminierung zum täglichen Leben wie bei uns das Smartphone“ – wie auch seine Reaktionen darauf nachvollziehen können.

In einem ersten Schritt galt es, zum einen in Kleingruppen Rechercheaufträge zu verschiedenen Aspekten des im Roman behandelten Kulturraumes zu erledigen und die Ergebnisse – zur Rolle der Frau in Japan, zum Erziehungssystem in Japan etc. – in das Gespräch über den Roman einzubringen. Zum anderen mussten die SchülerInnen in verschiedenen Arbeitsaufträgen meist schriftlicher Art versuchen, die Perspektive des jugendlichen Protagonisten einzunehmen. 23 Mittels Rollenbiografien, Interviews oder Tagebucheinträgen suchten sich die SchülerInnen in die Figur Sugihara hineinzuversetzen; dies führte nicht selten zu Problemen, weil ganz offenbar in vielen Fällen das eigene mit dem Wertesystem der literarischen Figur kollidierte. Besonders kontrovers diskutiert wurde in diesem Zusammenhang die Frage nach der Gewalt, die Sugihara ausübt. Denn auf diese Weise wehrt er, der nicht nur von der japanischen Gesellschaft massiv diskriminiert wird, sondern auch von seiner eigenen Volksgruppe, den Nordkoreanern, und schließlich gar von seinen Eltern, sich gegen die Ungerechtigkeit, die ihm widerfährt – was bei zahlreichen SchülerInnen Abneigung und Unverständnis erzeugte. Das ‚Fremdverstehen’ stieß hier mit anderen Worten an seine Grenzen. Dem konnte auch dadurch nicht Abhilfe geschaffen werden, dass die zwei Leitfragen – Wie wird im Text die Diskriminierung des Protagonisten systemhaft aufgebaut? Wie fühlt sich diese Diskriminierung aus der Sicht des Protagonisten an? – intensiv besprochen wurden.

An dieser Stelle erfolgte der Beizug des Spiels DiscriminationPong der Zürcher Künstlergruppe and-or.ch, 24 in dem Diskriminierung und ihre Wirkung im Spielen konkret erfahrbar werden. Dass ein Computerspiel im Deutschunterricht berücksichtigt wird, ist gegenwärtig noch alles andere als der Normalfall, 25 obwohl inzwischen zahlreiche gute Gründe vorliegen, Computerspiele gerade im Literaturunterricht einzusetzen. 26 Für den vorliegenden Zweck war der Gedanke entscheidend, dass in einem Computerspiel Werte, die einer Handlung zugrunde liegen, in noch stärkerem Maße bedacht werden können als in der Literatur; denn die handelnden SpielerInnen stehen in einem direkten Konkurrenzverhältnis und sind unmittelbar beteiligt, wodurch die Folgen der eigenen Handlung auch unmittelbarer erfahrbar werden. 27 Und weiter auch die Überzeugung, dass die im Spielen eingenommene „Doppelrolle von Beobachtung und Teilnahme“ und die „Selbstbeobachtung unter ständiger Rückkopplung“ 28 der zweifachen Intention der Unterrichtseinheit – eng an Figuren heranzuführen, dabei gleichzeitig aber auch auf sich selbst als lesendes und damit angesprochenes Subjekt zurückzuführen – nützlich sein dürfte. Und schließlich wurde die Wahl gerade dieses Spiels nicht zuletzt dadurch beeinflusst, dass es ohne Vorbereitungsaufwand und dazu kostenlos online gespielt oder ebenfalls kostenlos auf PC und Mac installiert werden kann, womit keine Ausgaben und keine größeren technischen Hürden anfallen und die Lehrperson nur wenig Vorbereitungsarbeit zu leisten hat. 29

DiscriminationPong ist eine Abwandlung des Spieleklassikers Pong, 30 einem der ersten erfolgreichen Videospiele. Es baut auf das Multiplayerspiel Pong auf, indem das grundsätzliche Gameplay übernommen wird: Auch hier muss man einen Ball mit Hilfe des eigenen Schlägers ins gegnerische Feld zurückbefördern. Neu in DiscriminationPong ist der Faktor, dass das symmetrische Gameplay (das heißt, jeder hat dieselben Chancen) zu Ungunsten des Nicht-so-weißen-Schlägers abgeändert ist. Das ureigene Spielprinzip, wonach jeder es schaffen kann, wird hier also torpediert, der Nicht-so-weiße-Schläger befindet sich gegenüber dem weißen Schläger stets und gewissermaßen systembedingt im Nachteil.

Der Nicht-so-weiße-Schläger ist dunkler (nicht so gut erkennbar) und kleiner. Damit wird es schwieriger, den Ball zu treffen.

Der Nicht-so-weiße-Schläger ist dunkler (nicht so gut erkennbar) und kleiner. Damit wird es schwieriger, den Ball zu treffen. (http://and-or.ch)

Die Handlungsnotwendigkeit wird zwar erkannt, lässt sich aber nicht im eigenen Sinne beeinflussen; damit werden die Kausalfaktoren der Unterhaltsamkeit von Computerspielen – kausale Wirksamkeit und Selbstwirksamkeitserleben – 31 völlig unterlaufen; oder in den Worten von zwei SchülerInnen: „Es ist ziemlich schwierig, ruhig und selbstbewusst zu bleiben, solange das Game unfair ist. Man fühlt sich schnell ausgegrenzt und auf eine Art gar nicht beachtet, denn zum Teil erscheint er [= der Schläger] unsichtbar.“ Und: „Fassungslos ist man in der Niederlage praktisch zum Zuschauen verdammt.“

In DiscriminationPong sind zehn verschiedene Diskriminierungsarten realisiert, die in der Geschichte der Menschheit z. B. Afro-AmerikanerInnen haben erfahren müssen. Angefangen beim schlichten Ignorieren (was im Spiel derart umgesetzt ist, dass der Nicht-so-weiße-Schläger durchsichtig ist) über verschiedene Geschwindigkeiten (der Nicht-so-weiße-Schläger bewegt sich langsamer) oder Größen (der weiße Schläger ist länger) bis hin zu einem Extra (der Ball kommt gar nicht bis zum weißen Schläger, sondern dreht schon vorher um). Diese Diskriminierungsarten werden jeweils in den einzelnen Spielrunden zufallsbedingt realisiert, wobei sie durch minimale Texthinweise angedeutet werden. 32

Der Nicht-so-weiße-Schläger ist dunkler (schlechter zu erkennen) und größer, aber fast unkontrollierbar.

Der Nicht-so-weiße-Schläger ist dunkler (schlechter zu erkennen) und größer, aber fast unkontrollierbar. (http://and-or.ch)

Eine weitere Diskriminierungsart durchzieht das ganze Spiel: Der Nicht-so-weiße-Schläger wird während des Spielens stetig dunkler, bis er praktisch nicht mehr sichtbar ist.

Der Nicht-so-weiße-Schläger wird im Laufe des Spiels so dunkel, dass nichts mehr erkennbar ist und der diskriminierte Spieler erahnen muss, wo sich sein Schläger gerade befindet.

Der Nicht-so-weiße-Schläger wird im Laufe des Spiels so dunkel, dass nichts mehr erkennbar ist und der diskriminierte Spieler erahnen muss, wo sich sein Schläger gerade befindet. (http://and-or.ch)

DiscriminationPong unterläuft mit diesen verschiedenen Formen der Diskriminierung die Idee des Spiels als fairem, ja gesellschaftlich geradezu utopisch besetztem Ort, wo gleiche Startchancen für alle vorherrschen – was mit Blick auf die fortschreitende ‚Gamification des Alltags’ 33 wohl auch als Kommentar auf gesamtgesellschaftliche Prozesse verstanden werden kann.

DiscriminationPong ist insofern ein ‚Wertespiel’, als eine konkrete Entscheidungssituation – bewusste (oder auch unbewusste) Diskriminierung im Alltag – in Spielform zum Thema gemacht und gewissermaßen ad absurdum geführt wird. Durch das Eindringen realweltlicher Ungleichgewichte werden die ausgleichenden Elemente des magic circles aufgebrochen, werden Diskussionen über das Gameplay, über die Betitelungen oder den Sinn des Spiels initiiert. Die Spielenden sind damit eingeladen – oder eher schon etwas unsanft dazu angehalten –, über die Mechanismen des Games nachzudenken. Hier sind das Mechanismen des Ausschlusses, der Verhinderung – der Diskriminierung mithin; und nachzudenken gilt es gleichzeitig auch über das eigene Tun im Rahmen dieser Mechanismen. Man wird also aus dem Spiel heraus auf die Metaebene gehoben und sieht sich veranlasst, über die eigene Spielerfahrung – die moralisch aufgeladen ist – nachzudenken; darüber, dass man sich in einem Entscheidungs- und Handlungsraum bewegt hat, den man zwar als schlecht hat erkennen, den man aber nicht hat verändern können.

Der konkrete Einbezug von DiscriminationPong in die Unterrichtseinheit sah folgendermaßen aus: Die Klasse wurde unvorbereitet in einem Computerraum jeweils zu zweit mit dem Spiel konfrontiert. Nach einer ersten Spielphase folgte eine reflexive Schreibphase, in der Erfahrungen mit dem Spiel notiert wurden; diese Phase mündete in ein offenes Gespräch über die Erfahrungen – auch vor dem Hintergrund bisheriger Spielerfahrungen –, bevor eine zweite Spielphase folgte, wobei alle SchülerInnen angehalten waren, beide, die diskriminierte und die diskriminierende Position, mindestens einmal einzunehmen. Es folgte ein Hausauftrag, der lautete:

  1. Spielen Sie das Game DiscriminationPong der Zürcher Künstlergruppe and-or.ch nochmals mit jemandem.
  2. Versuchen Sie, möglichst viele der hier erfahrbaren (und auch benannten) Diskriminierungs­arten zu erkennen und nachzuvollziehen. Wie funktionieren sie?
  3. Überlegen Sie darauf, ob die beobachteten (und erfahrenen) Diskriminierungsprozesse sich auch auf Sugihara im Roman Go! übertragen lassen.

In der darauffolgenden Lektion wurden die Erfahrungen im Klassengespräch ausgetauscht und erneut schriftlich nachbereitet. Die dabei verfolgte Intention, über den Umweg der Computerspielerfahrung zu einem vertiefteren Verständnis der Situation des Roman-Protagonisten zu gelangen, ließ sich gut realisieren; dies zeigen die drei folgenden Ausschnitte aus den schriftlichen Reflexionen der Klasse: 34

Die dem Leser vermittelte Hilflosigkeit gegenüber den Vorurteilen der japanischen Bevölkerung kann nach einer Partie des Spiels um ein sehr viel höheres Niveau nachgefühlt werden. Die während der Lektüre aufkommenden und besserwisserisch anmutenden Gedanken wie „Ich hätte…“, „Ich würde…“ oder „Man könnte…“ verschwinden schlagartig aus dem Kopf. Man versteht die hoffnungslose Situation Sugiharas auf einen Schlag.
Man bekommt also beim Spielen die Diskriminierung am eigenen Leib zu spüren, so wie Sugihara. Egal wie stark er sich für seine Wünsche, seine Zukunft und sein eigenes Leben einsetzt, er wird nie die gleichen Chancen haben wie eine Person, die die japanische Staatsbürgerschaft besitzt.
[I]ch denke, dass ich mich mit Sugiharas Wut, Verzweiflung und Gedanken besser identifizieren konnte, was ich anfangs noch sehr schwer fand. Das Gefühl nichts tun zu können, um seine Lage nur ein kleines bisschen verbessern zu können, bringt einem schnell um den Verstand. Sugihara wird von Anfang an als schlecht und minderwertig bezeichnet, genauso wie ich von Anfang an keine Chance hatte, einen Punkt zu erzielen.

Hier zeigt sich u. E. sehr schön das Spektrum des Nachvollzugs von Figurenperspektiven, das Kaspar H. Spinner folgendermaßen umreißt: von der „mitfühlenden Empathie bis zur kognitiven Auseinandersetzung mit Fremdheit“. 35 Und auch seine folgende Überlegung sehen wir durch diese Unterrichtseinheit bestätigt: „Die Alteritätserfahrung, also die Irritation durch die Andersartigkeit, kann wiederum zu gesteigerter Selbstreflexion führen“. 36
Es dürfte letztlich einzelnen SchülerInnen auch gelungen sein, die Verbindung mit eigenen Wertekonzepten und -vorstellungen, die im Klassengespräch angeregt und diskutiert worden war, herzustellen. So bezeichnete bspw. ein Schüler den Protagonisten Sugihara als „Vorbild in Sachen Umgang mit Diskriminierung“, setzt sich selbst also in direkten und zudem affektiv konnotierten Bezug zu ihm. Eine andere Schülerin fasst ihre Erfahrung wie folgt zusammen:

Ich hatte schon von Diskriminierung gehört und vielleicht kurz daran gedacht, aber noch nie musste ich mich so eingehend damit beschäftigen. Ich hatte keine Ahnung, wie stark die Rolle der Ethnie in der japanischen Gesellschaft ist. Sie bestimmt Inklusion oder Exklusion, sie bestimmt das politische, wirtschaftliche und soziale Leben und somit die Zukunft der Menschen. (...) Die Diskriminierung ist also das wichtigste Thema dieses Buches: sie ist praktisch auf jeder Seite zu finden und ist immer präsent im Leben der Hauptperson. Somit erzielt sie die größte und wichtigste Wirkung beim Leser: das Hinterfragen seiner eigenen Handlungen. Nach dem Lesen dieses Buches fing ich an, daran zu denken, welche Rolle die Diskriminierung in meinem Leben hatte: wurde ich schon diskriminiert? Wenn schon, aus welchen Grund? Gibt es Parallelen zu Sugihara? 37

„Poetisches Verstehen hat die Kraft, den Verstehenden zu verändern, sein Denken, sein Fühlen, seine Vorstellungsbilder“, 38 hält Ulf Abraham fest; und auch wenn Kaspar H. Spinner einräumt, dass es sich bei dem damit angesprochenen Wechselspiel zwischen „subjektiver Involviertheit und genauer Textwahrnehmung“ um „individuelle Prozesse [handle], die nicht direkt beobachtbar“ seien, 39 so stimmen uns Erfahrungsberichte wie jener dieser Schülerin doch sehr zuversichtlich, dass poetisches Verstehen im Literaturunterricht in der Auseinandersetzung mit geeigneten Medien zu intensiven und langfristig in Erinnerung bleibenden Leseerfahrungen führen kann.

Verzeichnis de verwendeten Texte und Medien

Spiele

and-or.ch: DiscriminationPong. Zürich: 2010. <http://discriminationpong.and-or.ch/> [22. Oktober 2015]
Atari: Pong. Sunnyvale: 1972. < http://www.ponggame.org/> [22. Oktober 2015]

Texte

Abraham, Ulf: P/poetisches V/verstehen. Zur Eingemeindung einer anthropologischen Erfahrung in den kompetenzorientierten Deutschunterricht. In: Winkler, Iris; Masanek, Nicole; Ders. (Hg.): Poetisches Verstehen. Literaturdidaktische Positionen – empirische Forschung – Projekte aus dem Deutschunterricht. Baltmannsweiler: Schneider 2010, S. 9-22.
Abraham, Ulf: Lesekompetenz, literarische Kompetenz, poetische Kompetenz: Fachdidaktische Aufgaben in einer Medienkultur. In: Rösch, Heidi (Hg): Kompetenzen im Deutschunterricht. Frankfurt/M.: Lang 2005, S. 13-26.
Abraham, Ulf; Kepser, Matthis: Literaturdidaktik Deutsch. Eine Einführung. 3., neu bearb. und erw. Aufl. Berlin: Schmidt 2009.
Anselm, Sabine: Der Wert des Lesens. Variationen über ein aktuelles Thema. In: Dies.; Geldmacher, Miriam; Hodaie, Nazli; Riedel, Margit (Hg.): Werte – Worte – Welten. Werteerziehung im Deutschunterricht. Baltmannsweiler: Schneider 2012, S. 15-31.
Bieri, Peter: Eine Erzählung schreiben und verstehen. (= Jacob Burckhardt-Gespräche auf Castelen; Bd. 26). Basel: Schwabe 2012.
Erpenbeck, Jenny: Gehen, ging, gegangen. Roman. München: Knaus 2015.
Gadamer, Hans-Georg: Ästhetik und Hermeneutik. In: Ders.: Gesammelte Werke. Band 8: Ästhetik und Poetik I. Kunst als Aussage. 6., durchgesehene Aufl. Tübingen: J. C. B. Mohr Siebeck 1993, S. 1-8.
Gecius, Melanie S.: Game-based Learning in der Schule. Hamlet als Computerspiel – Der Einsatz der computerbasierten Spielform des Adventures im literaturbezogenen Englischunterricht. Glückstadt: Werner Hülsbusch 2014.
Hansel, Toni: Werterziehung und Moderne – Eine neue Debatte? In: Ders. (Hg.): Werterziehung im Fokus schulischer Bildung. Freiburg: Centaurus 2009, S. 15-25.
Hofer, Stefan: Die Ökologie der Literatur. Eine systemtheoretische Annäherung. Mit einer Studie zu Werken Peter Handkes. Bielefeld: transcript 2007.
Hofer, Stefan; Bauer, René: Computerspiele im Deutschunterricht. In: Frederking, Volker; Krommer, Axel; Möbius, Thomas (Hg.): Neue Medien im Deutschunterricht. Handbuch Deutschunterricht in Theorie und Praxis (DTP), Bd. 8. Baltmannsweiler: Schneider 2014, S. 401-457.
Horváths, Ödön von: Jugend ohne Gott. Frankfurt/M.: 2008.
Joas, Hans: Die Entstehung der Werte. 4. Nachdruck. Frankfurt/M.: Suhrkamp 2006.
Kaneshiro, Kazuki: Go! Roman. Aus dem Japanischen von Nora Bierich. Weimar: cass 2011 [2000].
Lösener, Hans: Poetisches Verstehen bei der Unterrichtsvorbereitung. Überlegungen zur literaturunterrichtlichen Sachanalyse. In: Winkler, Iris; Masanek, Nicole; Abraham, Ulf (Hg.): Poetisches Verstehen. Literaturdidaktische Positionen – empirische Forschung – Projekte aus dem Deutschunterricht. Baltmannsweiler: Schneider 2010, S. 82-97.
Neitzel, Britta: Medienrezeption und Spiel. In: Distelmeyer, Jan; Handke, Christine; Mersch, Dieter (Hg.): Game over!? Perspektiven des Computerspiels. Bielefeld: transcript 2008, S. 95-113.
Oser, Fritz: Möglichkeiten und Grenzen der Anwendung des Kohlbergschen Konzepts der moralischen Erziehung in unseren Schulen. In: Lind, Georg; Rascher, Jürgen (Hg.): Moralische Urteilsfähigkeit. Eine Auseinandersetzung mit Lawrence Kohlberg über Moral, Erziehung und Demorkatie. Weinheim: Beltz 1987, S. 44-53.
Pohl, Kirsten: Ethical Reflection and Emotional Involvement in Computers Games. In: Günzel, Stefan; Lieber, Michael; Mersch, Dieter (Hg.): Conference Proceedings of The Philosophy of Computer Games. Potsdam: Universitätsverlag 2008, S. 92-107.
Rossi, Melanie: Erinnern als Wert. Historische Jugendliteratur und ethische Bildung im Kontext. In: Anselm, Sabine; Geldmacher, Miriam; Hodaie, Nazli; Riedel, Margit (Hg.): Werte – Worte – Welten. Werteerziehung im Deutschunterricht. Baltmannsweiler: Schneider 2012, S. 61-74.
Schilcher, Anita: Geschlechtsrollen, Familia, Freundschaft und Liebe in der Kinderliteratur der 90er Jahre. Studien zum Verhältnis von Normativität und Normalität im Kinderbuch und zur Methodik der Werteerziehung. (= Kinder- und Jugendkultur, -literatur und -medien. Theorie – Geschichte – Didaktik; Bd. 15). Frankfurt/M. etc.: Peter Lang 2001.
Schlegel, Mireya; Schöffmann, Andreas: Computer – Spiel – Werte. Didaktische Computerspielforschung im Bereich der Werteerziehung. In: Dies. (Hg.): Computer – Spiel – Werte. Didaktische Computerspielforschung im Bereich der Werteerziehung. Sondernummer Paida 2015. [MS1]
Spinner, Kaspar H.: Literarisches Lernen. In: Praxis Deutsch. Jg. 34, Heft 200 (2006), S. 6-16.
Stampfl, Nora S.: Die verspielte Gesellschaft. Gamification oder Leben im Zeitalter des Computerspiels. Heidelberg: dpunkt 2012.
von Matt, Peter: Liebesverrat. Die Treulosen in der Literatur. München, Wien: Hanser 1989.
Winkler, Iris; Masanek, Nicole; Abraham, Ulf (Hg): Poetisches Verstehen. Literaturdidaktische Positionen – empirische Forschung – Projekte aus dem Deutschunterricht. Baltmannsweiler: Schneider 2010.
Winkler, Iris; Masanek, Nicole; Abraham, Ulf: Zur Einführung: Poetisches Verstehen in Zeiten der Kompetenzorientierung. In: Dies. (Hg.): Poetisches Verstehen. Literaturdidaktische Positionen – empirische Forschung – Projekte aus dem Deutschunterricht. Baltmannsweiler: Schneider 2010, S. 5-8.
Elf Aspekte des literarischen Lernens auf dem Prüfstand. Leseräume. Zeitschrift für Literalität in Schule und Forschung. Jg. 2, H. 2 (2015). <http://www.leseräume.de/> [22. Oktober 2015]

Bildquellen

Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung von and-or.ch

  1. vgl. etwa Winkler; Masanek; Abraham: Poetisches Verstehen. 2010. []
  2. Winkler; Masanek; Abraham: Zur Einführung. 2010, S. 5. []
  3. Abraham: Lesekompetenz. 2005, S. 19. []
  4. vgl. Abraham; Kepser: Literaturdidaktik Deutsch. 2009, S. 13. []
  5. vgl. Spinner: Literarisches Lernen. 2006; vgl. dazu auch Leseräume. 2. Jg. 2015, H. 2. []
  6. Spinner: Literarisches Lernen. 2006, S. 8. []
  7. vgl. Spinner: Literarisches Lernen. 2006, S. 9f. []
  8. vgl. Bieri: Erzählung. 2012, S. 6-9. []
  9. vgl. „Das Kunstwerk, das etwas sagt, konfrontiert uns mit uns selbst. [...] Verstehen, was einem das Kunstwerk sagt, ist also gewiß Selbstbegegnung.“ Gadamer: Ästhetik und Hermeneutik. 1993, S. 6. []
  10. Abraham: P/poetisches V/verstehen. 2010, S. 20. []
  11. vgl. Schlegel; Schöffmann: Computer – Spiel – Werte. 2015. []
  12. vgl. dazu Anselm: Der Wert des Lesens. 2012. []
  13. Joas: Die Entstehung der Werte. 2006, S. 10. []
  14. Hansel: Werterziehung und Moderne. 2009, S. 21. []
  15. vgl. hierzu auch Oser: Möglichkeiten und Grenzen. 1987, S. 45ff. []
  16. vgl. hierzu Hofer: Die Ökologie der Literatur. 2007, S. 177-221. []
  17. Lösener: Poetisches Verstehen bei der Unterrichtsvorbereitung. 2010, S. 82. []
  18. Diesen Aspekt behandelt Peter von Matt in einleuchtender Weise am Beispiel des Konflikts zwischen Liebe und Normsystem (vgl. von Matt: Liebesverrat. 1989, S. 17-23). []
  19. Rossi: Erinnern als Wert. 2012, S. 72. []
  20. Die Unterrichtseinheit wurde im September 2015 mit der Gymnasialklasse N4c (12. Schuljahr) an der Kantonsschule Enge in Zürich durchgeführt; wir danken den betreffenden SchülerInnen für ihr engagiertes Mittun. []
  21. Kaneshiro: Go! 2011. []
  22. zu denken ist etwa an Literatur, die die NS-Zeit beleuchtet, wie Ödön von Horváths Jugend ohne Gott; oder an die Literatur der Migration – bis hin zu den Texten, in denen die aktuelle Flüchtlingskrise narrativ umgesetzt wird, wie etwa in Jenny Erpenbecks Gehen, ging, gegangen []
  23. In dieser Unterrichtseinheit schrieben die SchülerInnen häufig, wobei dieses ‚schriftliche Nachdenken’ im Sinne des schreibdidaktischen Konzepts des ‚Writing to Learn’ eingesetzt wurde. []
  24. vgl. and-or.ch: DiscriminationPong. 2010. []
  25. vgl. Hofer; Bauer: Computerspiele im Deutschunterricht. 2014, S. 405-407. []
  26. vgl. ausführlich: Hofer; Bauer: Computerspiele im Deutschunterricht. 2014, S. 407-424. []
  27. vgl. hierzu auch Pohl: Ethical Reflection. 2008. []
  28. Neitzel: Medienrezeption und Spiel. 2008, S. 90; S. 102. []
  29. All die genannten Punkte behindern nicht selten den Einsatz von Computerspielen im Unterricht; vgl. hierzu Hofer; Bauer. Computerspiele im Deutschunterricht. 2014, S. 406f. []
  30. Atari: Pong. 1972. []
  31. vgl. dazu Gecius: Game-based Learning in der Schule. 2014, S. 246ff. []
  32. DiscriminationPong ist damit in erster Linie ein ludisch ausgerichtetes Spiel. Die Textboxen weisen den ludischen Elementen allerdings durchaus eine gewisse narrative Bedeutung zu, die narrativen Elemente bleiben dabei aber auf ein Minimum beschränkt; vor allem sind sie nicht an ausgearbeitete Figuren gebunden. Unseres Erachtens zeigt diese Unterrichtseinheit damit, dass sich nicht nur narrative Computerspiele, die vermittels der Charaktere und ihrer Handlungen Wertesysteme ja immer ‚mittransportieren’, zur Reflexion über Werte eignen, sondern auch Computerspiele, die vornehmlich ludisch organisiert sind. []
  33. vgl. Stampfl: Die verspielte Gesellschaft. 2012. []
  34. Alle SchülerInnentexte werden im Originalwortlaut wiedergegeben. []
  35. Spinner: Literarisches Lernen. 2006, S. 10. []
  36. Spinner: Literarisches Lernen. 2006, S. 9. []
  37. Die naheliegende Folgefrage: „Habe auch ich schon einmal jemanden diskriminiert?“ wurde von den SchülerInnen im mündlichen Austausch im Klassengespräch zumindest in Ansätzen thematisiert. Erhellend war etwa das Beispiel eines Schülers, der darlegte, wie er MigrantInnen, die des Deutschen wenig mächtig sind, oft intuitiv als weniger ‚intelligent’ einzustufen geneigt ist, obwohl er sich rational durchaus bewusst ist, dass hier ein Kurzschluss vorliegt. Zum einen wurde im Anschluss darüber diskutiert, inwiefern es sich bei diesem Beispiel um Diskriminierung handelt; zum anderen konnte ausgehend von diesem Beispiel der Bogen zurück zu Go! geschlagen werden: Der Protagonist, der den japanischen Pass nicht besitzt, daher als „Zainichi Chosenjin“, ( Kaneshiro: Go! 2011, S. 7. ) gilt, als „in Japan lebender Nordkoreaner“, ( ebd. ) spricht perfekt japanisch, ist aber trotzdem massiver Diskriminierung ausgesetzt. Sprachliche Integration bietet in diesem Beispiel also keinen Schutz vor Diskriminierung. []
  38. Abraham: P/poetisches V/verstehen. 2010, S. 16. []
  39. Spinner: Literarisches Lernen. 2006, S. 8f. []

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Spiele: 

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Bauer, RenéHofer-Krucker Valderrama, Stefan: "DiscriminationPong im Literaturunterricht – Wie ein Computerspiel das poetische Verstehen und die Aus­einander­setzung mit Diskriminierung entscheidend befördern kann.". In: PAIDIA – Zeitschrift für Computerspielforschung. 21.12.2015, https://paidia.de/discriminationpong-im-literaturunterricht-wie-ein-computerspiel-das-poetische-verstehen-und-die-auseinandersetzung-mit-diskriminierung-entscheidend-befordern-kann/. [13.12.2024 - 01:29]

Autor*innen:

René Bauer

René Bauer studierte interdisziplinär an der Universität Zürich Germanistik, Biologie und Computerlinguistik und modellierte seine praktischen Arbeiten in der Lizentiatsarbeit "Der Intertext im Zeitalter seiner digitalen Realisierung". Seit 2004 ist er Dozent für Game Design an der Hochschule der Künste ZHdK, leitet sowohl den Master Game Design wie auch das Gamelab. Aktuell entwickelt und forscht er an Motivationsdesigns und speziell an Gamemechaniken.

Stefan Hofer-Krucker Valderrama

Stefan Hofer-Krucker Valderrama studierte Germanistik, Hispanistik und Publizistikwissenschaften in Zürich und Madrid und promovierte mit der Arbeit "Die Ökologie der Literatur. Eine systemtheoretische Annäherung. Mit einer Studie zum Werk Peter Handkes". Er arbeitet als Dozent für Fachdidaktik Deutsch an der Universität Zürich und als Deutsch- und Spanischlehrer an der Kantonsschule Enge in Zürich.