Praktiken des Free-to-play-Spielens – Wie sich Spieler:innen kostenlose Spiele und Ingame-Käufe aneignen

21. Januar 2021
Abstract: In this paper we look into various practices around free-to-play games and their monetization techniques. Free-to-play games are games that can be downloaded and played for free, however the game will try to generate revenue by offering game elements for real money (in-game purchases). Using a situated approach, i.e. by talking to players, researchers as well as developers while accounting for our own experiences, we look at how players adopt practices of both paying and non-paying, as well as playing and non-playing. We identify seven areas of practice: 1) non-paying, 2) paying for progress, 3) paying as support or a gift, 4) discussing, 5) competing, 6) aestheticizing, and 7) showing. The way these practices play out is connected to the extent to which the game is played with or against other players, which reveals the social character of practices. Following Marx, we argue that the non-paying players are performing labour by increasing the promise of use value of the in-game commodities vis-à-vis other players. In addition, we show how Bourdieu’s social, economic and cultural capital comes into play in the practice of spending money for cosmetic purposes, i.e. aestheticizing. The text thus takes an exploratory approach to shed light on the way players appropriate games, use them to create social meaning and personal status, but also participate in the game companies’ accumulation of value while doing so. As such, we aim to contribute to the insights in the complex and multi-layered phenomenon of free-to-play games. In diesem Text werfen wir einen Blick auf verschiedene Praktiken um Free-to-play-Spiele und ihre Monetarisierungsstrategien. Free-to-play-Spiele können kostenlos heruntergeladen und gespielt werden, generieren ihren Umsatz dann aber, indem sie Spielelemente für echtes Geld anbieten (in-game purchases). Wir verfolgen einen situierten Ansatz, indem wir mit Spieler:innen, Forscher:innen und Entwickler:innen gesprochen haben, während wir unsere eigenen Erfahrungen mit einbeziehen. So untersuchen wir, wie Spieler:innen Praktiken des Bezahlens und Nicht-Bezahlens wie auch des Spielens und Nicht-Spielens pflegen. Wir identifizieren sieben Praxen: 1) Nicht-Bezahlen, 2) Bezahlen für Fortschritt, 3) Bezahlen als Unterstützung oder Geschenk, 4) Diskutieren, 5) Wetteifern, 6) Ästhetisieren und 7) Zeigen. Wie die betreffenden Praktiken ablaufen, hängt mit dem Maße zusammen, in dem Spieler:innen miteinander oder gegeneinander spielen, was den sozialen Charakter der Praktiken zeigt. Im Sinne von Marx argumentieren wir, dass Nicht-bezahlende Spieler:innen arbeiten, indem sie das Nutzwertversprechen der In-game-Waren für andere Spieler:innen erhöhen. Außerdem zeigen wir, wie ökonomisches, soziales und kulturelles Kapital nach Bourdieu in der Praxis des Bezahlens für kosmetische Zwecke wirksam wird, also im Ästhetisieren. Der Text verfolgt somit einen explorativen Ansatz, um zu skizzieren, wie Spieler:innen sich ihre Spiele aneignen, sie nutzen, um sozialen Sinn und Status zu schaffen, dabei aber auch in der Akkumulation von Wert der Spiele-Unternehmen teilnehmen. Wir möchten somit einen Beitrag zu den Erkenntnissen über das komplexe und vielschichtige Phänomen der Free-to-play-Spiele leisten.

Einleitung

Dieser Text ist der Versuch, die Konzepte der Praxeologie und des situierten Schreibens wissenschaftlich fruchtbar zu machen, um Free-to-play-Spiele besser zu verstehen. Solche Spiele können zum Teil kostenlos gespielt werden, bieten aber den Spieler:innen im Laufe des Spielens an, im Laufe des Spielens Spielelemente für echtes Geld zu kaufen. Wie andere Spiele auch können sie separat vom alltäglichen Leben ablaufen und dieses konterkarieren oder widerspiegeln, allerdings haben sie einen oder mehrere direkte Übersetzungspunkte, an denen alltägliches Geld eingesetzt werden kann, womit sie direkt mit der alltäglich-ökonomischen Realität interagieren. Die sozialen Beziehungen zwischen Spieler:innen wie auch Beziehungen der Spieler:innen zu den Entwickler:innen und Anbieter:innen des Spiels werden an diesen Stellen beobachtbar. Diese Beziehungen spannen ein soziokulturelles Feld auf, in das Praktiken eingelassen sind wie das Spielen, Auf-ein-Ziel-Hinarbeiten und das Kaufen von Spielelementen1. Die Praxis der Spieler:innen in Free-to-play-Spielen ist durch Monetarisierung geprägt, indem sie immer wieder entscheiden müssen, ob sie für die virtuellen Güter Geld ausgeben möchten. Somit ist das Verhältnis zur Alltagsökonomie deutlicher als in Spielen, für die Spieler:innen nur einmalig einen Anschaffungspreis bezahlen. Dies beeinflusst sowohl die Mechaniken des Spiels als auch das Spielerlebnis.2 Gleichzeitig bilden die Spieler:innen diesbezüglich eigene Praktiken aus, mit denen sie sich die Spiele aneignen. Dabei geben sie ihren monetären Möglichkeiten und Einschränkungen performativ neue Bedeutungen. In diesem Text soll es darum gehen, solche Praktiken zu skizzieren.

Abb. 1: Angebot im Shop von Candy Crush zu unterschiedlichen Preisen (Clüver).

Abb. 1: Angebot im Shop von Candy Crush zu unterschiedlichen Preisen (Clüver).

Games-Praxeologie

Spiele sind interaktiv und performativ, das heißt, sie müssen gespielt werden, um sie zu verstehen.3  Spielerfahrungen sind abhängig von der Situation der Spieler:innen, sodass die eine Spielerfahrung nur begrenzt auf eine andere übertragbar ist. Die Situation der Spieler:innen ist wiederum abhängig von ihren Veranlagungen und Erfahrungen, ihrer kulturellen Struktur, ihrer sozialen Stellung, ihrer technischen Ausrüstung und geografischen Verortung. Spieleforschung muss außerdem damit umgehen, dass die Praktiken von Spieler:innen, Entwickler:innen und Anbieter:innen von Spielen4 wechselseitig aufeinander bezogen sind, auch wenn dieser Bezug hauptsächlich durch das jeweilige Spiel mediatisiert ist. Das heißt, etwa bei der Entwicklung antizipieren Entwickler:innen bestimmte Praktiken der Spieler:innen und passen das Spiel daran an. Spieler:innen müssen ihre Praktiken dem Spiel anpassen, wobei sie umgekehrt auch den Entwickler:innen mögliche Motive, etwa bezüglich ‚aggressiver Monetarisierung‘5 unterstellen. Somit durchqueren die Praktiken des Spielens und des Spiele-Machens jedes Verständnis des Spiels als abgeschlossenes Artefakt und Objekt der Analyse. Die Tendenz des wechselseitigen Bezugs zwischen Spieler:innen, Entwickler:innen und Anbieter:innen wird im heutigen Computerspielemarkt, insbesondere im Free-to-play-Bereich, verstärkt durch die Dominanz der Games as a service6, bei der (Online-)Spiele nie fertig sind, mit Hilfe von Nutzerdaten ständig weiterentwickelt werden7 und über sogenanntes Community Management eine ständige  Austauschmöglichkeit zwischen Spieler:innen und Entwickler:innen besteht8.

Somit stellt sich die Frage, wie spielerische Praxis im Free-to-play-Bereich überhaupt erforscht werden kann. Der Fokus auf die Praktiken der Spieler:innen ist an dieser Stelle eine Forschungsperspektive, die wir einnehmen, um der Dynamik und Vielschichtigkeit der Spielsituationen Rechnung zu tragen. Wir suchen damit den Anschluss an Ansätze der Medienpraxeologie als die Erforschung dessen, „was Menschen mit Medien tun und was Medien mit Menschen machen“9. Dabei bestehen diese Ansätze in unterschiedlichen Theoretisierungen und Erforschungen von Medienpraktiken, die sich jeweils an dem orientieren, was untersucht wird und somit nicht auf eine abgeschlossene Theorie oder einen klaren Methodenkanon abzielen. Sie bleiben tentativ und explorativ.10 Schon Grundlagentexte der Praxeologie und Praxistheorie betonen die Vielfalt dessen, was ihre Vertreter:innen selbst unter dem Begriff verstehen.11 In diesem Text werden Praktiken  als die körperlichen Prozesse verstanden, die für die Existenz der untersuchten Phänomene nötig sind, wobei sie die sozialen Objekte durchziehen und die Vielschichtigkeit sozialer Beziehungen beobachtbar machen.12

Weil Praktiken somit materiell-soziale Vollzüge sind, ist eine materialistische Theoretisierung nach Marx mit einem praxeologischen Zugang kompatibel, wie wir unten zeigen werden. Diesen Bedingungen entsprechend, ist der Kern dieses Textes anhand der erkennbaren Praktiken der Spieler:innen von Free-to-play-Spielen geordnet. Um diese Praktiken zu identifizieren, haben wir eine multifacettierte Recherche- und Forschungsstrategie verfolgt. Wir verstehen uns in unserer forschenden Praxis situiert: unser Vorgehen, unsere Erfahrungen, unsere Position und unser Umfeld – etwa Freunde und Kolleg:innen – formen das, was wir feststellen können, mit. Deswegen haben wir unser Umfeld in die Forschung einbezogen.13

Konkret heißt das hier Folgendes: Um die gelebten Erfahrungen, die in unserem Umfeld bereits vorhanden sind, als Wissen zugänglich zu machen, haben wir drei Game-Studies-Kolleg:innen nach ihrer Geschichte und ihrem Umgang mit Free-to-play-Spielen befragt. Gamesforscher:innen Tim Glaser und Finja Walsdorff stellten selbstreflexive Texte zur Verfügung.14 Mit Max Kanderske führte Claudius Clüver ein Gespräch, das als (geschnittener) Podcast veröffentlicht wurde.15 Dabei flossen biografische Erfahrungen der beiden ein. Außerdem wurde ein analytischer Blick auf Spiele selbst sowie auf Selbstauskünfte von Spieler:innen, die etwa auf reddit oder Facebook zu finden waren, gerichtet. Auch Diskurse im Fachjournalismus wurden aufgegriffen. Um diese Quellen einzubetten, interviewte Claudius Clüver darüber hinaus eine  Gruppe von vier männlichen Spielenden aus seinem Bekanntenkreis per E-Mail, wobei ihnen zwischen dem 17. Juli und dem 25. August 2020 verschiedene Fragen zu ihrem Spiel- und Kaufverhalten, ihren Meinungen und Gedanken dazu gestellt wurden.16 Die Gruppe wurde angesprochen, weil sie über umfassende Erfahrung mit Free-to-play-Spielen wie World of Tanks (Wargaming.net 2010) und World of Warships (Wargaming.net 2015) gemacht hat. Für die Entwicklerseite haben wir neun Interviews mit Spieleentwickler:innen, die Lies van Roessel 2017 im Rahmen ihres Promotionsprojektes durchführte, neu ausgewertet. Die Interviewpartner:innen arbeiteten alle bei deutschen Studios im Free-to-play-Bereich. Eines der Themen in diesen etwa 90-minütigen Interviews war das (antizipierte) Verhalten der Spieler:innen, sowohl spielerisch als auch auf das Kaufen bezogen – sofern dies nicht verzahnt war – sowie die eigenen Werte und Normen der Interviewpartner:innen diesbezüglich.17

Spieler:innen-Praktiken

In diesem Abschnitt stellen wir eine nicht-erschöpfende Liste der Praktiken des Spielens von Free-to-play-Spielen, die aus den verschiedenen Recherchen hervorgingen, vor. Diese Praktiken umfassen 1) Praktiken des Nicht-Bezahlens, 2) Zahlen für Fortschritt, 3) anderen mittels Ingame-Käufen helfen bzw. sie beschenken, 4) Diskutieren, 5) Praktiken des Wetteiferns, der 6) Ästhetisierung, und 7) des Zeigens. Im Folgenden werden wir jeden dieser Praxisbereiche kurz erläutern und theoretisch einbetten.

Um die Praktiken zu erklären, braucht es zunächst eine kurze Skizzierung der Bezahlverhältnisse im Free-to-play-Bereich. In vielen Free-to-play-Spielen kaufen nur die wenigsten Spieler:innen Spielelemente – die meisten spielen kostenlos, in der Regel weit über neunzig Prozent.18 Das heißt, Free-to-play-Spiele brauchen sehr viele Spieler:innen, damit ein Bruchteil davon immer noch eine ausreichende Anzahl an zahlenden Spieler:innen ausmacht, und/oder sie machen ihren Umsatz mit wenigen Spieler:innen, die sehr viel Geld ausgeben19. Letztere werden in der Industrie- und Fan-Sprache als Whales20, also Wale, bezeichnet. Einige dieser Spieler:innen, die teilweise fünfstellige Summen oder mehr in Spielen ausgeben, verfügen über genug finanzielle Ressourcen dafür. Oft wird das Phänomen der Whales aber auch in Begriffen der Sucht besprochen und es werden Fälle vorgestellt, in denen einzelne Spieler:innen problematisches Kaufverhalten zeigen.21 So spannt sich das Feld der Free-to-play-Spielenden auf zwischen kostenlos Spielenden, Spieler:innen, die mitunter Geld ausgeben, reichen Spieler:innen und problematischem, übermäßigem Spielen.

Praktiken des Nicht-Bezahlens

Die erste zu verzeichnende Kategorie an Free-to-play-Spielpraktiken sind dementsprechend Praktiken des Nicht-Bezahlens: Spieler:innen ignorieren Zahlungsmöglichkeiten und wechseln gegebenenfalls zu einem anderen kostenlosen Spiel, wenn das Spielen ohne zu bezahlen nicht mehr lohnend erscheint. Durch die Strategie des Nicht-Bezahlens werden Spieler:innen vor Herausforderungen gestellt, was den Einsatz der (begrenzten) Spiel-Ressourcen angeht.22 Häufig verlangsamen Spiele den Spielfortschritt für Nicht-Bezahlende oder beschränken die möglichen Spielaktionen in einer bestimmten Zeit, womit sie die Geduld der Spieler:innen auf die Probe stellen.23 Spielzüge kosten zum Beispiel eine „Energie“-Währung, die nur langsam regeneriert.

Die Beziehung zwischen den Anbieterunternehmen und den Spieler:innen, die sich in diesen Praktiken entfaltet, ist ambivalent. Auf der einen Seite bieten die Unternehmen Spiele kostenlos an, in der Hoffnung, einige Spieler:innen mögen Geld für Spielelemente ausgeben – aber in dem Wissen, dass die meisten das nicht tun werden. Teilweise erhoffen sie sich dabei, dass das kostenlose Spielen anderer die Attraktivität der kostenpflichtigen Spielelemente für die zahlenden Spieler:innen erhöhen wird. Eine Berliner Entwicklerin erklärt diese Strategie wie folgt: „getting your non-paying users very very happy, so that the paying users can beat the crap out of them. So [that they, i.e. die bezahlenden Spieler:innen] be so much better at the game, have so much cooler stuff, look better, or have the cool stuff earlier than the other ones – stuff to brag about“ (INT#5).

In warenästhetischen Begriffen formuliert: Die Unternehmen bieten einen Dienst (das Spiel) kostenlos an, in der Hoffnung, dass die Menge der nicht-bezahlenden Spieler:innen das „Gebrauchswertversprechen“24 der eigentlichen Waren überzeugender macht.25 Das Gebrauchswertversprechen vermittelt in dieser Perspektive zwischen dem Gebrauchswertstandpunkt (also dem Interesse der Kund:in26 an irgendeinem Nutzen) und dem Tauschwertstandpunkt (also dem Interesse des Unternehmens am Geld der Kund:in). Demnach sind diese beiden Interessensstandpunkte parallel und entgegengesetzt, sodass zwischen ihnen eine Lücke, ein Problem der Vermittlung, bleibt: Die Kund:in kann sich gegen den Kauf entscheiden, und sie weiß erst nach dem Kauf, ob die Ware hält, was sie verspricht. Wie in Kritik der Warenästhetik von Fritz Haug detailliert erörtert wird, sind es die Mittel von Werbung und Marketing, die diese ‚Lücke‘ vom Tauschwertstandpunkt aus zu überbrücken suchen.27 In Free-to-play-Spielen ist diese Lücke in das Spiel eingelagert, womit die Vorgänge des Versprechens, des Kaufens und Verkaufens Teil des Systems Spiel werden. Innerhalb des Spiels wirken die kostenlos Spielenden somit am Gebrauchswertversprechen der Spielwaren mit. Sie leisten also Arbeit. Mit den Worten von Marx aus dem Kapital gesprochen leisten sie einerseits konkrete Arbeit, da ihr Mitspielen einen Nutzen für andere hat, andererseits abstrakte Arbeit, da ihr Mitspielen Werte für die Anbieterfirma schafft.28 Diese Werte sind dabei pro Spieler:in sehr gering. Der Umstand, dass die nicht-bezahlenden Spieler:innen Zugang zum Spiel erhalten, obwohl dies Kosten für die Anbieterfirma bedeutet, ist hierin begründet. Nieborg bezeichnet diesen Wert bzw. diese Ware als player commodity und betont dabei die große Bedeutung von Werbung und User Acquisition für Games im App-Ökosystem, sogar wenn diese ‚nur‘ Nicht-Bezahlende zum Spiel bringen.29 Die Produktionskosten der kostenlosen Teile des Spiels, das heißt die Kosten der Entwicklung und Serverkapazität sowie die Personalkosten, die bei Games as a Service für das Community Management anfallen, sind aus Sicht der Anbieterunternehmen die Kosten der Attraktion kostenloser Spieler:innen. Die Spieler:innen werden damit sozusagen mit einem Produkt, dem kostenlosen Spiel, entlohnt. Das kostenlose Spiel ist in diesem Geschäftsmodell allerdings nicht mehr die Ware, die Umsatz generiert – diese Rolle erfüllt jetzt der Teil der Spielelemente, die kostenpflichtig sind. Der Rest des Spiels wird zu einer Form der Geschenkwerbung.30 Das Spiel zerfällt, ökonomisch gesehen, in mehrere Teile.

Die meisten Free-to-play-Spiele (insbesondere die erfolgreicheren) sehen deshalb auch davon ab, die Spieler:innen allzu aufdringlich zum Bezahlen zu drängen. Die interviewten Entwickler:innen gaben auch an, dass es ihre Strategie ist, nicht „zu aggressiv zu monetarisierien“. Insbesondere in den App-Stores gibt es eine riesige Auswahl kostenloser Spiele, sodass ein:e Spieler:in im Zweifel einfach etwas anderes spielen kann. Dass diese zwanglose Herangehensweise funktioniert, zeigt das Verhältnis von kostenlosen Spieler:innen zu zahlenden. Es gibt sogar Personen, zu deren Selbstbild es gehört, niemals Geld in einem Spiel auszugeben und das auch vehement vertreten.

Bezahlen für Fortschritt

Eine der zentralen Fragen in Bezug auf Free-to-play-Spiele ist: Unter welchen Umständen sind Spieler:innen bereit, für Spielelemente zu bezahlen? Diese Frage ist eine universelle; Erstens stellen wir sie uns als Forschende, zweitens ist es die bestimmende Frage, die sich die anbietenden (profitorientierten) Firmen stellen müssen, und drittens stellt sich die Frage, persönlich gewendet, für einzelne Spieler:innen: Unter welchen Umständen wäre ich bereit, Geld für ein Spielelement auszugeben? Unsere Forschungen zeigten, dass die passenden Monetarisierungsstrategien und Bezahlpraktiken mit dem Sozialisierungsgrad zusammenhängen31: Sowohl unsere Kolleg:innen als auch die anderen Interviewpartner geben Geld für die Spiele aus, die sie mit ihren sozialen Kontakten spielen.32 Je intensiver gemeinsam gespielt wird, desto höher ist also die Wahrscheinlichkeit, dass Ingame-Käufe getätigt werden.

Abb. 3: Angebot in Boom Beach, eine Wartezeit für Diamantan abzukürzen. (Van Roessel).

Abb. 2: Angebot in Boom Beach, eine Wartezeit für Diamantan abzukürzen. (Van Roessel).

Abb. 2: Kaufangebote für Ingame-Währung "Diamanten" in Boom Beach. (Van Roessel).

Abb. 3: Kaufangebote für Ingame-Währung "Diamanten" in Boom Beach. (Van Roessel).

Abb. 4: Boost: Angebot, sich drei zusätzliche Spielzüge zu kaufen. (Van Roessel).

Abb. 4: Boost: Angebot in Boom Beach, sich drei zusätzliche Spielzüge zu kaufen. (Van Roessel).

Das Spektrum beginnt mit Single Player, also einer Art Nicht-Sozialisierungsgrad. Bei dieser Art von Spielen dienen Ingame-Käufe typischerweise dazu, gegen Geld schneller Fortschritte zu machen und den Schwierigkeitsgrad zu senken.33 Beispiel dafür sind Ingame-Käufe, um Wartezeiten zu verkürzen , wie oben anhand der entgegengesetzten Praxis des Nicht-Bezahlens bzw. Wartens erklärt. Andere Beispiele sind der Kauf zusätzlicher Spielzüge oder sogenannter Booster , die einem die Chance erhöhen, ein schwieriges Level zu schaffen, beispielsweise in Match-Three-Games wie Candy Crush Saga (Activision 2012). Soziale Beziehungen sind allerdings auch hier wirksam. Wie lohnend ein Ingame-Kauf für eine einzelne Spieler:in erscheint, ist abhängig von ihrer Situation, die nicht zuletzt sozial geformt ist. Ein Entwickler von Free-to-play-Spielen von einem kleinen Hamburger Studio erklärte etwa, dass es sich bei ihren Single-Player-Games für Kinder als besonders schwierig herausgestellt hatte, auch nur 1% der Spieler:innen zum Bezahlen zu bringen. Grund dafür war ihm zufolge, dass die Kinder kein eigenes Geld zur Verfügung hatten und die Eltern meist nicht bereit waren, den Kindern für Ingame-Waren Geld zuzusagen.

Helfen und Schenken

In vielen Spielen, in denen Spieler:innen gemeinsam spielen, können die Spieler:innen Geld dafür ausgeben, Freund:innen oder anderen in ihrer Gruppe zu Vorteilen zu verhelfen. Hier beginnt die Verpflichtung zu wirken, die in einem Geschenk als soziale Dynamik implizit ist. Nicht selten kaufen Spieler:innen ihr erstes Ingame-Purchase nicht für sich selbst, sondern als Geschenk.34 Ein Proband in der Befragung der Spielenden berichtete, dass sein erster Ingame-Kauf ein virtueller Strauß Rosen am Valentinstag für seine Partnerin war.35 Selbst, wenn jemand den Kauf eines Spielelements unter ökonomisch-strategischen Gesichtspunkten als nicht sinnvoll bewertet, gibt sie also teilweise doch Geld aus, wenn das als sozial-kulturell positiv gewertete Geste gerahmt werden kann.

Bei den Praktiken des Bezahlens kann die Beziehung zwischen Spieler:innen und Entwickler:innen ebenso beobachtet werden. In den Befragungen unter Kolleg:innen wurde die Erwägung genannt, für das kostenlos erhaltene Spiel einen monetären Ausgleich leisten zu wollen.36 Manche Spieler:innen empfinden Solidarität mit den Entwickler:innen, die sie als intrinsisch am Spiel interessiert wahrnehmen, auch in Abgrenzung zu den Publishern.37 Die Arbeit der Entwickler:innen wird als Geschenk gesehen, und Geschenke rechtfertigen Gegengeschenke. Die Rahmung als gegenseitiges Schenken oder Unterstützen bewegt die Transaktionen außerdem weg von der Rahmung als Transaktion beziehungsweise Austausch. Auch die interviewten Entwickler:innen bestätigen, dass sie eine langfristig gute Beziehung zu den Spieler:innen als wertvoll betrachten, was jedoch hauptsächlich Geschäftsgründe hat. Ein Producer erklärt, dass die Monetarisierung deswegen manchmal an zweiter Stelle ist: „not every feature has to monetize [...] It's not only you want people to pay, you also want them to play for a long time, you want them to engage with the game.“ (INT#6) Er bezieht sich dabei auf ein Spielelement38, das lediglich als lustiges ‚Geschenk‘ für die Spieler:innen gedacht war, und das mit Sicherheit nie monetarisiert werden würde.

Diskutieren

Wenn die Spieler:innen nun gemeinsam spielen, tritt eine Vielzahl sozialer Dynamiken hinzu. Dabei ist etwa denkbar, dass soziale Verpflichtungen wirksam werden und die Spieler:innen auch dazu bewegen, Geld auszugeben. So sind Berichte zu finden über sozialen Druck unter Jugendlichen in Bezug darauf, was sie sich im Spiel Fortnite (Epic Games, 2017) kaufen.39 Für fast alle, die für diesen Text befragt wurden, war eine feste Gruppe an befreundeten Mitspieler:innen von entscheidender Bedeutung für die eigene Spielpraxis.40 Vor allem in stabilen Gruppen mit Freundschaften, die auch Gemeinsamkeiten außerhalb des Spiels umfassen, wird die Kommunikation untereinander wichtiger. Die Spieler:innen sprechen unter anderem darüber, welche Ingame-Käufe sich lohnen und welche nicht; hier erscheint das individuelle ökonomisch-strategische Abwägen als unmittelbar soziale Praxis wieder.41 Entscheidungen werden expliziert, diskutiert und möglicherweise gemeinsam getroffen. Dabei wissen sich die einzelnen Spieler:innen wahrgenommen, das heißt die individuelle Ästhetik und ästhetischen Urteile werden wichtiger. Finja Walsdorff hat etwa in ihrer Antwort auf die Expert:innen-Anfrage die Praxis des Diskutierens unter Freund:innen herausgestellt, die sowohl das ästhetische als auch das ökonomische Beurteilen einbezieht. Dabei werden Ingame-Waren einerseits untereinander verglichen, andererseits mit anderen Dingen, die Geld kosten. Max Kanderske und Tim Glaser sprachen dagegen darüber, dass sie und ihr Umfeld Ingame-Purchases oft mit anderen Arten der Spiele-Monetarisierung verglichen, vor allem dem Vollpreis- und dem Abo-Modell. Häufig wird dabei nicht nur Preis und Inhalt verglichen, sondern auch Zeit aufgerechnet: Wie lange haben Spieler:innen das Free-to-play-Spiel gespielt? Wie viel Spielzeit erwarten sie von einem gekauften Spiel? Wie umfassend würden sie ein abonniertes Spiel nutzen? Hier zeigt sich das enge Verhältnis von Geld und Zeit. Es ist deshalb möglich, eine Ingame-Ware mit jeder anderen Ware zu vergleichen, weil ihr ein Wert zugeordnet ist, der sich im Preis niederschlägt. Spieler:innen vergleichen Max Kanderske zufolge teilweise Ingame-Purchases mit  Getränken („Drinks“) und Zigaretten. Entwickler:innen dagegen vergleichen das Tätigen von Mikro-Transaktionen oft mit Geld ausgeben für ein (teures) Hobby, das ebenfalls kostspielig sein mag, der Käufer:in aber viel Vergnügen spenden kann. Dies wird häufig als Rechtfertigung geäußert, wenn man (kritisch) fragt, ob sie es für problematisch halten, wenn Spieler:innen viel Geld in ihrem Spiel ausgeben.

Wetteifern gegenüber Ästhetisieren: Die Vermeidung von Pay to Win

Das Wetteifern zwischen Spieler:innen oder zwischen Gruppen von Spieler:innen hebt die Intensität der sozialen Praktiken auf eine weitere Stufe. Dabei geht es nicht nur um relative Zugewinne auf einem Fortschrittsweg, sondern um Spielformen, bei denen eine Seite gewinnt, weil die andere verliert. Bei der Praxis des Wetteiferns geht es um das Messen der eigenen Fähigkeiten und Leistungen im Vergleich zu anderen Spieler:innen. Für eine Messung ist ein ausgeglichener, fairer Spielrahmen entscheidend – sonst ließen sich Leistungen nicht vergleichen. Das führt dazu, dass Ingame-Käufe, die die Chancen im Spiel beeinflussen, bei dieser Praxis tendenziell abgelehnt werden – teilweise sehr vehement.42 Einerseits stellt das ein Dilemma für die anbietenden Unternehmen dar, denn das bedeutet, dass den Spieler:innen für ihr Geld weniger geboten werden kann: Pay to win, also bezahlen, um zu gewinnen zu können, wird hier moralisch abgelehnt. Von daher behaupten Entwickler:innen lieber, man könne ihre Spiele auch immer gewinnen, ohne Geld auszugeben – auch wenn dies häufig länger dauert.43 Sie geben aber auch an, dass es schwierig ist, diesbezüglich das richtige Gleichgewicht zu finden.44 Die oben genannte Berliner Entwicklerin erklärt, dass ihr Team versucht, Pay to win zu vermeiden, indem sie für Geld lediglich Zeitersparnis anbieten: „What we primarily do is time saving, this means that I can walk through the whole world and collect all the stuff, and I can find every creature in the app, while playing, but it will take me ages.“ (INT#5)

Eine andere Strategie zur Vermeidung von Pay to win ist es, vor allem Elemente zum Kauf anzubieten, die keinen (direkten) Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit nehmen. Diese Kategorie besteht in der Praxis meist aus Spielgegenständen, die das Aussehen der Spielfiguren, deren Umgebung oder deren Instrumente (vor allem Waffen) verändern.45 Solche Gegenstände werden kosmetische Gegenstände genannt und eignen sich dafür, den Status einer Spieler:in zur Schau zu stellen. Oft sind sie aber ein Ausdruck des Fortschritts im Spiel, den sie mittels eingesetzter Zeit (Grind), mittels ihrer Fähigkeiten oder durch den Einsatz finanzieller Mittel erlangen können. Für die anderen Spieler:innen ist erst einmal nicht erkennbar, wie das besondere Aussehen der betreffenden Spielfigur erlangt wurde. Es handelt sich um einen uneindeutigen Status, wir können sagen es ist eine Ästhetik des Status.

Mit dem Konzept des Unterschieds von ökonomischem, sozialem und kulturellem Kapital, wie es bei Pierre Bourdieu erscheint, lässt sich Status genauer beschreiben.46 Ökonomisches Kapital bezeichnet dabei Geld, Kaufkraft und Vermögen. Soziales Kapital ist die Fähigkeit, andere zu mobilisieren – ein Amt in einem Verein oder ein großer Freundeskreis wären Beispiele für soziales Kapital. Kulturelles Kapital schließlich bezeichnet Stil, guten Geschmack, die richtige Haltung und korrekte Verhaltensweisen. Kulturelles Kapital heißt, gefragt, akzeptiert und respektiert zu sein, beziehungsweise zu wissen, was gefragt, akzeptiert und respektiert ist. Dabei ist es dynamisch: Guter Geschmack ändert sich. Wie Bourdieu bemerkt, ist kulturelles Kapital am schwierigsten zu kaufen, wenn es um verinnerlichte kulturelle Kenntnisse geht.47 Deshalb erwerben manche mit ökonomischem Kapital Symbole kulturellen Wissens, wie Bücherwände, Musikinstrumente oder Designer-Möbel – oder erlangen Bildungstitel. Eine Pointe des Gedankens ist, dass die verschiedenen Kapitalsorten ineinander umgewandelt werden können.

Die unterschiedlichen Kapitalsorten Bourdieus sind bereits verschiedentlich auf Gaming bezogen worden.48 Auf dieser Basis lassen sich eine Vielzahl weiterer Analysen gründen. Im Spiel selbst ist bei der Praxis der Ästhetisierung primär das kulturelle Kapital am Werke – schließlich geht es hier um eine Status-Ästhetik, die mit kosmetischen Spielgegenständen zur Schau gestellt wird. Ein besonders interessantes Beispiel in diesem Zuge ist das Free-to-play-Spiel Fortnite, das zur Zeit mit 350 Millionen registrierten Spieler:innen und bis zu 7,6 Millionen gleichzeitig Spielenden sehr beliebt ist.49 Im Spiel wird das Aussehen der Spielfigur beeinflusst. Das Spiel bietet den Spieler:innen somit die Möglichkeit, sich äußerlich auszustaffieren. Lohnen kann sich das vom Kapitalstandpunkt aus gesehen nur in Hinsicht des kulturellen Kapitals. Wie es ein journalistischer Artikel formuliert: „It’s not pay-to-progress, it’s pay-to-look-cool.“50 In den Begriffen, die wir hier vorgestellt haben ist cool nur eine andere Art, Stil zu beschreiben, also richtig zur Schau gestelltes kulturelles Kapital.

Abb. 5: 'Looking cool': Ein Spielfiguren-Skin in Fortnite. (Walsdorff).

Abb. 5: 'Looking cool': Ein Spielfiguren-Skin in Fortnite. (Walsdorff).

Allerdings sind der Kreativität Grenzen gesetzt. Es kann nur verändert werden, was angeboten wird – etwa lässt sich in den meisten Fällen nur das ganze Outfit (als Skin) tauschen, nicht einzelne Kleidungsstücke. Daneben kann der Rucksack (das Rückenaccessoire) getauscht werden, die Werkzeuge, die die Spielfigur mit sich trägt (die Spitzhacke) und der Fallschirm, der am Anfang benutzt wird, wenn die Spieler:innen aus der Luft auf das Spielfeld springen. Die Auswahl der angebotenen Designs ändert sich täglich, allerdings ist immer nur eine enge Auswahl verfügbar. Viele Möglichkeiten, die technisch denkbar wären, sind also von vornherein ausgeschlossen. Das Spektrum dessen, was als Stil möglich ist, ist vorformatiert – und diese Formatierung liegt in den Händen von Epic Games, die das Spiel gestalten, entwickeln und anbieten. Das macht es einfacher,  angemessenen Geschmack zu beweisen. Gleichzeitig heißt das, die Fähigkeit, die richtigen Erscheinungsformen selektieren zu können, die Selektionen der anderen zu registrieren und entsprechend zu reagieren, wird weniger wichtig, da sie teilweise vom Spiel abgenommen wird: Nur bestimmte Designs sind verfügbar, die Abfolge der Moden wird durch Seasons durchschnitten, somit in ihrer Abfolge beeinflusst und rhythmisiert. Die anderen Arten, guten Stil zu erlangen, werden wichtiger: Viel zu spielen oder Geld auszugeben gewinnt an Bedeutung gegenüber dem guten Geschmack als individueller Fähigkeit. So wird das Spiel zu einer Maschine, die es den Spieler:innen erlaubt, ökonomisches Kapital oder soziales Kapital (in Form der Fähigkeit, Zeit in einem Computerspiel zu verbringen) in kulturelles Gaming-Kapital zu übersetzen. Dabei entstehen Übersetzungsverluste, und das kulturelle Kapital unterliegt wiederum der Dynamik von Moden, die es erschwert, es anzuhäufen, aber die Verwandlung geschieht trotzdem. Die Statuswahrnehmung durch die anderen bleibt außerdem ambivalent: Alle Spieler:innen wissen, dass die Accessoires auf unterschiedliche Art zu erlangen sind. Die anbietende und entwickelnde Firma Epic Games behält schlussendlich dabei die Kontrolle. Das bedeutet, dass sie nicht nur die Möglichkeiten der Vergesellschaftung im Spiel steuern kann und die Kontrolle über die monetären Flüsse in das Spiel hat, sondern auch starken Einfluss auf den Verlauf der kulturellen Entwicklung hat, indem sie die Gestaltungsmöglichkeiten der Spieler:innen vorformatiert.

Wie im Abschnitt oben dargestellt, diskutieren die Spieler:innen untereinander auch den ästhetischen Wert der gekauften Spielelemente. Hier sind soziale, kulturelle und ökonomische Dynamiken ebenso am Werk. Wer von den Freund:innen ist die reichste? Ist diese Person großzügig? Wer kann die Gruppe mobilisieren und für was? Wer hat den besten Geschmack? Wir haben dargestellt, dass die sozialen Beziehungen im Spiel intensiv oder wenig intensiv sein können, zumal die Freund:innengruppen relativ klein und vor allem nicht organisiert sind. Und der Geschmack ist, wie erwähnt, ein Geschmack des Wählens unter konfektionierten Optionen. Es geht vielerorten also eher um den Eindruck und das Gefühl, reich zu sein, sozialen Einfluss oder Stil zu haben. Ähnliche Tendenzen können auch außerhalb von Spielen beobachtet werden, etwa bei der Anschaffung von Produkten nachgemachter Marken, die aber trotzdem das Gefühl der ‚echten‘ Marke vermitteln sollten.

Zeigen

Praktiken mit Bezug auf die Monetarisierung der Free-to-play-Spiele lassen sich nicht nur beim Spielen selbst beobachten. Auch um die Spiele herum haben sich auf Videoplattformen wie YouTube oder Twitch Praktiken des Schaustellens herausgebildet. Hier öffnen Streamer:innen und Video-Ersteller:innen zum Beispiel Loot Boxes51, Überraschungsei-ähnliche Kisten mit unbekanntem Inhalt, die viele Spiele anbieten. In diesen Videos ist das Spannungsmoment entscheidend, das viele Spiele ohnehin inszenieren, indem die Kisten ihren Inhalt erst nach einer kurzen Animation preisgeben. Im Online-Shooter Counter Strike: Global Offensive (Valve 2012) ähnelt diese sogar einem Glücksrad. Die Zuschauer:innen können somit die Spannung erleben, ohne, dass sie selbst Geld für die Kisten ausgeben müssen.52 Darüber hinaus spiegeln sich Praktiken, die wir aus den Freund:innengruppen kennen: Es werden Unterhaltungen geführt, Kisten gemeinsam geöffnet, die Inhalte kommentiert und bewertet. Auch hier sind die Kapitalsorten zu finden: Die Streamer:innen stellen oft zur Schau, dass sie Geld zur Verfügung haben, indem sie für die Videos große Summen in Loot Boxes investieren. Sie besitzen sozialen Einfluss, weil sie die Aufmerksamkeit eines Publikums haben. Auch kulturelles Kapital, also die Fähigkeit, sich richtig zu verhalten und angemessen zu kommunizieren, ist eine Grundvoraussetzung für solch eine Medienpraxis.  Diese Praxis des Zurschaustellens zeigt, wie Spieler:innen sich die Möglichkeiten des Spiels in ihren Praktiken aneignen können und sie für ihre eigene Situation auf neue, unerwartete Art sinnvoll machen. Einige Streamer:innen können auf diese Art selbst Einkommen erlangen, wie es in Let’s Plays besonders deutlich der Fall ist.53 Hier schließen sich Praktiken an, die zumindest teilweise der Kontrolle der Spieleanbieter-Unternehmen entgleiten.

Abb. 6: Der Youtuber Sparkles hat eine 'Case' in Counter Strike: Global Offensive. Was er möglicherweise für sein Geld bekommt, wird in einer Art Glücksrad angezeigt.

Abb. 6: Der Youtuber Sparkles hat eine 'Case' in Counter Strike: Global Offensive. Was er möglicherweise für sein Geld bekommt, wird in einer Art Glücksrad angezeigt. Videolink: https://youtu.be/pQN4DahBOdY (Clüver).

Fazit

In diesem Text haben wir mit einem situierten Ansatz Praktiken der Spieler:innen rund um Free-to-play-Spiele und deren Monetarisierungstechniken skizziert. Die Praktiken von Spieler:innen sind immer in Bezug auf die Praktiken von anderen Spieler:innen und Entwickler:innen/Anbieter:innen zu verstehen. Auch individuelles Handeln basiert somit auf sozialisierten Routinen und sozialen Beziehungen, auch wenn sie über das Spiel mediatisiert sind.

Die beschriebenen Praktiken sind durch die enge Verzahnung von Spielmechaniken und Monetarisierung bei Free-to-play-Spielen geprägt. Die Spiele bieten den Spieler:innen dabei verschiedene Möglichkeiten, das Spielerlebnis mit Ingame-Käufen zu gestalten, indem sie reales Geld ausgeben – etwa um schneller voranzuschreiten, das Aussehen ihrer Spielfiguren zu personalisieren oder die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Allerdings entstehen Praktiken nicht nur durch die Mechaniken des Spiels, sondern auch durch die Aneignung der Akteur:innen. Dabei sind die individuellen Situationen der Spieler:innen, wie Persönlichkeit und ökonomische Lage, sowie inwiefern sie dazu bereit sind, für virtuelle Güter innerhalb des Spiels Geld auszugeben, von großer Bedeutung für die Haltung gegenüber der spielerischen Praxis .

Wir haben mit unserer situierten und multifacettierten Recherche sieben Praxisbereiche identifiziert: Nicht-Bezahlen, Bezahlen für Fortschritt, Bezahlen als Hilfe oder Geschenk, Diskutieren, Wetteifern, Ästhetisieren und Zeigen. Der Charakter dieser Praktiken hängt mit der Rolle, die andere Spieler:innen im Spiel einnehmen, zusammen: Spielen sie hauptsächlich alleine, eher mit anderen zusammen, oder vor allem gegen andere? Ferner geht aus den Interviews mit Entwickler:innen hervor, wie die Spielemacher:innen die Praktiken und Ansichten der Spieler:innen in ihrer Arbeit antizipieren und über das Game Design ein gutes Verhältnis zu den Spieler:innen aufzubauen und zu behalten versuchen, wenn auch hauptsächlich aus ökonomischen Gründen.

Die Praktiken lassen sich mit unterschiedlichen ökonomischen Begriffen beschreiben. Da etwa viele Spieler:innen die Spiele dauerhaft kostenlos spielen, leisten diese nicht-zahlenden Spieler:innen konkrete Arbeit im Sinne von Marx, indem sie das Gebrauchswertversprechen der eigentlichen Waren anderen Spieler:innen gegenüber überzeugender machen. In der Ästhetisierungs-Praxis, bei der die Spieler:in Ingame-Käufe tätigt, um ihren Game-Charakter zu verschönern und ihren Status damit zu steigern, sind ökonomisches, soziales und kulturelles Kapital wirksam.

Schon unsere kurze Untersuchung von Praktiken um Free-to-play-Spiele hat deutlich gezeigt, dass diese Spiele in komplexe soziale Felder eingelassen sind, die wiederum aus Praktiken entstehen, die diese Felder gleichzeitig herstellen und durchschneiden. Ein Computerspiel wird durch Praktiken produziert, dient dann wiederum als Medium, auf dessen Grundlage neue Praktiken entstehen. Spielpraktiken vermitteln soziale Beziehungen und sind gleichzeitig auf andere Praktiken und Medien bezogen: Geld als Medium ökonomischer Beziehungen, Ästhetisierung im Spiel als Medium von Statusverhandlungen. Die Spiele erscheinen so als ein Bündel von Mediatisierungsvorgängen, das vielfältige Praktiken hervorruft, verbindet und aufrechterhält – auch mit inneren Widersprüchen und Spannungen.

 

Medienverzeichnis

Spiele

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Texte

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Titelbild: Screenshot. Hyper Hippo Productions: AdVenture Capitalist. 2014.

 

  1. Diese werden auch als virtual goods bezeichnet. Vgl. Hamari: Why Do People Buy Virtual Goods? 2015.[]
  2. Vgl.Van Roessel; Švelch: Who Creates Microtransactions. bevorstehend. Vgl. Chew: Contested Reception of the Free-To-Play Business Model. 2016, S. 227–249. Vgl. Järvinen: Free to Play, Tricky to Design. 2012.[]
  3. Vgl. Aarseth: Playing Research. 2003. <http://docplayer.net/1868685-Playing-research-methodological-approaches-to-game-analysis-espen-aarseth.html> [04.09.2020][]
  4. Spiele werden typischerweise auf übergreifenden Plattformen angeboten wie dem App Store von Apple, dem Google Play Store oder Steam und dem Epic Games Launcher auf dem PC. Der Vertrieb wird zum Teil von dem Studio übernommen, das das Spiel entwickelt, bei manchen Spielen ist das aber Aufgabe eines anderen Unternehmens, einem Publisher. Die Praktiken des Vertriebs und der Plattformen greifen meist nur indirekt in die Spiele ein, bleiben aber nicht ohne Folgen.[]
  5. Vgl. Zagal et al: Dark patterns in the design of games. 2013. []
  6. Vgl. Stenros; Sotamaa: Commoditization of helping players play. 2009.[]
  7. Vgl. Whitson: The New Spirit of Capitalism in the Game Industry. 2019, S. 789–801. <https://doi.org/10.1177/1527476419851086> [04.09.2020][]
  8. Kerr; Kelleher: The Recruitment of Passion and Community in the Service of Capital. 2015, S. 177–192. <https://doi.org/10.1080/15295036.2015.1045005> [04.09.2020][]
  9. Dang-Anh u. a.: Medienpraktiken: situieren, erforschen, reflektieren. 2017. <https://doi.org/10.25969/MEDIAREP/1757> [31.08.2020] S. 7[]
  10. Ein methodisches Vorbild hat dieser Text in der praxeologischen Studie zu quantified Gaming von Pablo Abend und Max Kanderske: Kanderske; Abend: Quantified Gaming. 2020, S. 71–92. <https://dspace.ub.uni-siegen.de/handle/ubsi/1667> [04.09.2020]Zur Theorie sozialer Praktiken: Reckwitz, Grundelemente einer Theorie sozialer Praktiken 2003, S. 282–301. Weiterhin programmatisch zur Medienpraxeologie: Dang-Anh u. a.: Medienpraktiken: situieren, erforschen, reflektieren. 2017. <https://doi.org/10.25969/MEDIAREP/1757> [31.08.2020][]
  11. Vgl. Reckwitz: Grundelemente einer Theorie sozialer Praktiken. 2003, S. 282; Schatzki: Introduction: Practice Theory. S. 11.[]
  12. Diese Arbeitsdefinition ist in Anschluss an Reckwitz formuliert. Vgl. Ebd. S. 282–301, insb. S. 290.[]
  13. Zu situierter Forschungspraxis siehe: Bee; Eickelmann; Köppert: Diffraktion, Individuation, Spekulation. 2020, S. 179–188. <https://doi.org/10.14361/zfmw-2020-120120> [04.09.2020]; Gramlich; Haas: Situiertes Schreiben. 2019, <https://doi.org/10.25969/MEDIAREP/3722> [04.05.2020]; Bee; Korte; Trinkaus: Ökologien medialer Erfahrung. 2016, S. 40–62 <https://mediarep.org/handle/doc/15650> [04.09.2020]; Haraway: Situated Knowledges. 1988, S. 575, <https://doi.org/10.2307/3178066> [04.09.2020].[]
  14. Tim Glaser antwortete am 17. Juli 2020; Finja Walsdorff am 6. August 2020.[]
  15. Das Gespräch fand am 31. Juli 2020 statt.[]
  16. Im weiteren Text sind diese Personen als A, B, C und D codiert – das Datum der jeweiligen Aussage wird im Format YYMMDD angefügt.[]
  17. Sowohl die Spieler:innen als auch die Entwickler:innen beziehen sich in ihren Antworten auf unterschiedliche Spiele und auch auf sehr unterschiedliche Genres. Da Praktiken spiel- und genreübergreifend sind, bietet es sich an, einzelne Spiele eher exemplarisch einzubinden.[]
  18. Journalistische Quellen dazu: Roseboom: What You Need to Know about How Whales Spend. 2016. <https://deltadna.com/blog/how-whales-spend/> [04.09.2020]; Johnson: A Long Tail of Whales. 2014. <https://www.vox.com/2014/2/26/11623998/a-long-tail-of-whales-half-of-mobile-games-money-comes-from-0-15> [04.09.2020]; Carmichael: What It Means to Be a ‘Whale’. 2013. <https://venturebeat.com/2013/03/14/whales-and-why-social-gamers-are-just-gamers/> [04.09.2020]Weiterhin siehe: Nieborg: Crushing Candy. 2015, S. 1–12, <https://doi.org/10.1177/2056305115621932> [04.05.2020]; Järvinen: Manifesto for Sustainable Free-to-Play. 2016, S. 53–55, <https://trepo.tuni.fi/handle/10024/98584> [04.09.2020].[]
  19. Dabei ist auch anzumerken, dass sehr viele Free-to-play-Spiele, die produziert werden und auf einer der (mobilen) Distributionsplattformen veröffentlicht werden, nie Gewinne bringen, weil sie keine Anzahlen an Spieler:innen erreichen, die das Geschäftsmodell zum Tragen bringen können. Somit sind es nur wenige Unternehmen, die einen Großteil der Gewinne in diesem Bereich generieren, was oft als “Winner-takes-all-Effekt” umschrieben wird. Es lässt sich also im Allgemeinen diskutieren, ob das Geschäftsmodell für eine gesunde Computerspieleindustrie förderlich ist. Vgl. Nieborg: From premium to freemium. 2016, S. 225–240. []
  20. Vgl. Alha u. a.: Free-to-Play Games. 2014; Vgl. Seufert: Freemium economics. 2014.[]
  21. Beispielsweise: Gießler: In-Game-Käufe: Wie Überraschungseier, die pleite und süchtig machen. 2019. <https://www.zeit.de/digital/games/2019-07/in-game-kaeufe-gluecksspiel-sucht-werbung> [04.09.2020]; Sheffield: Swimming with the Whales. 2016. <https://www.gamasutra.com/blogs/BrandonSheffield/20160822/279611/Swimming_with_the_Whales_A_study_in_free_to_play.php> [04.09.2020]; Griffiths: Free-to-Play Isn’t a Special Case in Ethics. 2016. <https://www.gamasutra.com/blogs/IanGriffiths/20160906/280701/FreetoPlay_Isnt_a_Special_Case_in_Ethics.php> [04.09.2020]; Hodapp: We Own You. 2015. <https://toucharcade.com/2015/09/16/we-own-you-confessions-of-a-free-to-play-producer/> [04.09.2020]; Johnson: A Long Tail of Whales. 2014. <https://www.vox.com/2014/2/26/11623998/a-long-tail-of-whales-half-of-mobile-games-money-comes-from-0-15> [04.09.2020]; Rose: Chasing the Whale. 2013. <https://www.gamasutra.com/view/feature/195806/chasing_the_whale_examining_the_.php?print=1> [04.09.2020][]
  22. Das fordert von ihnen eine strategische, ökonomisch denkende Herangehensweise. Dieser Gedanke stammt aus der Bachelor-Abschluss-Arbeit Die ludonarrative Dissonanz der Aktionspunkte in Free-to-play Games von Fabian Bhatti, in der er verschiedene Free-to-play-Spiele auf deren Beschränkungen des kostenlosen Spielens analysiert.[]
  23. Vgl. Evans: The economics of free freemium games. 2015. Dabei ist zu fragen, wie viele Spieler:innen sich auf die Herausforderung einlassen, das Bezahlen zu vermeiden, wie viele sich zum Bezahlen bewegen lassen und wie viele eher zu einem anderen Spiel wechseln. Dan Whitehead beschreibt in einer Kolumne auf Eurogamer das Gefühl, gegen den Widerstand des Spiels kostenlos zu Spielen: “Technically, you can play these games without ever spending money, just as you can technically walk a marathon with a washing machine chained to your ankle, but every 100 metres they add another washing machine and move the finish line back a few miles.” Whitehead: The High Cost of Free-to-Play. 2013. <https://www.eurogamer.net/articles/2013-04-13-saturday-soapbox-the-high-cost-of-free-to-play> [04.09.2020][]
  24. Vgl. Haug: Kritik der Warenästhetik. 2009, S. 29[]
  25. Vgl. Haug: Kritik der Warenästhetik. 2009, S. 25 ff., insb. 29 ff. Vgl. auch Marx: Das Kapital. 1883, S. 63 ff. <https://www.degruyter.com/view/title/316692> [04.09.2020][]
  26. Wir verwenden in diesem Text das generische Femininum mit Gender-Doppelpunkt.[]
  27. Vgl. Haug: Kritik der Warenästhetik. 2009, zum Beispiel S. 39 ff.[]
  28. Vgl. Marx: Das Kapital. 1883, 70 ff.; insbesondere 77, 88 <https://www.degruyter.com/view/title/316692> [04.09.2020][]
  29. Nieborg: App Advertising. 2017, S. 28–41.[]
  30. Vgl. Haug: Kritik der Warenästhetik. 2009, S. 55 ff.[]
  31. Auf der Basis dieses Spektrums teilt Nick Fortugno auf der Game Developers Conference 2014 funktionierende Modelle der Monetarisierung von Free-to-play-Spielen in drei Kategorien ein: Single Player, Social Multiplayer und Hardcore Multiplayer. Er unterscheidet in seiner Analyse erstens Spiele, in denen die Spieler:innen weitgehend alleine spielen („Single Player“), zweitens Spiele, in denen die Spielenden ein wenig Interaktion haben, dabei aber in Gruppen gemeinsam spielen und sich helfen („Social Multiplayer“), und drittens Spiele, in denen die Spieler:innen stark miteinander interagieren, wobei der Wettkampf zwischen ihnen einen zentralen Spielaspekt darstellt („Hardcore Multiplayer“). Fortugno: Design and Monetization Strategies in Highly Successful F2P Games. 2014. <https://www.gdcvault.com/play/1020007/Design-and-Monetization-Strategies-in> [04.09.2020].[]
  32. Interviews Kanderske, Walsdorff, A 200728/200811, B 200724, C 200814, D 200803/200804.[]
  33. Fortugno: Design and Monetization Strategies in Highly Successful F2P Games. 2014. <https://www.gdcvault.com/play/1020007/Design-and-Monetization-Strategies-in> [04.09.2020].[]
  34. Interviews Kanderske, C 200814[]
  35. Interview C 200814.[]
  36. Interviews Walsdorff, Glaser.[]
  37. Vgl. Švelch: Playing with and against Microtransactions. 2017, S. 101–120. Interviews Glaser, Walsdorff, A 200824, B 200814, C 200814.[]
  38. Es handelte sich um einen Namen-Generator, mit dem Spieler:innen für ihre Teams lustige Namen generieren konnten.[]
  39. Vgl. Hernandez: Fortnite Is Free, but Kids Are Getting Bullied into Spending Money. 2019. <https://www.polygon.com/2019/5/7/18534431/fortnite-rare-default-skins-bullying-harassment> [04.09.2020][]
  40. Interviews Kanderske, Walsdorff, A 200728/200811, B 200724, C 200814, D 200803/200804.[]
  41. Interview Walsdorff.[]
  42. Interviews: A 200824, B 200818. Als Beispiel kann hier auch die Reaktion auf das Geschäftsmodell des Spiels Star Wars Battlefront II dienen. Der entsprechende Reddit-Thread war lange Zeit der mit den meisten Kommentaren. Vgl. etwa Jackson: A Guide To The Endless, Confusing Star Wars Battlefront II Controversy. 2017. <https://kotaku.com/a-guide-to-the-endless-confusing-star-wars-battlefront-1820623069> [04.09.2020][]
  43. Damit steht das eingesetzte Geld mit der eingesetzten Zeit in Verhältnis. Steckt eine Spieler:in Arbeit in das Spiel, kann sie das gleiche erreichen, wie eine Spieler:in, die Geld ausgibt. Solche Arbeit heißt im Games-Jargon Grind. Wenn Geld mit Marx als angehäufte Arbeitszeit verstanden wird, ist der Grind damit ein Geschwister von Erwerbsarbeit: Hier wird gearbeitet, nicht um Geld zu verdienen, sondern um es nicht ausgeben zu müssen.[]
  44. Wohl gerade, weil diese Balance schwierig zu realisieren ist, finden sich durchaus auch Gegenbeispiele. Pay to win kommt durchaus in Wettbewerbsspielen vor, teilweise in abgeschwächter Form. Somit ist Pay to win in keiner Art von Spielen völlig ausgeschlossen, es gibt vielmehr ein Spektrum von Single Player zu Wettbewerbsspielen, in dem Pay to win in Richtung des zweiten Pols seltener wird. []
  45. Interview Walsdorff.[]
  46. Vgl. Bourdieu: Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital. 2012. <https://doi.org/10.1007/978-3-531-18944-4_15> [04.09.2020][]
  47. Vgl.  Vgl. Bourdieu: Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital. 2012. <https://doi.org/10.1007/978-3-531-18944-4_15> [04.09.2020] S. 187[]
  48. Vgl. Consalvo: Cheating. 2007. Vgl. Gläser; Schemer-Reinhard: You Made Your Point. 2015, S. 305.[]
  49. Vgl. How Many People Play Fortnite In 2020? 2020 <https://culturedvultures.com/how-many-people-still-play-fortnite/> [04.09.2020][]
  50. Telfer; Kim: $126 Million and Counting. 2018. <https://www.deconstructoroffun.com/blog/2018/4/21/aegai526kyjvsn69xm6uc2x02we48x> [04.09.2020][]
  51. Solche Mechaniken werden weltweit kontrovers diskutiert: nicht nur Spieler:innen und Spielewirtschafts-Akteure, sondern auch Politiker und juristische Akteure bewerten unterschiedlich, wie ähnlcih Loot-Box-Mechaniken Glücksspiel sind. In einigen Gebieten werden entsprechende Rechtsmaßstäbe angewandt oder auch neu eingeführt, so etwa in einzelnen Bundesstaaten der USA oder in Belgien. Vgl. Nielsen; Grabarczyk: Are Loot Boxes Gambling? Random Reward Mechanisms in Video Games. 2019  []
  52. Zuschauer:innen geben allerdings manchmal indirekt Geld für Loot Boxes aus, indem sie den Streamerinnen (gemeinsam) Geld spenden, um Loot Boxes zu kaufen und aufzumachen. []
  53. In Fortnite gibt es die Idol Series, in der Skins von Streamer:innen erstellt werden, die dann im Ingame-Shop erscheinen. Hier schließt sich der Kreis zum Spiel dann wieder. []

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Clüver, Claudiusvan Roessel, Lies: "Praktiken des Free-to-play-Spielens – Wie sich Spieler:innen kostenlose Spiele und Ingame-Käufe aneignen". In: PAIDIA – Zeitschrift für Computerspielforschung. 21.01.2021, https://paidia.de/praktiken-des-free-to-play-spielens-wie-sich-spielerinnen-kostenlose-spiele-und-ingame-kaeufe-aneignen/. [21.11.2024 - 09:50]

Autor*innen:

Claudius Clüver

Claudius Clüver (M.A.) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Medienästhetik an der Uni Siegen. Das Thema seiner Doktorarbeit ist die Geschichte des Spiels als Ware. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen daneben Praxeologie, digitale Pädagogik, nichtdigitale Spiele und der Material Turn der Game Studies. (claudiuscluever.de)

Lies van Roessel

Lies van Roessel ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Musik, Medien- und Sprechwissenschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Das Thema ihrer Doktorarbeit ist die Entwicklung sowie die Normen der Entwickler*Innen von Free-to-play-Spielen. Ihr Schwerpunkt liegt in den Game Production Studies. (https://www.medienkomm.uni-halle.de/abteilung/mitarbeiter/vanroessel/)