Etwas Böses scheint in die carroll’sche Welt eingedrungen zu sein und hat das phantastische Land der Wunder albtraumhaft verzerrt. Eine erwachsene Alice Liddell steht mit einer blutbespritzten Schürze vor einer Grinsekatze, die nur noch aus Haut und Knochen besteht und übersät ist mit Tätowierungen und Piercings (s. Abb. Die Grinsekatze). Irgendetwas trieb das Mädchen ein drittes Mal an diesen skurrilen Ort. Doch nun ist er nicht mehr nur skurril. Unwirtliche Landschaften, die trostloser und undurchsichtiger kaum sein könnten, frei über dem Nichts schwebende schachbrettartige Stege (s. Abb. Burg der Türen), bekannte und bisher unbekannte Wesen,1 die Alice nicht mehr nur einfach verwirren, sondern sie sogar attackieren, töten oder fressen wollen. Was hat das Wunderland in einen Ort verwandelt, in dem sich Lava durch zerklüftete Felslandschaften zieht, in dem schrecklich zugerichtete Kinder ihres Verstandes beraubt durch verfallene Gänge irren, in dem Sklaverei, Gewalt und Unterdrückung herrschen? Und warum wird das Mädchen als Erwachsene mit diesem entstellten Bereich ihrer Kindheit konfrontiert?
In Lewis Carrolls Erzählung, die als Grundlage für American McGees Adaption und die Ereignisse in der Geschichte dient, liegt Alice’ Anlass von der realen Welt ins Wunderland hinüberzuwechseln in einer Mischung aus ungerichtetem Neugierverhalten und einem Hinübergleiten in einen dämmrigen, traumartigen Zustand. Gelangweilt von dem bilderlosen Buch, das ihre Schwester vorliest, folgt sie einem weißen Kaninchen in die phantastische Welt des Wunderlands.2 Auch in American McGees Alice führt die Heldin ein Dämmerzustand und ein weißes Kaninchen zurück in dieses Land der Wunder. Allerdings handelt es sich hier, um einen über Jahre anhaltenden posttraumatischen Schockzustand, welcher Alice lähmt und um ein lädiertes Stoffkaninchen aus ihrer Kindheit (s. Video).
Doch sie versteht noch nicht, warum sie sich wieder im Wunderland befindet und warum sich diese Welt so dramatisch verändert hat. Sie folgt dem Kaninchen und der Grinsekatze zur Raupe, von der sie Antworten erwartet.
Die Raupe: Ah, Alice du bist zurück.
Alice: Ja, aber das Kaninchen hat mir nie gesagt warum und jetzt ist es fort.
Die Raupe: Warum? Das Wunderland ist in Gefahr, du musst es retten. Darum!
Alice: Dieser Ort ist so fremd, was soll er mir bedeuten?
Die Raupe: Zuhause...zumindest könnte es das sein. Du hast verloren, was du liebtest, und uns fast ausgelöscht, überwinde den Schmerz und erfülle deine Pflicht.
Alice: Warum muss ich leiden?
Die Raupe: Selbstbetrug. Selbst deine Phantasie ist in leidvolle Scherben ihrer selbst zerfallen. Du hast Schuldgefühle, weil du überlebt hast, und hasst die Vorstellung, alleine weiterzuleben.
Alice: Was soll ich tun?
Die Raupe: Vernichte die Herzkönigin. Das Wunderland, ja, deine ganze Welt, kann wieder heil werden. Ich muss nun ruhen. Nimm deine ursprüngliche Größe an, Erkenne die Wahrheit, Alice.3.
Das Wunderland ist demnach Alice’ Phantasie, die gerettet werden soll. Alice folgt ihrem Weg weiter und tiefer in die gefährliche Welt, aber sie versteht noch immer nicht ganz, was das alles zu bedeuten hat. Kurz vor dem Kampf mit dem furchterregenden Jabberwocky überfallen sie Zweifel an ihrem Tun und Alice trifft (mehr oder weniger zufällig) erneut die Raupe.
Alice: Ich soll dieses Biest [Anm.: den Jabberwocky] angreifen? Dabei weiß ich nicht mal, ob das mein Kampf ist!
Die Raupe: Es ist dein Kampf, Alice, du musst dich selbst retten..
Alice: Mich? Vor dem Tod? Bin ich darum hier? Ich fürchte den Tod nicht. Manchmal sehnte ich ihn sogar herbei.
Die Raupe: Nicht vorm Tod.
Alice: Was dann? Etwas Schlimmeres als der Tod? Für so dumm hätte ich dich nicht gehalten.
Die Raupe: Denk was du willst, eins musst du wissen: Nach dem Feuer hast du dich aus deiner Welt zurückgezogen, weil du den Verlust nicht ertragen konntest. Als du dem Kaninchen folgtest, begann deine Heilung. Du bist auf dem rechten Weg, Alice. Rette dich und das Wunderland!
Alice: Ich glaube, ich verstehe langsam. Ich habe diese Welt zerstört, und nur ich kann sie wieder heil machen.4
Die Raupe macht Alice und dem Spieler ein Interpretationsangebot, indem es das Wunderland mit Alice’ Phantasie und ihrer Psyche in Verbindung bringt. Sie bezeichnet den Weg des Mädchens, als den Weg der Heilung. Der Weg, der Alice zur Heilung führen soll, ist stark verknüpft mit dem Kampf gegen das Übel, das Böse, welches das Wunderland befallen hat.
Die Psychologie verankert das Böse immer noch im Menschen, fasst es aber nicht mehr abstrakt im Verhältnis zum Guten, sondern als Krankheit der individuellen Seele, als Leiden, als Angst und Schmerz, als Fehlfunktion des Einzelnen, die es zu heilen bzw. zu beheben gilt.5
Diese Erläuterung des Bösen macht die Verknüpfung verständlich: Das Wesen des Wunderlands ist verbunden mit den Ereignissen in Alice’ Leben und ihrem Umgang mit diesen. Ihr Weg durch das Wunderland ist gleichzeitig ihre Heilung. Der Kampf gegen das Böse ist der Kampf gegen ihre Krankheit, die aus der traumatischen Erfahrung in ihrer Kindheit resultierte. Damit eröffnet das Spiel und die im Wunderland erzählte Handlung einen Einblick in die Rahmenhandlung. Die Figuren im Wunderland werden auf diese Weise Symbole bzw. Allegorien für Vorgänge in Alice’ Psyche.
Der Weg der Raupe
Wir folgen also besser nicht dem Kaninchen, sondern der Raupe, um zu verstehen, was das allegorische Böse in Alice ist. Dafür ist es nötig, Alice’ Weg ab dem Treffen mit der Raupe zurückzuverfolgen, beginnend mit dem Jabberwocky.
Die Welt des Jabberwocky ist eine öde Felsenlandschaft, in der Lava fließt (s. Abb. "Welt des Jabberwocky") und Teufel sowie schreckliche Monster hausen, die nur aus Klauen und Zähnen zu bestehen scheinen. Alice muss immer weiter hinaufklettern und wenn sie abstürzt, verbrennt sie in der Lava. In der bisherigen Geschichte bestand die Gefahr darin, haltlos in die Leere eines bodenlosen Abgrundes zu stürzen. Das Glühen des brennenden Gesteins ist ein Hinweis auf die symbolische Bedeutung: Dieser Ort ist Ausdruck von Alice' Autoaggression. Sie selbst bürdet sich den Weg durch diese höllische Umgebung auf und bestraft Fehltritte mit dem, was ihr den schlimmsten Schmerz ihres Lebens zugefügt hat, mit dem Verbrennen. Wie offene Wunden zieht sich die Lava durch diesen Ort und ebensolche brennenden Wunden hat die Tragödie in Alice gerissen. Der Platz an dem der Jabberwocky lebt, befindet sich auf dem Gipfel eines Berges, also an exponierter Stelle. Es ist ein deplatziert wirkendes Haus, welches als Alice’ Geburtshaus ausgemacht werden kann. Hier kamen damals ihre Eltern ums Leben. Als sie das Haus betritt, steht sie plötzlich auf einem Kampfplatz, der umgeben ist von Leere, eine Arena in der ausgebrannten Ruinen eines von außen intakten Hauses. Hier wartet der furchteinflößende Jabberwocky auf Alice. Er weist zwar große Ähnlichkeiten mit der Buchillustration von John Tenniel auf, doch bildet ein Brennofen seinen Rumpf, der die dampfbetriebenen, mechanischen Teile antreibt, die diesem Wesen hinzugefügt wurden (s. Abb. Illustrationen des Jabberwocky). Wie ein scheltender Vater/Lehrer/Offizier, der sein(en) Kind/Schüler/Untergebenen maßregelt, geht das riesenhafte Wesen vor Alice auf und ab, kehrt ihr immer wieder abschätzig den Rücken zu und deckt sie mit Vorwürfen ein. Obwohl Alice zu Beginn schlagfertig darauf reagiert, knickt sie nach der Bemerkung ein, dass sie selbstsüchtig sei und es deshalb in Kauf genommen hätte, dass ihre „Familie bei lebendigem Leibe und unter Qualen geröstet wurde“. Im Kampf spuckt der Jabberwocky Feuer, aus seinen Augen schießen grelle Strahlen und wenn Alice ihm zu nahe kommt, fegt er sie in das Nichts hinab. Gerade das Feuer und das dadurch flüssig gewordene Fundament, die Lava, sind wichtig für die Interpretation des Jabberwockys als der personifizierte Selbstvorwurf, dem Alice sich aussetzt. Denn das Feuer war es, das ihr die Eltern, ihren Rückhalt, genommen hat und ihr Leben zerstörte. Und die Schuld dafür sucht das Mädchen bei sich. Alice ist diesem Wesen nicht gewachsen. Erst als der Greif ihr zu Hilfe eilt und dem Jabberwocky ein Auge herausreißt, muss das Monster fliehen. Der Selbstvorwurf flieht vor dem Greif.
Der Greif ist eine der wenigen Kreaturen des Wunderlands, die nicht korrumpiert wurden (s. Abb. Der Greif). Die Raupe beschreibt ihn als den „Stärksten von uns“.6 Für gewöhnlich wird dieses Wesen mit Stärke, Mut und Tapferkeit in Beziehung gebracht oder steht für „die Verbindung von Gott und Mensch in Christus".7 In dem Kontext, in dem der Greif hier steht, erscheint er allerdings eher als Ausdruck von Alice’ kindlichem Idealismus. Sie hat sich dem Jabberwocky gestellt und im Sinne eines kindlichen Gerechtigkeitsempfinden kann es nicht sein, dass sie verliert. Das wäre nicht gerecht. Durch die Hilfe ihres befreiten Idealismus und dem daraus resultierenden Mut konnte der Selbstvorwurf überrascht und in die Flucht geschlagen werden.
Greif: Schnell Alice, du hast den Augenstab und die Truppen, ich übernehme den Jabberwocky. Du bist die Größte, führe uns zum Sieg.8
Aus diesen beiden Sätzen ist zu entnehmen, dass der Greif voller Zuversicht ist. In der kurzen Form, in der er spricht, bleibt keinerlei Platz für Bedenken. Alles nimmt seinen positiven Lauf. An späterer Stelle wird der Greif allerdings vom Jabberwocky getötet. Doch schafft es Alice, das Monstrum zur Strecke zu bringen. Übertragen bedeutet das, dass Alice sich Vorwürfe machte, verantwortlich für den Tod ihrer Eltern gewesen zu sein. Aus ihrer idealistischen Grundhaltung erwächst wiederum ein Vorwurf, hierdurch ihr eigenes Leben zu zerstören. Und eben dieser Vorwurf beendet ihre Selbstvorwürfe. Oder anders gesagt, Alice besiegt den Jabberwocky mit seiner eigenen Waffe (seinem strengen Blick).
Um ihren Idealismus zu befreien, muss sich Alice dem Verrückten Hutmacher stellen. Dieser hält den Greif in einem Käfig gefangen. Das stolze Wesen erzählt Alice Folgendes über den Hutmacher:
Greif: Mit Getrieben, Federn, Hebeln und mechanischen Mägen treibt er die Präzision auf die Spitze - wie ein Uhrmacher ist er von den spitzfindigsten Spitzfindigkeiten besessen. Er wird alle Bewohner in Roboter verwandeln oder sie bei dem Versuch töten.9
Der Hutmacher ist groß, schlaksig, ausgezehrt, alt, verrückt, skrupellos und sehr hässlich. Seine Hässlichkeit verdankt er einer ungesunden grünen, runzligen Haut, der riesigen Nase und den Maschinenteilen, mit denen er versehen ist (s. Abb. Der Hutmacher). Noch grotesker wirkt er durch einen überdimensionierten Zylinder mit allerlei Emblemen und einem Schachbrettmuster darauf. Damit begegnet Alice einer maschinellen, rationalen und gezwungene Gestalt, die als die Quelle für die Industrialisierung, Rationalisierung und Technisierung des Wunderlands und seiner Bewohner angesehen werden kann. Durch das gesamte Wunderland ziehen sich Maschinenteile und maschinelle Gegner.10 Weder seine alten Teegenossen, die Feldmaus und der Hase, noch seine jetzigen Verbündeten wie der Jabberwocky bleiben vom maschinellen Wahn des Hutmachers verschont. Er trägt durch seine Zahnräder und Uhrwerke zur Korrumpierung der Welt bei. Wer oder was ist der Verrückte Hutmacher und auf welcher Seite steht er? Auf der einen Seite wird er als Alice’ Feind inszeniert und doch nennt er sich ihr Freund.
Hutmacher: Schlechtes Timing. Echte Hilfe ist heutzutage selten. Komm rein, ich habe gerade Tee aufgesetzt.
Alice: Ich trinke nur mit Freunden Tee.
Hutmacher: Und ich bin einer davon, ehrlich! Das ist die Wahrheit. Oh, ich vergaß - Die Wahrheit ist dir nicht so ganz geheuer.
Alice: Das sagt der Richtige.
Hutmacher: Die Wahrheit ist bitter, wenn man sie fürchtet.
Alice: Ich fürchte nichts.
Hutmacher: Falsch. Du fürchtest einiges...die Rückkehr zum Irrenhaus zum Beispiel...die Erinnerung, aufgrund derer du dort warst...noch ein paar Jahre unter Beobachtung... Oh ja, du fürchtest vieles. Man kann diese Dinge natürlich alle meiden,
Alice (in flehendem Ton): Und wie? Bitte sag's mir.11
Seine Stimme klingt verzerrt und nicht ganz passend. Auch das ist ein Hinweis darauf, was er verkörpert. Der Verrückte Hutmacher ist die Wahrheit. Er ist die Wahrheit, die sich Alice für so lange Zeit zurecht gebogen hat, um auf der Basis von Selbstbetrug mit der Welt zurecht zu kommen. Mit Hilfe der „spitzfindigsten Spitzfindigkeiten“ hat sie ihrer Welt Gewalt angetan. Sie hat ihren Verstand benutzt, um alles in ihr Weltbild einzufügen, ob es passte oder nicht, oder es gegebenenfalls zu negieren, also zu „töten“. Alle Teile mussten zusammenpassen, sonst hätte der Selbstbetrug nicht funktionieren können. Und auf diese Weise entstand aus dem Verdrängen dessen, was nicht sein darf, eine neue Form der Wahrheit. Der Hutmacher musste eine Ordnung einführen, die sich nach dieser Wahrheit richtet, und dadurch vergrößerte er das Chaos und die Gewalt im Wunderland. Sein entstelltes Äußeres und sein Zwang alles mit Gewalt in funktionierende Maschinen umzuwandeln, hat seine Ursache in Alice’ krankhaftem Versuch mit dem Geschehen fertig zu werden. Er ist ihr Freund, denn er setzt ihre Vorgaben um. Sie hat dieses Wesen und die Wahrheit so entstellt und nun muss sie sich ihm/ihr stellen, um sich selbst zu heilen. Wie es der Wahrheit gebührt, sagt der Hutmacher nur die Wahrheit und beides ist Alice „nicht ganz geheuer“. Als sie den Hutmacher darum bittet, ihr dabei zu helfen, ihre Ängste zu meiden, um die Wahrheit nicht sehen zu müssen, verliert sie wortwörtlich den Boden unter den Füßen und landet in einem gummizellenartigen Raum, mit Blick auf eine Uhr (s. Abb. Die Gummizelle).
Die Gehilfen des Hutmachers, Dideldum und Dideldei, sind vielleicht die bizarrsten Wesen in der Geschichte. Was hilft dabei, in der eigenen Psyche eine neue Ordnung zu installieren und die Wahrheit zu entstellen? Der allegorischen Lesart folgend kann die Betrachtung des Auftretens und die Gestalt von Dideldum und Dideldei Aufschluss darüber geben. Das Zusammentreffen mit den Beiden findet statt, bevor der Hutmacher erscheint. Sie sehen aus wie zwei große, dicke, weiß-rot gestreifte Pillen (s. Abb. Dideldum und Dideldei). Während des Kampfes brechen sie immer wieder in der Mitte auseinander und produzieren dabei kleinere Versionen ihrer selbst. Die wahnwitzigen Gestalten, die durch kleine Propeller an ihren Hüten immer wieder in die Luft steigen, als würden die massigen Körper nichts wiegen, fallen im nächsten Augenblick mit einer Wucht auf den Boden, die Alice problemlos zerquetschen könnte. Sie sprechen zu Alice als ob sie Teil des Pflegepersonals der Irrenanstalt wären.
Dideldei: Schau nur Dideldum, es ist Alice Sowieso aus dem Irrenhaus, die Lieblingsirre der Erzieherin.
Dideldum: Ach ja? Wer hat die denn rausgelassen? Die machen sicher uns dafür verantwortlich.
Dideldei: Sie braucht Medizin, starke Medizin.
Dideldum: Kriegt sie nichts zu essen?
Dideldei: Wohl kaum, isst wie ein Spatz. Ein bisschen Fleisch auf den Rippen und sie wär ein Leckerbissen.
Alice: Widerwärtige, ekelhafte Flegel, ich hab was für eure Bäuche.12
Aus der Geschichte selbst ist schwer zu erklären, warum die beiden in der Rolle des Pflegepersonals sprechen. Erst ein Blick in das Handbuch zum Spiel verrät, dass zwei „Kadetten“ der Irrenanstalt Alice und ihren Stoffhasen malträtieren und das Mädchen daraufhin mit einem Löffel auf die Beiden losgeht.13 Die irrsinnige Aufmachung von Dideldum und Dideldei und ihr wahnwitziges Verhalten erinnern an einen Drogenrausch. Auf diese Weise verbinden sich die Pflege und die Medikamente in der Klinik zu einem Phänomen. Die Behandlung in der Irrenanstalt ist nur eine vermeintliche Hilfe für Alice. Denn statt sie bei der Heilung zu unterstützen, lernt Alice wie sie ihre Ängste durch die sedierende Wirkung der Drogen meiden kann. Dazu passt auch, dass Dideldum und Dideldei immer kleiner werden, je länger Alice gegen sie ankämpft, denn die Wirkung wird schwächer. Die Verkörperung des Rauschzustandes kann keine „echte Hilfe“ sein, weder für Alice noch für den Hutmacher.14 Alice muss die Behandlung in der Klinik bekämpfen, um weiterzukommen.
Sie befreit sich also vom Rausch und stellt sich der Wahrheit, indem sie gegen den Hutmacher antritt und ihn enthauptet. Im Bereich des besiegten Feindes findet Alice eine merkwürdige Uhr.
Katze: Mit dieser Uhr kannst du die Zeit anhalten...vorübergehend. Dann geht die Zeit weiter und alle bewegen sich wieder... nur die Toten nicht.15
Dies ist nicht nur ein Verweis auf die Verwendung der Uhr für das Spiel, sondern weist zudem auf den Tod ihrer Eltern hin. Wenn sie auf die Uhr blickt, kann sie die Zeit im Wunderland anhalten. Das ist ein Widerspruch, wenn man bedenkt, dass man normalerweise auf Uhren blickt, um deutlich zu erkennen, wie die Zeit läuft. Im Intro liegt die Taschenuhr direkt neben dem Bild ihrer Eltern. Damit wirkt der Zeitmesser wie eine Erinnerung an ihre Eltern „...vorübergehend“. Wenn die Zeit aber weiterläuft, dann bleiben die Toten trotzdem tot. Es ist wie eine Aufforderung, die Wahrheit zu erkennen, jetzt da die entstellte Wahrheit überwunden wurde. Ihre Eltern sind tot und nichts kann sie zurückbringen. Weder ihr selbstzerstörerisches Verhalten, noch die Vermeidung der Wahrheit sind dazu fähig. Gerade in diesem Kontext steht auch ein Wesen, das nie Zeit hat und immer spät dran ist.
Das weiße Kaninchen (s. Abb. Illustrationen des weißen Kaninchen) ist sowohl in Carrolls als auch in McGees Alice der Schlüsselreiz, um ins Wunderland zu gelangen. Es ist flüchtig und kann von Alice nicht gefangen werden. Stattdessen führt es Alice immer tiefer in diese verzerrte Welt. Von den Zwergen im Dorf der Verdammten erfährt man, dass das Kaninchen sehr klug ist und Alice als die Erlöserin vom Diktat der Königin angekündigt hat.16 Das Stoffkaninchen in der realen Welt ist alles, was Alice von der heilen Welt ihrer Kindheit geblieben ist. Auf diese Weise wird es zur Rückbindung an die Eltern und an ihr früheres Leben. Es hat keine Zeit, weil seine Zeit eigentlich schon abgelaufen ist. Damit Alice ihren Weg fortsetzen kann, muss sie schrumpfen, also (wieder) klein werden. Während dieses Zustandes kommt es dazu, dass das Kaninchen getötet wird, zertreten vom Verrückten Hutmacher (s. Abb. Alice vor dem toten Kaninchen). Im übertragenen Sinne bedeutet das, dass die Wahrheit Alice die Rückbindung an die Eltern nimmt, als sie noch sehr klein ist. An dieser Stelle weint Alice das erste Mal im Spiel und vielleicht auch das erste Mal seit dem Tod ihrer Eltern.17 Die Konfrontation mit dem Tod des Kaninchens löst ihr die Tränen, die ihr durch den Schock verwehrt geblieben sind.
Alice: Alle die ich liebe, sterben gewaltsam... ich bin verflucht. Warum soll ich weitermachen (sie weint).
Grinsekatze: Keine Zeit für Selbstmitleid. Meide diese Wilden und finde die Raupe!18
Interessant ist in diesem Kontext auch, dass Alice während sie klein ist, zwei Widersachern begegnet, die beide weder zur Königin noch zu ihrer Partei gehören, der Herzogin und dem Tausendfüßler.
Die Herzogin versteckt sich in den Wäldern vor der roten Königin, welche wie in Carrolls Version der Geschichte den Kopf der Herzogin fordert. Auch die Rolle der Köchin nimmt sie in beiden Welten ein. Allerdings möchte diese Figur, die durch ihr aufgequollenes Gesicht mit aschfahler Haut wie eine lebendige Leiche wirkt (s. Abb. Die Herzogin), in McGees Geschichte Alice verspeisen. Alice bekämpft sie mit Feuer, bis der Gegnerin der Kopf platzt. Dem Tausendfüßler, der Alice ebenfalls fressen möchte, rückt sie auf dieselbe Weise mit Feuer oder aber mit Eis zu Leibe. Er trägt eine militärische Uniform und ist als Tausendfüßler ein Aasfresser (s. Abb. Der Tausendfüßler). Alice besiegt das Ungeheuer durch eine Wunde am Bauch. Erst als sie beide Gegner überwunden hat, wird sie wieder groß. Damit bilden diese Figuren, denen etwas Totes und Modriges anhaftet und die versuchen Alice aufzuzehren, eine Analogie zur traumatischen Erinnerung an ihre Eltern. Sie muss die Erinnerung an den gewaltsamen Tod ihrer Eltern erst überwinden, bevor sie wieder wachsen kann. In diesem Teil der Geschichte verliert sie also endgültig die Rückbindung an ihre Kindheit und muss sich den verzehrenden Gedanken an ihre Mutter und ihren Vater stellen. Die Vehemenz dieser Aufgabe drückt Alice auf solche Weise zu Boden, dass sie aufgeben möchte, aber die Grinsekatze treibt sie weiter voran.
Was sie hier tatsächlich antreibt, ist die Manifestation ihrer ungebrochenen kindlichen Neugier. Sie will erfahren, was die Raupe ihr zu sagen hat, warum sie wieder im Wunderland ist und was passiert ist. Die Katze ist Alice’ ständiger Begleiter, ist immer dort, wo Alice ist, schleicht unsichtbar in Ihrer Nähe umher und sieht immer wieder das Besondere an Situationen. Als Alice ins Wunderland kommt ist sie es, die Alice nach dem Kaninchen als Erstes begrüßt.
Alice: Du bist dünn geworden Katze, aber dein Grinsen tut gut.
Grinsekatze: Und du hast eine gute Einstellung. Immer noch neugierig und lerneifrig, hoffe ich.19
Sie beschreibt Alice mit eben den Attributen, die ihr selbst zueigen sind, fügt aber eine Ungewissheitsbekundung hinzu, da sie durch die abstumpfenden Umstände in der Klinik sehr gelitten hat. Es wurde ihr, so zu sagen, die Nahrung verwehrt. Ihr Grinsen, die vielen Tätowierungen, die ausgezehrte Form, die Piercings und die großen Augen wirken wie Stigmatisierungen, machen die Katze aber gleichzeitig interessant. Es entsteht der Eindruck als ob ihr Körper ein Zeichen für die Geschichte der Herrschaft der Königin ist und es scheint als würde sie dieses Phantasieanregende in ihrem Erscheinungsbild selbst nähren. Als Alice’ Neugier durch das Betreten des Wunderlands geweckt ist, erscheint die Katze sofort. In Situationen, in denen Alice nicht weiß, wie es weitergeht oder etwas Neues entdeckt, erscheint ihre Neugier und gibt einen geheimnisvollen Kommentar dazu ab, wie eine Ahnung, die Alice beschleicht, darüber wie es weitergehen könnte. Wenn Alice einen Gegenstand zum zweiten Mal findet, wie das Elixier der Wut, dann erscheint die Katze nicht. Dabei sei darauf hingewiesen, wie stimmig sich hier die Funktionsweise eines Tutorials in die Geschichte und das psychische Geflecht von Alice einfügt. Zusammen mit der Raupe und dem Kaninchen ist die Katze Alice’ Wegweiser durch das Wunderland. Im Unterschied zu den anderen Beiden begleitet sie Alice bis zum Schluss, der wiederum die These bestätigt, dass es sich um Alice’ Neugierde handelt, die sie bis zum Ende bringt. Schließlich möchte sie und der Rezipient der Geschichte wissen, wie es weitergeht.
Katze: Mut ist nicht meine Sache. Ich bin neugierig, aber vorsichtig - Nur darum lebe ich noch. Jetzt aber ignoriere ich meinen Fluchtinstinkt und spreche frei ohne Angst vor den Konsequenzen. Dein Mut verdient das. Du hast gelitten und viel Leid verursacht. Du hast Kummer und Schuldgefühle durchlebt. Und es wird noch mehr Leid kommen, Alice, Schlimmeres wird kommen, Du und die Königin könnt nicht beide überleben, ihr seid Beide Teile eines Ganzen.20
Danach explodiert der Kopf der Katze. Sie wird sozusagen enthauptet. An dem Moment als Alice nicht mehr durch ihre kindliche Neugier vorangetrieben wird, sondern durch ihren Mut, kann und muss dieses Symbol aufhören zu existieren.
Der Königinnenkampf
Immer wieder wird das Enthaupten Thema im Spiel. Diverse Male tötet Alice ihre Gegner, indem sie ihnen die Köpfe mit ihrem Messer abschlägt oder diese durch die vielen Spielzeuge, welche sie als Waffen benutzt, explodieren lässt. Aus Lewis Carrolls Alice wissen wir, dass die rote Königin ständig Exekutionen ausspricht, indem sie „»Kopf ab mit ihm!« oder: »Kopf ab mit ihr!«“21 schreit. Damit gibt es eine Verbindung zwischen Alice und der roten Königin, die nicht zufällig so gestaltet ist. „Ihr seid Beide Teile eines Ganzen“ sind die letzten Worte der Grinsekatze. Doch was ist das Ganze, dessen Teile Alice und die Herzkönigin bilden? Und welchen Platz nimmt das Böse dabei ein?
An dieser Stelle wird es vertrackt. Die Königin, der Selbstvorwurf, die entstellte Wahrheit und der Rausch scheinen das Übel im Wunderland zu sein. Sie gestalten um und malträtieren die Bewohner. Sie sind in der Freund-Feind-Kennung des Computerspiels als angreifbare Ziele gekennzeichnet, während das Kaninchen, der Greif und die Grinsekatze sowie die vielen Zwerge und Kinder durch die Waffen nicht zu verwunden sind. Die Spielmechanik markiert diese also als Freunde des Avatars.22 Doch was macht uns sicher in der Annahme, dass unser Avatar für das Gute steht, nur weil uns das Spiel (oder der Spielleiter)23 dies vorgibt? Schließlich ist es Alice, die sich mordend durch das Wunderland bewegt. Zudem gesteht sie sich vor der Raupe selbst ein, dass sie es war, die das Wunderland zerstört hat. Und warum bringt sie den Hutmacher um, wenn er sich doch als ihr Freund zu erkennen gibt? Oder anders gefragt, wieso ist sie mit dem Hutmacher befreundet, der große Teile des Wunderlands durch seinen Technisierungswahn misshandelt und bringt ihn dann noch zusätzlich um? Es scheinen weitere Aspekte zur Klärung dieser Uneindeutigkeiten und der Zwiespältigkeit notwendig zu sein.
Nicht nur die Freund-Feind-Kennung legt nahe, dass die Gegner auch tatsächlich die Bösen sind. Vielmehr verkörpern Alice’ Gegner einige kulturell negativ konnotierte Aspekte, wie Unterdrückung, Sklaverei, Misshandlung, Terror, Machtmissbrauch und Gewalt gegen Wehrlose. Und auch die farbliche Gestaltung der roten Königin und Alice trägt symbolischen Charakter. So steht der in ein blaues Kleidchen mit weißer Schürze gekleideten Alice (s. Abb. Alice) eine mit Tentakeln versehene blutrote und schwarze Königin (s. Abb. die rote Königin) entgegen.
Die Gewalt, die Alice ausübt, ist im Sinne der campbell’schen Heldenreise24 durch die Bekämpfung des Übels, das in die heile Welt eingebrochen ist, legitimiert. Dies ist der Fall, selbst wenn die Heldin sich eines Verhaltens bedient, das in der heilen Welt sonst nicht zulässig ist.25 Des Weiteren ist es Alice in vielen Situationen nicht möglich weiterzukommen, ohne ihre Gegner zu töten, da sie sich ihr in den Weg stellen und sie angreifen. Demnach vollzieht Sie mit der Tötung so etwas wie einen Selbstschutz. Den Hutmacher muss sie überwinden, um gesund zu werden, selbst wenn er ihr sehr lange ein Freund war, der versuchte, ihr bei der Bewältigung des Verlusts zu helfen.
Doch die Schuld, für die Zerstörung des Wunderlandes verantwortlich zu sein, bleibt bestehen. Ihre Reaktion auf die Geschehnisse in der realen Welt, haben das Wunderland korrumpiert und ihre Psyche „in Scherben zerbrechen lassen“, um ein im Spiel oft verwendetes Motiv aufzugreifen. Doch geschah diese Zerstörung nicht mutwillig. Alice versuchte mit dem Schmerz zurecht zu kommen und zerstörte dabei ihr Wunderland. Ohne diesen Mutwillen wird es schwer, moralisch von einem bösen Akt zu sprechen, selbst wenn die Ergebnisse verheerend sind.
Hase: Wach auf, da kommt Hilfe
Feldmaus: Nur ein Mensch. Wahrscheinlich keine Hilfe.
Hase: Bitte, befreie uns von dieser Maschine!
Feldmaus: Oder gib uns Tee, wenn du willst.
Alice: Wart ihr bei Tisch ungezogen? Habt ihr geschlürft oder mit vollem Mund gesprochen? gesteht!
Hase: Nichts dergleichen haben wir getan. Der Hutmacher ist verrückt und fragt uns: Was ist der Unterschied zwischen der Königin und einem Taifun?
Alice: Beide sind mächtig und zerstörerisch, aber der Taifun hat nicht die Absicht böse zu sein.
Hase: Gute Antwort. Falsch, aber gut.
Alice: Oh, das tut mir leid, ihr seid in großer Gefahr. Wo ist euer Gastgeber?
Feldmaus: Wirklich in Gefahr? Sind wir das? Hase, ich will nach Hause. Wir sind schon viel zu lange hier.
Hase: Der Hutmacher kommt um 6, Schlag 6.
Feldmaus: Verweigert uns ständig den Tee. Wie grausam. Und seine Medizin macht mich müde...26
In diesem Zusammentreffen mit der alten Teegesellschaft des Hutmachers, wird ebendieser Unterschied thematisiert. Hinter einer Naturgewalt wie dem Taifun steckt keine Absicht, deshalb kann auch nicht vom „bösen Taifun“ gesprochen werden, außer man wollte den Taifun personifizieren und ihm Mutwillen andichten. Alice sieht in der Herzkönigin das Böse, doch der Hase nennt diese Antwort falsch. Ist der Hase ebenfalls verrückt? Schließlich klingt Alice’ Erklärung doch durchaus plausibel.
„Ich leide: daran muss irgend Jemand schuld sein“ — also denkt jedes krankhafte Schaf.27
Damit, dass Jemand sich „schuldig“, „sündig“ fühlt, ist schlechterdings noch nicht bewiesen, dass er sich mit Recht so fühlt; so wenig Jemand gesund ist, bloss deshalb, weil er sich gesund fühlt. Man erinnere sich doch der berühmten Hexen-Prozesse: damals zweifelten die scharfsichtigsten und menschenfreundlichsten Richter nicht daran, dass hier eine Schuld vorliege; die „Hexen“ selbst zweifelten nicht daran, — und dennoch fehlte die Schuld. — Um jene Voraussetzung in erweiterter Form auszudrücken: der „seelische Schmerz“ selbst gilt mir überhaupt nicht als Thatbestand, sondern nur als eine Auslegung (Causal-Auslegung) von bisher nicht exakt zu formulirenden Thatbeständen: somit als Etwas, das vollkommen noch in der Luft schwebt und wissenschaftlich unverbindlich ist, — ein fettes Wort eigentlich nur an Stelle eines sogar spindeldürren Fragezeichens.28
Diese beiden Zitate aus Friedrich Nietzsches „Zur Genealogie der Moral“ machen das Problem von Alice’ Antwort und auch den Inhalt der Unterhaltung auf der Metaebene ersichtlich. Der Hutmacher hat der Feldmaus und dem Hasen übel mitgespielt (s. Abb. Der Hase und s. Abb. Die Feldmaus) doch Alice fragt sofort danach, ob sich die Beiden etwas zu Schulden kommen haben lassen, anstatt sie zu bedauern oder ihnen zu helfen. Es ist ein Verweis auf ihre Denkweise. Alice trägt keine Verantwortung am Tod ihrer Eltern und doch fühlt sie sich schuldig. Dass es ihr schlecht geht, sieht sie als Beleg für ihre Schuld. Dieses Schuldbewusstsein wiederum zerstört das Wunderland, aber von einem vorsätzlichen Verhalten Alice’ kann nicht die Rede sein. Weiterführend projiziert sie die Schuld an der Zerstörung auf die Herzkönigin. Doch auch die Königin wirkt nur verheerend, ohne dass hierbei von Schuld gesprochen werden kann. Die Königin ist der krankhafte Umgang mit den Ereignissen und Alice’ Verdrängungsstrategie, die seit dem Unfall ungesehen in ihrer Psyche arbeitete. Wie schon zuvor zitiert, ist das Böse in der Psychologie die Erkrankung der individuellen Seele.29 Doch die Königin ist nur eine der Auswirkungen der Erkrankung und nicht die Krankheit selbst. Darum ist Alice’ Antwort falsch. Bevor Alice ins Wunderland kommt, ist die rote Königin die alleinige Herrscherin und befehligt ihre Schergen, nach ihren Wünschen zu handeln und das Wunderland umzugestalten. Doch als Alice zurückkehrt, beginnt das Mädchen damit, sich in diese Pläne einzumischen und die Armeen und damit die Macht der Königin Stück für Stück zu dezimieren.
Mit Hilfe der Rückbindung an ihre Eltern, ihrem kindlichen Idealismus und ihrer Neugierde stellt sie sich der Königin, dem Rausch, der entstellten Wahrheit und dem Selbstvorwurf. Wie oben zitiert nennt die Raupe Alice’ Weg den Weg zur Heilung. Und ebenso wie Alice’ Weg für die heilende Bewältigung steht, steht die Regentschaft der Herzkönigin für den krankhaften Umgang mit den Ereignissen. Um die Auswirkungen des anderen Wegs zu beseitigen, nutzt sie die Ressourcen aus ihrer Kindheit und überwindet diese Ressourcen gleichfalls, um endlich auch geistig erwachsen zu werden.
Damit stellen Alice und die Königin die beiden Teile eines Ganzen dar. Das Ganze ist Alice selbst. Die Alice, welche in der Realität versucht, ihr Leben in den Griff zu bekommen. Und tatsächlich trifft die Aussage der Katze zu. Sie können nicht beide überleben. Eine der Seiten muss sich durchsetzen. Doch ist der Kampf zwischen Alice und der Königin noch nicht gleich dem Kampf zwischen Gut und Böse.
Mit Alice und der rote Königin begegnen sich zwei Kontrahenten auf dem Spielfeld Wunderland. Dabei sei darauf verwiesen, dass American McGee hier ein Prinzip aus Lewis Carrolls Alice-Geschichten aufnimmt. Alice im Wunderland thematisiert das Crocket- und das Kartenspielen, während Durch den Spiegel und was Alice dort fand eine Schachpartie nachahmt.30 American McGees Alice ist auf diese Weise allgemeiner ein kompetitives (Computer-)Spiel, bei dem beide Seiten gegen Ende herbe Verluste erlitten haben. Auf Alice’ Seite sterben das weiße Kaninchen, der Greif und die Grinsekatze, wohingegen auf Seiten der roten Königin Dideldum und Dideldei, der Verrückte Hutmacher und der Jabberwocky fallen. Die beiden aussagekräftigsten Opfer dieser Auseinandersetzung wurden allerdings noch nicht erwähnt. Auf dem Weg zur roten Königin begibt sich Alice in eine Welt, die wie ein gigantisches Schachbrett anmutet, das mit Häusern und Schlössern angereichert wurde. Hier kämpft sie gegen die roten Schachfiguren und bekommt Unterstützung durch die Weißen. An diversen Abschnitten wird Alice sogar selbst zur Schachfigur und beugt sich den Zugregeln des Spiels (s. Abb. Alice als Schachfigur). Kurz vor dem Schloss des weißen Königs muss sie mitansehen, wie die rote Fraktion die weiße Königin entführt.31 Nachdem der weiße König Alice beauftragt, seine Dame zu befreien, wird das Mädchen weiter Zeugin, wie der rote König die weiße Königin enthaupten lässt (s. Abb. Enthauptung der weißen Königin). Alice kämpft sich durch die rote Schachwelt bis zum feindlichen König vor, den sie besiegen kann. Hier belebt sie die Königin wieder, indem sie einen weißen Bauern opfert. Doch der Verrückte Hutmacher taucht plötzlich auf, schlägt Alice bewusstlos und verschleppt Sie in sein Reich „Hinter den Spiegeln“.
Die beiden Schachwelten sind recht ähnlich aufgebaut, aber doch mit Unterschieden versehen. Es scheint so, als ob zwei ähnliche, aber doch voneinander verschiedene Ordnungen, um die Vorherrschaft kämpfen, wobei die weiße Seite durch den Verlust der Königin im Nachteil war. Erst das Eintreffen Alice’ wendet das Blatt. Im Schloss des weißen Königs befinden sich in der Eingangshalle die Illustrationen des Wunderlands von John Tenniel und ein Portrait von Lewis Carroll (s. Abb. Lewis Carroll im Schloss des weißen Köngis). Dies nährt die Vermutung, dass es sich bei der weißen Schachwelt, um die natürliche Ordnung in Alice’ Verstand handelt, welche vorherrschte, bevor die Ereignisse sie aus ihrer Welt rissen. Die Bilder sind Symbole für ihre schönen Erinnerungen an das Wunderland und hängen an einem Ehrenplatz. Zudem erklärt sich so die Verwandlung Alice’ in die Schachfiguren. Die Regeln dieser Ordnung sind ihr nicht fremd und sie ist bereit, sich diesen zu unterwerfen, um weiterzukommen. Die roten Schachfiguren und der rote König sind mit der roten Königin verbündet, weshalb diese Ordnung die Herrschaft der Königin unterstützt und versucht die andere Seite zu bekämpfen. Als Alice den König der Gegenfraktion besiegt, es aber zu einem Hinterhalt kommt, wird klar, dass Alice noch nicht so weit ist, diese Ordnung vollständig abzulegen, aber doch hat sie einen Schritt in die richtige Richtung getan. In der Schachwelt wird sie zur würdigen Vertreterin der weißen Königin. Auch in Lewis Carrolls Hinter den Spiegeln ersetzt Alice die weiße Königin. Hier steht das Einnehmen dieser Stellung im übertragenen Sinne für das Erwachsenwerden des kleinen Mädchens.
Aussagekräftig sind diese beiden Opfer und dieser Teil der Geschichte, da der Spielcharakter mit der Inszenierung Alice’ als Schachfigur bewusst auf die Spitze getrieben wird. Alice ist nur eine Spielfigur,sie ist ein Avatar eines Spielers/einer Spielerin und spiegelverkehrt stellt sich am Ende der Geschichte heraus, dass auch die Herzkönigin nichts weiter als eine Marionette war (s. Abb. die Königin als Marionette). An der Spitze eines der Tentakel einer riesenhaften, abscheulichen Bestie, welche wie ein monströses Krebsgeschwür aussieht, sitzt sie an ihren Thronsaal gebunden und terrorisiert mit Hilfe ihrer Schergen das Wunderland. Hinter dem Saal lebt das widerliche Ungetüm ungesehen in der Dunkelheit und steuert die Vernichtung des Wunderlands, während Blutfontänen aus seinem ungestalteten Kopf schießen (s. Abb. das Monstrum). Gerade Attribute wie Blut, Tentakel und das Unsichtbare, im Dunkeln Hausende, Monströse passen hervorragend dazu, wie das Böse im Allgemeinen figuriert wird.32 Ein dämonenhaftes Geschwür ist das allegorische Böse, welches das Wunderland befallen hat. Die Tentakel des Wesens ziehen sich pulsierend durch die gesamte Welt (s. Abb. Das Wunderland), doch das Wesen selbst lebt unbeweglich hinter den Mauern des Schlosses. Lediglich im Wald der Herzogin und des Tausendfüßlers gibt es keine Spuren dieses Übels. Es kann auf diese offene Wunde im Zentrum des Wunderlands nicht zugreifen. Dem krankhaften Geschwür ist es nur möglich, den Hass der Königin auf dieses Stück Land zu fokussieren und die Wesen darin mit Androhung von Enthauptung zu binden. Es umschlingt die Bereiche um das Gebiet und lässt das Wunderland von den Dienern seiner Marionette korrumpieren. Damit versucht es diesen Bereich zu begrenzen und zu verdrängen.
Als Alice alle Figuren des Wesens besiegt hat, zeigt es sein abscheuliches Gesicht. Es reißt sein riesenhaftes Maul auf und der Kopf des Hutmachers kommt zum Vorschein. Dieser öffnet wiederum den Mund, in welchem das Gesicht Alice’ steckt und mit einer frustrierten, strengen Stimme zu unserem Avatar spricht (s. Abb. drei Gesichter).
Wesen: Ich herrsche über das Wunderland. Ich dulde deine Unverschämtheiten nicht. Dies ist eine Erwachsenenwelt, hier herrscht Zucht und Ordnung. Selbstmitleidige Träumer haben hier nichts verloren. Sie können hier nicht überleben. Du fürchtest die Wahrheit. Du lebst im Schatten. Deine Versuche, vernünftig zu werden, sind fehlgeschlagen, kehre zurück zu deinem sterilen Selbstbetrug oder füge dich deinem Untergang. (Alice weint) Wenn du mich vernichtest, vernichtest du dich selbst! Geh jetzt, dann kann ein Teil von dir überleben, bleib und du wirst untergehen. Du verlierst dich für immer.33
Es schreit Alice förmlich „Gib auf!“ ins Gesicht. Hier tritt uns nicht nur das Böse im Wunderland entgegen, es ist Alice’ Krankheit und es ist die Resignation, ihre Antriebslosigkeit in der realen Welt. Das Wunderland wird durch das Wesen zwar verändert, aber es selbst bleibt im Hintergrund, im Ungewissen und bewegt sich nicht von der Stelle. Es ist fest gebunden und lässt Andere das Wunderland verändern und Alice’ Verbündete töten. Unser Avatar dagegen, macht sich selbst auf den Weg, stellt sich den Schergen dieses Übels und hat eine durchweg aktivere Rolle. Alice wird durch ihren Willen geleitet und solange dieser sie führt, kommt sie weiter. Wie die rote Königin ist Alice dabei nicht mehr als eine Marionette.34 Wie es in keinem anderen narrativen Medium möglich ist, kommt dem Spieler dadurch ebenfalls eine Rolle in der Geschichte zu. Die interaktive Komponente des Computerspiels sorgt dafür, dass der Rezipient in die Geschichte miteinbezogen werden kann.
Wenn wir dieser Interpretation folgen, erscheinen die Aspekte des Bedienmenüs nicht mehr einfach nur wie grafische Verzierungen des Spiels. Wenn unsere Spielfigur stirbt, wir also scheitern, zeigt sich, ob Alice den Willen hat, trotz eines Rückschlags weiterzumachen. In diesem Fall laden wir aus dem Speichern- und Ladenmenü die Erinnerungen an einen Punkt vor dem Scheitern und versuchen es erneut. Die Spielstände werden als schwarz-weiße Bilder oder Filme in einem Register aufbewahrt, in welchem wir sie abrufen können (s. Abb. Laden- und Speichernmenü). Falls wir das Spiel beenden wollen, begegnen wir einem Bild des Verrückten Hutmachers, der uns fragt „Wir rennen weg, nicht wahr?“. Unsere Antwortmöglichkeiten sind „Ja“ oder „Nein“ und eine kleine Schaltfläche am linken, unteren Rand des Bildschirms mit der Aufschrift „Zurück“ (s. Abb. "Wir rennen weg, nicht wahr?"). Ich betone dieses „Zurück“, da es grafisch sehr interessant gestaltet ist. Wenn der Spieler nämlich darauf klicken will, muss er mit dem Mauszeiger erst über den Kopf des Verrückten Hutmachers. Dies wirkt als ob Alice ihrer Angst ins Gesicht sehen müsste und erst dann zurück ins Wunderland könnte. Wenn wir „Ja“ anklicken ist das Spiel vorbei. Bei „Nein“ oder „Zurück“ werden wir zurück ins Hauptmenü gebracht. Hier sitzt Alice mit weit geöffneten Augen vor einer Kerze, die nur noch leicht glimmt (s. Abb. Alice und die erlöschende Kerze). Es ist dringend. Ihr Wille muss zurückkehren, sonst hat die Resignation den Kampf gewonnen und der letzte Funken Hoffnung in Alice verschwindet. Insofern hat die Geschichte zwei Möglichkeiten zu enden. Entweder ihr Wille setzt sich durch oder Alice verfällt in eine tiefe Resignation, welche ihr Leben bestimmt.
Das Interpretationsangebot der Raupe führt uns zu dieser Erkenntnis und genau das ist die Raupe. Sie ist das Erkennen. Das weiseste Wesen des Wunderlands stirbt nicht in der Auseinandersetzung zwischen den beiden Parteien. Es besteht weiter und führt Alice und den Rezipienten immer wieder auf den richtigen Weg. Das Böse in Alice ist ihre Krankheit, die Resignation, die Verdrängung, wohingegen das Fortschreiten in der Welt und das Wirken des Spielers, Alice’ Wille zur Selbstheilung, das Gute ist. Es ist ein Spiel um Alice’ Verstand, das sie mit sich selbst spielt. Damit übernimmt auch der Spieler nur eine Rolle und vom Standpunkt der Rahmenhandlung ist er ebenfalls nicht mehr als eine Spielfigur. American McGees Wunderland ist damit eine gigantische Ansammlung von Zeichen, welche auf Alice’ Verstand referieren (s. Abb. Personal und s. Abb. Allegorien).
Verzeichnis der verwendeten Texte und Medien
Spiele
Texte
Campbell, Joseph: Der Heros in tausend Gestalten. Frankfurt am Main, 1978.
Carroll, Lewis: Alice im Wunderland. Übersetzt von Christian Enzensberger. Frankfurt a. M. 1963. S. 86.
De la Mare, Walter. „Lewis Carroll“. Children and Literature: Views and Reviews. Ed. Virginia Haviland. Glenview, IL: Scott, Foresman, 1973. S. 57-63.
Faulstich, Werner: Einführende Vorbemerkung. In: Ders. (Hrsg.): Das Böse heute. Formen und Funktionen. München 2008. S. 9-21.
Gardner, Martin: The Annotated Alice. New York 1960.
Hickethier, Knut: Das Narrative Böse. Sinn und Funktion medialer Konstruktionen des Bösen. In: Faulstich, Werner (Hrsg.): Das Böse heute. Formen und Funktionen. München 2008. S. 227-243.
Martin, Cathlena: 'Wonderland's Become Quite Strange': From Lewis Carroll's Alice to American McGee's Alice. In: Phyllis Frus and Christy Williams. Beyond Adaptation: Essays on Radical Transformation of Original Works. North Carolina 2010. S. 133-143.
McGee, American u. A.: American McGee’s Alice. Handbuch. USA 2000.
Nietzsche, Friedrich: Zur Genealogie der Moral. www.nietzschesource.org
Unterhuber, Tobias: The Gamemaster-Approach to Game Studies. In: Monica Evans (Hg.): Videogame Studies: Concepts, Cultures and Communications. Oxford: Interdisciplinary-Press (2011). S. 31 - 37. www.inter-disciplinary.net/wp-content/uploads/2011/04/vg2ever13103111.pdf
Venus, Jochen: Du sollst nicht töten spielen. Medienmorphologische Anmerkungen zur Killerspiel-Debatte. In: Lili. Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik. Mediennutzung – Medienwirkung – Medienregulierung 37, Nr. 146 (2007). S. 67-90.
- Martin, Cathlena: ‚Wonderland’s Become Quite Strange‘: From Lewis Carroll’s Alice to American McGee’s Alice. In: Phyllis Frus and Christy Williams: Beyond Adaptation: Essays on Radical Transformation of Original Works. North Carolina 2010. S. 133-143. S. 139.[↩]
- In Hinter den Spiegeln führt sie die Beschäftigung mit einem Kätzchen und ihre Neugier nach einer Partie Schach mit ihrer Schwester in die Welt hinter dem Spiegel.[↩]
- Rogue Entertainment: American McGee’s Alice. USA 2000. Kapitel: Tränensee.[↩]
- Rogue Entertainment: American McGee’s Alice. USA 2000. Kapitel: Land von Feuer und Schwefel.[↩]
- Faulstich, Werner: Einführende Vorbemerkung. In: Ders. (Hrsg.): Das Böse heute. Formen und Funktionen. München 2008. S. 9-21.[↩]
- Rogue Entertainment: American McGee’s Alice. USA 2000. Kapitel: Land von Schwefel und Feuer.[↩]
- Gardner, Martin: The Annotated Alice. New York 1960. S.124: „The beast was a common medieval symbol for the union of God and man in Christ. Here both the Gryphon and Mock Turtle are obvious satires on the sentimental college alumnus, of which Oxford has always had an unusually large share. […] the gryphon is the emblem of Oxford’s Trinity College.”[↩]
- Rogue Entertainment: American McGee’s Alice. USA 2000. Kapitel: Land von Schwefel und Feuer.[↩]
- Rogue Entertainment: American McGee’s Alice. USA 2000. Kapitel: Hinter den Spiegeln.[↩]
- Eine Ausnahme bilden die beiden Schachwelten, aber dazu an späterer Stelle mehr.[↩]
- Rogue Entertainment: American McGee’s Alice. USA 2000. Kapitel: Hinter den Spiegeln.[↩]
- Rogue Entertainment: American McGee’s Alice. USA 2000. Kapitel: Hinter den Spiegeln.[↩]
- McGee, American u. A.: American McGee’s Alice. Handbuch. USA 2000. S. 30 und S. 33. Erwähnenswert ist, dass der behandelnde Arzt in seinen Notizen vermerkt „Wahre Hilfe findet man so selten.“ Hierdurch wird der Arzt in die Nähe des Hutmachers gerückt.[↩]
- „Echte Hilfe ist heutzutage selten“ vgl. Anm. 13 und 14.[↩]
- Rogue Entertainment: American McGee’s Alice. USA 2000. Kapitel: Hinter den Spiegeln.[↩]
- Rogue Entertainment: American McGee’s Alice. USA 2000. Kapitel: Dorf der Verdammten.[↩]
- Im Intro zur Geschichte wird der Schockzustand des kleinen Mädchens, das im Schnee liegt, ersichtlich. Durch Zoom und Schnitt wird diese Szene mit der erwachsenen Alice verbunden.[↩]
- Rogue Entertainment: American McGee’s Alice. USA 2000. Kapitel: Wälder des Wunderlands.[↩]
- Rogue Entertainment: American McGee’s Alice. USA 2000. Kapitel: Dorf der Verdammten.[↩]
- Rogue Entertainment: American McGee’s Alice. USA 2000. Kapitel: Das Reich der Herzkönigin.[↩]
- Carroll, Lewis: Alice im Wunderland. Übersetzt von Christian Enzensberger. Frankfurt a. M. 1963. S. 86.[↩]
- Oder nach Tobias Unterhuber: Der Spielleiter lässt eine feindliche Interaktion nur zwischen Alice und der anderen Partei zu. Er legt die Möglichkeiten der Interaktionen mit der Spielwelt fest. Unterhuber, Tobias: The Gamemaster-Approach to Game Studies. In: Monica Evans (Hg.): Videogame Studies: Concepts, Cultures and Communications. Oxford: Interdisciplinary-Press (2011). S. 31 - 37. www.inter-disciplinary.net/wp-content/uploads/2011/04/vg2ever13103111.pdf[↩]
- Ebd. Unterhuber bedient sich dem Bild eines Spielleiters, welcher als ein System verstanden werden kann, das sowohl das Spiel erzählt als auch das Spiel und seine Regeln verwaltet und überwacht. So stellt sich eine Verbindung zwischen der Erzählung des Spiels und der Mechanik und den Regeln des Spiels her. Dadurch lassen sich Beobachtungen auf der einen Ebene mit Beobachtungen auf der anderen Ebene verknüpfen, um so eine Interpretation anzufertigen, die sowohl ludologische als auch narratologische Anteile beinhaltet.[↩]
- Campbell, Joseph: Der Heros in tausend Gestalten. Frankfurt am Main, 1978.[↩]
- Wobei man sich im carrollschen Wunderland nicht ganz sicher sein kann, wie hier mit Mord umgegangen wird, wenn die Königin alle zum Tode verurteilt, dann aber doch begnadigt oder das Walross und der Zimmermann die Austern ermorden und essen. Zudem ist nicht geklärt, wo das Kind der Herzogin abgeblieben ist, wenn ihre Amme ein Ferkel säugt, während die Suppe vor sich hin köchelt. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.[↩]
- Rogue Entertainment: American McGee’s Alice. USA 2000. Kapitel: Hinter den Spiegeln.[↩]
- Nietzsche, Friedrich: Zur Genealogie der Moral. www.nietzschesource.org/texts/eKGWB/GM-III-15[↩]
- Ebd. www.nietzschesource.org/texts/eKGWB/GM-III-16[↩]
- Faulstich, Werner: Einführende Vorbemerkung. In: Ders. (Hrsg.): Das Böse heute. Formen und Funktionen. München 2008. S. 9-21.[↩]
- Martin, Cathlena: 'Wonderland's Become Quite Strange': From Lewis Carroll's Alice to American McGee's Alice. In: Phyllis Frus and Christy Williams. Beyond Adaptation: Essays on Radical Transformation of Original Works. North Carolina 2010. S. 133-143. S. 137. In Anlehnung an: De la Mare, Walter. „Lewis Carroll“. Children and Literature: Views and Reviews. Ed. Virginia Haviland. Glenview, IL: Scott, Foresman, 1973. S. 57-63.[↩]
- Nicht ganz zufällig erinnert diese Begebenheit an ein Computerspielprinzip, das sich capture-the-flag nennt. Das Computerspiel American McGee’s Alice benutzt nicht nur die gleiche Spieleengine wie Quake III, sondern der Autor McGee war lange Jahre Teil des Entwicklerteams des Spiels. In diesem sogenannten „Egoshooter“ geht es, unter vielen anderen Spielmöglichkeiten, darum, in die Festung des Feindes einzudringen, dort eine Fahne an sich zu nehmen und diese in die eigene Festung zu bringen, um einen Punkt zu machen. Die gegnerische Fraktion hat das entgegengesetzte Ziel.[↩]
- Hickethier, Knut: Das Narrative Böse. Sinn und Funktion medialer Konstruktionen des Bösen. In: Faulstich, Werner (Hrsg.): Das Böse heute. Formen und Funktionen. München 2008. S. 227-243. S. 230f.[↩]
- Rogue Entertainment: American McGee’s Alice. USA 2000. Kapitel: Das Reich der Herzkönigin.[↩]
- Interessant ist in diesem Kontext Jochen Venus’ Bemerkung darüber, dass die Spielfigur nur in den Cut-scenes als Person erscheint und ansonsten nur eine puppenhafte Marionette ist, die auf Steuerungsimpulse wartet. Genau dieses Verhältnis liegt hier ebenfalls vor, fügt sich aber perfekt in die Interpretation ein. Venus, Jochen: Du sollst nicht töten spielen. Medienmorphologische Anmerkungen zur Killerspiel-Debatte. In: Lili. Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik. Mediennutzung – Medienwirkung – Medienregulierung 37, Nr. 146 (2007). S. 67-90. S. 72.[↩]