Serious Games in der Wissenschaftskommunikation: Eine spielerische Analyse der Rezeption von Filmen mit Darsteller:innen mit ‚geistiger‘ Behinderung

27. März 2025
Abstract: Der Artikel diskutiert Herausforderungen bei der Umsetzung von Forschungsergebnissen in ein Serious Game an einem konkreten Beispiel. Gegenstand des Forschungsprojekts waren Filme, in denen Menschen mit einer ‚geistigen‘ Behinderung Hauptrollen übernehmen. Gefragt wurde nach dem Einfluss, den die erzählten Geschichten auf Vorstellungsbilder von ‚geistiger‘ Behinderung einnehmen und welche Erwartungen und Erfahrungen mit Behinderung sie aufbauen. Im Serious Game werden Erzählungen, Erwartungen und Erfahrungen in Form von Entscheidungen für unterschiedliche Plots und Berücksichtigung verschiedener Interessensgruppen ausgedrückt. Es soll die Basis für Gruppendiskussionen zur Wahrnehmung von ‚geistiger‘ Behinderung bieten, für die über das Spiel hinausführende Anregungen gegeben werden. Der Artikel stellt grundlegende Überlegungen zur Spielmechanik und zum Debriefing vor.

„To know an object, to know an event, is not simply to look at it and make a mental copy or image of it. To know an object is to act on it. To know is to modify, to transform the object, and to understand the process of this transformation, and as a consequence to understand the way the object is constructed.” 1

Einleitung

In vielen europäischen Ländern spielen seit gut dreißig Jahren Menschen mit einer sogenannten ‚geistigen‘ Behinderung2 Hauptrollen oder wichtige Nebenrollen in professionell produzierten Filmen. Die Geschichten, die diese erzählen und die bei Weitem nicht nur das Thema „Behinderung“ behandeln, sind nicht frei von stereotypen Vorstellungen, denen sie aber oft ungewohnte, darunter auch unbequeme Bilder zur Seite stellen und damit das Wissen über die Lebensbedingungen von Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung komplexer machen. In einem von der DFG geförderten Projekt mit dem Titel „Erzählung, Erwartung, Erfahrung: Behinderung im zeitgenössischen europäischen Theater und Film“ (EEE)3 untersuchte ein Forschungsteam an der Universität Passau, wie Filme und Theateraufführungen unterschiedliche Vorstellungsbilder von ‚geistiger‘ Behinderung erzeugen und damit Möglichkeiten zu größerer „social awareness“ eröffnen, wie sie die UN-Behindertenrechtskonvention (UN BRK) einfordert.4 Dabei wurde auch der Frage nachgegangen, wie ästhetische und emotionale Erfahrungen zu einem konstruktiveren Umgang mit Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung beitragen.

Gegen Ende des Projektes kam die Frage auf, wie die Forschungsergebnisse außerhalb von akademischen Kreisen auf verständliche Weise zugänglich gemacht werden könnten. Denn das künstlerische Schaffen von Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung ist in der breiten Öffentlichkeit nur wenig bekannt. Viele Menschen verunsichert schon die Frage, ob sie Filme mit Darsteller:innen mit ‚geistiger‘ Behinderung überhaupt kritisieren dürfen und wie sie diese überhaupt beurteilen sollen. Sie kennen die mit ‚geistiger‘ Behinderung verbundenen Tabus und sind aus dem Alltag nicht gewohnt, sozial erlernte Reaktionen auf diese Form der Behinderung zu reflektieren oder sich gar von ihnen zu distanzieren. Vertraut sind sie mit ‚geistiger‘ Behinderung nur, wenn sie nachhaltige persönliche Kontakte mit Menschen mit dieser Beeinträchtigung haben oder hatten, was nur für wenige zutrifft.

Der folgende Artikel fasst die theoretischen Überlegungen bei der Entwicklung eines Serious Game für mobile Endgeräte zusammen (zur praktischen Umsetzung vgl. den Beitrag mit Thiele-Schwez in dieser Sonderausgabe). Das Spiel soll dabei eine über die rein kognitive Vermittlung der Forschungsergebnisse hinausgehende Anleitung zu neuartigen Erfahrungen sein und dem Ziel dienen, die Komplexität der Wahrnehmung und Beurteilung von Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung zu erhöhen. Es geht also nicht um Erfahrungen mit (realen oder fiktiven) Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung, sondern mit den eigenen Vorstellungsbildern und Vorurteilen der Spielerinnen und Spieler. Ein elektronisches Spiel bietet sich nicht nur deshalb an, weil es komplexe Systeme erlebend nachzuvollziehen erlaubt, sondern auch, weil es die Motivation steigert, sich mit dem Thema „‚geistige‘ Behinderung“ überhaupt zu befassen,5 so dass motivationale, affektive und kognitive Lerneffekte erzielt werden. Zudem kann ein Serious Game auf einem mobilen Endgerät flexibel gespielt werden, auch unbeobachtet, so dass Berührungsängste oder aufkommende unangenehme Gefühle ungehemmt zugelassen werden können, die in einer Gruppensituation u.U. unterdrückt würden. Die Einzelerfahrungen im Spiel sollen im Anschluss an das Spiel durch gemeinsame Reflexionen in der Gruppe bewusst gemacht und auf tiefliegende Stereotype und Vorurteile hin durchleuchtet werden. Der Artikel schließt mit allgemeinen Ausführungen zum Potential, das die Aufbereitung von Filmerfahrungen und Filmanalysen durch ein Serious Game für die Veränderung von Vorstellungsbildern von Behinderung bietet.

Der Spielentwurf: Herausforderungen

Forschungsergebnisse in ein Spiel zu übersetzen, ist nicht leicht, denn sie müssen auf wenige Komponenten, eben die Lernziele, zugespitzt, also vereinfacht werden: auf Wissen und Kompetenzen, die die Spielenden erwerben sollen. Der Spielverlauf folgt dabei keiner logisch aufeinander aufbauenden Argumentation wie in dem wissenschaftlichen Projekt. Zudem ist die Besonderheit des Erkenntnisprozesses eines Spiels in Rechnung zu stellen, über den Baatz schreibt:

Der Erkenntnisprozeß im Spiel ist kein primär kognitiver, an Begriffen orientierter, sondern ‚pathisch‘ – also ein Erkenntnisprozeß, der aus dem Miteinander von Stimmung, Affekten, Bewegung, Wahrnehmung aller Sinne im Umgang mit dem, womit gespielt wird, zustande kommt.6

Gerade narrative Spiele sind ein überaus geeignetes Medium der Sensibilisierung für marginalisierte soziale Gruppen, weil sie die Spielenden in eine (imaginäre) Welt hineinziehen.7 Die Spielenden müssen dabei keine Konsequenzen in der Realität fürchten, so dass sie sich einer „risk-free, active exploration of serious intellectual and social problems”8 widmen können. Widersprüche und Ambivalenzen, die in der Lebenswelt höchst problematisch sein können, werden im Spiel leichter ausgehalten, so dass sich die Spielenden intensiver auf sie einlassen können. Denn alles ist ja nur ein Spiel, aus dem die Spielenden jederzeit heraustreten und von dem sie sich nach Belieben distanzieren können.9 In der Erinnerung, und das ist ein weiterer Vorteil, werden fiktionale Erfahrungen dann mit der Zeit wie nicht-fiktionale Erfahrungen erlebt.10 Spiele rufen außerdem Emotionen mit Erlebniswert hervor, weil beim Spiel das konkrete Handeln im Hier und Jetzt über das abstrakte Denken dominiert, was zu einer länger anhaltenden Erfahrung mit dem Spielinhalt führen kann.11 Durch aktives Partizipieren beziehen Spielende ein Thema leichter auf ihre eigene Person. Egenfeldt-Nielsen/Smith/Tosca schreiben: 

When a player is passive, this implies that the player is merely consuming the educational content, for example through video, text, or audio. In other words, they don’t engage with the content actively, and don’t do anything with it to influence the virtual world.12

Serious Games sind eine besondere Form von Spielen, nämlich solche mit „an explicit and carefully thought-out educational purpose“13. Sie dienen nicht in erster Linie der Unterhaltung; Abt erläutert:

The oxymoron of Serious Games unites the seriousness of thought and problems that require it with the experimental and emotional freedom of active play. Serious games combine the analytic and questioning concentration of the scientific view-point with the intuitive freedom and rewards of imaginative, artistic acts.14

Als Mikrowelt reduzieren die Serious Games die Komplexität der Lebenswelt, was sie als Lernmittel besonders geeignet macht, wie Abt anmerkt: „Reducing large-scale competitive processes to simulation games exposes their essential dynamics with a lucidity and drama unequaled by other teaching techniques“.15 Auch die Regeln sind im Spiel begrenzter, eindeutiger und stabiler als in der realen Welt. Das macht eine gezielte Beschäftigung mit einem Thema möglich.

Im Zusammenhang mit ‚geistiger‘ Behinderung werden Serious Games bislang dominant aus der Perspektive einer Wissensvermittlung an Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung gedacht16 bzw. im Kontext von Inklusion behandelt.17 Selten sind Spiele auch aus der Sicht eines Menschen mit Behinderung konzipiert (vgl. den Beitrag von Kelsch in dieser Sonderausgabe). Dass (Serious) Games verschiedene Vorstellungsbilder bzw. Vorurteile und Stereotypen von ‚geistiger‘ Behinderung als Hauptthema haben, ist – soweit ich überblicken kann – noch nicht vorgekommen.

Das Serious Game zur Vermittlung der Forschungsergebnisse von EEE soll Anregungen geben dafür, wie die Filme des Projektes auf möglichst verschiedene Weise kritisch gelesen werden können. Dazu werden die Ergebnisse der Filmanalysen in Entscheidungsfragen „übersetzt“. Damit sollen die Spielenden nämlich dazu angeregt werden, verschiedene mögliche Wirkungen von Filmen (bzw. von verschiedenen filmischen Komponenten) bewusst wahrzunehmen.18 Bei ihren Entscheidungen für verschiedene angebotene Alternativen sollen die Spielenden darüber nachdenken, wie negative Vorstellungsbilder von ‚geistiger‘ Behinderung verstört werden können („verstören“ hier gebraucht im systemtheoretischen Sinne als ‚Unterbrechung eines Wahrnehmungsschemas‘) bzw. wie die eigene Kommunikation über Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung kritisch hinterfragt werden kann. Dazu müssen die empathischen Fähigkeiten der Spielenden sowie – mit dem Anthropologen Gregory Bateson gesprochen – ihre metakommunikativen Fähigkeiten19 geschult werden. Das führt zu der Erfahrung, dass die Interaktion zwischen Menschen mit und ohne Behinderung mehr Gestaltungsmöglichkeiten enthält als die, die in der Alltagspraxis gewöhnlich umgesetzt werden. Das Spiel entwirft damit also eine Art Gebrauchsanweisung für die Interpretation von Repräsentationen ‚geistiger‘ Behinderung, d.h. eine „Anleitung zu spezifischen Erfahrungen“ für die Filme.20 Diese Gebrauchsanweisungen enthalten injunktive Handlungsanweisungen (keine vorgefertigten Interpretationen!) und machen unterschiedliche Lesarten von Texten für Rezipient:innen nachvollziehbar (so wie in Hartwig 2005 dargestellt in Bezug auf das spanische Gegenwartstheater). Solche injunktiven Handlungsanweisungen legen dar, wie Rezipient:innen „Erfahrungen mit einem Text machen“ können, aber nicht, welche Erfahrungen sie tatsächlich machen werden oder gar machen sollten21, sind also nicht normativ.

Die Zielgruppe liegt dabei außerhalb des Fachpublikums. Es handelt sich um Studierende der Film bzw. (Literary) Disability Studies, darüber hinaus auch der Medien- und Kulturwissenschaften sowie der Sozialen Arbeit; um Lehrende, die das Spiel als Einstieg oder Ergänzung ihrer Veranstaltungen an Universitäten bzw. Bildungseinrichtungen nutzen können; zudem Personen, die direkt oder indirekt mit der Umsetzung der UN BRK betraut sind, z.B. in Schulen. Schließlich richtet sich das Spiel an jede und jeden, der/die sich für Vorurteile gegenüber Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung und für konstruktivere Vorstellungsbilder von ihnen interessiert.

Im zu entwickelnden Spiel geht es nicht um eine Gamification, also eine leichtere Erfassung von feststehenden Forschungsergebnissen.22 Das erste Lernziel sind vielmehr Erfahrungen mit (alten und neuen) Vorstellungsbildern von ‚geistiger‘ Behinderung; die Spielenden sollen erleben, wie Voreingenommenheit die Wahrnehmung verändert. Erst danach kommt als Lernziel die Vermittlung deklarativen Wissens. Im Mittelpunkt stehen die bewusste Auseinandersetzung mit Vorurteilen, der Umgang mit ambivalenten Repräsentationen von Behinderung sowie eine Schärfung des kritischen Blicks auf Argumente und Gegenargumente im Zusammenhang mit der Darstellung von ‚geistiger‘ Behinderung. Insgesamt soll der Kontext, in dem Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung wahrgenommen werden, in seinen vielgestaltigen Komponenten begriffen werden, die jeweils auch aufeinander einwirken.

Da man Erfahrungen nicht direkt weitergeben, sondern lediglich günstige Bedingungen schaffen kann, damit jemand sie selber machen kann, wird ein Spiel entworfen, dessen Regeln direkt mit vorurteilsbehafteten Vorstellungen von Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung verbunden sind.23 Solche Vorstellungen leiten sich bei der Mehrheit der Bevölkerung westlicher Gesellschaften nicht aus tatsächlichen Begegnungen her, sondern beruhen in der Regel auf diffusen, oberflächlichen Verallgemeinerungen bzw. (massen-)medial vermittelten Stereotypen, die leicht abrufbar sind.24 Es handelt sich z.B. um Vorstellungen davon, wie Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung gewöhnlich leben (stereotyp: im Behindertenwohnheim), wie ihre Arbeitswelt aussieht (stereotyp: nach spezialisierten Werkstätten), ihre Familien aussehen (stereotyp: es gibt nur die Herkunftsfamilie, aber keine eigene Familiengründung) oder ihre Partnerschaften (stereotyp: sie haben keine Partner). Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung werden eher als (passive) Empfänger von Pflege, Geld oder sonstiger Unterstützung imaginiert als in Rollen wie Detektiv, Arzt oder Lehrer oder in Leitungspositionen. Beruflicher und privater Erfolg wird in der Regel nicht mit ihnen assoziiert, ebenso wenig wie Gefühle von Stolz und Selbstbewusstsein. Auf all diesen stillschweigend vorausgesetzten Vorannahmen bauen die Entscheidungssituationen des Spiels auf. Um sie nicht zu reproduzieren, tauchen nicht Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung im Spiel überwiegend in den Vorstellungen des Regisseurs/der Regisseurin und der verschiedenen Interessensgruppen, nicht aber als eigentliche Akteure auf.25 Der Transfer zwischen Spielsituation und Realität liegt in der Erfahrung mit Vorurteilen.

Die Grundidee des Spiels ist folgende: Der Spieler/die Spielerin führt Regie für einen Film, bei dem ihm/ihr lediglich vorgeschrieben wird, mit Darsteller:innen mit ‚geistiger‘ Behinderung zu arbeiten. Er/sie darf das Drehbuch selbst schreiben und führt das Casting durch.26 Damit der Film möglichst erfolgreich wird, lässt er/sie sich beraten, muss aber auch auf Interessensgruppen Rücksicht nehmen, die sich ungefragt, z.T. lautstark zu Wort melden. Zum Leidwesen des Regisseurs/der Regisseurin verfolgen die Interessensgruppen widersprüchliche Ziel:

  1. Filmkritiker: Diese wollen einen ästhetisch anspruchsvollen Film.
  2. Aktivist:innen: Diese wollen eine politisch korrekte Darstellung von Behinderung, dass der Film auch unbequeme Fakten anspricht und dass er für das Thema „‚geistige‘ Behinderung“ sensibilisiert.
  3. Produzent:innen: Diese wollen einen kommerziell erfolgreichen Film, weshalb sie auf den Unterhaltungsaspekt schauen und gerne erprobte Plots verwenden; dabei sind sie sehr darauf bedacht, in den Sozialen Medien gut dazustehen.
  4. Massenpublikum: Dieses vernetzt sich über die Sozialen Medien und arbeitet oft mit pauschalen Moralisierungen oder Idealisierungen.

Das gesamte Spiel über wird der Regisseur/die Regisseurin mit Vorurteilen bzw. gruppenspezifischen Interessen konfrontiert. Hinzu kommen Zufallsereignisse wie z.B. behindertenfeindliche Aktivitäten in den Schlagzeilen, die vorübergehend das Interesse der Öffentlichkeit an Menschen mit Behinderung erhöhen und die ebenfalls Auswirkungen auf die Entscheidungen des Spielers/der Spielerin haben.

Die Spielenden müssen sich in alle Positionen einfühlen, um taktische Entscheidungen treffen und erfolgreich spielen zu können. Über die Identifizierung mit allen Figuren werden sie von selbst dazu gebracht, die verschiedenen Vorstellungen von ‚geistiger‘ Behinderung gegeneinander abzuwägen. Denn das gekonnte Ausbalancieren verschiedener Ansprüche entscheidet über den Spielverlauf. Die Spielenden erwerben also Problemlösungswissen, indem sie unterschiedliche Sichtweisen berücksichtigen und eine passende Reaktion auf die ambivalenten Repräsentationen von Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung finden. Nur wer geschickt zwischen Klischeegeschichte und Art House-Kunstwerk, zwischen Heldenabenteuer und Melodram navigiert, wer zudem die Lebenslage von Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung komplex genug darstellt, um neue Erfahrungen zu ermöglichen, und wer schließlich die Behinderung weder zu stark idealisiert noch zu stark problematisiert, wird allen Interessensgruppen gerecht und den Film erfolgreich zu Ende bringen. Im ungünstigsten Fall bringt hingegen eine zu starke Missbilligung des Films durch eine der Interessensgruppen das Filmprojekt zum Scheitern. Das erste Spielziel ist also, überhaupt einen Film zustande zu bringen; als Belohnung gibt es für den Spielenden ein Filmplakat, das seine spezifische Auswahl aus alternativen Möglichkeiten der Repräsentation von Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung visualisiert. Das zweite (schwierigere) Spielziel ist, alle Interessensgruppen so weit wie möglich zufriedenzustellen. Vom Spieltypus her handelt es sich also um eine Mischung aus Strategie- und Rollenspiel, das prozess- und systemorientiert ist.27 Der Titel des Spiels soll daher einen offenen, auffordernden Charakter haben und darf auch provozieren, etwa wie „Lernschwierigkeiten und Leinwand“, „Jetzt auch noch Inklusion im Film?“ oder „(K)Ein Oscar mit Inklusion?“

Das Spiel startet mit einer Filmsequenz, in dem der Regisseur/der Regisseurin mitgeteilt wird, dass er/sie einen Film produzieren darf, allerdings nur, wenn Darsteller:innen mit ‚geistiger‘ Behinderung mitspielen. Die Anzahl dieser Darsteller:innen darf der Regisseur/die Regisseurin selbst wählen, ebenso wie das Filmgenre. Jedes Genre aber hat seine eigenen Tücken, denn es ruft jeweils eigene Vorurteile gegenüber Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung auf: Liebesgeschichten konfrontieren die Zuschauer:innen mit ihrer Vorstellung, Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung hätten keine Bedürfnisse nach romantischer Liebe, Sexualität und Familiengründung; Abenteuergeschichten widersprechen hingegen eher dem Vorurteil, Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung seien passiv und verbrächten ihre Freizeit am liebsten im Heim mit „Ihresgleichen“; wieder andere Vorurteile wecken Genres wie Komödie, Drama, Horror Story, feel good movie, Road Movie, Krimi, Science Fiction oder Western. Der Regisseur/die Regisseurin muss jedoch nicht nur das Genre, sondern auch den Ort des Geschehens (Chefetage eines multinationalen Konzerns oder Behindertenwohnheim? Großstadt oder einsamer Bauernhof in Niederbayern?) und den Zeitpunkt (Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft?) festlegen sowie die Etappen der Geschichte konzipieren, für die ihm/ihr im Spielverlauf jeweils unterschiedliche Optionen angeboten werden. Außerdem sind filmtechnische Mittel zu wählen wie z.B. die Bildgröße (zwischen extremen Close ups und Totalen), die Schnittfrequenz oder die farbliche und musikalische Gestaltung sowie ggf. heikle inhaltliche Elemente wie Nacktszenen, die mit gesellschaftlichen Tabus in Konflikt geraten können. Die Interessensgruppen bewerten anschließend die Entscheidungen des Regisseurs/der Regisseurin anhand von Rückmeldungen über direktes Feedback (in Sprechblasen), Pressemitteilungen, Interviews oder Kommentare in den Sozialen Medien.

Die Spielenden müssen verschiedene Möglichkeiten im Kopf durchspielen und auf mögliche Interpretationen durch verschiedene Interessensgruppen hin untersuchen. Die Möglichkeiten machen die Ambivalenz jeder Entscheidung deutlich, die jeweils positiv oder negativ interpretiert werden kann und daher immer spezifische Vor- und Nachteile aufweist. Im Laufe des Spiels erleben die Spielenden, wie sie mit ihrer spezifischen filmischen Darstellung das Vorstellungsbild von ‚geistiger‘ Behinderung beeinflussen können und dass Entscheidungen immer auch mit negativen Aspekten verbunden sind. Nach Dörner28 lehren Simulationen – und an diese lehnt sich das Spieldesign an –, dass man sich Ziele klar machen muss, dass man nicht alle Ziele zugleich verfolgen kann und dass man wechselnde Schwerpunkte bilden muss. Beim Spielen wird auch deutlich, dass es keinen perfekten Film gibt und daher auch nicht die eine richtige Lösung. Das kann die Spielenden dazu animieren, verschiedene Varianten des Spiels auszuprobieren, über das Spiel hinaus weitere mögliche ambivalente Repräsentationen von ‚geistiger‘ Behinderung zu imaginieren oder sogar über die Regeln selbst zu diskutieren.29 Um dieses explorative Verhalten anzuregen, wurde daher auch ein Spiel für mobile Endgeräte einem Brettspiel vorgezogen.

Die Vermittlungsziele sind nicht die, die vielleicht naheliegen: „gute“ Bilder von ‚geistiger‘ Behinderung zu erzeugen, indem man z.B. Figuren in starkem Widerspruch zu gängigen Vorurteilen konzipiert. Dem Spiel geht es jedoch darum, Vorurteile erlebbar zu machen, ein Bewusstsein für eigene Voreingenommenheit sowie die Voreingenommenheit bestimmter Interessensgruppen zu entwickeln.30 Die Spielenden erleben, wie wichtig der Darstellungskontext für die Wirkung von Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung ist, und erfahren auch Risiken und Nebenwirkungen jedes Darstellungskontextes. So vermittelt das Spiel das, was Gibbons (in anderem Zusammenhang) wie folgt beschreibt: „Rather than making disability a condition that a player must overcome to progress, the game explores the implications of assumptions that other characters make about disability.“31

Debriefing: Wichtigkeit der Reflexion

Damit Wahrnehmung und Erfahrungen in Wissen überführt werden können, müssen sie begrifflich erfasst werden, wie Schlingmann schreibt: „Erfahrungen sind nicht identisch mit Wissen und machen nicht per se klug. Vielmehr ist es erst die Reflexion der subjektiven Erfahrungen […], die es auf abstraktere Ebene erlaubt zu Verallgemeinerungen zu kommen“.32 Einige Erfahrungen werden durch eine differenzierte Analyse überhaupt erst möglich. Auch die im Spiel gemachten Erfahrungen mit den Entscheidungen zur Darstellung von Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung sollen mit Hilfe differenzierter Begriffe analysiert werden, die den Spielenden mit den jeweils dazugehörigen Definitionen vermittelt werden müssen. Da eine Vermittlung von Lerninhalten aber immer den Spielfluss bedroht (worauf z.B. Jeske hinweist),33 sollen im vorliegenden Fall die Wissenselemente eher nach dem Spiel angeboten werden. Denkbar wäre auch, das Spiel in größere Etappen/Level einzuteilen und jede Etappe/jedes Level jeweils mit Informationen zu grundlegendem Vokabular zu beschließen. Eine Reflexionseinheit („Debriefing“) nach dem Spiel hat aber den Vorteil, dass mehr Zeit für gemeinsame Gespräche zur Verfügung steht und die Informationen auch zur Überleitung zu anderen Kontexten (etwa zu anderen Themen in Seminaren) genutzt werden können.

Im Debriefing reflektieren die Spielerinnen und Spieler unter Anleitung einer Lehrperson, was sie sich bei ihren Entscheidungen gedacht haben und wie sie Probleme mit den Interessensgruppen gelöst haben.34 Außerdem sollen sie ein grundlegendes Vokabular erwerben, das ihnen bei der Auseinandersetzung mit Vorstellungsbildern von (‚geistiger‘) Behinderung behilflich ist. Die Reflexionsphase ist für den Erkenntnisprozess und die Verankerung des Gelernten wichtig. Zum einen wird verhindert, dass sich unerwünschte Schlussfolgerungen festsetzen, zum anderen kann sich das Spiel von konkreten Situationen lösen und allgemeinere und übertragbare Erkenntnisse hervorbringen.35

Das Debriefing umfasst vier Etappen, die unabhängig voneinander sind. So ist eine Auswahl geeigneter Etappen für unterschiedliche Lernsituationen möglich.

1) In der ersten Etappe geht es um Bewusstwerdung und Benennung von Erfahrungen. Das Grundvokabular, das Lehrpersonen für die Diskussionen mit den Spielerinnen und Spielern an die Hand gegeben wird und das auf verschiedene Aspekte der Darstellung von Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung verweist, soll nicht zu lang sein. In Anlehnung an das Projekt EEE werden folgende Begriffe vorgeschlagen (Anhang 1 bringt die zugehörigen Definitionen):

  • Ableismus/ableism
  • Behinderung, ‚geistige‘; Definition
  • Behindertenbewegung/Aktivismus
  • Diskriminierung
  • Inklusion
  • Irrelevanzregel
  • Modelle von Behinderung
  • Normalität vs. Normativität
  • Normenkonflikt
  • Paternalismus
  • phantom normalcy
  • Reaktionen auf Behinderung
  • Stigma
  • Tabu
  • UN BRK
  • Ungerechtigkeit, epistemische

Die Begriffe sollen anhand von Elementen oder Szenen des Spiels veranschaulicht werden, z.B. anhand der Entscheidungssituationen, der Reaktionen der verschiedenen Interessensgruppen oder auch der Zufallsereignisse, die immer wieder die Pläne des Regisseurs/der Regisseurin durchkreuzen. Bei der Spielentwicklung muss daher darauf geachtet werden, dass die Spielelemente die Begriffe auch illustrieren, damit sie in der Debriefing-Phase auch mit konkreten Spielerfahrungen verbunden werden können.

2) Eine zweite Etappe des Debriefing kann aus Diskussionen über Filmplakate und Filmstills bestehen. Diese entstammen Filmen mit Darsteller:innen mit ‚geistiger‘ Behinderung und sind im Internet leicht aufzufinden (Anhang 2 gibt eine erste Auswahl zum Einstieg). Der erste Eindruck zu diesen Bildern kann festgehalten und diskutiert werden. Durch das bewusste Wahrnehmen ihrer spontanen Reaktionen können die Teilnehmer:innen diese zu bekannten Vorurteilen in Beziehung setzen und auch Tabuzonen in der Darstellung von Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung benennen. Bei der Beschreibung der Bilder wird auch die Macht des Mediums Film deutlich, das eine starke Kontrolle über die Wirkung seiner Bilder ausüben und damit gesellschaftliche Vorstellungsbilder formen kann. Verstärken kann man die Sensibilisierung für filmische Mittel durch ein gezieltes Eingehen auf die Wahl des Bildausschnittes, die Komposition des Bildes oder seine Farbgestaltung.

Anschließend können mögliche Interpretationen der Bilder durch die verschiedenen Interessensgruppen des Spiels imaginiert werden. Das Filmplakat von Campeones könnte den Filmkritikern z.B. als zu wenig kunstvoll erscheinen und als direkter Verweis auf ein einfältiges feel good-movie; sie könnten aber auch das groteske Moment des Bildes hervorheben und darin einen willkommenen ästhetischen Anspruch sehen. Aktivist:innen könnten kritisieren, dass Menschen mit Behinderung durch das Plakat als komisch ausgewiesen werden; sie könnten lobend erwähnen, dass bei diesem Film eine große Zahl von Darsteller:innen mit ‚geistiger‘ Behinderung Hauptrollen und wichtige Nebenrollen erhalten haben, was man schon auf dem Plakat sieht. Produzent:innen könnten die Anziehungskraft des Bildes gutheißen, aber auch Bedenken äußern, ein Film mit so vielen Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung auf dem Plakat könnte als moralisierend und uninteressant abgestempelt werden. Schließlich könnte das Massenpublikum verschiedene dieser Aspekte aufnehmen. Diese Übung soll mit großer Phantasie erfolgen und Vorurteile und stereotype Vorstellungsbilder von Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung offen aussprechen. Dadurch wird das im Spiel erlangte Wissen über die Ambivalenz von Repräsentationen gefestigt und an konkreten Beispielen aus echten Filmen illustriert. Auch wird die Mehrdeutigkeit der Bilder deutlich.

3) Allgemeiner sind die Überlegungen der dritten Etappe, in der Spannungsfelder diskutiert werden, die die Schwierigkeit von Darstellungen ‚geistiger‘ Behinderung im Film offenlegen. Dazu werden verschiedene Begriffspaare vorgeschlagen (detailliertere Ausführungen zu diesen Begriffspaaren finden sich in Anhang 3):

  • Normalisierung vs. Exotisierung
  • Negative/sozialkritische Darstellung vs. positive/idealisierende Darstellung
  • Vereinfachung vs. Komplexität
  • Positionierung vs. Ambivalenz
  • Massenproduktion vs. anspruchsvolle Arthouse-Werke

Alle Begriffspaare liefern Denkanstöße, die die Entscheidungen der Spielerinnen und Spieler im Licht ihrer Alternativen zeigen und noch einmal die generelle Ambivalenz von Repräsentationen von Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung veranschaulichen. In der gemeinsamen Reflexion werden z.B. Normenkonflikte, Widersprüche in Zielvorstellungen der einzelnen Interessensgruppen und Ambivalenzen der sozialen Reaktion auf ‚geistige‘ Behinderung benannt und bewusst gemacht. Während dieser Etappe können auch Originalfilme gemeinsam angeschaut und anhand der Begriffspaare analysiert werden; eine erste Auswahl solcher Filme liefern die am Ende des Spiels jedem Spielenden individuell empfohlenen Titel.36

4) Die vierte und letzte Etappe bietet Raum zur Diskussion weiterführender Fragen in Bezug auf Filme mit Darsteller:innen mit ‚geistiger‘ Behinderung. Folgende (offene) Liste kann dabei als Anregung dienen:

  1. Ist es für Sie wichtig zu wissen, welche Darsteller/welche Darstellerin eine tatsächliche Behinderung hat? Warum oder warum nicht? Ändert sich etwas, wenn Sie wissen, dass der Darsteller oder die Darstellerin auch im echten Leben als „geistig“ behindert gilt, ob er die ‚geistige‘ Behinderung also vortäuscht oder nicht? Warum ändert sich dadurch etwas in Ihrem Filmerleben?
  2. Wie sieht für Sie ein “durchschnittlicher“ Mensch mit ‚geistiger‘ Behinderung aus? Woran glauben Sie, ‚geistige‘ Behinderung bei Menschen identifizieren zu können?
  3. Woran könnten Sie Ihrer Meinung nach erkennen, welche Komponente des Films eine sorgfältig einstudierte schauspielerische Leistung ist und welche nicht? Woran erkennen Sie Komponenten der Persönlichkeit des Darstellers/der Darstellerin mit ‚geistiger‘ Behinderung? Ist diese Frage im Falle von Darsteller:innen mit ‚geistiger‘ Behinderung wichtiger als im Falle von Darsteller:innen ohne ‚geistige‘ Behinderung?
  4. Haben Sie sich gefragt, ob sich die Darsteller:innen mit ‚geistiger‘ Behinderung der Tatsache vollumfänglich bewusst sind, dass sie eine Rolle spielen? Oder werden sie von den Regisseur:innen eher als „Material“ vorgeführt? Was glauben Sie: Warum haben sie dies gefragt oder nicht gefragt?
  5. Welche möglichen Qualitätskriterien gibt es für das Spiel der Darsteller:innen mit ‚geistiger‘ Behinderung? Für welche schauspielerischen Fehlleistungen darf man Darsteller:innen mit ‚geistiger‘ Behinderung kritisieren? Was sind unangemessene Reaktionen auf Darsteller:innen mit ‚geistiger‘ Behinderung? Ist beispielsweise Nachsicht eine Form der Herablassung?
  6. Wie können Darsteller:innen mit ‚geistiger‘ Behinderung ihre eigene Weltsicht in die Filme einbringen? Wie kann ein gemeinsamer Sprachraum für Menschen mit und ohne ‚geistige‘ Behinderung entstehen?

Optional können abschließend weiterführende Informationen zum Projekt EEE, also zur Ausgangshypothese, zu den drei Schlüsselwörtern Erzählung, Erwartung und Erfahrung oder zu den Ergebnissen (eine Kurzversion findet sich in Anhang 4) gegeben werden. Möglich wären darüber hinaus bibliographische Hinweise auf weiterführende Literatur zur Lebensrealität von Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung, z.B. zu ihrer Schul-, Arbeits- und Wohnsituation.

Über diese vier Etappen hinaus kann das Debriefing auch dazu dienen, das Spiel selbst kritisch zu hinterfragen, z.B. in Form von Erweiterungs- oder Verbesserungsvorschlägen bzw. über den Entwurf eines alternativen Spiels. So wäre etwa eine besonders komische Variante des Spiels vorstellbar, die eigene, u.U. ganz neue Problemfelder erzeugt. Durch dieses Imaginieren von Alternativen wird Verständnis des konkreten Spiels und seiner Spielregeln vertieft.37

Eine kritische Auseinandersetzung ist schließlich auch bezüglich der Barrierefreiheit des Spiels möglich. Diese könnte Vorschläge für eine umfassende Spielbarkeit machen, darunter auch für Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung. Dies wäre im Sinne von Abt, der schreibt:

Even relatively simple simulation games are sufficiently rich in content to provide several different levels of learning simultaneously to students of different abilities. The slow learners will concentrate on the concrete, static elements of the game. The moderately fast learners will develop concepts of cause and effect and attempt to apply them. The most advanced learners will consider the strategic interactions of several parallel causal chains.38

Die Spielanforderungen wären in diesem Sinne den Fertigkeiten der unterschiedlichen Spielerinnen und Spieler anzupassen.

Spiele in den Disability Studies

Das digitale Spiel fügt den Reflexionen der Filmanalyse und den üblichen Vermittlungsformen von Forschungsergebnissen über wissenschaftliche Monographien und Artikel neue Komponenten hinzu. Zunächst ist es eng an eine Aktivität und an eine eigene Erfahrung geknüpft. Die Spielenden erfahren sich als Handelnde: „I am performing a behaviour“ statt „Character X performing a behaviour“ oder „Performing a behaviour in general“.39 Das Verhältnis der Spielenden zu den Inhalten der erzählten Geschichten ist daher anders als das zu im Film erzählten Geschichten; Juul spricht von einer „twilight zone where [the player] is both an empirical subject outside the game and undertakes a role inside the game“40. Weil Spieler und Spielerinnen aktiver Teil der Geschichte werden – und nicht bloße Zuschauer:innen bleiben wie bei der Filmrezeption –, erwerben sie Handlungswissen.41

Die Alternativen zu den eigenen Entscheidungen – beispielsweise tabubehaftete oder ‚politisch unkorrekte‘ Optionen – können ebenfalls gedanklich durchgespielt werden als kontrafaktische Szenarien und damit aktiv erlebt werden.42 Juul schreibt dazu: „[…] playing a game includes the awareness that the game session is just one out of many possible to be had from this game“.43 Er spricht von der „configurative dominant“ von Spielen und erläutert:

Even if we were to play only a single game session of a hypothetical game and end up performing exactly the same sequence of events that constitute Hamlet, we would not have had the same experience as had we watched Hamlet performed. We would also not consider the game to be the same object as the play since we would think of the game as an explorable dynamic system that allowed for a multitude of sequences.44

Spiele schulen also die Fähigkeit, in Alternativen zu denken45 und Möglichkeiten auszuprobieren; sie erzeugen, wie Abt es ausdrückt, ein „laboratory feeling”: „They […] encourage imaginative freedom to experiment with alternative solutions, while at the same time offering a realistic set of constraints on less practical responses to problems“.46 Komplexe soziale Situationen – gerade auch solche, die vielen Tabus und sozialen Regulierungen unterliegen – können in Spielen frei erkundet werden.

Auch für Forscherinnen und Forscher ist der Prozess der Spieleentwicklung erkenntnisfördernd. Zum einen müssen sie ihre Forschungsergebnisse klar und präzise formulieren, um sie in ein Spiel umformen zu können, im vorliegenden Fall die Zuspitzung von Filmanalyen auf Entscheidungssituationen.47 Dabei wird das theoretische Wissen auf seine Relevanz für Handlungen – im vorliegenden Fall Entscheidungen – überprüft. Zum anderen müssen die Forscher:innen einer grundsätzlichen Gefahr von Darstellungen stigmatisierter Bevölkerungsgruppen aktiv begegnen, nämlich die Vorurteile, die überwunden werden sollen, durch die Thematisierung noch zu verstärken. Im Austausch mit den Spielern und Spielerinnen kann ein Feedback zu den Forschungsergebnissen gewonnen werden. Der eigene Forschungsgegenstand kann noch einmal in neuem Licht erscheinen.

 

Anhänge

Anhang 1: Liste von Schlagwörtern mit Definitionen48

  • Ableismus/ableism: Ableismus ist Diskriminierung, Benachteiligung, Stigmatisierung und/oder Ausschluss von Menschen allein aufgrund ihrer Behinderung. Ableismus kann analog zu den Begriffen Sexismus/Frauenfeindlichkeit und Rassismus/Fremdenfeindlichkeit mit ‚Behindertenfeindlichkeit‘ übersetzt werden.49
  • Behinderung, ‚geistige‘; Definition: Mit dem Begriff Behinderung werden negativ bewertete Abweichungen eines Individuums von körperlichen oder sozialen Normalitätsvorstellungen bezeichnet. Der Begriff bezieht sehr heterogene Phänomene ein wie das Fehlen einer Körperfunktion, die Einschränkung der Wahrnehmung oder die Veränderung der kognitiven Verarbeitung von Reizen. Behinderung kann von Geburt an bestehen oder Folge einer gewaltsamen Einwirkung von außen bzw. einer Krankheit sein, degenerativ, mit Schmerz verbunden und sichtbar oder im Gegenteil stabil, im Wesentlichen schmerzfrei und unsichtbar sein. Die behinderungsbedingten Abweichungen unterliegen keiner Willensentscheidung, sind nicht vorübergehend und nicht auf Spezialgebiete bezogen. Die Abweichungen werden durch soziale Reaktionen negativ markiert und dadurch fast immer auch verstärkt. Aufgrund der Behinderungen funktionieren soziale Abläufe oder Kommunikationen nicht reibungslos wie erwartet und müssen daher z.T. erheblich modifiziert werden.50 ‚geistige‘ Behinderung ist eine der vielen Formen von Behinderung. Sie betrifft erhebliche Abweichungen von üblicher kognitiver Informationsverarbeitung und üblichen Verhaltens- und Kommunikationsformen. Der Begriff ist unscharf51 und ruft stark negative Assoziationen auf.
  • Behindertenbewegung/Aktivismus: In den 1960er Jahren entstehen Selbsthilfeinitiativen von Menschen mit Behinderung in den USA (Disability Movement) und in Europa52. Sie setzen sich nachdrücklich für die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung ein, insbesondere für Selbstbestimmung und Selbständigkeit, und gegen soziale Ausgrenzung. Die Gesellschaft wird nachdrücklich dazu aufgefordert, ihre Vorstellungen von Behinderung zu verbessern und die Barrieren für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung an allen gesellschaftlichen Aktivitäten grundsätzlich zu ermöglichen. Die Behindertenbewegung führt zu einem neuen Selbstbewusstsein der Betroffenen.
  • Diskriminierung: Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes gibt folgende Definition: „Niemand darf wegen einer Behinderung benachteiligt werden. Das steht in Artikel 3 Satz 2 des Grundgesetzes, dass das Verhältnis zwischen Bürger*innen und dem Staat regelt. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbietet Diskriminierung am Arbeitsplatz und bei Rechtsgeschäften des täglichen Lebens aufgrund einer Behinderung, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Identität.“53
  • Inklusion: Inklusion bedeutet ‚Einschluss‘. Im Zusammenhang mit Behinderung wird das Wort oft auf Maßnahmen bezogen, die es Menschen mit Behinderung ermöglichen, an einem ihnen zuvor verschlossenen oder schwer zugänglichen gesellschaftlichen Teilbereich vollumfänglich teilzunehmen. Bei erfolgter Inklusion müssten Menschen mit und ohne Behinderung diesen Teilbereich eigentlich gleichberechtigt gestalten und dabei Anerkennungsstrukturen (z.B. im Spiel, im Sport oder in der Kunst) erhalten. Oft erscheint Inklusion in der Praxis aber lediglich als Einbezug von Menschen mit Behinderung in schon bestehende, von Menschen ohne Behinderung definierte Kontexte, in denen sie selbst wenig Gestaltungsmöglichkeiten haben.54
  • Irrelevanzregel: Je weniger Erfahrung Menschen ohne Behinderung mit Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung haben, desto größer ist ihre Verhaltensunsicherheit. Um diese zu kompensieren, gehen sie dann im sozialen Miteinander u.U. davon aus, dass ein vollständiges Ignorieren der Behinderung die höflichste Umgangsform sei und verhalten sich entsprechend so, als ob die durch Behinderung hervorgerufenen Normabweichungen gänzlich irrelevant seien. Dies ist ein Versuch, den Umgang mit Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung zu normalisieren. Oft wird dadurch allerdings das genaue Gegenteil bewirkt: Das Ignorieren erzeugt eine gekünstelte Atmosphäre, weil die Behinderung so zum Tabu wird und wie der sprichwörtliche „Elefant im Raum“ steht, den wahrzunehmen oder auf den auch nur anzuspielen peinlich vermieden wird. Das ist auf die Dauer anstrengend und führt in letzter Konsequenz häufig zu gänzlicher Vermeidung von Begegnungen mit Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung55. Die vorgetäuschte Irrelevanz kann Stigmatisierungen nicht beseitigen, sondern nur unsichtbar machen. Dazu schreibt Thimm: "Alle Stigma-Managementtechniken, die darauf abgestellt sind, Behinderung pauschal als irrelevant darzustellen, führen langfristig zu Scheinakzeptierungen. Entstigmatisierung kann nur dann erfolgen, wenn die Irrelevanzregel durchbrochen wird, wenn den Nichtbehinderten wie den Behinderten erfahrbar gemacht wird, dass für beide Interaktionspartner die Behinderung des einen in den allermeisten sozialen Situationen sehr wohl relevant ist, und dass über Irrelevanz erst nach einem Prozess der Übernahme der gegenseitigen Perspektive entschieden werden kann. Ein Durchbruch dazu gelingt, wenn Behinderte den nichtbehinderten Interaktionspartnern Teilidentifikationen anbieten, indem sie sich als Träger von Rollen darstellen, die nicht mit der Behinderung unmittelbar assoziiert werden. Eine Erweiterung der Beziehung auch auf andere Rollen wird vorstellbar."56
  • Modelle von Behinderung: In den Disability Studies gibt es drei besonders bekannte und vieldiskutierte Modelle: das medizinische, das soziale und das kulturelle Modell von Behinderung. Das medizinische Modell sieht Behinderung als ein Problem des beeinträchtigten Individuums an, dessen Körper nicht normal funktioniert. Der Lösungsversuch besteht darin, das Individuum an die Mehrheit der Normalen so weit wie möglich anzunähern. Das soziale Modell geht hingegen davon aus, dass Behinderung durch eine behindernde Umwelt entsteht, z.B. infolge physischer Barrieren oder aufgrund von Vorurteilen. Dieses Problem soll dadurch gelöst werden, dass die Umwelt besser an die Bedürfnisse des Individuums angepasst wird. Das kulturelle Modell schließlich prangert die Praxis des Unterscheidens in „behindert“ und „nicht-behindert“ generell an; es weist darauf hin, dass erst die Unterscheidung die mit Behinderung verbundenen Probleme schafft.57
  • Normalität vs. Normativität: Der Begriff Normalität (dessen Gegensatz das Ungewöhnliche ist)58 bezieht sich auf Durchschnittswerte, z.B. erwartbare zwischenmenschliche Verhaltensweisen und Kommunikationsformen. Normalität ist der verlässliche und daher vertrauensstiftende Hintergrund sozialen Handelns. Denn „[n]ur wenn Menschen regelmäßiges Verhalten von ihren Mitmenschen erwarten und sich darauf einstellen können, vermögen sie selbst konsistent zu handeln und soziale Beziehungen zu knüpfen“.59 Dass Normalität als natürlich und logisch wahrgenommen wird, lässt die Mitglieder einer sozialen Gruppe oft vergessen, dass jede Normalität Alternativen hat und dass eine einmal sich einstellende Normalität nicht zwingend optimal ist. Auch wird vergessen, dass Normalität nicht dasselbe ist wie Normativität. Denn Normativität (deren Gegenteil das Unzulässige ist)60 ist die verbindliche Festlegung auf eine Norm, die dann für eine Gruppe Geltung besitzt.
  • Normenkonflikt: Gesellschaftliche Normalitätserwartungen fordern Leistung und Anpassung, die der Mensch mit Behinderung nur bedingt erbringen kann; die daraus logisch sich ergebende spontane Reaktion – Ausschluss und Stigmatisierung – wird jedoch sozial ebenfalls nicht akzeptiert. Vielmehr existiert – in Europa in jüngster Zeit verstärkt – die normative Forderung nach voraussetzungsloser Teilhabe von Menschen mit Behinderung am sozialen Leben. Es entsteht also ein Normenkonflikt im Umgang mit Menschen mit Behinderung.
  • Paternalismus liegt vor, wenn Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung dem Urteil und den Entscheidungen Anderer unterworfen werden und wenn ihnen nicht respektvoll zugehört wird.61 Dazu gehört auch ein Infantilisieren und Geringschätzen der Entscheidungskompetenz von Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung, die als Subjekte dadurch in Frage gestellt werden. Zinsmeister gebraucht den Ausdruck der „fürsorglichen Entmündigung“.62 Paternalismus kann sich auch in übermäßigem Lob für banale Handlungen oder in gefühlsbetonten pauschalen Idealisierungen zeigen, in überfreundlicher Nachsicht wie in überbetonter Normalität. Auch Anstarren, unverhohlene Neugier für die Normabweichung oder unnötige Hilfsangebote können darunterfallen.
  • phantom normalcy: Menschen mit und ohne Behinderung leben in einer „Scheinnormalität“ zusammen, wenn sie akribisch jede mit der Behinderung möglicherweise verbundene Anstößigkeit, Verärgerung oder Peinlichkeit vermeiden63. Menschen mit Behinderung werden bei dieser künstlichen Form des mitmenschlichen Umgangs jedoch nur scheinbar akzeptiert, nämlich nur so lange, wie ihre Behinderung niemandem lästig wird. Die behinderungsbedingte Stigmatisierung wird also nicht wirklich beseitigt, sondern bleibt unterschwellig erhalten. Die verdrängten Gefühle wirken damit im Verborgenen weiter. Das hat gravierende Folgen: Viele alltägliche Interaktionen missglücken, weil (mit Thimm gesprochen)64 entweder die Menschen ohne Behinderung oder die Menschen mit Behinderung auf ihre eigenen Gefühle bzw. spontanen Reaktionen verzichten, um eine (in Wirklichkeit nur scheinbar existierende) solidarische Beziehung nicht zu gefährden, die aber gerade aufgrund der unterdrückten Gefühle und Reaktionen gekünstelt bleiben muss. Nur wenn auch unangenehme und unerwünschte Gefühle wie Mitleid, Schuldempfinden, Unsicherheit oder sogar Angst und Ekel zugelassen werden, lassen diese sich nämlich auf „ihren Wert oder Unwert, ihr Angemessensein oder Unangemessensein in einem Prozess des Aushandelns“ überprüfen.65
  • Reaktionen auf Behinderung: Der Soziologe Günther Cloerkes spricht in Soziologie der Behinderten (2007) von drei verschiedenen Reaktionen auf Behinderung, die er als originär, sozial erwünscht bzw. überformt bezeichnet. Originäre Reaktionen sind spontan-affektiv; das heißt nicht, dass sie angeboren, wohl aber, dass sie so tief im Individuum eingewurzelt sind, dass sie automatisch ausgelöst und als natürlich empfunden werden. Auffällige Behinderung kann als originäre Reaktion z.B. „Angstgefühle, affektive Erregtheit und Unbehagen“ hervorrufen66 ebenso wie Mitleid. Das Zeigen von originären Reaktionen ist allerdings gesellschaftlich nicht erwünscht. Denn Menschen mit Behinderung, so will es die gesellschaftliche Norm, dürfen nicht genauso streng beurteilt werden wie Menschen ohne Behinderung. Für sie gilt eine Art Sondern-Norm: Ihnen gegenüber muss eine sozial erwünschte Reaktion gezeigt werden, die allerdings oft der originären Reaktion widerspricht. So möchte jemand vielleicht spontan über ein abweichendes Aussehen lachen oder eine unangemessene Kommunikation bestrafen, muss aber, um den sozialen Wünschen zu entsprechen, ernst bleiben bzw. Nachsicht üben. Das ist schwer und misslingt oft. Eine Kompromisslösung bietet die überformte soziale Reaktion an, bei der „originäre“ und „sozial erwünschte“ Reaktionen unverbunden (und widersprüchlich) nebeneinander bestehen bleiben dürfen, z.B. indem zu ernst oder zu nachsichtig reagiert wird. Solche überformten Reaktionen akzeptieren Menschen mit Behinderung nur scheinbar67, da spontane Gefühle unterdrückt werden. Letztlich kann sie sogar dazu führen, jegliche Interaktion und jeglichen Kontakt mit Menschen mit Behinderung zu vermeiden. Denn mit unterdrückten Gefühlen ist die Interaktion voll „Unbehagen, Spannung und Stress“, zeigt „Starrheit, Angst, Peinlichkeit [oder] krampfhafte Heiterkeit“.68
  • Stigma: Ein stigmatisierter Mensch verfügt aufgrund eines körperlichen Merkmals oder aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einer marginalisierten gesellschaftlichen Gruppe über niedriges soziales Prestige. Der Soziologe Erving Goffman69 definiert das Stigma als unerwünschtes Anderssein vom dem, was erwartet wurde.
  • Tabu: Ein Tabu ist ein strenges Verbot, etwas zu sagen oder zu tun, und hat oft eine deutliche moralische Komponente.70 Wer Tabus verletzt, wird in Form von Angst, Scham und Schuldgefühlen sanktioniert.71 Behinderung ist mit vielen Tabus belegt. So gilt es als unschicklich, Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung genauer anzuschauen, über Normabweichungen zu lachen oder auch nur ungewohntes Aussehen bzw. ungewohnte Kommunikationsformen explizit zur Kenntnis zu nehmen. Eine zu starke Tabuisierung z.B. von spontanen Reaktionen auf ‚geistige‘ Behinderung verhindert im Extremfall einen konstruktiven Umgang mit den eigenen ambivalenten Gefühlen und letztlich die Interaktion mit Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung.
  • UN BRK: Die in Deutschland oft einfach „Behindertenrechtskonvention“ genannte UN Convention on the Rights of Persons with Disabilities (CRPD) wurde 2006 verabschiedet. Sie fordert vollumfängliche gesellschaftliche Partizipation von Menschen mit Behinderung an allen gesellschaftlichen Bereichen und Maßnahmen zur positiven Wahrnehmung und Sensibilisierung aller Menschen: „[t]o raise awareness throughout society […] regarding persons with disabilities, and to foster respect for the rights and dignity of persons with disabilities”, “[t]o combat stereotypes, prejudices and harmful practices relating to persons with disabilities […]” sowie “[t]o promote awareness of the capabilities and contributions of persons with disabilities” (UN CRPD 2006, Art. 8).72
  • Ungerechtigkeit, epistemische: Epistemische Ungerechtigkeit liegt nach der britischen Philosophin Miranda Fricker (Epistemic Injustice. 2007) dann vor, wenn eine gesellschaftlich marginalisierte Gruppe von Menschen nicht ausreichend Möglichkeiten hat, ihre Erfahrungen und Wahrnehmungen adäquat auszudrücken. Epistemische Ungerechtigkeit besteht auch dann, wenn die Aussagen bestimmter Menschen(gruppen) als weniger glaubwürdig oder ganz unglaubwürdig angesehen werden, z.B. wenn den Selbstzeugnissen von Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung weniger Beachtung geschenkt wird als den Urteilen ihres Umfelds (ohne ‚geistige‘ Behinderung) oder wenn sie gleich als irrelevant eingestuft werden.73

Anhang 2: Szenenfotos und Filmplakate74

  • Be My Baby

www.imdb.com/title/tt4245136/mediaviewer/rm3633111296/?ref_=tt_ov_i [24.04.2024].

  • Campeones

www.imdb.com/title/tt6793580/mediaviewer/rm4035277312/ [24.04.2024].

  • Die Goldfische

www.imdb.com/title/tt7689310/mediaviewer/rm3745015808/?ref_=tt_ov_i [24.04.2024].

  • Familiye

www.imdb.com/title/tt5145414/mediaviewer/rm4031656960/?ref_=tt_ov_i [24.04.2024].75

  • Le Huitième Jour

www.imdb.com/title/tt0116581/mediaviewer/rm2425446400/?ref_=tt_md_1 [24.04.2024].

  • My Feral Heart

www.imdb.com/title/tt3184666/mediaviewer/rm380169216/?ref_=tt_ov_i [24.04.2024].76

  • Olvido y León

www.imdb.com/title/tt12485306/mediaviewer/rm147302913/?ref_=tt_ov_i [24.04.2024].77

  • Sanctuary

www.imdb.com/title/tt4664244/mediaviewer/rm4288901632/?ref_=tt_ov_i [24.04.2024].78

  • Théo et les métamorphoses:

www.berlinale.de/de/2021/programm/202101619.html [24.04.2024];

www.imdb.com/title/tt14043896/mediaviewer/rm2473904897/?ref_=tt_ov_i [24.04.2024].79

  • Yo, también

www.imdb.com/title/tt1289449/mediaviewer/rm3031205120/?ref_=tt_ov_i [24.04.2024].80

Anhang 3: Spannungsfelder

Normalisierung vs. Exotisierung

Die Abweichungen der Darsteller:innen von der Norm können in Filmen eher hervorgehoben oder eher kaschiert werden; es entsteht jeweils ein völlig unterschiedlicher Eindruck von den Auswirkungen der Behinderung. Diskutiert werden kann nun folgende Frage: Ist es für die Verstörung von herkömmlichen Vorstellungsbildern von ‚geistiger‘ Behinderung besser, die Normabweichung bzw. Beeinträchtigung der Figuren besonders sichtbar zu machen oder sollen die Figuren möglichst normal wirken? Die „Normalisierung“ birgt die Gefahr, die realen sozialen Herausforderungen und die gesellschaftlichen Diskriminierungen zu verharmlosen oder unter den Teppich zu kehren. Normalisierung kann Berührungsängste abbauen und Neugier auf weitere Begegnungen wecken, aber auch ein falsches Bild von Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung erzeugen. Darüber hinaus kann sie auch den Eindruck erwecken, Normalsein sei die Lösung für alle Konflikte, obwohl eine Lösung auch in der Anerkennung von Differenz liegen kann.

Die Betonung zu großer Verschiedenheit zwischen Menschen mit und ohne Behinderung könnte wiederum Menschen mit Behinderung als ‚fremde Andere‘ hinstellen („Exotisierung“), mit denen sich die Spielerinnen und Spieler ohne ‚geistige‘ Behinderung nur schwer oder gar nicht identifizieren können. Das birgt aber die Gefahr, dass das Vorurteil, ‚normale Menschen‘ können mit Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung ‚nichts anfangen‘ bekräftigt wird.

Ist beides möglich, Normalisierung und Anerkennung der Verschiedenheit? Muss in einem Film ‚geistige‘ Behinderung überhaupt thematisiert werden?

Negative/sozialkritische Darstellung vs. positive/idealisierende Darstellung

Was schädigt das Vorstellungsbild von ‚geistiger‘ Behinderung mehr, eine dominant positive, eher idealisierende (und damit zuversichtlich stimmende) Darstellung des Zusammenlebens von Menschen mit und ohne Behinderung oder eine dominant negative (und daher kritisch aufrüttelnde) Darstellung des Zusammenlebens? Nützt ein feel good movie,81 das Zuversicht und Harmonie verströmt, oder ein Sozialdrama, das politische und soziale Missstände anprangert, Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung mehr?

Ein anklagendes Sozialdrama hebt die negativen Aspekte im Leben von Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung hervor und verweist auf Probleme des Zusammenlebens mit ihnen; das kann im schlimmsten Fall die gängigen Vorstellungsbildern von ‚geistiger‘ Behinderung als schwerwiegendes, gar unlösbares Problem zementieren und damit zur Verstärkung von Vorurteilen beitragen. Ein überwiegend positives Bild von Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung unterläuft hingegen die vorurteilsbeladene Koppelung von ‚geistiger‘ Behinderung mit (tragischen) Problemen und Dilemmata, kann aber auch als realitätsferne Idealisierung erscheinen, die als irrelevant verbucht wird.

Wie gelingt die Gratwanderung zwischen entmutigender Problematisierung und unrealistischer Idealisierung, zwischen negativer Dramatisierung und Verharmlosung?

Vereinfachung vs. Komplexität

Filme können die Herausforderungen einer ‚geistigen‘ Behinderung für die Betroffenen und ihr soziales Umfeld vereinfachen, indem sie z.B. nur wenige prägnante (und eher harmlose) Einzelaspekte herausgreifen. Sie können aber auch eine Fülle herausfordernder Aspekte hervorheben und damit ein komplexes Bild entwerfen. Sind Vereinfachungen oder komplexe Darstellungen wirksamer bei der Veränderung vorurteilsbehafteter Vorstellungen von ‚geistiger‘ Behinderung?

Vereinfachungen machen es Menschen, die mit dem Thema ‚geistige‘ Behinderung nicht vertraut sind, einfacher, einen Zugang dazu zu finden. Sie sind in der Regel unterhaltsam und vermitteln eher eindeutige Botschaften. Vereinfachte Darstellungen von ‚geistiger‘ Behinderung können reale Probleme aber auch banalisieren und eine folgenlose Gewissensberuhigung des Publikums darstellen, die in Kitsch oder Sentimentalität münden kann. Zudem produzieren sie oft neue Klischees, die der Lebenswirklichkeit von Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung nicht gerecht werden. Schwierigkeiten des Alltags im Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung können dabei u.U. völlig unsichtbar werden.

Komplexität erforscht gesellschaftliche Mechanismen im Umgang mit Behinderung bzw. allgemein mit Normabweichungen und trägt so zu einer differenzierten Bewusstseinsbildung bei. Sie kann das Publikum aber auch überfordern, anstrengend sein und abschreckend wirken. Wenn Filme zu komplex werden, z.B. Arthouse-Filme, können die Zuschauer:innen den Eindruck gewinnen, dass sie unverständlich sind, was sie dann den Darsteller:innen mit ‚geistiger‘ Behinderung anlasten könnten: Ist die Aussprache eines Darstellers z.B. nicht flüssig, wird dies mit großer Wahrscheinlichkeit als Unfähigkeit des Darstellers und nicht als Stil des Films interpretiert.

Gibt es eine spezifische Mischung von Vereinfachung und Komplexität, die genau auf verschiedene Zielgruppen zugeschnitten ist?

Positionierung vs. Ambivalenz

Soll ein Film sich zu der erzählten Geschichte deutlich positionieren, sie also bewerten, etwa in Form von deutlichen Sympathieträgern oder lächerlichen Figuren, Verspottung von behindertenfeindlichem Verhalten, auf Mitleid abzielenden Szenen o.Ä.? Oder soll er eher neutral bleiben und die Bewertung ambivalent halten? Eindeutig positive Figuren mit ‚geistiger‘ Behinderung erleichtern die Identifikation und Solidarisierung der Zuschauer:innen mit ihnen und bringen positive Vorstellungsbilder hervor. Zu deutliche Botschaften des Films können aber auch als Moralisierung oder Bevormundung empfunden werden und dann erst recht ablehnendes Verhalten (Reaktanz) hervorrufen. Wie schafft ein Film die Gratwanderung zwischen deutlichen Botschaften und Offenheit für verschiedene Interpretationen?

Massenproduktion vs. anspruchsvolle Arthouse-Werke

Die Sichtbarkeit von Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung wirkt sich erst einmal positiv auf Vorstellungsbilder aus, weil die Zuschauer:innen damit an Normabweichungen gewöhnt werden. „Menschen, die sich regelmäßig in Medienprodukten wiederfinden, nehmen sich mit größerer Wahrscheinlichkeit als normaler und akzeptierter Teil der Gesellschaft wahr“, schreibt Kiel.82 Je öfter Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung dabei als aktiv, lebensfroh und mit normalen Bedürfnissen ausgestattete Menschen erscheinen, desto leichter entstehen positive Konnotationen, die dann auch auf die Alltagswelt übertragen werden. Die Zuschauer:innen lernen außerdem, zwischen einer allgemeinen Vorstellung von „Behinderung“ und einer individuellen Vorstellung von einem „Menschen mit Behinderung“ zu unterscheiden und sehen, dass Menschen nicht auf eine Behinderung reduziert werden können.

Bedeutet die Fülle an Filmen allerdings, dass auch häufiger handwerklich schlechte, langweilige oder ästhetisch anspruchslose Filme mit schablonenhaften Figuren mit ‚geistiger‘ Behinderung produziert werden, kann sich das wieder negativ auf die Vorstellungsbilder auswirken. Denn solche Filme bestätigen am Ende womöglich das Vorurteil, dass Darsteller:innen mit ‚geistiger‘ Behinderung nicht wirklich „kunstfähig“ sind. Sichtbarkeit allein reicht nicht aus.

Anhang 4: Informationen zu dem Projekt EEE

Die Grundannahme des Projektes „Erzählung, Erwartung, Erfahrung: Behinderung im zeitgenössischen europäischen Theater und Film“ (EEE) ist, dass eine ‚geistige‘ Behinderung bei Darsteller:innen in Theateraufführungen und in Filmen nachhaltig die Wahrnehmungen der Zuschauer:innen und damit auch deren Emotionen und Interpretationen der Werke beeinflusst. Auf der Bühne und im Film überlagern sich nämlich untrennbar die reale und eine fiktionale Welt. Das Projekt fragt danach, wie sich dies nutzen lässt, um eine konstruktive Auseinandersetzung der Zuschauer:innen mit ihren Vorstellungsbildern von ‚geistiger‘ Behinderung anzuregen. Die drei Schlüsselbegriffe der Analysen sind Erzählung, Erwartung und Erfahrung.

Erzählungen bilden den konkreten Kontext, in dem Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung wahrgenommen werden. Je nach Kontext kann die Behinderung Unterschiedliches bedeuten: Bedrohung oder Erlösung, Tragik oder Kreativität, Normbruch oder Normentlastung usw. Bekannte Erzählmuster und Gattungen/Genres legen bestimmte Bewertungen von Behinderung nahe, z.B. Komödie, Tragödie, Märchen, Krimi oder feel good movie. Wichtig für die Vorstellungsbilder von Behinderung sind auch die Rollen, die Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung bekleiden, sowohl auf einer abstrakten („Retter“ oder „Gerettete“, „Helfer“ oder „Hilfsbedürftiger“) als auch auf einer konkreten Ebene (Ehemann/Ehefrau, Vater/Mutter, Kind, Liebhaber/Liebhaberin).

Erwartungen entstehen aus dem Vorwissen der Zuschauer:innen, z.B. aus ihrem Alltagswissen zu Behinderung oder allgemeiner noch zu Normalität und Abweichung, sowie aus der Struktur der Filme bzw. dem Allgemeinwissen über Theater und Filme, z.B. Genres und Erzählschemata. Nur über Erwartungen sind Überraschungen möglich, denn Erwartungen können erfüllt oder enttäuscht werden.

Erfahrungen schließlich bilden sich infolge der kognitiven und emotionalen Verarbeitung der Theateraufführungen oder Filme durch die Zuschauer:innen. Erzähl- und Erwartungsstrukturen der Texte machen bestimmte Emotionen und Bewertungen wahrscheinlich, die mit gängigen Vorstellungsbildern von ‚geistiger‘ Behinderung übereinstimmen oder ihnen widersprechen können. Neue affektive Erfahrungen können Alternativen zu bestehenden stereotypen Vorstellungsbildern anbieten und Denk-, Wahrnehmungs- und Gefühlsstrukturen im Zusammenhang mit ‚geistiger‘ Behinderung verändern. Die Fiktion bietet damit die Chance, neue Emotionen gegenüber Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung einzuüben.

Verallgemeinernde, stereotype und negative Vorstellungsbilder von ‚geistiger‘ Behinderung können aufgebrochen werden:

  • über Erzählungen/Erwartungen/Erfahrungen, die thematisch und filmtechnisch andere Schwerpunkte als „Behinderung“ setzen und somit die Kategorie ‚geistige‘ Behinderung irrelevant erscheinen lassen, d.h. ein Verblassen der Differenz zwischen „behindert“ und „nicht-behindert“ bewirken (in der Monographie als undoing disability bezeichnet; vgl. auch Hartwig: Undoing disability. 2021);
  • über eine starke Individualisierung des Menschen mit einer ‚geistigen‘ Behinderung, die eine (teilweise) Identifikation und ein Miterleben ermöglicht, was der Homogenisierung und Stereotypisierung von Menschen mit Behinderung entgegenwirkt;
  • über eine Betonung der Ambivalenz der Kategorie ‚geistige‘ „Behinderung“, so dass eine Verstörung gängiger Wahrnehmungs- und Verstehensschablonen erfolgt, die Raum für neue Wahrnehmungen schafft;
  • über ein Spiel mit unterschiedlichen Normen durch Erweiterung der Erzählrahmen bis hin zur Schaffung von Parallelwelten;
  • über die Öffnung von Möglichkeitsräumen (alternativen Welten) mittels Durchkreuzung von Erwartungen oder infolge von Komik, insbesondere Nonsens- und Groteskkomik.

Erst in einem geeigneten Kontext können sich Vorstellungsbilder von ‚geistiger‘ Behinderung verändern.

 

Medienverzeichnis

Texte

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Bilder

Artikelbild: Logo des Projektes EEE (Foto: Susanne Hartwig)

 

  1. Piaget: Development and Learning. 1964, S. 176[]
  2. Alle Bezeichnungen für eine kognitive Beeinträchtigung sind umstritten. Im Folgenden wird die Bezeichnung ‚geistig‘ behindert als Arbeitsbegriff in Anführungszeichen gesetzt. Diese weisen darauf hin, dass es sich um ein Etikett handelt. Selbstvertretungsgruppen sprechen heute nicht von „‚geistiger‘ Behinderung“, sondern von „Menschen mit Lernschwierigkeiten“ (Musenberg: Geistige Behinderung. 2020, S. 201).[]
  3. Das Projekt EEE (Laufzeit: 2020-2023) trägt die DFG-Projektnummer 429281822, ebenso wie das Folgeprojekt EEEM, „Erzählung, Erwartung, Erfahrung von Möglichkeiten: Interaktive Vermittlungsform der Projektergebnisse mit Entwicklung eines digitalen Spiels“ (Laufzeit: 2023-2024). Das Folgeprojekt bezieht sich ausschließlich auf die Wissenschaftskommunikation in Form einer Aufbereitung der Forschungsergebnisse in einer digitalen Lernanwendung. Es entwickelt das Material und die Zielsetzung des Spiels und reflektiert die Spielentwicklung. Sollte das Spiel realisiert werden, soll zumindest ein Prototyp auf dem Blog „Images of Disability“ (https://images-of-disability.uni-passau.de/) frei zur Verfügung gestellt werden.[]
  4. Die Konvention spricht sich für die Förderung von „positive perceptions and greater social awareness towards persons with disabilities” aus (United Nations: Article 8 – Awareness-raising, 2006. https://www.un.org/development/desa/disabilities/convention-on-the-rights-of-persons-with-disabilities/article-8-awareness-raising.html [24.04.2024]).[]
  5. Spiele steigern die Motivation der Spielenden, sich mit einem Thema zu befassen, wie Egenfeldt-Nielsen/Smith/Tosca (Understanding. 2008, S. 210) schreiben, lenken also Aufmerksamkeit und Interesse auf ein Thema. Der Unterhaltungswert steigert ebenfalls die Aufmerksamkeit (Klimmt: Serious Games. 2009, S. 256).[]
  6. Baatz: Das Spiel ist Ernst. 1993, S. 13[]
  7. Zur Wichtigkeit des Erzählstruktur vgl. Juul: Half-Real. 2005, S. 199; Graesser; Chipman; Leeming et al.: Deep Learning. 2009, S. 86.[]
  8. Abt: Serious Games. 1970, S. 13.[]
  9. Diese Distanzierung erfolgt z.B. dadurch, dass über das Spiel geredet wird; vgl. zur Funktion von Metakommunikationen die Ausführungen Batesons (Steps. 1987, S. 183-198). Laut Bateson enhalten Spiele auf einer Meta-Ebene immer folgende Feststellung: „These actions in which we now engage do not denote what those actions for which they stand would denote“ (S. 185).[]
  10. Vgl. Klimmt: Serious Games. 2009, S. 264 und Kahneman: Thinking. 2011, S. 60-61.[]
  11. Vgl. Järvinen: Games. 2009, S. 121. Zu Theorien der Spielererfahrung vgl. S.102-103. []
  12. Egenfeldt-Nielsen; Smith; Tosca: Understanding. 2020, S. 251. Ähnlich argumentiert Abt (Serious Games. 1970, S. 11).[]
  13. Abt: Serious Games. 1970, S. 9.[]
  14. Abt: Serious Games. 1970, S. 11-12. Eine sehr weite Definition des Begriffs findet sich bei Egenfeldt-Nielsen/Smith/Tosca: „In theory, any video game can be perceived as a serious game depending on its actual use and the player’s perception of the game experience“ (Understanding. 2008, S. 205). Vgl. zu Definitionen von und Forschungen zu Serious Games Graesser; Chipman; Leeming et al.: Deep Learning. 2009, S. 93; Klimmt: Serious Games. 2009; Ritterfeld; Cody; Vorderer: Serious Games. 2009; Freyermuth: Serious Game(s) Studies. 2013; Hoblitz: Spielend. 2015, S. 28-30; Zheng; Gardner: Handbook. 2017; Egenfeldt-Nielsen; Smith; Tosca: Understanding. 2020, S. 205-222; S. 241-281. Serious Games können wieder in Untergattungen eingeteilt werden; Egenfeldt-Nielsen/Smith/Tosca (Understanding. 2020, S. 250) unterscheiden beispielsweise Edutainment, Commercial Off-the-Shelf Games und Educations Serious Games; vgl. auch die Klassifikation bei Ratan; Ritterfeld: Classifying Serious Games. 2009; Gros: Game Dimensions. 2017, S. 404-406. Lernspiele sind dabei nur ein Teil von Serious Games (Göbel: Serious Games. 2020, S. 105).[]
  15. Abt: Serious Games. 1970, S. 21.[]
  16. Vgl. z.B. Marques Tomé; Madeiras Pereira; Oliveira: Using Serious Games. 2014; Zakari; Ma; Simmons: A Review. 2014.[]
  17. Insgesamt steht in vielen wissenschaftlichen Auseinandersetzungen der Inklusionsaspekt (insbesondere Barrierefreiheit) bei der Betrachtung von Spielen im Zusammenhang mit Behinderung im Vordergrund; vgl. Eilert: Inklusion. 2020; Ellis; Leaver; Kent: Introduction. 2022; Ochsner; Spöhrer: Dis-/Ability. 2023 (ein Forschungsüberblick findet sich auf den Seiten 6-7); Spöhrer: Wer braucht schon Hände. 2023.[]
  18. Komplexitätssteigernd wirkt sich aus, dass die Spielmechanik noch weitere Merkmale aufweisen soll. So soll es etwa eine Steigerung des Schwierigkeitsgrades geben (zur Bedeutung von Schwierigkeitssteigerungen für das Lernen vgl. Jeske: Spielend-Lernen. 2022, S. 18-19), Zufallselemente (bzw. Impulse durch Neuigkeiten, Wechsel, Überraschungen, Widersprüchlichkeiten oder Brüche; vgl. dazu S. 23) oder einübende Wiederholungen (zur Bedeutung von Wiederholungen/Game Loops für Lernprozesse vgl. S. 17-18). Auf diese Aspekte wird im Folgenden nicht weiter eingegangen, weil sich dieser Beitrag auf grundsätzliche Fragen bei der Darstellung der Umsetzung von Forschungsergebnissen und nicht auf Details der Spielentwicklung konzentriert.[]
  19. Bateson (Steps. 1987, S. 196) spricht von der Ähnlichkeit eines Spiels mit dem Prozess einer Psychotherapie; es gehe bei beiden um die Manipulation von Rahmen im Versuch, die Menge von Regeln für das Machen und Verstehen von Mitteilungen zu verändern.[]
  20. Vgl. dazu Hartwig (Chaos und System. 2005, S. 275-286).[]
  21. Hartwig: Chaos und System. 2005, S. 285.[]
  22. Zur Gamification vgl. Egenfeldt-Nielsen/Smith/Tosca (Understanding. 2020, S. 247-248; S. 269-279).[]
  23. Unterschieden werden dabei das Spiel als Produkt und das Spiel als Ereignis zwischen Spieler und Produkt (Playing). Zur Unterscheidung „Active Media perspective“ und „Active User perspective“ vgl. Egenfeldt-Nielsen/Smith/Tosca (Understanding. 2008, S. 225). Spiel- und Lernziele sollen in einem effektiven Spiel möglichst übereinstimmen (vgl. Hoblitz: Spielend. 2015, S. 80; Egenfeldt-Nielsen; Smith; Tosca: Understanding. 2020, S. 262).[]
  24. Leicht abrufbare Vorstellungsbilder erscheinen uns wahrer und logischer als weniger spontan vor unserem geistigen Auge erscheinende Bilder. Zur leichten Abrufbarkeit als Grundlage allgemeiner Vorstellungen vgl. Kahneman: Thinking. 2011, S. 129-135. Vgl. auch das Kapitel „The associative machine“ (S. 50-58).[]
  25. Für das Spiel ist von Interesse, dass stereotype Verallgemeinerungen verblassen, je mehr persönliche Qualitäten der Individuen mit Behinderung sichtbar werden (Goffman: Stigma. 1963, S. 51).[]
  26. Bei dem Regisseur/der Regisseurin als Identifikationsfigur des Spielenden wird offen gelassen, ob er/sie selbst eine Behinderung hat.[]
  27. Vgl. zu process-oriented games Egenfeldt-Nielsen; Smith; Tosca: Understanding. 2008, S. 28. []
  28. Dörner: Die Logik des Misslingens. 2004, S. 324.[]
  29. So schreibt Juul: „Arguing about the rules of a game is often considered a problem, but it can also be enjoyable in its own right. Though a game generally maintains some consistency in the kinds of challenges it presents to a player, it is also possible to enjoy a game because the challenges it presents are inconsistent“ (Half-Real. 2005, S. 20).[]
  30. Zum empathischen Hineindenken in verschiedene Positionen vgl. Rughiniş; Rughiniş: Reading. 2017, S. 142. Järvinen: Games. 2009, S. 119-121. Laut McGonigal (Reality is Broken. 2011, S. 12) ist Spielen ein Weg, sich selbst und seine Motivationen besser kennen zu lernen sowie Strategien im Umgang mit der komplexen Welt zu entwickeln.[]
  31. Gibbons: Disability. 2015, S. 34.[]
  32. Schlingmann: Über Partizipation hinaus. 2020, S. 167.[]
  33. Jeske: Spielend-Lernen. 2022, S. 17 und 21. Wissenselemente werden schnell als bloßes Anhängsel, schlimmstenfalls als Zerstörer des Spiel-Flows empfunden. Den „transfer of knowledge“ bezeichnen Egenfeldt-Nielsen/Smith/Tosca (Understanding. 2020, S. 263-264) entsprechend als „double bind“: Der Lernstoff müsse im Spiel unsichtbar bleiben, damit der Spielfluss nicht gefährdet wird, andererseits aber auch sichtbar werden, weil sich sonst kein Lernerfolg einstelle; die Lehrperson spiele daher eine wichtige Rolle.[]
  34. Zur Wichtigkeit der Reflexion vgl. Dörner (Die Logik des Misslingens. 2004, S. 320). Vgl. zur Wichtigkeit des Debriefing auch Abt (Serious Games. 1970, S. 31); Egenfeldt-Nielsen/Smith/Tosca: Understanding. 2008, S. 210; Egenfeldt-Nielsen: Die ersten zehn Jahre. 2013, S. 151; Egenfeldt-Nielsen; Smith; Tosca: Understanding. 2020, S. 250. Explizites Nachdenken über das Lernen verstärkt das Lernen (Hacker: The Role. 2017, S. 22-26).[]
  35. Hacker schreibt: „Moving from the concrete to the abstract helps the player in his or her transfer of game elements within the context of the game to contexts beyond the game“ (The Role. 2017, S. 25).[]
  36. Die empfohlenen Filme umfassen nur einen Teil des im Projekt EEE erforschten Korpus. Inhaltsangaben zu den Filmen des gesamten Korpus finden sich auf dem Repositorium DARIAH (https://repository.de.dariah.eu/1.0/dhcrud//21.11113/0000-0011-487B-3/landing).[]
  37. Vgl. das Kapitel „How to Think with Games by Designing Them“ in Abt (Serious Games. 1970, S. 103-109).[]
  38. Abt: Serious Games. 1970, S. 23. Vgl. zu strukturellen Barrieren für Inklusion Kremsner; Schmoelz; Proyer: A (Dis-)abling Gaming Model. 2022, S. 186. Zur Umgestaltung von Spielen als „umgekehrte Integration“ vgl. Kiuppis; Dimmer; Schulz: Baskin. 2020, S. 170.[]
  39. Klimmt: Serious Games. 2009, S. 260.[]
  40. Juul: Games. 2001.[]
  41. Laut Dörner (Die Logik des Misslingens. 2004, S. 51) wird theoretisches Wissen zu Handlungswissen durch handelnde Aneignung. Er empfiehlt dazu Simulationsszenarios mit Nachbesprechungen der Handlungsfehler (S.323-324).[]
  42. Byrne; Girotto (Cognitive Processes. 2009, S. 157-158) schreiben, dass sowohl eine Handlung als auch die Beobachtung einer Handlung zur mentalen Konstruktion des zugehörigen Ereignisses und der Alternativen zu diesem Ereignis anregt; die Anregung, Alternativen zu konstruieren, erfolgt hingegen nicht beim reinen Lesen. Byrne; Girotto (Cognitive Processes. 2009, S. 151) führen weiter aus, dass kontrafaktisches Denken Konsequenzen für die Erfahrung von Emotionen hat.[]
  43. Juul: Games. 2001. Juul zeigt dies in einer Gegenüberstellung: Während es in Spielfilmen oder Romanen ein „Event“ gibt, können Games ein „Event (cut-scenes)“ oder eine „Simulation with multiple outcomes“ enthalten; während ein Spielfilm oder ein Roman die Sequenz von Ereignissen aufweisen, kann ein Game „[s]elected events as events or simulations“ oder als „[i]deal sequence of events that the player has to actualise by mastering the simulations“ enthalten (Games. 2001).[]
  44. Juul: Games. 2001.[]
  45. Von der Mehrdeutigkeit von Spielen handelt die Monographie von Sutton-Smith: The Ambiguity of Play. 1997. Sie diskutiert auch verschiedene Auffassungen von Spiel (play) (S. 9-17; 215).[]
  46. Abt: Serious Games. 1970, S. 28[]
  47. Egenfeldt-Nielsen/Smith/Tosca drücken diesen Sachverhalt wie folgt aus: „In Microworlds the player is confronted with a virtual world that contains a condensed version of the most important variables and characteristics of a given domain“ (Understanding. 2008, S. 218). Vgl. auch Juul (Games. 2001) zur Transformation eines Films in ein Spiel, welches wichtige und unwichtige Elemente des Filmes dann klar akzentuiert.[]
  48. Detailliertere Ausführungen zu den meisten Schlagwörtern finden sich in Hartwig: Erzählungen. 2024.[]
  49. Weiterführende Informationen zu Ableismus finden sich z.B. bei Rathgeb (Disability Studies. 2020) und Röhm; Ritterfeld (Stigma, Tabu und Behindertenfeindlichkeit. 2020).[]
  50. Diese Definition stammt von Hartwig (Erzählungen. 2024, S. 30-31), die auch erläutert, inwiefern die Definition Abgrenzungen zu Aussteigern/Kriminellen, sozial Benachteiligten, Kindern, Kranken, geringfügig Abweichenden, Aussteigern, vorübergehend Beeinträchtigten und anderweitig Stigmatisierten erlaubt.[]
  51. Weder der Begriff Geist noch die Abgrenzung von Geist und Körper sind ausreichend definiert (vgl. Feuser: Geistige Behinderung. 2000, S. 148-149). Zur Problematik des Begriffs vgl. Speck (Menschen mit geistiger Behinderung. 2018, S. 53-57) bzw. aus der Sicht der Heilpädagogik Theunissen (Geistige Behinderung. 2007).[]
  52. Vgl. Lingelbach: Behindertenbewegungen. 2020.[]
  53. Vgl. die Webseite https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/ueber-diskriminierung/was-ist-diskriminierung/_docs/faq-uebersicht/_functions/faq_behinderung.html [24.04.2024].[]
  54. Weiterführende Informationen zu Teilhabe und Inklusion finden sich z.B. in Kulke: Teilhabe und Inklusion. 2020.[]
  55. Cloerkes: Die Problematik. 2014, S. 130-131[]
  56. Thimm: Behinderung und Gesellschaft. 2006, S. 107.[]
  57. Weiterführende Informationen zu den Modellen finden sich z.B. bei Oliver (Understanding Disability. 1996, S. 41-57); vgl. zu den Modellen auch Rathgeb: Disability Studies. 2020; Waldschmidt: Disability Studies. 2020, S. 72-91.[]
  58. Vgl. Link: Von der ‘Macht der Norm’. 1998, S. 254-255.[]
  59. Peuckert: Norm. 2003, S. 255.[]
  60. Vgl. Link: Von der ‘Macht der Norm’. 1998, S. 254-255.[]
  61. Stalker: Theorizing. 2012, S. 124.[]
  62. Zinsmeister: Diskriminierung. 2017, S. 609.[]
  63. Goffman: Stigma. 1963, S. 122-123.[]
  64. Thimm: Behinderung und Gesellschaft. 2006, S. 109.[]
  65. Thimm: Behinderung und Gesellschaft. 2006, S. 109.[]
  66. Cloerkes: Soziologie der Behinderten. 2007. S. 107.[]
  67. Vgl. Cloerkes: Die Problematik. 2014, S. 127-130.[]
  68. Cloerkes: Die Problematik. 2014, S. 131.[]
  69. Goffman: Stigma. 1963, S. 5.[]
  70. Unter moralisieren verstehen wir den Gebrauch der Unterscheidung „gut“ vs. „schlecht“ gemäß der in einer Gemeinschaft geltenden Wertvorstellungen.[]
  71. Peuckert: Norm. 2003, S. 257.[]
  72. United Nations: Article 8. []
  73. Zur „epistemischen Partizipation“ von Menschen mit ‚geistiger‘ Behinderung im inklusiven Theater vgl. Hartwig: ’A wie Dornen’. 2022.[]
  74. Die Publikationen Hartwig: Gemeinsam. 2022 und Hartwig: Gemeinsam. 2023 enthalten Interviews mit Regisseur:innen, Dramaturg:innen und Schauspieler:innen aus Theater und Kino; diese sowie die jedem Interview vorangestellten Fotos können ebenfalls in die Besprechung einbezogen werden. Die Monographie Hartwig: Erzählungen. 2024 enthält weitere Ausführungen zu den genannten Filmen.[]
  75. Vgl. auch Hartwig: Gemeinsam. 2023, S. 82.[]
  76. Vgl. auch Hartwig: Gemeinsam. 2023, S. 92.[]
  77. Vgl. auch Hartwig: Gemeinsam. 2023, S. 158.[]
  78. Vgl. auch Hartwig: Gemeinsam. 2023, S. 109.[]
  79. Vgl. auch Hartwig: Gemeinsam. 2023, S. 38.[]
  80. Vgl. auch Hartwig: Gemeinsam. 2023, S. 166.[]
  81. Feel good movies sind „von einer zutiefst optimistischen, hoffnungsvollen Einstellung getragen sind“ (Möhle 2012) und behandeln Themen wie „Freundschaft, Loyalität und Solidarität“, wobei die Geschichten meist in ein happy ending münden.[]
  82. Kiel: Diversität. 2020, S. 206.[]

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Hartwig, Susanne: "Serious Games in der Wissenschaftskommunikation: Eine spielerische Analyse der Rezeption von Filmen mit Darsteller:innen mit ‚geistiger‘ Behinderung". In: PAIDIA – Zeitschrift für Computerspielforschung. 27.03.2025, https://paidia.de/serious-games-wissenschaftskommunikation/. [01.04.2025 - 09:58]

Autor*innen:

Susanne Hartwig

Prof. Dr. Susanne Hartwig studierte Romanistik (Französisch und Italienisch) und Lateinische Philologie an der Universität Münster. Sie promovierte über das französische Theater nach 1945 an der Universität Münster und habilitierte über das zeitgenössische spanische Theater an der Universität Gießen. Sie forschte und lehrte in Münster, Paris, Madrid, Gießen, Potsdam, Erfurt, San José de Costa Rica und Curitiba. Seit 2006 ist sie Professorin für Romanische Literaturen und Kulturen an der Universität Passau. Ihre Forschungsschwerpunkte: Images of Disability, Ethik und Literatur, Gegenwartstheater, lateinamerikanischer Roman der Gegenwart. Aktuelle Projekte: „Erzählung, Erwartung, Erfahrung von Möglichkeiten“; Leitung Netzwerk „Komik und Behinderung“; „Angehörige von Menschen mit Behinderung. Interdisziplinäre Perspektiven.“