„Ich habe in diesem Spiel keinen Reiz gefunden, da nichts wirklich passiert” – Die Lektüre von 'Sunset' im gymnasialen Deutsch­unterricht im Vergleich mit Jenny Erpen­becks Erzählung Wörterbuch

21. Dezember 2015

Einleitung

Computerspielen kommt im Deutschunterricht eine marginale Stellung zu 1 Aus fachdidaktischer Perspektive ist das bedauerlich, weil die Möglichkeiten, die ein Einbezug von Computerspielen in den Unterricht bieten, un­be­strit­ten sind. Die theoretische Reflexion dazu liegt vor - es genügt dabei, auf den Sammelband von Boelmann und Seidler zu verweisen 2. Was fehlt, sind konkrete Unterrichtseinheiten und Beschreibungen des praktischen Vorgehens.
Diese Lücke füllt der vorliegende Beitrag zumindest teilweise. Er zeigt, wie das Spiel Sunset 3 im Kontext der Werteerziehung im gymnasialen Deutschunterricht eingesetzt worden ist und reflektiert diesen Einsatz fachdidaktisch.

Das Computerspiel Sunset wurde im Mai 2015 von Tale of Tales publiziert. Das belgische Independent-Studio arbeitete seit rund 10 Jahren am Konzept, das sich einer ähnlichen Idee bedient wie Gone Home von The Fullbright Company (2013): 4 Die Figur, die von den Spielenden gesteuert wird, entdeckt in einer Wohnung Spuren einer Geschichte, die sich während des Spiels entfaltet. Im Gegensatz zu Gone Home spielt sich die Geschichte, welche Angela Burnes, die Perspektivfigur, rezipiert und deutet, während ihrer Aktivitäten im Penthouse von Gabriel Ortega ab. Burnes ist eine afro­amerikanische Aktivistin und Ingenieurin, die als Migrantin in das fiktive südamerikanische Land Anchuria gelangt und gezwungen ist, die Wohnung von Ortega zu putzen. Am Bürgerkrieg des Landes ist sie politisch interessiert, obwohl sie ihn während den Reinigungsarbeiten in der Wohnung Ortegas nur vermittelt wahrnimmt. Sunset wird so zum Kriegsspiel, bei dem die Spielenden aber lediglich eine Wohnung reinigen können, und damit zu einem Bild: Das Zielpublikum, so Auriea Harvey von Tale of Tales, lebe ebenfalls in friedlichen Wohnungen, während sich draußen der Krieg abspiele.  5

Die Rolle des Penthouses im obersten Stock eines Hochhauses ist im Spiel von großer Bedeutung - die Wohnung ist ein Ersatz für die Interaktionen des Spielers bzw. der von ihm gesteuerten Protagonistin mit anderen Figuren wie Gabriel Ortega oder ihrem Bruder, David Burnes, der in Anchuria als Revolutionär gegen das Regime kämpft. (Die Wohnung basiert auf einem Konzept aus einer Playboy-Ausgabe von 1970.) 6 Zu Beginn der Erzählung dient sie als Symbol für die Distanz zwischen Angela Burnes und ihrem Auftraggeber Ortega, der mit einem elektronischen Schließsystem bestimmen kann, welche Räume für die Hausangestellte zugänglich sind und welche nicht. Das Gefühl, im Land gefangen zu sein, das die Protagonistin mehrmals äußert, wird im Wohnraum konkretisiert. Gewährt ihr Ortega zunehmend Zugang zu anfangs verschlüsselten Dokumenten und auch zum Kontrollpanel, mit dem sich die Schließmechanismen steuern lassen, entsteht eine engere Beziehung zwischen Burnes und Ortega bzw. zwischen Burnes und dem Penthouse; sie wünscht sich schließlich, selbst dort wohnen zu können. In einer späteren Phase werden Kunstobjekte, die Ortega sammelt, in Kisten verpackt - „A crate like this is designed to protect the precious product of humanity”, steht auf einem Zettel dazu, und Angela fragt sich, ob das ähnlich sei wie mit den Rippen, welche das Herz der Menschen schützten. 7 Diese Kisten erschweren den Durchgang durch das anfangs minimalistisch eingerichtete Appartement. Gleichzeitig fällt an einem Tag der Strom aus, Angela muss die Wohnung durch den Putzraum betreten statt durch den Aufzug, der Pool wird mit abgenutzten Orient­teppichen abgedeckt. Die Revolution hält im Penthouse Einzug. Ihr Erfolg wird mit Konfetti symbolisiert, die Angela vom Dach des Hochhauses streuen muss, etwas später soll sie warten, bis Ortega nach Hause kommt - und verbringt dann eine Nacht mit ihm in seinem Bett, was für den Spieler oder die Spielerin nur dadurch erkennbar ist, dass der nächste Tag statt in der Aufzugskabine im Schlafzimmer Ortegas beginnt. Ortega selbst bekommt man nicht zu Gesicht.

Die didaktische Entscheidung für den Einsatz von Sunset im Unterricht wird im ersten Abschnitt dieses Aufsatzes begründet. Gerade nach seinem Erscheinen erregte das Spiel deshalb Aufsehen, weil das für das Spiel verantwortliche Paar, Auriea Harvey und Michaël Samyn, kurz nach Verkaufsstart nicht nur ihre Enttäuschung über die geringen Verkaufszahlen, sondern gleich auch das Ende von Tale of Tales verkündeten. Dadurch entstand eine Debatte über die Möglichkeit, künstlerische Autorenspiele mit einem narrativen Ansatz weiterhin finanzieren zu können. 8

Der Beitrag entwickelt zunächst knapp die Leistung von Computerspielen für die Werteerziehung im Deutschunterricht, dokumentiert dann, wie das Spiel zum Unterrichtsgegenstand gemacht wurde und wie die Spielaktivitäten als Artefakte intersubjektiv zugängig gemacht werden konnten. Ein dritter Teil reflektiert den didaktischen Wert von Sunset, der abschließend in ein didaktisches Konzept mit der parallelen Lektüre der Erzählung Wörterbuch von Jenny Erpenbeck 9eingebunden wird.

Werteerziehung und Computerspiele

[Das pädagogische Problem] besteht in dem alten Dilemma, dass das Objekt der Belehrung zugleich Subjekt der Entscheidung sein oder zumindest werden soll. Und das schließt die Möglichkeit zur Entscheidung gegen den Inhalt der Belehrung ein. Empirische Fachwissenschaft in einer freiheitlichen Gesellschaft weiß aus diesem Dilemma keinen Ausweg. 10

Das Fazit der Diskussion von Werteerziehung im Kontext des Wert­ur­teils­streits zielt auf den Kern des pädagogischen Problems, im Literaturunterricht »eigenständiges Erschließen, Deuten und Werten« als Kompetenz auf­zu­bauen, wie das unter anderen die Kultusministerkonferenz fordert. 11 Das institutionelle Setting des schulischen Unterrichts ist in seinen subtilen Machtstrukturen anfällig für das, was Habermas strukturelle Gewalt genannt hat:

Strukturelle Gewalt manifestiert sich nicht als Gewalt, sie blockiert vielmehr unbemerkt jene Kommunikationen, in denen sich legitimationswirksame Über­zeugungen bilden und fortpflanzen. […] In systematisch eingeschränkten Kom­mu­nikationen bilden die Beteiligten subjektiv zwanglos Überzeugungen, die aber illusionär sind; damit erzeugen sie kommunikativ eine Macht, die, sobald sie institutionalisiert wird, auch gegen die Beteiligten selbst gewendet werden kann. 12

So ergibt sich das Paradox, dass Literaturunterricht Subjekte formt, aber darauf abzielt, sie eigenständig zu machen. Die Befähigung zur Autonomie gelingt nicht mit den Mitteln der Autonomie, sondern innerhalb des Machtnetzes der Institution Schule.

Diesem Paradox ist theoretisch wie praktisch nicht leicht beizukommen, zumal es von einem zweiten Spannungsfeld begleitet wird: Lehrende sind „vor dem Hintergrund der Neutralitätsverpflichtung des Staates zur Werteerziehung verpflichtet” 13, heißt es etwa bei Sabine Anselm - die aber deutlich hervorhebt, dass schulische Prozesse an einer wesentlichen Schnittstelle von Individuen und Gesellschaft weder als reine Vermittlung gedacht werden können noch den sich direkt widersprechenden Ansprüchen genügen können: Sollen sich Kinder und Jugendliche an gesellschaftliche Normen anpassen oder die Anforderungen der Wirt­schafts­welt erfüllen, kann ihre Bildung weder neutral sein noch darin bestehen, dass sie sich eigenständig entwickeln und sich subjektiv gültige Werte aneignen.
Aus dieser Einsicht ergibt sich für die Rolle der Lehrkräfte die Aufgabe, Lernumgebungen und Situationen zu schaffen, in denen Lernende die oben genannten Kompetenzen erproben und entwickeln können 14. Der folgende Beitrag diskutiert die Möglichkeit, die Freiheit zur eigenen Entscheidung in der Bearbeitung von Texten durch den Einsatz von Computerspielen zu erhöhen. Im Rahmen eines weiten Textbegriffs werden Computerspiele dabei wie Comics, Graphic Novels oder Filme als Texte bezeichnet. Im Reallexikon fordert Susanne Horstmann, bei jeder Verwendung des Begriffs Text seien die verwendeten Kriterien offen zu legen. 15 In diesem Falle können diese direkt aus dem Lexikoneintrag abgeleitet werden: Ein weiter Textbegriff bestimmt Text als das „sprachliche [] Objekt literatur­wissen­schaft­licher Analyse”, genauer: „(1) aus kleineren, linear und hierarchisch miteinander verknüpften Elementen zusammengesetzt und (2) in einem zunächst nicht näher bestimmten Sinn ein Ganzes” 16 Text meint also in dieser fachdidaktischen Diskussion jedes sinnhafte Artefakt, das im Deutschunterricht einer Analyse unterzogen werden kann und sprachliche Mittel verwendet. Damit wird deutlich, dass Computerspiele in diesen Textbegriff fallen.

Werden in der fachdidaktischen Diskussion Gründe gesammelt, die für den Einsatz von Computerspielen im Deutschunterricht sprechen, etwa bei Kepser 17 oder bei Hofer und Bauer 18, steht die Ähnlichkeit zu literarischen Texten sowie die kulturelle oder lebensweltliche Bedeutung von Games im Vordergrund. Die Eignung für die Reflexion von Werten, wie sie etwa Anselm für die Arbeit mit literarischen Texten im Unterricht umrissen hat, dürfte dabei gegeben sein: Wie beim Lesen überschreitet man beim Spielen von Computerspielen „den eigenen Erfahrungshorizont” und wird sich so „seiner eigenen Werthaltungen bewusst” 19, indem eine „Sensibilisierung und die Schaffung von Solidarität” erfolgt. 20 Diese Kriterien und Einschätzungen können allerdings nicht kommentarlos vom etablierten Literaturunterricht auf gamebezogene Lehrveranstaltungen übertragen werden: Einerseits hält Anselm zurecht fest, dass die Lektüre im Austausch mit anderen erst diskursiv verfügbar und der persönlichen Reflexion zugänglich gemacht wird, andererseits erfährt die These, Computerspiele würden Empathie und Solidarität geradezu zerstören, breite Zustimmung. Geht man davon aus, dass der Deutschunterricht ein didaktisches Umfeld für eine breite Palette von kulturellen Produkten (also Texten im oben genannten breiten Sinne) schaffen kann und diese für die Erreichung bestimmter Lernziele so ausgewählt werden, dass sie in dieses Umfeld passen, werden beide Einwände aber schnell entkräftet. Sunset, so wird sich zeigen, eignet sich für einen Einsatz im Sprachunterricht und insbesondere für die Reflexion von Werten. Die beschriebenen Unterrichtssettings enthalten ganz explizit Phasen des Austausches und der sprachlichen Reflexion, so dass die Auseinandersetzung mit dieser Art von Autorengames durchaus anschlussfähig an die klassische Arbeit mit Lektüre wird.

Die komplexen Entscheidungssituationen, vor die Spiele und insbesondere auch Computerspiele ihre Rezipientinnen und Rezipienten stellen, stellen aber im Kontext der Werteerziehung ein Alleinstellungsmerkmal dar. Kirsten Pohl unterscheidet zwei Kategorien von Entscheidungen in Computer­spielen: elementare, die sich dadurch ergeben, dass bestimmte Handlungen oder Unterlassungen das Spiel in eine andere Bahn lenken, sowie explizit moralische, in der eine Simulation eines Dilemmas vorgenommen wird - wie etwa in der Spielmechanik der populären Titel von Telltale Games. 21 Treffen beide Arten von Entscheidungen in einem moralischen Dilemma zusammen, das gravierende Auswirkungen auf die weitere Entwicklung des Spiels hat, kann von einem „idealen Szenario” 22 für die Werteerziehung gesprochen werden:

Durch das moralische Handeln in Spielen erhält der Spieler praktische Erfahrungen mit moralisch richtigen Entscheidungen oder kann bei unmoralischen Entscheidungen sein Handeln durch die erfahrenen Konsequenzen evaluieren. Die Spielerfahrungen treffen auf die intellektuellen und emotionalen Gesinnungen der Spieler. Er wird quasi dazu gezwungen, mit den spielspezifischen Regeln und Ethiken zu interagieren. Unter dieser Annahme können moralische Dilemmata in Spielen also den Spieler oder die Spielerin für realweltliche moralische Dilemmata sensibilisieren und damit eine ethische Reflexion fördern. 23

Folgt man Jeffrey Wimmers Argumentation, so lässt sich bilanzieren, dass die Lektüre belletristischer Texte der Leserin oder dem Leser keine Entscheidungen abverlangt, sie nicht zu moralisch handelnden Personen macht. In diesem Sinne zeichnen sich Computerspiele als Lerngegenstand für die Wertevermittlung aus - bettet man sie, wie oben angemerkt, in diskursive und soziale Unterrichtskonzeptionen ein, welche der Reflexion der Spielhandlungen und der erlebten Wertekonflikte zuträglich ist. Ein Hinweis darauf dürfte die ausführliche Diskussion der Dilemma-Methode von Kohlberg liefern 24, deren Erkenntnisse sich auf moralische Dilemmata in Computerspielen übertragen lassen.

Das Unterrichtssetting und die Wahl von Sunset

In der 10. Klasse wird an der Kantonsschule Wettingen eine Deutschlektion mit halber Klassengröße erteilt. Administrative Gründe ergaben im Frühjahr 2015 eine Teilung der Klasse entlang der Geschlechtergrenze. Die Themen in den so genannten Halbklassenlektionen werden oft mit den Lernenden zusammen festgelegt. Die Gruppe der jungen Männer entschied sich dafür, eine inter­aktive Erzählung zu verfassen und in JavaScript zu programmieren. In der Reflexion dieser Arbeit wurden Fragen des Storytellings von interaktiven Erzählungen rege diskutiert, vor allem in Bezug auf Titel von Telltale Games, mit denen die meisten Schüler vertraut waren. Um diese Auseinandersetzung zu erweitern, habe ich in den letzten fünf Lektionen des Schuljahres mit den Schülern Sunset analysiert. Der knappe Zeitraum war der Entscheidung geschuldet, die praktische Einheit innerhalb des Halbklassen-Settings spontan mit der Lektüre eines aktuellen Beispiels zu ergänzen. Eine gründliche Auseinandersetzung mit einem Computerspiel erfordert einen breiteren zeitlichen Rahmen, er ist vergleichbar mit der Erschließung eines Romans.

Die didaktische Entscheidung zugunsten von Sunset erfolgte aus mehreren Gründen: Erstens war das Spiel zum Zeitpunkt des Einsatzes so neu (und in einer Nische angesiedelt), dass alle Schüler mit ähnlichen Voraussetzungen daran herangeführt werden konnten. Zweitens handelt es sich im weiteren Sinne um eine interaktive Erzählung, die drittens eine ungewohnte Per­spek­tive einnimmt: Kennen alle Schüler in diesem Alter Ego-Shooter, die eine aktive Teilnahme an kriegerischen Handlungen erfordern, stellt die Steuerung und die Rolle der Protagonistin Angela Burnes in Sunset eine Herausforderung dar, die dazu geeignet ist, Lernprozesse auszulösen. Viertens war das Spiel über Steam für alle verbreiteten Geräte in einer deutschen Version verfügbar (Untertitel und Menus, die Sprachausgabe erfolgt auf Englisch, das die Schüler ungefähr auf Niveau B2 beherrschen).
In einer ersten Phase spielten die Lernenden an einem an den Projektor angeschlossenen Gerät das Spiel und kommentierten ihre Überlegungen, Entscheidungen und Aktivitäten laut. Dieses an die Close-Reading-Methode angelehnte Vorgehen funktionierte erstaunlich gut, zumal Gudrun Marci-Boehncke aus medienpädagogischer Perspektive gravierende Einwände gegenüber Close Reading vorgebracht hat:

Im „Close Reading“ wurde und wird immer noch nahezu ausschließlich auf literarische Texte fokussiert und diese dann vermeintlich „entmedialisiert“ lediglich in ihrer inhaltlichen Bedeutungsstruktur zum Gegenstand der Betrachtung gemacht. 25

Entgegen der aufgrund solcher Einschätzung getroffenen Annahmen führte die Aufforderung, vom Start des Spiels an alle Entscheidungen, Gedanken und Vorgehensweisen laut zu kommentieren und genau zu diskutieren, was im Spiel wahrnehmbar und machbar ist, zu einer stark auf das Medium Computerspiel bezogenen Auseinandersetzung. Die große Gruppe der Zuschauenden trug eigene Einschätzungen und Aufforderungen dazu bei. Schnell wurden Hypothesen geäußert, die aus dem Vergleich mit anderen Spielen abgeleitet wurden; Handlungsschritte wurden aufgrund von Schlüssen auf eine interne Logik des Spiels als naheliegende bezeichnet. Phasenweise imitierten die Schüler auch die Rhetorik von Let’s-Play-Videos - die Komplexität der intertextuellen Verweise war für den Lehrer als Zuhörer phasenweise schwer zu durchschauen.

In dieser ersten Phase schien die primäre Motivation eine Beschleunigung des Spiels zu sein, verbunden mit der Erwartung, dass sich die zu Beginn bescheidenen Handlungsoptionen erweitern würden und eine Art Muster oder Sinn des Spiels in Erscheinung treten würde. Dabei konnten zwei unterschiedliche Strategien unterschieden werden: Ungefähr die Hälfte der Schüler versuchte, ein kompliziertes Rätsel zu entschlüsseln, indem sie Dokumente, Anordnungen, Schalter und Ähnliches detailliert studierte und verbal dokumentierte. Die andere Hälfte wählte einen mehr handlungs­bezogenen Zugang: Bestimmte Aktionen der gesteuerten Person, so die Annahme, würden eine Reaktion der Spielumgebung auslösen. Eine Entscheidung, welche dieser Zugänge sich bewähren würde, war in der ersten Phase nicht absehbar.

Die Kommentare umfassten vor der Einschätzung einer „inhaltlichen Bedeutungsstruktur” 26 eine Reihe von ästhetischen Urteilen zum Design des Computerspiels. Dabei wurde deutlich, wie erfahren die Schüler in der Wertung von Merkmalen von Computerspielen waren: Nicht nur die im Vergleich mit Mainstream-Titeln schlecht aufgelöste Grafik wurde negativ bewertet, sondern auch die Gestaltung des Menus, die Optionen für die Einstellung der Steuerung und andere paratextuelle Merkmale des Spiels (die Diskussion von Paratexten in Computerspielen müsste auf der Basis von Genettes Arbeiten 27 ähnlich wie bei Nottingham-Martin 28 gesondert geführt werden).

In dieser ersten Phase fielen alle Urteile entweder neutral oder negativ aus. Das lässt sich gut auch aus dem zweiten Schritt der Arbeit an Sunset ablesen: Die Schüler wurden beauftragt, zuhause eine Stunde weiterzuspielen und sich über ihre Eindrücke in einer WhatsApp-Gruppe auszutauschen. Für die dort vorgenommenen Einträge ist der im Folgenden zitierte exemplarisch:

Die Grafik war auch nicht so toll, das gameplay besteht aus ein paar Knöpfen, die verschiedene Aktionen ausführen. Das Konzept wurde nicht gut umgesetzt. 29

Es ist anzunehmen, dass die Dynamik von WhatsApp sowie das alters­spezifische Bedürfnis nach Konformität dazu führten, dass viele Schüler die Wertungen der Vorredner übernommen haben. Teilweise wurden auch Wertungsskalen eingesetzt („Story 7/10, Grafik 5/10, Steuerung 6/10” 30 ).
Gleichzeitig gaben die negativen Urteile auch Anlass zu einer Relativierung der eigenen Einschätzung:

weil ich müde bin und hunger habe, kann/konnte ich mich nicht so gut konzentrieren und hatte so nicht genügend geduld wirklich alles zu lesen und alle details anzuschauen, was wohl sehr wichtig wäre, den wirklichen Hintergrund/Geschichte des Spiels heraus zu finden.
Leider wage ich nicht mehr Aussagen über die (so weit ich gesehen habe jedenfalls recht gelungene) Story zu machen, weil ich nicht alles verstanden habe und nicht lange genug gespielt habe. 31

Diese Einschätzungen in Bezug auf die Konzentration oder Geduld, welche das Spiel erforderten, wurden von den Schülern auch mit Detail­be­obach­tun­gen belegt:

Das Spiel erzählt vieles durch die Soundeffekte, zum Beispiel hört man plötzlich ein Krachen oder Musik von vielleicht einer Parade, die auf Kriegssituationen schliessen lassen.
Wenn man sich nicht Gedanken zu der Geschichte und der Situation der Hauptcharaktere macht, könnte man Sunset sehr schnell langweilig finden. 32

Einige Kommentare enthielten auch Würdigungen der Leistungen des Spiels wie im folgenden, ausführlicheren Kommentar sichtbar wird:

Ich finde das Spiel und die Idee dahinter sehr gut. Es probiert etwas zu zeigen, an was sonst niemand denkt, nämlich wie es den normalem Arbeitern in Kriegssituationen geht und was sie denken. Trotzdem haben sie eine spannende Story verpackt mit dem Konzept dass sie sozusagen beim "Feind" ihres Bruders arbeitet. Das Spiel könnte Grafisch optimiert werden, aber so wie es ist, passt es perfekt in das Jahr 1972. 33

Gleichwohl kann bilanziert werden, dass die Schüler in der zweiten Phase der Auseinandersetzung primär zu einem negativen Urteil über das Gameplay des Spiels gelangt sind - der im Titel zitierte Kommentar bringt das auf den Punkt: „Ich habe in diesem Spiel keinen Reiz gefunden, da nichts wirklich passiert.” 34

Die Auswertung der Online-Diskussion in der zweiten Unterrichtsphase führte zu einer Umstellung der Planung der dritten Phase: An die Stelle eines Unterrichtsgesprächs zum Vergleich von Sunset mit interaktiven Erzählungen wie 80 Days von inkle 35 trat der Auftrag, sich stärker mit der Spielerzählung auseinanderzusetzen und die Eindrücke bei der Entwicklung des Plots in einem Aufsatz zu notieren. Da es in den WhatsApp-Kom­men­taren durchaus Hinweise darauf gab, dass eine Reflexion von Werten eine Rolle spielen könnte, wurde der Auftrag bewusst offen gehalten - eine spezifische Fragestellung zu moralischen Fragen wurde vermieden:

Das Konzept eine immigrierte Putzfrau zu spielen um dann subtil mehr über deren Leben und das ihres Masters zu erfahren gefällt mir, weil es etwas ist, was ich so noch nie in einem Videospiel gesehen habe. 36

Die abschließende dritte Phase bestand also in der Kombination einer individuellen Spielphase und der Arbeit an einem Text, der in den meisten Fällen die Form einer Rezension annahm. Dafür dürften zwei Gründe ausschlaggebend gewesen sein: Diese Textsorte war einerseits im gleichen Halbjahr in Bezug auf literarische Texte im Unterricht Gegenstand, anderer­seits wurden Textsortenmerkmale von Computerspiel-Rezensionen eingesetzt, die offenbar den Jugendlichen bekannt sind („Gespielt haben wir das Spiel auf einem Mac Book Pro Retina, 13’, OS X Yosemite Version 10.10.4, 8GB Arbeitsspeicher 1600MHz DDR3, 2.6GHz Intel Core i5.”).

Die archivierten Chats sowie die Rezensionen der Schüler bieten einen Einblick in die Verstehensabläufe und Beurteilungsprozesse der Lernenden. Hilfreicher waren aber die Interaktionen direkt vor dem Bildschirm, wo deutlich wurde, welche subjektiven Theorien den Spielzugang steuern und wo die Feedbacks der Gruppe auch direkt zu einer Auseinandersetzung führten. Gleichzeitig zeigt sich hier aber auch ein fundamentales Problem in der Auseinandersetzung mit Computerspielen: Die Spielhandlung ist eine individuelle Investition in einen bestimmten Verlauf des Spiels. Entscheidungen weisen eine bestimmte Kohärenz auf und führen insofern zu unterschiedlichen Spielerlebnissen, so dass ein Durchgang durch ein narratives Autorenspiel wie Sunset zwar mit dem Prozess der Lektüre eines Romans vergleichbar ist (zumal sich am Verlauf der Geschichte grund­sätzlich nichts ändert), letztlich aber durch konkrete Spielhandlungen eine stärkere Anbindung an einen konkreten Spieler oder eine Spielerin erfährt. Kurz: Es ist leichter, einen literarischen Text an sich von den persönlichen Lektüreeindrücken zu unterscheiden, als das bei Computer­spielen der Fall ist. Das zeigte sich in einer kurzen Schluss­diskussion zur Spielsequenz, in der relativierende Formulierungen wie „bei mir”, „ich weiß nicht, ob das bei euch auch so war”, „vielleicht passierte das nur, weil ich vorher” in hoher Frequenz zum Einsatz kamen.

Sunset als Lerngegenstand für die Werteerziehung

Werte werden somit auf gekonnt pointierte, da unmerkliche Weise in der materiellen Wortbedeutung eingespielt. Sinnfällig entfaltet sich die folgende Szenerie und steigert die Eindrücke. 37

Was Anselm als didaktische Qualität von Jonas Lüschers Novelle Frühling der Barbaren 38 bezeichnet, gilt für Sunset genau so. Die Werte und ins­be­son­dere auch moralischen Konflikte der Hauptperson, Angela Burnes, lassen sich beispielsweise aus ihrem Tagebuch rekonstruieren, das die deutsche Übersetzung der englisch gesprochenen Einspielungen zu Beginn jedes Tages enthält. „Hätte David zugestimmt?” 39, fragt sie sich beispielsweise, als sie Dokumente Ortegas an die Rebellen weitergibt, während ihr Bruder inhaftiert ist. Die durch die Frage implizierte Geschlechterordnung - die Burnes-Geschwister sind als rassistisch diskriminierte Personen zwar verbunden, Angela ist aber aus unklaren Gründen dazu gezwungen, Haushaltsarbeiten zu machen, während ihr Bruder eine Revolution durchführt - wird dem Leser nur mittelbar zugänglich gemacht, obwohl verschiedene Verweise darauf in der Erzählung vorkommen. Als Angela eine Pause einlegt, stellt sie beispielsweise fest, sie möge Diagramme und Entwürfe „genau so wie jeder andere, der zur Ingenieurschule gegangen ist” 40. Diese kaum merkliche Einbettung von moralischen Dilemmata und ethischen Fragen entspricht der ganzen Anlage des Spiels: „Grübeleien darüber, wie ich den Tag genutzt habe” 41, die bei der Protagonistin in einem Tagebucheintrag auftauchen, sind für den Spieler direkt in der Spiel­handlung und indirekt in seiner eigenen Tätigkeit als Computerspieler relevant. Die Reflexion wird subtil dahingehend gesteuert, sich einerseits darüber Gedanken zu machen, ob Burnes während einer Revolution entweder ein Penthouse eines vermögenden Industriellen aufräumen sollte oder die Beine hochlegen und seinen „Cognac trinken” 42 soll, andererseits wirft sie die Spielenden auf sich selbst zurück: Sie sitzen am Computer und klicken sich durch ein Spiel, während Menschen für ihre Freiheit und ihr Überleben kämpfen. Sunset vermeidet hier klare Botschaften: Klebt auf einer Kiste der Sinnspruch „We don’t elevate art. Art elevates us.” 43, reagiert Burnes mit der saloppen Bemerkung, das sei ganz in Ordnung, weil die Kiste doch recht schwer aussehe. Etwas später stellt sie sich während einer Pause die Frage, welchen Sinn das nackte Überleben in einer Diktatur habe. So gelangt sie in Bezug auf die Kunstsammlungen Ortegas im Laufe der Handlung zu einer anderen Einschätzung: Zu Beginn ist sie überzeugt davon, Ortega habe kein Recht, der Öffentlichkeit Kunstwerke zu entziehen.
Sunset ist für die Werteerziehung aufgrund der Dynamik der moralischen Fragen und der Vielfalt an Perspektiven, die darauf eingenommen werden, grundsätzlich sehr geeignet. Die überschaubare Figurenkonstellation lässt eine eingehende Diskussion der Beziehungen zwischen den Figuren zu, kann aber leicht auch als eine Typisierung von Verhaltensweisen in Krisen gelesen werden, die sich im Laufe des Spiels zu verschieben beginnt.

Diese Einschätzung muss aber aus drei Gründen relativiert werden:
Erstens genügt das Spiel den technischen Ansprüchen erfahrener Spieler nicht. So schreiben zwei Schüler in einer gemeinsam verfassten Rezension:

Auch die Darstellung und Graphik des Spieles haben uns nicht wirklich überzeugt, unsere Spielerfahrung wurde durch Lags und Glitches (auf dem Bild zu sehen) erschwert und verschlechtert. Die doch sehr einfache und nicht unbedingt schön designte Umgebung lädt relativ langsam, was den Spassfaktor verkleinert. Daher geben wir auch für die Graphik nur 2/10 Punkten. 44.

Diese Kritik muss klar in einen bestimmten Erwartungshorizont verortet werden, der es den Schülern erschwert hat, die ästhetischen Qualitäten des Spiels wahrzunehmen und mit den finanziellen Möglichkeiten eines unabhängigen Künstlerstudios abzugleichen. Brüche mit ästhetischen Alltagserwartungen müssen und sollen in einem kulturwissenschaftlich differenzierten Unterricht erfahren und vermittelt werden - gerade aber weil Computerspiele im Deutschunterricht marginalisiert werden 45, während sie in der Lebenswelt Jugendlicher eine große kulturelle Bedeutung einnehmen, ist dieser spezifische Bruch mit einem aus der Perspektive der Schüler handwerklich mangelhaften Spiel von größerer Bedeutung. Er lässt sich nicht etwa damit erklären, dass Jugendliche wenig Erfahrung mit Theater­aufführungen haben und so ein Kostümspektakel statt einer modernen Inszenierung erwarten, sondern muss als Hindernis für die neutrale Rezeption in die didaktische Planung einfließen.

Ein zweiter Einwand gegen die Lektüre von Sunset im Deutschunterricht ergibt sich aus den Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten der Spielenden. Ihre Interaktionen im Appartement sind stark limitiert und werden durch die Spielmechanik gesteuert. Das hat - wie in der Einleitung erwähnt - narrative Gründe, weil dadurch veranschaulicht wird, dass Burnes in einem Luxus-Penthouse eingesperrt ist und dazu verurteilt ist, repetitive Arbeiten zu erledigen, statt, wie die beiden Männer, eine Revolution zu planen und durchzuführen. Sie ist vor die Frage gestellt, welche Handlungen letztlich „meaningful” 46 seien, wie sie sich ihr Leben innerhalb der durch diskriminierende Strukturen, Migration, Bürgerkrieg, Politik und private Bedürfnisse ergebenden Strukturen einrichten will. Die Repetitivität und Sinnlosigkeit ihrer Aktivitäten wird dadurch veranschaulicht, dass der Verlauf des Spiels und seine Erzählung nicht durch die Handlungen von Burnes beeinflusst werden - sie wirken sich lediglich auf das Spielerlebnis der spielenden Person aus. Wer in dem Sinne effizient spielen will, dass ein Ende der Narration möglichst schnell herbeigeführt wird, nimmt sich selbst die Möglichkeit, darin zu versinken.
Diese Pointe der Spielmechanik ist für die Schüler erst nach intensiver Reflexion zugänglich. Darauf beziehen sich Dangleterre und Hoffman in ihrer Rezension:

Auch durch das viele Aus- und Eintreten (immer “continue “ drücken) in die Wohnung und die sich wiederholenden, eher langweiligen Handlungen geht der Spielfluss, sowie der Fokus auf den Ablauf der Geschichte verloren. 47.

Aus dem Umgang mit der Schwierigkeit, dass narrative Komplexität die Konzentration auf den Plot erschwert, entsteht ein zentraler Lernprozess im Deutschunterricht. Er kann,gerade an belletristischen Texten gut geübt werden kann. In Bezug auf Sunset - und das wäre ein dritter Einwand gegen den unmittelbaren Einsatz im Unterricht – hat dieser Schwierigkeit jedoch auch dramaturgische Gründe: Die Repetitivität der Tätigkeiten ist der Hintergrund, der für das Funktionieren bestimmter narrativer Effekte nötig ist. Hängt im Aufzug statt eines Auftragszettels die Anweisung, zu tun, was man will, ein leerer Zettel oder die Bemerkung, nach der Arbeit solle Angela Burnes doch auf Ortega warten, so wirken diese Veränderungen nur dann stark auf die Spielenden, wenn sie sich vorher in sinnlosen Wiederholungen derselben Schritte verloren haben. Ihre Vorgehensweisen werden gebrochen und Raum für Reflexion entsteht. Auch die Rolle und Wandelbarkeit des Raumes und seiner Lichtverhältnisse wird erst nach mehr als der Hälfte des Spiels erkennbar. Solche Eigenheiten des Aufbaus von Erzählungen sind für Schüler in der 10. Klasse durchaus durchschaubar und auch reizvoll, sie bedingen aber einen recht schnellen Durchlauf durch das Spiel.

So zeigt sich abschließend, dass didaktische Empfehlungen in Bezug auf Sunset widersprüchlich bleiben müssen: Steht außer Zweifel, dass die Wertekonflikte, die sich gerade auch aus der Ohnmacht der Hauptfigur nähren, von hohem pädagogischem Wert sind, so erfordert ihre Wahrnehmung wahlweise eine langsame Heranführung an das Spiel oder eine intensive Spielphase. Die soziale Einbettung und diskursive Verfügbarkeit des Spielerlebnisses ist für das Erkennen moralischer Positionen unabdingbar, behindert aber gleichzeitig eine individuelle Aneignung des Spiels.

Eine mögliche Lösung für diese Dilemmata könnte der abschließende dritte Teil anbieten:  Der Vorschlag, Jenny Erpenbecks Roman Wörterbuch parallel zur Arbeit mit Sunset zu lesen. Der Potentialis muss deshalb gewählt werden, weil diese Zusammenführung in einer Unterrichtseinheit lediglich ein theoretisches Konstrukt ist, praktische Erfahrungen liegen dazu noch nicht vor.

Vergleichende Lektüre mit Erpenbecks Wörterbuch

Die 2004 erschienene Erzählung Wörterbuch ist zumindest in der Schweiz am Gymnasium in der 10. Klasse keine häufige, aber eine durchaus etablierte Lektüre. Sie erzählt aus der Ich-Perspektive eines namenlosen Mädchens. In einer obsessiven Sprachreflexion und Erinnerungsarbeit nähert sich die Erzählerin dem Ursprung ihres Traumas: Ihre Eltern wurden von Mit­ar­bei­tern des Geheimdienstoffiziers, in dessen Familie sie als Adoptiv­tochter lebt, in den Folterkellern des totalitären Regimes ermordet. An Alltagswörtern wie „Milch“ entwickelt das Mädchen Mutmaßungen über ihre Vergangenheit und führt die Leserin oder den Leser so in ihre Vorgeschichte ein, die als ein Rätsel entschlüsselt werden muss - ein Rätsel, dessen Lösung gleichermaßen den Plot wie auch die Sprunghaftigkeit und Brüchigkeit des assoziativen Textes erklären könnte:

Warum hattest du keine Milch für mich, frage ich meine Mutter. Manche Frauen haben viel Milch, andere nun einmal keine, antwortet meine Mutter. An die Brüste der Amme kann ich mich gut entsinnen. 48

Die Entwirrung des verschlüsselten Textes erfordert die von Anselm geforderte Fähigkeit, „eigene Werthaltungen zu explizieren und gerade auch in interkulturellen Kontexten zu reflektieren” 49. Das lässt sich gut am intertextuellen Verweis auf den Text von Brahms’ Wiegenlied (bzw. in der Sammlung von Arnim und Brentano Gute Nacht, mein Kind!) erkennen, der in der Exposition der Erzählung eine starke Rolle spielt 50. Die Erzählerin formuliert Assoziationen, die auf eine paranoid negative Rezeption des Lieds verweisen. Diese psychologische Einsicht kann nur aufgrund von Vor­an­nahmen über die Einstellung von Kindern formuliert werden. Im Verlauf der Erzählung verkompliziert sich der Verweis auf das Lied durch die Einsicht, dass die Erzählung in Südamerika spielt. Der genaue Ort der Handlung lässt sich nicht eruieren, aufgrund der beschriebenen Vorgänge kann aber davon ausgegangen werden, dass es sich um Argentinien handelt. Die Frage, weshalb ein Kind in Argentinien ein deutsches Wiegenlied vorgesungen bekommt, führt in der Interpretation zu einer Reihe von Anschlussfragen, die den Kontext der Erzählung beleuchten. So erfordert die Erzählung eine Auseinandersetzung mit Kinderpsychologie, totalitären Staaten, inter­kulturelle Reflexion, Textverständnis. Sie ist für die Wertevermittlung in einem sprachreflexiven Kontext uneingeschränkt geeignet.

Weshalb der Vergleich mit Sunset sich anbietet, zeigt eine Bemerkung aus Ariane Hans’ Dissertation: In Erpenbecks Erzählung fungiere „Argentinien […] als ambivalenter Ort bzw. Raum des Grauens und der Zerstörung einer Biografie”, heißt es da. 51 Erpenbecks Argentinien und das fiktive Land Anchuria in Sunset weisen in ihrer Ambivalenz und der räumlichen Inszenierung des Grauens starke Parallelen auf. Sie zeigen sich schon im Bezug auf die Sonne, die bei Sunset die Lichtverhältnisse bestimmt und Angela Burnes am Ende des Tages jeweils eine Stunde im Appartement von Ortega gewährt, die für die Spielenden auch den Rahmen ihrer Möglichkeiten der Erforschung eines Zustandes der Spielumgebung darstellt. In Erpenbecks Argentinien scheint immer die Sonne: „[…] sie scheint und scheint und scheint, und der Himmel rings um die Sonne ist beinahe immer ganz und ganz leer.” 52 Die vergleichende Arbeit mit solchen Strukturelementen der beiden Texte führt im Unterricht zu einer fruchtbaren analytischen Tätigkeit. Das lässt sich direkt auch auf die Perspektive einer weiblichen Hauptfigur anwenden, die unter den totalitären Strukturen der südamerikanischen Regimes leidet, durch die Anlage der Erzählung aber nicht auf einen Opferstatus zurückgeworfen wird, sondern wie die Leserin oder der Leser eine aktive Auseinandersetzung zumindest versuchen kann.
Auch das scheinbare Happy End, zu dem Angela Burnes einerseits gerade durch ihre scheinbar sinnlose Präsenz in der Wohnung beiträgt und zu einer verdächtigen Harmonie zwischen privatem Glück und politischer Gerechtigkeit führt, spiegelt sich in Wörterbuch: Die Adoptiveltern der Protagonistin werden zur Rechenschaft gezogen, sie wird befreit („Ich sei nun befreit. [...] Ich bin jetzt beinahe von allem befreit.“ 53. Aber auch dieser versöhnliche Schluss bietet Angriffsflächen für Kritik: Wie Hans schlüssig argumentiert, lässt sich bei der Aussage der Erzählerin, sie „liebe die Wahrheit von ganzem Herzen“ 54 einwenden, dass sie eine kritische Aufarbeitung der eigenen Geschichte im Rückzug auf das Nachdenken über Sprache und Wörter eigentlich verweigert hat. 55  Sie verliert zudem im Moment der Befreiung auch wesentliche Teile ihrer eigenen Geschichte und Identität. 56

In solchen Betrachtungen wird auch die Diskrepanz zwischen einem Computerspiel, das eine Entwicklung auf einem Nebenschauplatz direkt begleitet und - markiert durch die Daten und Tageszeiten - eine Gegenwart erfahrbar macht, und einer Erzählung, deren Perspektivfigur nolens volens in ihre Vergangenheit abtaucht und sich durch eine traumatische Un­fähig­keit auszeichnet, die Gegenwart zu gestalten, erkannbar. So zeigt sich beispielsweise, dass in Wörterbuch schwer zu rekonstruieren ist, wie alt das Mädchen zu einem bestimmten Zeitpunkt der Erzählung ist, während Sunset diese Frage ohne Probleme beantwortet.

Diese Hinweise auf eine vergleichende Analyse von Erzählungen in unterschiedlichen Medien machen das analytische Potential deutlich, das sich abschließend auch auf eine hintergründige Bedeutungsebene beziehen muss: Geht es dem Team hinter Sunset wie in der Einleitung gezeigt darum, die Spielenden zu einer Reflexion über ihren eigenen repetitiven Alltag in schönen Wohnungen anzuregen, während der Krieg nur vermittelt sicht- und hörbar ist, kommentiert Erpenbeck in Wörterbuch die Wende, also den Zusammenbruch des totalitären Regimes in der DDR und die darauf folgende Wiedervereinigung 57. So entspricht die gegenwartsbezogene Spielstruktur durchaus der Intention der Autorin und des Autors, während die vergangenheitsbezogene Forschung bzw. Verweigerung der Heldin von Wörterbuch ebenfalls die Absichten der Autorin aufnimmt.

Didaktisch dürfte nun die parallele Arbeit an beiden Texten einen Spielraum eröffnen, der die im zweiten Teil formulierten Probleme zumindest teilweise lösen kann: Unterrichtseinheiten zur Funktion des Lichts und der Sonne oder der sprachlichen Arbeit der beiden Protagonistinnen (im Wörter- bzw. Tagebuch) sind Beispiele dafür, wie der Blick gerade durch den Vergleich auf Details der Erzählungen gelenkt werden kann. Das federt den Bruch mit gewohnten Rezeptionsmustern einerseits ab, lädt aber auch zu einer intensiveren Beobachtung im Spielerlebnis ein. Die Möglichkeit, am Kontext und Bedeutungshorizont der beiden Erzählungen zu arbeiten, schafft einerseits Synergien (Unterrichtseinheiten mit Zeitungsberichten zur Geschichte Argentiniens in den 1970er-Jahren sind der Lektüreerfahrung beider Texte zuträglich), andererseits auch die Motivation, hinter die Oberfläche des Spiels und der Erzählung zu gelangen. Die aus kultur­wissenschaftlicher Sicht triviale Einsicht, dass ein Spiel (zumindest auch) erzählen kann, dürfte in der vergleichenden Arbeit für Schülerinnen und Schüler der 10. Klasse durchaus neue Einsichten eröffnen. Diese sind gerade in der Wertereflexion sehr wertvoll: Die Mechanik des Spiels mit der Möglichkeit, (Pseudo-)Entscheidungen zu fällen, ist als Kontrast zum Lektüreerlebnis mit einem belletristischen Text deutlich erkennbar und benennbar. So kann ein Lernprozess angestoßen werden, der auf eigene Vorannahmen und Deutungsverfahren verweist, die im Unterricht sozial verhandelt werden.

Fazit

Literarische Leser sind gewissermaßen Wahr­nehmungs­experten. Das setzt Offenheit für Beobachtungen, Zusammenhänge und Perspektiven voraus. 58

Der vorliegende Beitrag zeigt, dass Schülerinnen und Schüler zu Wahrnehmungsexpertinnen und -experten werden müssen, um einen Zugang zu Computerspielen zu erhalten, die in Bezug auf die Werte­erziehung ein enormes Potential haben und eine Lösung für ein Paradox darstellen könnten, das die Schule schwer lösen kann: Werteentwicklung bedingt autonome Urteile, welche innerhalb der Schulstruktur aber kaum möglich sind. Dieses Potential liegt, so zeigen die Erfahrungen mit Sunset, einerseits durch die Erfahrungen der Jugendlichen im Umgang mit Computerspielen, andererseits durch die Funktionsweise des Deutsch­unter­richts noch brach. Es ist erst dann wirklich abrufbar, wenn die Eigenheit von komplexen Autorenspielen didaktisch in Lernumgebungen eingebettet werden kann. Die vergleichende Arbeit mit einem belletristischen Text dürfte dafür ein sinnvoller Weg sein.

Verzeichnis der Verwendeten Texte und Medien

Texte

Albrecht, Clemens: Werteerziehung und Werturteilsstreit. Die Aktualität einer alten Debatte. In: Zeitschrift für Pädagogik 47 (2001) 6, S. 879-892.
Anselm, Sabine: Ethische Bildung durch Wertreflexionskompetenz. Überlegungen zur Werteerziehung (nicht nur im Deutschunterricht). In: Mitteilungen des deutschen Germanistenverbandes. Jg. 59, H. 4 (2012), S. 401-415.
Anselm, Sabine: Ethische Bildung und Literatur(unterricht). Überlegungen zu Werteerziehung und Narration. In: Nubert, Roxana (Hg.): Temeswarer Beiträge zur Germanistik. Temeswar: Mirton 2014, S. 7-26.
Boelmann, Jan M.; Seidler, Andreas (Hg.): Computerspiele als Gegenstand des Deutschunterrichts. Frankfurt am Main:  Peter Lang 2012.
Dangleterre, Patrick; Hoffman, Benjamin: Review “Sunset”. 2015. Private Quelle.
Dimopoulos, Konstantinos: A Tale of Tales on the politics and interior design of Sunset. 2015. <http://www.gamasutra.com/view/news/241407/A_Tale_of_Tales_on_the_politics_and_interior_design_of_Sunset.php> [9.10.2015]
Genette, Gèrard: Paratexte. Das Buch vom Beiwerk des Buche. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2001/1987.
Erpenbeck, Jenny: Wörterbuch. Frankfurt am Main: Eichborn 2004.
Habermas, Jürgen: Hannah Arendts Begriff der Macht. In ders.: Politik, Kunst, Religion. Essays über zeitgenössische Philosophen. Stuttgart: Reclam 1978/1976.
Hans, Ariane: Monika Maron und Jenny Erpenbeck: DDR im Zeichen der Moderne. Dissertation University of Endingburgh. 2014. <https://www.era.lib.ed.ac.uk/bitstream/handle/1842/10575/Hans2014.pdf?sequence=4&isAllowed=y> [3.10.2015]
Hofer, Stefan; Bauer, René: Lektüre und/als (Computer-)Spiel: Intermediales Erzählen und Rezipieren als Gegenstand des Deutschunterrichts. In: Boelmann, Jan M.; Seidler, Andreas (Hg.): Computerspiele als Gegenstand des Deutschunterrichts. Frankfurt am Main:  Peter Lang 2012, S. 103-129.
Horstmann, Susanne: Text. In: von Braungart, Georg; Fricke, Harald; Grubmüller, Klaus; Müller, Jan-Dirk; Vollhardt, Friedrich; Weimar, Klaus (Hg.): Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Band 3. Hg.. Berlin/New York: de Gruyter, 2007/1997, S. 594-597.
Kepser, Matthis: Computerspielbildung. Auf dem Weg zu einer kompetenzorientierten Didaktik des Deutschunterrichts. In: Boelmann, Jan M.; Seidler, Andreas (Hg.): Computerspiele als Gegenstand des Deutschunterrichts. Frankfurt am Main:  Peter Lang 2012, S. 13-47.
Kultusministerkonferenz: Bildungsstandards im Fach Deutsch für die Allgemeine Hochschulreife. Beschluss vom 18.10.2012. 2012. <https://www.ndl-medien.uni-kiel.de/Studium_Lehre/fachdidaktik/bildungsstandards-im-fach-deutsch-fuer-die-allgemeine-hochschulreife> [20.9.2015]
Lind, Georg: Rekonstruktion des Kohlberg-Ansatzes: Das Zwei-Aspekte-Modell der Moralentwicklung. In Oser, Fritz; Althof, Wolfgang (Hg.): Moralische Selbstbestimmung. Stuttgart: Klett-Cotta 1992, S. 204-208.
Lüscher, Jonas: Frühling der Barbaren. München: Beck 2013.
Marci-Boehncke, Gudrun: Grundbildung Medien mitdenken - Überlegungen zur Medienbildung im Fach Deutsch in Lehramtsausbildung und Schule. In: Imort, Peter; Niesyto, Horst (Hg.): Grundbildung Medien. München: Kopäd 2014, S. 195-210
Nottingham-Martin, Amy: Tresholds of Transmedia Storytelling. Applying Gérard Genette’s Paratextual Theory to The 39 Clues Series for Young Readers. In: Information Resources Management Association (Hg.): Gamification, Methodologies, Tools and Applications. Hershey: IGI Global 2015, S. 826-851.
Pohl, Kirsten: Just a game? Simulating moral issues. In: Baumbach, Sibylle; Grabes, Herbert; Nünning, Ansgar (Hg.): Literature and values. Literature as a medium for representing, disseminating and constructing norms and values. Trier: Wissenschaftlicher Verlag Trier 2009, S. 279-292.
Samyn, Michaël; Harvey, Auriea: And the sun sets… 2015. <http://tale-of-tales.com/Sunset/blog/index.php/and-the-sun-sets/> [5. 10. 2015]
Wampfler, Philippe: WhatsApp-Gruppe Sunset. Mit Beiträgen von Lernenden. Private Quelle. 2015.
Wampfler, Philippe: Deutschdidaktik und digitale Literatur. In: Stobbe, Martin (et al.) (Hg.): Digital.Sozial.Marginal? (=Textpraxis. Sonderausgabe 2). Erscheint 2016.
Walker, Austin: Let’s Talk About Tale of Tales Sunset and Public. 2015 <http://www.giantbomb.com/articles/let-s-talk-about-tale-of-tales-sunset-and-public-f/1100-5227/> [2.10.2015]
Wawro, Alex: Q&A: Tale of Tales tells its first original story with Sunset. 2014. <http://gamasutra.com/view/news/219409/QA_Tale_of_Tales_tells_its_first_original_story_with_Sunset.php>  [1. 10. 2015]

Spiele

inkle: 80 Days (iOS). Cambridge: inkle, 2014.
Tale of Tales: Sunset (OS X). Haarlem: Tale of Tales 2015.
The Fullbright Company: Gone home. Portland: Fullbright, 2013.

  1. Vgl. Wampfler, Deutschdidaktik und digitale Literatur. 2016. []
  2. Vgl. Boelmann; Seidler: Computerspiele als Gegenstand des Deutschunterrichts. 2012. []
  3. Tale of Tales: Sunset (OS X). 2015. []
  4. Vgl. Wawro: Tale of Tales tells its first original story with Sunset. 2014. []
  5. Dimopoulos: A Tale of Tales on the politics and interior design of Sunset. 2015. []
  6. Ebd. []
  7. Sunset, 2015. []
  8. Vgl. Walker: Let's Talk about Tale of Tales' Sunset and Public Funding for Games. 2015. []
  9. Erpenbeck: Wörterbuch. 2004. []
  10. Albrecht: Werteerziehung und Werturteilsstreit. 2001, S. 891. []
  11. Kultusministerkonferenz: Bildungsstandards im Fach Deutsch für die Allgemeine Hochschulreife. 2012, S. 65. []
  12. Habermas: Hannah Arendts Begriff der Macht. 1978, S. 246f.[]
  13. Anselm: Ethische Bildung durch Wertreflexionskompetenz. 2012, S. 406. []
  14. vgl. ebd., S. 407f. []
  15. Vgl. Horstmann, Text. 2007, S. 596 []
  16. Ebd., S. 595 bzw. 594. []
  17. Kepser: Computerspielsbildung. 2012, S. 19f. []
  18. Hofer/Bauer: Lektüre und/als (Computer-)Spiel. 2012, S. 105ff. []
  19. Anselm, Ethische Bildung und Literatur(unterricht). 2014, S. 16. []
  20. Ebd., S. 9. []
  21. Vgl. Pohl, Just a game? 2009, S. 284f. []
  22. Wimmer, Moralische Dilemmata in digitalen Spielen. 2014, S. 279. []
  23. Ebd., S. 277f. []
  24. Vgl. etwa Lind: Rekonstruktion des Kohlberg-Ansatzes. 1992. []
  25. Marci-Boehncke, 2014, S. 197. []
  26. Ebd., S. 197 []
  27. vgl. Genette, Paratexte. 2001 []
  28. vgl. Nottingham-Martin, Tresholds of Transmedia Storytelling. 2015 []
  29. Wampfler, WhatsApp-Gruppe Sunset. 2015. Die Kommentare der Schüler werden ohne Korrektur übernommen. []
  30. Ebd. []
  31. Beide ebd. []
  32. Ebd. []
  33. Ebd. []
  34. Ebd. []
  35. inkle: 80 Days. 2014. []
  36. Ebd. []
  37. Anselm, Ethische Bildung und Literatur(unterricht). 2014, S. 19. []
  38. Lüscher: Frühling der Barbaren. 2013. []
  39. Sunset, 2015. []
  40. Ebd. []
  41. Ebd. []
  42. Wampfler, WhatsApp-Gruppe Sunset. 2015. []
  43. Sunset, 2015. []
  44. Dangleterre; Hoffman, Review “Sunset”. 2015, S. 2 []
  45. Vgl. Wampfler, Deutschdidaktik und digitale Literatur. 2016. []
  46. Sunset, 2015. []
  47. Dangleterre; Hoffman, Review “Sunset”. 2015, S. 1f. []
  48. Erpenbeck, Wörterbuch. 2004, S. 11. []
  49. Anselm, Ethische Bildung und Literatur(unterricht). 2014, S. 19. []
  50. Erpenbeck, Wörterbuch. 2004, S. 9f. []
  51. Hans, Monika Maron und Jenny Erpenbeck. 2014, S. 41. []
  52. Erpenbeck, Wörterbuch. 2004, S. 11. []
  53. Ebd., S. 104. []
  54. Ebd., S. 105. []
  55. Vgl. Hans, Monika Maron und Jenny Erpenbeck. 2014, S. 210f. []
  56. Ebd., S. 224ff. []
  57. Vgl. ebd. []
  58. Anselm, Ethische Bildung und Literatur(unterricht). 2014, S. 10. []

Schlagworte:

Spiele: 

So zitieren Sie diesen Artikel:

Wampfler, Philippe: "„Ich habe in diesem Spiel keinen Reiz gefunden, da nichts wirklich passiert” – Die Lektüre von 'Sunset' im gymnasialen Deutsch­unterricht im Vergleich mit Jenny Erpen­becks Erzählung Wörterbuch". In: PAIDIA – Zeitschrift für Computerspielforschung. 21.12.2015, https://paidia.de/ich-habe-in-diesem-spiel-keinen-reiz-gefunden-da-nichts-wirklich-passiert/. [21.12.2024 - 14:24]

Autor*innen:

Philippe Wampfler

Philippe Wampfler (*1977) unterrichtet an der Kantonsschule Wettingen (Schweiz) Deutsch, Philosophie sowie das neue Fach »Die digitalisierte Gesellschaft und ihre Medien«. An der Universität Zürich ist er Dozent für Fachdidaktik Deutsch. Er befasst sich mit den Auswirkungen von Neuen Medien auf Bildung, hauptsächlich auf seinem Blog schulesocialmedia.com