Klassische, moderne und erzählerische Spiele: Zur Serialität von Gesellschaftsspielen
Vom modernen Spiel zum seriellen Gesellschaftsspiel
Das Brettspiel Pandemic Legacy Season 1 (2015) nimmt bereits mit seinem Titel deutlich Bezug auf Staffelstrukturen, wie sie vor allem für Fernsehserien üblich sind. Inhaltlich ist das Besondere und Neue dieses Spiels im Vergleich zu anderen Gesellschafts- und Brettspielen, dass es sich während des Spielens materiell verändert; was soweit geht, dass die Regeln an einigen Punkten explizit einfordern, Spielkarten sogar zu zerreißen. Wie der vorliegende Text zeigen wird, hängt beides miteinander zusammen: Das dem Spiel inhärente Potenzial, das bereits mithilfe des Namenszusatzes in die Nähe der Fernsehserie und einer für diese ähnlich charakteristischen Tendenz gerückt wird, besteht dabei in der Irreversibilität von Spielhandlungen. 1
Pandemic Legacy Season 1 ist dabei nur eines von mehreren Beispielen für Gesellschaftsspiele, die ihre eigene Serialität durch irreversible Spielereignisse markieren und befördern. Im Folgenden soll es darum gehen, diese neue Entwicklung im Bereich der Gesellschaftsspiele zu beschreiben und medienwissenschaftlich weiter zu kontextualisieren. Ausgehend davon wird der vorliegende Aufsatz außerdem darauf abzielen, das Verhältnis zwischen Gesellschaftsspielen und Serialität näher zu untersuchen. 2
Um die angedeuteten Veränderungen näher erfassen zu können, ist es zunächst erforderlich, die verbreitete Form der Gesellschaftsspiele zu umreißen, zu denen Spiele wie Pandemic Legacy Season 1 im Kontrast stehen. Diese dominante Form der Gesellschaftsspiele, für die der Begriff modernes Spiel noch näher erarbeitet und terminologisch geschärft wird, ist durch eine Form zeitlicher sowie räumlicher Abgeschlossenheit gekennzeichnet und geht mit der (materiellen) Vermarktung der Spiele in Schachteln einher.
Im Folgenden wird zunächst die Entstehung dieser dominanten Spielform nachgezeichnet, die einer Entwicklung im Kontext der industriellen Produktion folgt und im frühen 20. Jahrhundert weitgehend abgeschlossen ist. Darauf folgt eine Beschreibung der Eigenschaften der modernen Spiele, ihrer Serialität sowie ihrer weiteren Entwicklung. Abschließend wird die Entwicklung von seriellen Gesellschaftsspielen wie Pandemic Legacy Season 1 in jüngster Zeit und das damit verbundene Aufbrechen der zeitlichen und räumlichen Abgeschlossenheit des Gesellschaftsspiels analysiert.
Für die Analyse werden Konzepte aus der Serienforschung entlehnt, um einzelne Spielformen näher auf ihre spezifische Ausprägung von Serialität untersuchen zu können. Im Speziellen sind das die formelle Beschreibung der Serie als basale Kombination aus Varianz und Wiederholung 3 sowie der Gegensatz von Series und Serials. 4
Klassische Spiele – Trennung von Regeln und Material
Bis ins 19. Jahrhundert besteht in der Trennung von Spielmaterial und Regelwerk eines der zentralen Merkmale von Gesellschaftsspielen. Beide Komponenten, Regeln und Material, bestehen autark voneinander. Das Material wird lokal, also im Auftrag oder in Absprache mit den Spieler*innen, als Kunsthandwerk oder in Manufaktur produziert und die Hersteller*innen sind mit den Spieler*innen meist sogar persönlich bekannt. 5 Die Gestaltung erfolgt somit entsprechend regionalen Konventionen und persönlichen Wünschen.
Das Regelwerk hingegen ist Teil des kulturellen Kanons und wird mündlich überliefert, indem erfahrenere Spieler*innen mit Neulingen spielen, im Rahmen von Erziehung oder textlich mittels Spielbücher, die beispielsweise verschiedene Spiele auflisten, die mit einem Standard-Kartendeck gespielt werden können. 6 Aufgrund der relativen Unabhängigkeit der Regeln vom Material ist es möglich, mit einem Kartendeck unendlich viele Runden durchlaufen zu können. Die Menge an unterschiedlichem Spielmaterial bleibt dadurch relativ gering. Konventionell gestaltete Spielmaterialien wie Kartendecks, die verschiedene Spiele ermöglichen, sowie die allgemeine Bekanntheit der Regeln sorgen für eine große Menge potentieller Mitspieler*innen und ermöglichen so Abwechslung durch wechselnde Partizipient*innen ohne Vielfalt des Materials.
Die beiden entscheidenden Elemente, also das Spielmaterial sowie die Regeln, bedingen einander konstitutiv und vereinen sich innerhalb der konkreten Praxis der Spielperformanz. Anders gesagt: Die Regeln brauchen Material, um ihre Befolgung performativ als kulturell wie symbolisch nachvollziehbaren Zeichenvollzug (und damit als Spielprozess) zu ermöglichen und das Material benötigt im Umkehrschluss genauso das jeweils normierte Regelwerk, da der bloße Umgang mit potenziell variabel gestaltetem Material nicht ausreicht, um ein Spiel im Sinne der hier verfolgten Definition klarer einzugrenzen.
Für die Zwecke dieses Textes wird die eben konturierte Spielform als das klassische Spiel bezeichnet. Die Gestaltung des Materials fällt bei diesen an dieser Stelle explizit als vormodern klassifizierten Spielen abstrakt aus. Murmeln, Würfel, viele Spielsteine und die Bretter von Go oder Schach sind nicht figural ausgestaltet. Lediglich in Teilen von Spielen finden sich bildliche Darstellungen, etwa auf Spielkarten oder im Falle von Schachfiguren. 7
Im Verlauf der Entwicklung einer dezidiert spielerischen Serialität, die im Folgenden noch genauer nachgezeichnet wird, ist die Integration von Erzählung(en) in Spiele entscheidend. Diese klassischen Spiele stellen Erzählungen der Kultur, aus der sie stammen, nur durch metaphorische Bezugnahme dar und nicht, indem sie eine konkrete Geschichte explizit erzählen. Schach oder auch die Bilder der Kartendecks beziehen sich auf die Gesellschaftsordnung ihrer Spieler*innen, Go und Schach beinhalten beispielsweise Abstraktionen von Militärtaktiken. Spiele wie das altägyptische Senet machen eine Göttergeschichte spielbar. 8
Das Spielmaterial klassischer Spiele ist in gestalterischen Details vielfältig, aber wenig spezialisiert für das einzelne Spiel. Die Spielregeln wiederum sind ein Teil der Tradition der jeweiligen Kultur und die Darstellung ist einerseits abstrakt und bezieht sich andererseits auf die grundlegenden Ordnungen und Erzählungen der Kultur, etwa der Kosmologie oder einer vorherrschenden Gesellschaftsordnung.
Moderne Spiele - das Spiel in der Schachtel
Die Entwicklung der (Brett-)Spiele ist wie jede Artefaktgeschichte von markanten Umbrüchen geprägt. Während der industriellen Revolution, die mithilfe radikal veränderter Produktionsbedingungen die gesamte Ökonomie in Richtung seriell organisierter Massenproduktion drängt, werden auch Spielmaterialien zunehmend maschinell gefertigt und zusammen mit einheitlich gedruckten Spielregeln hergestellt. 9 Regeln und Material werden dadurch verstärkt miteinander für bestimmte (überlieferte) Spiele standardisiert. In einer produktionstechnisch vereinheitlichten Form weisen Spiele nicht mehr die zuvor beschriebene Doppelexistenz aus Tradition und Material aus, die erst in der Praxis aufeinander bezogen werden, denn sie sind von vornherein miteinander verbunden und bilden eine auch längerfristig für Konsumenten und Spieler wiedererkennbare Einheit. Das Spiel ist somit ein Produkt geworden, das in einer Schachtel transportiert, gelagert und verkauft wird wie andere Produkte auch (etwa Cornflakes oder Büroklammern). Klassische Spiele, wie sie im vorigen Kapitel beschrieben wurden, existieren zwar parallel dazu bis heute weiter, aber das ‚Spiel in der Schachtel‘ wird in der Zeit bis zum frühen 20. Jahrhundert zur vorrangigen Form von Spielen.
Mit dieser Entwicklung wird eine Form des Brett- und Kartenspiels dominant, die die Regeln mit dem Spielmaterial kombiniert: beides wird gemeinsam, und damit speziell für ein bestimmtes Spiel gestaltet, produziert sowie in einer Schachtel als Einheit vermarktet. In diesem Zuge entstehen einerseits neue Spiele, andererseits werden klassische bzw. traditionelle Spiele, wie sie im vorigen Kapitel beschrieben wurden, nun ebenfalls in Schachteln vermarktet und extra dafür auch umgestaltet.
Die Entstehung von Mensch ärgere Dich nicht (1911), bis heute eines der Brettspiele mit der größten Verbreitung in Deutschland, fällt in diese Zeit und ist ein Beispiel für die moderne Umgestaltung eines klassischen Spieles. Mensch ärgere Dich nicht ist nämlich eine Variante des klassischen indischen Spiels Pachisi, das während des 19. Jahrhunderts in zahlreichen Varianten in Europa Verbreitung fand. Das ursprüngliche Spiel wird in nationalen Varianten nun weltweit zunehmend weiter bekannt: Unter anderem werden Patchesi (1863) und Ludo (1896) in England verkauft, Parcheesi (1868) in den USA, Eile mit Weile (1900) und schließlich Mensch ärgere Dich nicht in Deutschland. 10 Diese letzte Variante kommt circa 1911 auf den Markt, womit der Wandel der Spielform als abgeschlossen gesehen werden kann: Es hat festgelegtes Spielmaterial und festgelegte Regeln, die zusammen in einer Schachtel vereint werden; es wird von einem begrenzten Personenkreis gestaltet, von einem Spieleverlag in Serie produziert und als Produkt vermarktet. 11 Das Spiel wird speziell gestaltet in Abgrenzung zu anderen Varianten, die nun als eigene Spiele mit jeweils eigenen Titeln vermarktet werden und nicht als Varianten eines bekannten Spieles auftreten.
Da diese Form von in Massen produzierten, standardisierten und in Schachteln vermarkteten Spielen vor allem im 20. Jahrhundert verbreitet ist und eng mit der industrialisierten Produktion im Verbund steht, wird dieses ‚Spiel in der Schachtel‘ im Folgenden das moderne Spiel genannt. 12 Dieser Begriff bezeichnet ein Spiel, dessen Spielmaterial und Regeln vollständig in einer Schachtel enthalten sind, die das Spiel nach außen darstellt. Das Spiel erscheint den Spieler*innen als Einheit, deren räumliche Begrenzung die Schachtel ist. Sie enthält alles, was zum Spielen nötig ist, zum Beispiel ein Spielbrett, Regeln, Figuren und Würfel. Häufig wird dabei spezielles Spielmaterial für die Spiele gestaltet, deren Regeln dieses besondere Material benötigen. Die Spiele sind damit unterschiedliche, in Serie produzierte Produkte. Die Form der Serialität von modernen Spielen entspricht damit einer industriellen: Spiele werden als Massenprodukte hergestellt, mit hoher Unterschiedlichkeit zwischen den einzelnen Spielen. Ein Spiel ist für sich gesehen standardisiert, aber in Hinblick auf Unterschiedlichkeit zu anderen Spielen gestaltet.
Nicht nur die räumliche Konfiguration des modernen Spiels ist hier auf eine Schachtel verdichtet, auch die Spielzeit erfährt verstärkt Begrenzung und Strukturierung. Spielschachteln von modernen Brettspielen haben meist auf ihrer Außenseite eine voraussichtliche Spielzeit aufgedruckt. Spielpartien haben ein klares Ziel, mit dem das Spiel endet. Wenn die Spieler*innen im Spiel Punkte sammeln, ist typischerweise ein Punktelimit festgelegt, bei dessen Erreichen das Spiel regelkonform automatisch endet. Die Siedler von Catan (1995) endet etwa bei zehn ‚Siegpunkten‘. Nach dem Erreichen des Spielendes werden die Materialien abgeräumt und in die Schachtel zurückgelegt oder wieder für die nächste Runde aufgebaut. So wird ein Bruch zwischen den Spielpartien eingeführt. Die Spielzeit wird damit begrenzt und der Ausgangszustand wiederhergestellt. Das moderne Brettspiel entspricht also den Bemerkungen der klassischen kulturwissenschaftlichen Spiel(e)theorie, die Spiele als abgegrenzt, folgenlos und wiederholbar beschreibt. 13 Der Bruch mit Rückkehr zu einem von zwei Ausgangszuständen (zurücklegen in die Schachtel oder Aufbau für die nächste Partie) grenzt die Spielpartie gegen die Zeit vor, nach und zwischen den Partien ab, macht die Folgen rückgängig und eröffnet die Möglichkeit der Wiederholung. Weil das Spiel immer wieder in äquivalenter Form wiederholt werden kann und es auch nach langer Zeit und vielen Spielpartien als das gleiche Spiel mit der gleichen Ausgangssituation besteht, ist die Wiederholbarkeit gleichzeitig eine Form der zeitlichen Stabilität des modernen Spiels.
Alle Spielpartien beginnen mit der gleichen Ausgangssituation. Die Spielelemente werden in die Startposition gesetzt, die in den Regeln festgeschrieben ist. Die einzelnen Spielpartien variieren dabei dann in Ablauf und Ergebnis, indem die Spieler*innen verschiedene Spielzüge durchführen und auf die Spielzüge der anderen reagieren. Die Möglichkeiten können dabei funktional unendlich sein. Allerdings sind sie in den meisten modernen Spielen mathematisch formalisierbar. Damit kann ein Individuum die verschiedenen Möglichkeiten zwar nicht durch Erfahrung überblicken, wohl aber durch strukturelles Verständnis. Die Einmaligkeit einer Spielsituation wird dadurch unterlaufen, dass sie in einer Liste aller möglichen Spielsituationen auftauchen würde und es zumindest mathematisch möglich ist, so eine Liste zu schreiben.
Die Serialität des modernen Spiels
Formal gesehen besteht Serialität aus einer (variablen) Kombination von Wiederholung und Varianz. 14 Mithilfe dieses an dieser Stelle terminologisch bewusst einfach gehaltenen Strukturprinzips lässt sich die Serialität des modernen Brettspiels folgendermaßen beschreiben: Die Wiederholung entsteht durch einen Bruch, der die gleiche Ausgangssituation wiederherstellt, die Varianz ist in der subjektiv sehr hohen Vielfalt möglicher Spielsituationen und Züge zu finden, aber durch die mathematische Formalisierbarkeit grundsätzlich begrenzt.
Verglichen mit Fernsehserien ähnelt diese Form der Serialität den Series, 15 in denen jede Folge mit der gleichen Ausgangssituation beginnt, entsprechend den Spielpartien in Monopoly (1935) oder Scrabble (1949). Die Geschichten in den Folgen bieten dabei Abwechslung analog zum Verlauf der Spielpartien.
Im Gegensatz dazu stehen die Serials, in denen die gesamte Serie eine fortlaufende Erzählung verfolgt. Da bei modernen Spielen nach einer Partie der Spielzustand wieder zurückgesetzt wird, wird jede mögliche Erzählung unterbrochen. Eine Annäherung an Serials ist für diese Spiele daher nicht ohne weiteres möglich.
Im Gegensatz zu modernen Spielen sind weder Serials noch Series mathematisch formalisierbar. Die Menge der in den Fernsehserien möglichen Ereignissen ist schließlich nicht von vornherein für die Zuschauer*innen zu überblicken, wie das für die Spieler*innen der Brettspiele möglich ist. Ist das Spielbrett von Mensch ärgere Dich nicht aufgebaut, haben die Spieler*innen einen Überblick über alle möglichen Spielereignisse. Durch die enge Verbindung von Regeln und Material beim modernen Spiel bietet der Überblick über das Spielbrett, die Spielsteine und die Karten gleichzeitig meist auch einen schnellen Überblick über das jeweilige Regelsystem. An dieser Stelle erscheint es sinnvoll, noch einmal eine für die vorliegenden Ausführungen wichtige begriffliche Differenz zu schärfen: Klassische Spiele wie sie zu Beginn dieser Arbeit beschrieben wurden, schaffen Zugänglichkeit durch Verbreitung von Material und Regeln. Im Gegensatz dazu schaffen nun moderne Spiele Zugänglichkeit durch Standardisierung sowie durch die mathematische Formalisierbarkeit ihrer Regeln. Darüber hinaus ist die Menge der Regeln dadurch begrenzt, dass sie den Spielmaterialien in der selben Schachtel gedruckt beiliegen. Das heißt, Spieler*innen können in wechselnden Gruppen mit Neulingen und erfahrenen Spieler*innen in wechselnder Zusammensetzung spielen. Aus dem Kreis der Spieler*innen muss niemand die Regeln kennen, bevor sie sich zum Spielen zusammenfinden, ein modernes Spiel kann gekauft, direkt vor Beginn der Partie geöffnet und nach Lektüre der Spielregeln gespielt werden. Um das zu erreichen, verzichtet das moderne Spiel auf fortlaufende Erzählungen, die diesen Spielraum einschränken könnten.
Die Spielhandlungen eines modernen Spiels setzen die Mitarbeit der Spieler*innen unter Kenntnis der Regeln voraus. Aus diesem Grund sind die Regeln moderner Spiele wie erwähnt gering in der Zahl und mathematisch formalisierbar, sodass diese Spiele als System von Anfang an durchschaubar sind. Das beschränkt Überraschungen auf solche, die durch die Rekombination von Elementen und die Spielhandlungen der Beteiligten entstehen. Eine Erzählung kann unabhängig von der Mitwirkung der Rezipient*innen ablaufen, was sie befähigt, ihre eigenen Regeln leichter zu unterlaufen und überraschend zu sein. 16
Erzählerische Spiele – von Conflict Simulations zu Sammelkarten
Die Serialisierung von Gesellschaftsspielen, die später in diesem Text erörtert wird, ist verbunden mit der Integration von Erzählung und narrativen Elementen in den Spielprozess. Beispiele für solche Integrationen in Brettspiele finden sich vor allem nach der Jahrtausendwende, während die Verbindung von Erzählung und Spiel in Form der Integration von Erzählung in Spiele allgemein weiter zurückgeht: Diese Entwicklung beginnt mit der Entstehung von Pen-and-Paper-Rollenspielen 17 und Computerspielen aus papierbasierten Strategiespielen.
Um die Vorgeschichte von Computer-Strategiespielen nachzuzeichnen, beschreibt Sebastian Deterding die Geschichte der Strategiespiele seit dem zweiten Weltkrieg. 18 Diese beginnt mit den Conflict Simulations, also komplexen Spielen, die mit großem Detailgrad kriegerische Konflikte darstellen und entsprechend spielerisch in eine Simulation übersetzen.
Aus diesen Konfliktsimulationen entwickeln sich in den 1970ern und danach Rollenspiele und strategische Computerspiele. 19 Rollenspiele und Computerspiele verbinden Spiel und fortlaufende Erzählung, was sie von dem oben beschriebenen Typ der modernen Spiele unterscheidet. Moderne Spiele basieren auf Wiederholung unter Gebrauch von flexiblen Elementen. Hier können sich Geschichten im Verlauf einer Partie zwischen den Spieler*innen entfalten. Zudem sind manche Spielelemente, beispielsweise Spielgeld, darstellend ausgestaltet. Diese Fälle sind aber im modernen Spiel der Wiederholung und Flexibilität der Elemente untergeordnet, die deswegen auf eine Serial-ähnlich fortlaufende Erzählung verzichten. Computer- und Rollenspiele verbinden dagegen die beiden Formen der fortlaufenden Erzählung und des Spiels. Bei den Rollenspielen übernimmt weitgehend der*die Spielleiter*in das Erzählen der Geschichte sowie die Aufsicht über die meisten Regeln. Der*die Spielleiter*in kennt den Fortgang der Geschichte und erzählt sie der übrigen Gruppe unter Einbezug ihrer Entscheidungen und Spielhandlungen. Diese Aufgabentrennung befreit das Spiel von der notwendigen Durchschaubarkeit des Regelsystems für alle Spieler*innen bei gleichen Rollen. 20 Das Wissen des*der Spielleiter*in, das über das der Spieler*innen hinausgeht macht für sie unerwartete erzählerische Wendungen möglich. Die mathematische Durchschaubarkeit der Spiele ist aus Spieler*innensicht aufgehoben.
Bei Computerspielen übernimmt das Programm eine ähnliche Funktion: Weil das Spiel erst mithilfe der Prozessualität der Programmcodes möglich wird, behält er die Hoheit über die Beachtung der Regeln und kann als Medienmaschine den Spieler*innen Geschichten vorführen. Die Kombination aus Spiel und Erzählung bedeutet für die Praxis eine deutliche Komplexitätssteigerung. Die Menge der am Spiel beteiligten Elemente, Informationen und Regeln steigt ebenso wie die Menge der möglichen Ereignisse, weil eine fortlaufende Erzählung wiederkehrende Varianz erfordert. Zudem sind diese Elemente, Informationen, die Aufsicht über die Regeln und die Initiation der Ereignisse in Computer- und Rollenspielen asymmetrisch auf die formal nötigen Instanzen von ‚Erzähler*in‘ und ‚Publikum‘ verteilt. Sowohl Rollenspiele als auch Computerspiele schaffen es, die Voraussetzungen für die Einrichtung und Aufrechterhaltung dieser Komplexitätssteigerung über die Delegation eines Teils des Spielgeschehens und der Erzählung zu schaffen. Damit wird sowohl erzählerischer Fortschritt wie in Serials und unberechenbare Abwechslung wie in Series möglich. Nachdem ein Computerspiel Erfolg hatte, folgen häufig weitere Teile, wohingegen im Fall vieler Brettspiele eine solche Form serieller Fortsetzungen meist ausblieb, wie man etwa am Fehlen eines zweiten Teils von Monopoly exemplarisch leicht nachvollziehen kann. Das ist eine Form der Serialität, die im Bereich der Spiele vorher nicht auftrat.
Bei Rollenspielen entsteht Serialität dadurch, dass Spielgruppen sich in der Regel mehr als einmal treffen und das Spiel über mehrere Partien hinweg läuft. Rollenspielgruppen treffen sich, um mit ihren Charakteren verschiedene Abenteuergeschichten hintereinander ‚durchzuspielen‘. Die Identifikation mit den Charakteren fällt daher potenziell ziemlich hoch aus, da sie individuell von den Spielenden gestaltet und entsprechend eigener Vorstellungen im Rahmen bestimmter vorgegebener Paradigmen personalisiert werden können. Die Spielergruppe ist nicht nur eine lose Zusammenkunft, sondern konstituiert und definiert sich im Idealfall als eine sozial stabile Spielgemeinschaft. Durch die Arbeitsteilung zwischen Spielleiter*in und den anderen Spieler*innen erhält die Gruppe eine Struktur, die Verantwortung und Zuständigkeiten schafft und verteilt.
Die Stabilität der Gruppe fördert wiederholte und lange Spielpartien, wodurch ein Bedarf nach neuen Spielinhalten und Abwechslung wächst. Neue Regeln und Geschichten werden in Zusatzbüchern veröffentlicht, mithilfe derer besonders populäre Rollenspiele sogar über Jahre und Jahrzehnte hinweg narrativ wie ludisch erweitert werden. Für Rollenspiele erscheinen somit vor allem Erweiterungsbücher, in denen unter anderem neue Orte, Charaktere und Gegenstände der Diegese mit erzählerischen Texten und Regeln beschrieben werden. Erfolgreiche Rollenspiele erhalten dazu nach einiger Zeit Neugestaltungen der grundlegenden Regeln und Texte, die als neue ‚Editionen‘ bezeichnet werden.
Ein weiteres Beispiel für eine Kombination von fortlaufender Erzählung und Spiel ist das Sammelkartenspiel Magic: The Gathering (1993). Magic: The Gathering ist für diesen Text durch sein Maß an Komplexität weiterführend, die zwischen dem von Rollenspielen und Gesellschaftsspielen liegt. Das Spiel wurde vom Rollenspielverlag Wizards of the Coast veröffentlicht. 21 Die Spieler*innen erwerben die Karten in verschlossenen Paketen, ohne vorab zu wissen, welche Karten sie letztlich erhalten. Das macht diese Kartenpakete, so genannte „Booster“, zu dezidiert seriellen Produkten, da die Spieler*innen eine ganze Reihe davon kaufen müssen, um Karten zu erhalten, die sie für eine möglichst zielgerichtete Erweiterung ihrer Sammlung benötigen. Die einzelnen Karten sind folglich unterschiedlich häufig in den Paketen enthalten und definieren sich über ihre Statuswerte sowie Sonderregeln im Spiel. Die erste Veröffentlichung des Spiels erscheint bereits in drei thematisch unterschiedlichen Editionen und kündigt damit implizit zukünftige Überarbeitungen schon zu Beginn an. 22 Diese Editionen haben darüber hinaus Hintergrundgeschichten, die in kleinen Texten auf den Karten, in Heften, die größeren Kartenschachteln beigelegt sind, oder in begleitenden Romanen erzählt werden. In der Folge sind eine Vielzahl von Spielen mit ähnlichem Geschäftsmodell erschienen, 23 zum Beispiel Pokémon (1996) und Yu-Gi-Oh! (1999).
Computerspiele, Rollenspiele und Sammelkartenspiele teilen zwar vor allem aufgrund ihrer industriellen Produktionsweise viele Eigenschaften des modernen Spiels. Sie unterscheiden sich jedoch sowohl von modernen Spielen wie Mensch ärgere Dich nicht, Monopoly und Scrabble als auch von klassischen Spielen durch die Kombination des Spiels mit der Erzählung. Sie sind Beispiele für die dritte Spielform, die neben klassischem und modernem Spiel an dieser Stelle unterschieden wird. Aufgrund ihrer engen Verbindung von Spiel und Erzählung soll sie in der Folge als erzählerisches Spiel bezeichnet werden. 24 Diese neue Spielform ist seltener von einer Schachtel umfasst als das moderne Spiel. Zwar werden Computerspiele teilweise in Schachteln vermarktet, sie stehen aber auch als Arcade-Automaten zur Verfügung, vor allem in den 70er- und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts und werden inzwischen meist als Downloads über Plattformen wie Steam verbreitet. Rollenspiele werden als Bücher vermarktet, wobei für das Spiel weiteres einzeln erhältliches Material wie Papier, Stift und unterschiedliche Würfelformate nötig ist. 25 Karten für Sammelkartenspiele sind zwar teilweise in Schachteln erhältlich, diese sind aber nur eine unter mehreren Möglichkeiten, Karten zu erhalten und enthalten auch nicht ‚das ganze Spiel‘ wie bei einem modernen Spiel.
Im nächsten Kapitel geht es nun darum zu klären, wie sich im Bereich des Gesellschaftsspiels das erzählerische Spiel aus dem modernen Spiel heraus entwickelt.
Vom modernen zum erzählerischen Gesellschaftsspiel
Das moderne Spiel steigert die Menge an unterschiedlichem Spielmaterial, das für die jeweiligen Spiele spezialisiert ist. Mit einem Kartendeck können verschiedene Spiele gespielt werden, mit einem Monopoly-Brett nur Monopoly. Wenn nur ein Spiel mit dem Material einer Spielschachtel gespielt werden kann, wird gleichzeitig die Abwechslung für die Spieler*innen eines bestimmten Spieles reduziert, was wiederum einen potenziell steigenden Bedarf nach weiteren Spielen schafft. Da beim modernen Spiel die Produzenten die Gestaltung des Materials und der Regeln leisten, können sie auf diesen Bedarf reagieren und leichte Abwandlungen als neue Spiele vermarkten. Beispielsweise können Spiele-Marken mit anderen Marken intermedial oder intertextuell kombiniert und die Gestaltung des Spielmaterials entsprechend angepasst werden. Als Beispiel seien hier die zahlreichen Varianten von Monopoly und Schach genannt, die nach Fernsehserien wie Die Simpsons oder Kinofilmen wie Star Wars gestaltet werden. 26 Nur in wenigen Fällen werden dabei die Regeln des Spiels grundlegend verändert, die meisten Veränderungen sind ästhetischer Natur: Figuren werden nach den Charakteren der Serien gestaltet oder Begriffe wie die Straßennamen auf dem Monopoly-Brett ersetzt. Diese Lizenz-Spiele bieten Spieler*innen vertraute Inhalte. Eine Anpassung der Regeln würde nicht nur Aufwand erfordern, sondern auch eine Hürde für Spieler*innen darstellen, die das Vorbild-Spiel bereits kennen.
Außerdem steigt damit der Bedarf nach professionellen Spieleentwickler*innen. Seit Beginn der Achtzigerjahre entwickeln sich im Bereich der Karten- und Brettspiele die so genannten ‚Autorenspiele‘. 27 Das Besondere an diesen Spielen ist, dass sie möglichst originell und mit dem spezialisierten Wissen eine*r*s Spieleerfinder*in*s gestaltet und meist mit Nennung des Namens de*r*s Autor*in*s vermarktet werden. Die wachsende Menge unterschiedlicher Spiele bedeutet größere Konkurrenz zwischen den Spieleverlagen. Autorenspiele bieten eine Möglichkeit, darauf zu reagieren, indem die*der Autor*in als Marke dient. 28
So werden Erweiterungen in Form neuer Schachteln gestaltet, die weiteres Spielmaterial und zusätzliche Regeln für ein bestehendes Spiel enthalten, wobei das bestehende Spiel nötig ist, um die Erweiterung benutzen zu können. Das Brettspiel Die Siedler von Catan, das die Besiedlung einer Insel darstellt, wird erweitert durch die Möglichkeit, Schiffe oder Ritter einzusetzen. Außerdem erscheinen Spiele mit ähnlichem Titel, aber anderen Regeln oder Material: Der Name des Brettspiels Die Siedler von Catan (1995) wird unter anderem für die Variante Die Siedler von Catan – Das Kartenspiel (1996) und später für das entsprechende Würfelspiel (2007) verwendet. Wie in anderen Medien 29 versuchen hier die Produzenten, auf ihren bisherigen Erfolgen aufzubauen, indem sie ihre Produkte serialisieren, wie das Beispiel Die Siedler von Catan signifikant belegt.
Die Kombination von Erzählung und Spiel, wie sie von Computer- und Pen-and-Paper-Rollenspielen verwirklicht wird, erfolgt auch im Bereich der Brett- und Kartenspiele, nachdem sich das Paradigma der Erweiterung dort etablieren konnte. Das Kartenspiel Black Stories (2004) besteht aus Karten, die eine Situation schildern, die von eine*m*r Spieler*in vorgelesen wird. Darauf versuchen die übrigen Spieler*innen die Umstände der Entstehung dieser Situation zu erraten. Im Gegensatz zu früheren Quizspielen, zum Beispiel Trivial Pursuit (1981) dessen verschiedene Editionen jeweils tausende Fragen umfassen, verliert Black Stories möglicherweise relativ schnell seinen Reiz, da es lediglich fünfzig verschiedene Rätsel enthält und damit einen Bedarf an neuen Rätseln provoziert. Geradezu folgerichtig sind seit 2004 insgesamt 32 Editionen des Spiels erschienen, die Black Stories zu einer umfangreichen Kartenspiel-Serie erweiterten.
In einem Quiz werden Wissensfragen gestellt. Es gehört dazu, dass Spieler*innen teilweise schon Antworten auf Fragen kennen, die sich meist auf Fakten richten. Im Gegensatz dazu beinhaltet Black Stories Rätsel, das Raten ist die entscheidende Aktion im Spiel. Das unbekannte Ende und die erzählerische Wendung sind zentral für den Ablauf des Spiels. Das ermöglicht ein Spoilern von Black Stories analog zu Romanen, Filmen und Fernsehserien. Es ergibt sich aus der Integration der Erzählung in das Spiel und kann deswegen auch in Bezug auf Rollenspiele oder Computerspiele geschehen, wobei dies bei anderen Brett- und Kartenspielen mangels narrativer Elemente vorher nicht möglich war. Hier lässt sich also, wie bei Magic: The Gathering, von einem erzählerischen Spiel sprechen, das im Unterschied zu Magic aber nicht für einen Kreis von Rollenspieler*innen gestaltet wurde, sondern als Gesellschaftsspiel mit geringen Hürden für den Einstieg. Black Stories ist nach einmaligem, vollständigem Gebrauch abgeschlossen, es wird durch Erweiterungen fortgeführt und kann durch Verraten von Wendungen ‚verdorben‘ werden. Im Falle von Black Stories hat damit ein Kartenspiel Eigenschaften, die für Erzählungen zwar typisch sind, die für Kartenspiele in anderen Fällen jedoch eher nicht gelten.
Auch das Brettspiel T.I.M.E. Stories (2015) fordert von den Spieler*innen, Geschichten nachzuvollziehen. Es übernimmt das Erweiterungsprinzip von Die Siedler von Catan und vergleichbaren Spielen. Die Schachtel von T.I.M.E. Stories enthält eine Geschichte in Form eines Kartendecks. Die Spieler*innen erkunden im Spiel das Deck und können auch mehrfach gemeinsam verlieren. Das Spiel kann jedoch seinen Reiz für die Spieler*innen einbüßen, wenn sie einmal gewonnen haben, da sie dadurch die Geschichte erschließen. Zusätzliche Geschichten-Kartendecks sind als Erweiterung erhältlich und erscheinen in unregelmäßigen Abständen. Die Kombination von Spiel und Erzählung geht in Black Stories und T.I.M.E. Stories so weit, dass die Erzählung in das Spiel integriert und sogar den Regeln des Spieles angepasst wird. Diese Kombination nimmt den erzählerischen Spielen die mathematische Überschaubarkeit und ihre Erneuerungsfähigkeit, die moderne Spiele durch Rekombination ihrer Elemente verwirklichen können. Der Faktor Unbekanntheit wird in das Spiel eingeführt und damit auch die ereignishafte Einmaligkeit eines Spielprozesses.
Risiko Evolution (2011) und Pandemic Legacy Season 1 (2015) schaffen eine solche ereignishafte Einmaligkeit, indem ihre Regeln von den Spieler*innen verlangen, dass sie verändernd in das Spielmaterial eingreifen. Wenn bestimmte Spielereignisse eintreten, wird auf das Spielbrett geschrieben, Aufkleber angebracht oder mit dem Zerreißen einer Karte sogar bewusst vorhandenes Spielmaterial zerstört. Zusätzlich existieren versiegelte Umschläge, die weitere Regelkarten enthalten. Die Einmaligkeit wird hier nicht nur mithilfe erzählerischer Wendungen herbeigeführt, sondern aufgrund materieller Eingriffe in das Material inklusive der daraus resultierenden irreversiblen Veränderungen.
Wie oben beschrieben, teilen erzählerische Spiele viele Eigenschaften mit dem modernen Spiel: sie werden in Masse produziert, entsprechend als Produkte vermarktet und kombinieren Regeln sowie Material in einer Schachtel. Allerdings verhindern erzählerische Spiele sowohl die mathematische Durchschaubarkeit durch unvorhergesehene Ereignisse als auch das Zurücksetzen des Materials und die damit verbundene Wiederholbarkeit durch Zerstörung von Elementen oder indem das Spiel erfordert, dass die Spieler*innen bestimmte Informationen noch nicht haben. Außerdem verhindern sie die unbegrenzte Variation durch die Rekombination ihrer Elemente in einzelnen Spielzügen. Ihre formelle (Werk-)Einheit in der Schachtel verliert an Geltung aufgrund des Angebots möglicher Erweiterungen. Besonders gilt das für T.I.M.E. Stories, dessen Schachtel geteilt ist in das Material des Grundspiels, das nötig ist, um jedes der „Szenarios“ zu spielen, und ein erstes „Szenario“ in Form eines Kartendecks, das die Elemente der ersten Geschichte enthält. Die Erweiterungen beinhalten „Szenarien“, die das Deck aus der ersten Schachtel im Spiel ersetzen. Anders formuliert: Das Spiel kommt nicht ohne Erweiterung aus, da bereits die erste Schachtel ‚erweitert‘ wird und das Spiel somit von Anfang an nur durch die Kombination formal getrennter Einheiten (dem Grundmaterial und dem Kartendeck) vervollständigt werden. Black Stories, Risiko Evolution, Pandemic Legacy Season 1 und T.I.M.E. Stories sind somit deutlich verschieden von modernen Spielen wie Mensch ärgere Dich nicht, Monopoly oder Scrabble. Wie Rollenspiele sind Black Stories, Pandemic Legacy Season 1 und T.I.M.E. Stories kooperativ, die Spieler*innen nehmen gemeinsam die Herausforderung des Spiels an. Moderne Spiele sind in Abgrenzung dazu in der Regel wettbewerbsorientiert. Wie andere narrative Medien können erzählerische Spiele so gemeinsame Erfahrungsräume schaffen. Sie markieren eine neue Art von Gesellschaftsspielen, die sich – vergleichbar mit Computer- und Rollenspielen – mit dem Begriff des erzählerischen Spieles typologisch beschreiben lässt.
Erzählerische Gesellschaftsspiele bilden in der hier vorgeschlagenen Typologie eine neue Spielform, die sich von den modernen Spielen unterscheidet. Das Spielmaterial von Modernen Spiele ist gegliedert in Elemente, die innerhalb verschiedener Partien entsprechend der Regeln rekombiniert werden können, was Varianz für die Spieler*innen schafft. Zwischen den Partien erfolgt eine Unterbrechung des Spiels, während der alle Spielelemente auf festgelegte Ausgangszustände zurückgesetzt werden, wodurch die Spiele wiederholbar sind. Die zeitliche Struktur im modernen Spiel ist also eine unendliche Varianz innerhalb von eingegrenzten Zeiteinheiten. Die erzählerischen Spiele unterbrechen die unendliche Varianz durch bleibende Veränderungen, die nachhaltig in den Spielprozess eingreifen. Die Elemente des Spielmaterials können in diesem Fall nicht mehr neu kombiniert werden, wenn einige von ihnen dauerhaft verändert oder zerstört sind, da Änderungen nun auch für die nächste Partie bestehen bleiben: Die Geschichte auf der Black-Stories-Karte ist bekannt, die Spielkarte ist zerrissen, der Aufkleber klebt auf dem Spielbrett von Pandemic Legacy Season 1. Auf diese Weise überwinden die Spiele mithilfe der Unterbrechung der Varianz die Grenze zwischen den Spielpartien. Die Überwindung dieser Grenze ermöglicht die Übernahme von erzählerischem und spielerischem Fortschritt zwischen den einzelnen Partien. Aus eingegrenzter, wiederholbarer Varianz wird einmaliger Fortschritt mit durchlässigen Grenzen, der eine Wiederholbarkeit letztlich negiert. Damit wird einerseits die Einmaligkeit der Ereignisse eingeführt und andererseits Fortschritt möglich gemacht. Diese beiden Faktoren sind entscheidend für die Integration einer fortlaufenden Erzählung. Die Einmaligkeit ist entscheidender für die Abwechslung der Series, während der Fortschritt eher wichtig ist für die Struktur der Serials. Ähnliche Strukturen wie Series und Serials werden somit in der Serialität von Brettspielen möglich und im Rahmen der eigenen ludischen Dispositionen importiert.
Entsprechend einer fortlaufenden Erzählung von Fernsehserials, wird von den Produzierenden die Schnittstelle zwischen Gesellschaftsspiel und TV-Serie als Anspielung auf eine mögliche Fortsetzung betont: Der Spieleverlag Z-Man Games expliziert im Titel Pandemic Legacy Season 1 eine Beziehung des Spielprinzips zu Fernsehserien, denn das Spiel ist als „Staffel 1“ betitelt und bezieht sich so einerseits auf die speziell von Fernsehserien bekannte Staffelstruktur und kündigt andererseits eine „Staffel 2“ implizit an.
Fazit: Erzählerische Gesellschaftsspiele und die Konsequenzen ihrer Serialität
Black Stories, Risiko Evolution, Pandemic Legacy Season 1 und T.I.M.E. Stories vereinen exemplarisch Erzählung und Spiel und definieren sich über Elemente, die für die Spieler*innen zu Beginn einer Partie zunächst nicht in ihren Konsequenzen für die jeweilige Runde überschaubar sind. Während diese Spiele gespielt werden, verändern sie sich dauerhaft in ihren narrativen-ludischen Strukturen und genau dieser Prozess wirkt sich auch auf spätere Spielpartien aus, da sie nämlich oftmals konkret in Hinblick auf direkte Fortsetzungen oder zusätzliche Erweiterungen gestaltet werden. Bis auf Risiko Evolution sind sie außerdem kooperativ. Die Spieler*innen treten nicht gegeneinander an, sondern arbeiten als Gruppe zusammen.
Diese Gesellschaftsspiele jüngeren Datums unterscheiden sich damit deutlich von den wettbewerbsorientierten, wiederholbaren und in sich abgeschlossenen modernen Spielen. Wie medial natürlich unterschiedliche, jedoch strukturell vergleichbare Computer- und Rollenspiele sind sie zu den erzählerischen Spielen zu zählen. Sie integrieren seriell fortlaufende Erzählungen, deren narrativer Verlauf für die Rezipient*innen zu Beginn zunächst unklar oder nicht gänzlich vorhersehbar ist. Narrative Ereignisse wirken sich potenziell auf spätere Partien aus, die mit Hinblick auf Fortsetzungen gestaltet sind, und schaffen einen gemeinsamen Erfahrungsraum für die Rezipient*innen.
In neueren Gesellschaftsspielen wie T.I.M.E. Stories und Pandemic Legacy Season 1 wird Serialität mittels irreversibler Ereignisse produziert, die bis zu einer Zerstörung von Spielmaterial gehen kann. Die so umgesetzte Serialität macht eine Übertragung von Konzepten aus der Serienforschung auf die Analyse von Gesellschaftsspielen möglich, wie hier anhand des Gegensatzes von Series und Serials angedeutet wurde.
In Bezug auf serielle Gesellschaftsspiele wurde gezeigt, dass Serialität hier nicht als zusätzliches Element hinzugefügt wird, sondern dass für spielerische Serialität eine grundsätzliche Anpassung der Struktur eines Spiels auf Kosten von Wiederholbarkeit und Stabilität erfolgen muss. Ein auf diese Weise seriell verfasstes Spielerlebnis entsteht also durch die Änderung der Struktur der einzelnen Artefakte, nicht aufgrund einer bloßen Erweiterung. Eine darüber hinausgehende, eminent folgen- und gleichzeitig voraussetzungsreiche Frage, die sich aus dieser Überlegung für weitere medienwissenschaftliche Zugänge eröffnet, ist die nach dem grundlegenden Verhältnis von Serialität zu Reversibilität und Irreversibilität sowie zu Stabilität und Instabilität, die sich sowohl in Computerspielen als auch in Fernsehserien oder Gesellschaftsspielen aufdrängt. In anderen Worten: Was opfern oder benötigen gerade neuere Audiovisionen und Spiele, um Formen alternativer Serialität hervorzubringen?
Verzeichnis der verwendeten Texte und Medien
Spiele
Billings, Joel; Lyons, John: Computer Bismarck (Computerspiel). Mountain View, Kalifornien: Strategic Simulations Inc. 1980.
Bösch, Holger; Skopnik, Bernhard: Black Stories (Kartenspiel). Kempen: moses. Verlag 2004. <http://www.black-stories.de/> [14.01.2017].
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- Vgl. Schönleben: Wired – Pandemic Legacy. 2015, <https://www.wired.de/collection/life/pandemic-legacy-designer-rob-daviau-im-wired-interview> [06.01.2017]; Meyer: Spiegel Online – „Risiko“-Variante. 2017, <http://www.spiegel.de/netzwelt/games/risiko-evolution-im-test-legacy-variante-des-brettspiels-a-998180.html> [06.01.2017].[↩]
- Der Begriff Gesellschaftsspiel bezeichnet in diesem Text Brett- und Kartenspiele. Brettspiel steht dagegen spezifisch für ein Spiel, das auf einem Spielbrett aus Holz oder Pappe gespielt wird. Kartenspiel bezeichnet ein Spiel, das vor allem mit Spielkarten gespielt wird, die auf der Hand gehalten oder auf eine Oberfläche, meist eine Tischoberfläche gelegt werden. Mit Computerspiel sind digitale Spiele gemeint, die entsprechend eine rechnerbasierte Hardware als Grundlage benötigen. Pen-and-Paper-Rollenspiel bezeichnet ein Spiel, in dem die Spieler*innen Rollen übernehmen und das vor allem auf Papier notierte Spielwerte zur Grundlage hat. Das klassische Spiel, das moderne Spiel und das erzählerische Spiel sind Begriffe, die in diesem Text entwickelt werden; siebezeichnen jeweils übergreifende Spielformen, die dieser Text im weiteren Verlauf erschließt.[↩]
- Vgl. Jurga: Fernsehtextualität und Rezeption. 1999, S. 91 f.; Schlicker: Autor – TV-Serie – Medienwandel: (De-)Figurationen serieller Autorenschaft. 2016, S. 69; Maeder: Kohärenz, Permutation, Redundanz. 2016, S. 73.[↩]
- Vgl. Allrath u.a.: Towards a Narratology of TV Series. 2005, S. 5 f.; Schabacher: Experimentalraum TV-Serie. 2009, S. 102; Jurga: Fernsehtextualität und Rezeption. 1999, S. 102 ff. (hier detaillierter und in anderen Begriffen gefasst); Schlicker: Autor – TV-Serie – Medienwandel: (De-)Figurationen serieller Autorenschaft. 2016, S. 87 ff., insbesondere S. 89.[↩]
- Zur handwerklichen Herstellung von Schachmaterial als konkretes Beispiel vgl. Himmelheber: Spiele. 1972, S. 13.[↩]
- Zur Geschichte des Spielebuches ab dem 18. Jahrhundert vgl. Faber: Das spielende Jahrhundert. 1997. Ein Überblick über historische Kartendecks seit dem 15. Jahrhundert ist in Weise: Rund um die Spielkarte. 1986 zu finden.[↩]
- Schachfiguren waren zunächst auch abstrakt gestaltet. Vgl. Himmelheber: Spiele. 1972, S. 13; Strouhal: Schachspiele – Weltspiele. 2007, S. 66f.[↩]
- Historische Schachbretter und -figuren sind in Himmelheber: Spiele. 1972, S. 12 ff.; Alfons X. „der Weise“ u.a.: Das Buch der Spiele. 2009, S. 53 ff. und Strouhal: Schachspiele – Weltspiele. 2007 aufgeführt. Die Symbolik von Senet wird von Dunn-Vaturi: „Mensch ärgere Dich nicht“ im Altertum. 2007, S. 23 f. besprochen, vgl. auch Pusch: Das Senet-Brettspiel im Alten Ägypten. 1979.[↩]
- Die ersten in Serie produzierten Spielmaterialien sind Spielkarten. Vgl. Weise: Rund um die Spielkarte. 1986, S. 20ff. Weise bemerkt auch die Bedeutung von Weiterentwicklungen in der Drucktechnik, speziell die Lithographie im 19. Jahrhundert und den Offsetdruck, der sich im Verlauf des 20. Jahrhunderts in der Spielkartenproduktion durchsetzt. Zur Entwicklung der industriellen Produktion von Brettspielen in den USA vgl. Whitehill: Amerikanische Spiele von Moralismus zu Monopoly. 2007 und zum Wandel der deutschen Spielewirtschaft Faber: Spiel und Kommerz. 2007 sowie Faber: Das spielende Jahrhundert. 1997 und Faber: Nürnberg - ein Platz für Spiele. 1997. Zur Entwicklung der europäischen Schachkultur in dieser Zeit vgl. Bruns: Das Schachspiel als Phänomen der Kulturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. 2003.[↩]
- Zur indischen Geschichte von Pachisi vgl. Brown: The Indian Games of Pachisi, Chaupar, and Chausar. 1964, zur Verbreitung in den USA und Europa vgl. Finkel: Pachisi. 2007. Die Entstehungsgeschichte von Mensch ärgere Dich nicht wird in Faber: Spiel und Kommerz. 2007, 136f. und Schwarz: Schmidt, Friedrich. 2007 beschrieben.[↩]
- Diese zentrale Herstellung und die Abgeschlossenheit machen die neue Spielform strukturell ähnlich zu anderen Druckerzeugnissen wie Büchern.[↩]
- ‚Modern‘ ist hier in Abgrenzung zu früheren Spielformen gemeint. Weitergehend ist damit ein soziologischer Begriff der Moderne aufgerufen, der einen Zeitraum benennt, in dem unter anderem ein Wandel zur industriellen Produktion, zur Infragestellung oder Abkehr von Tradition und zur funktionalen Ausdifferenzierung der Gesellschaft stattfindet. Ein Spiel, das industriell produziert wird, für dessen Gebrauch Tradition an Wichtigkeit verliert und dessen weitere Entwicklung, wie dargestellt werden wird, mit einer funktionalen Ausdifferenzierung einer spezialisierten Spielewirtschaft einher geht, folgt modernen Paradigmen. Vgl. Dimbath: Einführung in die Soziologie. 2011, S. 42, 210; Luhmann: Beobachtungen der Moderne. 1992, S. 15f., 26; Nolte: Modernisierungstheorien. 2002; Burkhardt: Frühe Neuzeit. 1997; Langewiesche: Neuzeit, Neuere Geschichte. 1997.[↩]
- Vgl. etwa Huizinga: Homo Ludens. 1971, S. 17; Huizinga u.a.: Das Spielelement der Kultur. 2014, S. 22f. Für eine Übersicht vgl. Salen, Zimmerman: Rules of Play. 2004, S. 70-83.[↩]
- Vgl. Jurga: Fernsehtextualität und Rezeption. 1999, S. 91 f.; Schlicker: Autor – TV-Serie – Medienwandel: (De-)Figurationen serieller Autorenschaft. 2016, S. 69; Maeder: Kohärenz, Permutation, Redundanz. 2016, S. 73.[↩]
- Vgl. Allrath u.a.: Towards a Narratology of TV Series. 2005, S. 5 f.; Schabacher: Experimentalraum TV-Serie. 2009, S. 102; Jurga: Fernsehtextualität und Rezeption. 1999, S. 102 ff.; Schlicker: Autor – TV-Serie – Medienwandel: (De-)Figurationen serieller Autorenschaft. 2016, S. 87 ff., insbesondere S. 89. Die Einteilung in Series und Serials ist zwar ungenau und kann höchstens zwei theoretische Punkte auf einem Spektrum bezeichnen. Solche begriffliche Ungenauigkeit ist jedoch kaum aufzufangen, wenn, wie an dieser Stelle, Konzepte aus der Theorie eines Mediums (hier: Fernsehserien) für die Analyse eines schon materiell nicht vergleichbaren Gegenstands (hier: Gesellschaftsspiele) herangezogen werden.[↩]
- Vgl. Maeder: Kohärenz, Permutation, Redundanz. 2016, S. 74; Kelleter, Jahn-Sudmann: Die Dynamik serieller Überbietung. 2014, S. 207.[↩]
- In diesen Spielen spielt eine Gruppe ein Spiel mit Papiermaterialien, Würfeln und teilweise auch Figuren. Werte und deren Änderungen werden per Hand notiert, daher die Bezeichnung Pen-and-Paper. Ein besonders populäres Beispiel für diese Gattung ist das Fantasy-Spiel Dungeons and Dragons (1974), in dem die Spieler*innen Charaktere innerhalb einer Gruppe von Abenteurer*innen im Kontext einer tolkienesken Geschichte übernimmt, die von einer*m Spielleiter*in erzählt wird. In der Folge wird Rollenspiel synonym mit Pen-and-Paper-Rollenspiel verwendet, da Computer-Rollenspiele und andere Arten von Rollenspielen in diesem Text nicht zur Sprache kommen. Vgl. Deterding: Wohnzimmerkriege. 2008, S. 94 f.[↩]
- Vgl. Deterding: Wohnzimmerkriege. 2008; vgl. auch Pias: Computer-Spiel-Welten. 2002, S. 198 ff.[↩]
- Frühe Beispiele von Computerstrategiespielen sind Tanktics (1977), Global War (1979) und Computer Bismarck (1980). Vgl. Deterding: Wohnzimmerkriege. 2008, S. 96.[↩]
- Aus Gründen der Stringenz wird in diesem Artikel der Aspekt von Wettkampf, Turnieren und Ligen ausgeklammert. Die allgemeine Klarheit der Regeln und die Gleichheit der Rollen der Spieler*innen haben im Wettkampf eine besondere Rolle, weil Wettkampf Vergleichbarkeit erfordert.[↩]
- Vgl. Deterding: Wohnzimmerkriege. 2008, S. 106 f.[↩]
- Vgl. o.A.: Magic-Editionen bei magic-spielen.de. 2017, <http://www.magic-spielen.de/main/page.php?id=editionen> [14.01.2017].[↩]
- Deterding: Wohnzimmerkriege. 2008, S. 107[↩]
- Espen Aarseth schlägt für Spiele, die eine Diegese aufbauen den Begriff der „games in virtual environments“ vor, zu denen er auch Monopoly und Dungeons and Dragons zählt. Spiele in dieser Kategorie sind ihm zufolge diejenigen unter den Computerspielen, die neu und besonders im Vergleich zu anderen Spielen sind. Die Inklusion von nichtdigitalen Spielen sieht er als sinnvoll und betont damit die Anwendbarkeit seiner Analysemethoden. Aarseth: Playing Research. 2004, S. 2. <www.cs.uu.nl/docs/vakken/vw/literature/02.GameApproaches2.pdf> [21.01.2017].[↩]
- Bei Dungeons and Dragons werden üblicherweise Würfel mit vier, sechs, acht, zehn, zwölf und zwanzig Seiten verwandt.[↩]
- Eine Liste in Deutschland erschienener Monopoly-Editionen ist online verfügbar: o.A.: Monopoly Editionen Liste. 2016, <http://monopoly-regeln.de/monopoly-editionen-liste/> [06.01.2017].[↩]
- Die Geschichte der ‚Autorenspiele‘ wurde meines Wissens nach noch nicht wissenschaftlich ergründet. Überblicke von Akteur*innen aus dem Bereich der Autorenspiele finden sich hier: o.A.: Geschichte der SAZ - Spiele-Autoren-Zunft e.V..2017,<http://www.spieleautorenzunft.de/saz-geschichte.html> [14.01.2017]; Über uns | Spiel des Jahres e.V.. 2017, <http://www.spiel-des-jahres.com/de/ueber-uns> [14.01.2017]. Journalistische Behandlungen des Themas sind hier verfügbar: Riedlberger: Telepolis – Zooloretto wird Spiel des Jahres. 2007, <https://www.heise.de/tp/features/Zooloretto-wird-Spiel-des-Jahres-3414105.html> [14.01.2017]; Owen Duffy: The Guardian – Board games’ golden age. 2014, <https://www.theguardian.com/technology/2014/nov/25/board-games-internet-playstation-xbox> [14.01.2017][↩]
- Der Begriff des ‚Spieleautors‘ wird im Rahmen einer Emanzipationsbewegung gegenüber Spieleverlagen als Selbstbezeichnung eingeführt. Das ‚Autorenspiel‘ wiederum soll als Begriff Qualität implizieren und ist der Versuch einer Nobilitierung. Vgl. die Quellen in der vorangegangenen Fußnote. Dabei ist die Autorschaft an einem Spiel erst in Bezug auf die zentralisierte Kreation eines Spiels in der modernen Spielewirtschaft zu denken. Die klassische Trennung von Regeln und Material erlaubt höchstens Autorschaft an einem Regelsatz in einem Spielebuch oder an einem bestimmten Spielartefakt: Ein Kunsthandwerker kann ‚Autorschaft‘ an einem Schachset beanspruchen. Im Zusammenhang dieser Arbeit ist der ‚Autor‘ vor allem wichtig im Komplex der modernen Konsolidierung des Spiels als zentralisiert produziertes Objekt in einer Schachtel.[↩]
- Vgl. Maeder: Kohärenz, Permutation, Redundanz. 2016, S. 73 ff.[↩]