Szene aus Abzu. Die Spielfigur sitzt unter Wasser meditierend auf einem Stein.

Laut\Spiel/Sprache I: Das meditative Abenteuer

12. Juli 2021

Jenova Chen, leitender Entwickler des Zen-Adventure1-Flaggschiffs Journey (2012), verfolgt in seinen Spielen einen avantgardistischen, für die Videospiel-Branche außergewöhnlichen Ansatz:

[W]hat we try to do is spearhead emotional content. If the entire game industry is focusing on excitement and adrenaline rushes… well, then I will look at peace, or love. That way we can expand the perception of what games can be and can accomplish. That’s why I make games. That’s why I am on this journey.2

Als Zen-Adventure-Games können jene Spiele gelten, in denen ein entspannendes bzw. meditatives Gameplay mit abenteuerlichen bzw. mythisch-narrativen Elementen kombiniert wird und die somit als Schnittstelle zwischen Zen-Game3 und Adventure-Game fungieren. Es handelt sich um eine „wave of games where tone, mood and experience take precedence“4. Als solche verzichten sie auf komplexe und kämpferische Spielmechaniken, erlauben ein atmosphärisches Erleben und Erkunden der Spielwelt ohne Zeitdruck oder zu erreichende Punktevorgaben und vermitteln im selben Zuge eine sinnstiftende Erzählung, die ohne Rückgriff auf sprachliche Erzählformen besonders in einem emotionalen Rezeptionsmodus erfahrbar gemacht wird.

In diesem Beitrag soll aufgezeigt werden, welche nichtsprachlichen ludonarrativen Strategien in den Zen-Adventures Journey (2012), Abzû (2016) und Gris (2018) Verwendung finden und welche rezeptionsästhetischen Besonderheiten bzw. therapeutischen Wirksamkeitspotenziale diesem Hybrid-Genre zugeschrieben werden können.

Fluss und Stillstand des Moments: Computerspielen als meditative Praxis

Chen sieht den ultimativen Zweck eines Computerspiels im Erreichen eines Flow-Erlebnisses, d. h. eines Zustandes höchster Freude, Fokussiertheit und Selbstverwirklichung: „A well-designed game transports its players to their personal Flow Zones, delivering genuine feelings of pleasure and happiness. [...] During the Flow experience, we lose track of time and worries.“5 Computerspiele im Allgemeinen und Zen-Games im Besonderen ermöglichen eine solche Veränderung der Zeitwahrnehmung bzw. Auflösung des Zeitgefühls, wie sie auch bei Meditationspraktiken angestrebt wird, denn sie nehmen „in sich beschleunigenden und verflüssigenden Gesellschaftsstrukturen die Rolle einer neuen Konstanten, eines neuen reflexiven Raumes ein“6.

Die Genre-Bezeichnung Zen, die dem japanischen Zen-Buddhismus entlehnt ist, wurde von Thatgamecompany im Rahmen ihrer Produktionen Flow (2006), Flower (2009) und Journey etabliert.7 Ian Bogost konnotiert Spiele dieses Genres – anders als z. B. Shooter oder Sportsimulationen, bei denen die Spielenden zwar ebenso einen Flow-Zustand erreichen können, die aber „trigger the kind of escapism that rarely invites contemplation or self-reflection“8 – in erster Linie mit einer zurücklehnenden und entspannenden Haltung, mit einem Zustand von Meditation und Versenkung, der beispielsweise durch das freie Begehen und Erkunden einer Spielwelt erreicht werden kann.9

Durch diese freie Erfahrung der Spielwelt und ihrer Atmosphäre kann sich zwar eine meditative Wirkung entfalten, denn „[d]igitale Spiellandschaften bieten ähnlich wie klassische Gärten Ausblicke und Ruhezonen, die zum verweilenden Genießen und Träumen einladen“10. Hierbei handelt es sich allerdings um eine Form leeren Meditierens, die beispielsweise in Flow und Flower sowie insbesondere in Zen-Adventures mit anthropomorphen Avataren wie Journey, Abzû und Gris um klar vorgegebene Strukturen und (wenngleich verhältnismäßig wenig fordernde) Spielziele erweitert wird. Dadurch büßen die Spiele zwar an rein meditativer Wirkung ein, aber sie „do a better job of establishing a sense of flow [...], creating more of a sense of serenity and relaxation than meditation and introspection“11.

Wo genau „die positiven therapeutischen Effekte im Kontext der Oszillation zwischen Entspannung bzw. ‚Meditation‘ und mildem Stress bzw. ‚Flow‘“12 anzusiedeln sind, ist dabei von der jeweiligen „Affektpoetik eines Computerspiels“13 abhängig, die von Werk zu Werk variiert. Gemein ist allen Zen-Games aber die Absicht, den Spielenden zu einem spezifischen Bewusstseinszustand zu verhelfen und ihnen dadurch eine andere Sicht auf die Dinge, eine neue Form der Wahrnehmung zu ermöglichen. Indem nämlich „Digitalspielimmersion, veränderter Bewusstseinszustand, Meditation und spirituelle Bedeutung unspezifisch und unverbindlich miteinander in Beziehung treten“14, kann die Hast und Last des Alltags zeitweilig abgelegt und durch ein besinnliches Innehalten und Verweilen kompensiert werden.

Im Zen-Adventure wird das wohltuend-meditative Flow-Erleben des Zen-Games abermals erweitert, indem es mit narrativen bzw. mythischen Elementen verknüpft werden, sodass nicht nur ein Verlangen nach Entschleunigung und Kontemplation in einer „Epoche der Hast“15 gestillt werden kann, sondern sich auch darüber hinausgehende spirituelle Bedürfnisse erfüllen lassen: „Das hybride Spielerbewusstsein kann eine religiöse Bedeutung erhalten, wenn es mit religiösen Themen wie Mythen, Ritualen oder der ‚Transzendenzerfahrung‘ assoziiert wird.“16

Indem meditatives Spielen mit mythisch-narrativen Elementen angereichert wird, treffen demnach zwei Formen der Entschleunigung17 aufeinander und gehen eine Symbiose ein, womit das Rezeptionsempfinden eine weitere Dimension erreichen dürfte und überdies ein breiteres Publikum angesprochen werden kann.

Von der Höhlenmalerei zum Computerspiel: Menschsein durch Mythos und Kunst

Die Menschen erzählen sich seit jeher Geschichten, weil sie „ihre Lebenswirklichkeit in einen für sie begreiflichen Gesamtzusammenhang einzubetten versuchen, weil sie es nicht ertrügen, bloßen Zufällen oder Gesetzmäßigkeiten ohne tieferen Bezug auf ihr Dasein ausgeliefert zu sein“18. Das Erzählen dient der „Vermittlung anthropozentrischer [...] Erfahrungshaftigkeit“19 und hat als eine Art menschlicher Instinkt, „[a]ls universelle kulturelle Aktivität [...] alle Entmythologisierungen, alle Aufklärungen der Menschheit überstanden“20.

Auch der Mythos, jene Sonderform des Erzählens „with a supernatural element, that has been told over and over again with variations[,] [...] [and that] has an unusually strong potential for meaning and an unusually strong potential for emotional impact“21, konnte seine ursprünglich auf mündlicher Überlieferung und Höhlenmalereien beruhende Existenz bis in die Epoche von Binärcodes und Computerspielen bewahren. Während er in früheren Zeiten noch als valider Welterklärungsversuch angesehen worden war, wurde er mit dem Aufstreben der Wissenschaften nach und nach in das Feld der Künste eingegliedert, in dem die Anforderungen an den Wahrheitsgehalt zugunsten sinnlich-ästhetischer Wirkung weitestgehend zurückgeschraubt oder sogar gänzlich aufgehoben sind:

In der Kunst, die frei ist von den Zwängen der Vernunft und Logik, ersinnen und kombinieren wir neue Formen, die unser Leben bereichern und uns, wie wir glauben, etwas Wichtiges und tiefgründig »Wahres« sagen. [...] Solange ein Mythos wirkt, wenn er uns also dazu bringt, unser Denken und unsere Gefühle zu ändern, uns neue Hoffnung gibt und uns zu einem erfüllten Leben zwingt, besitzt er Geltung.22

Dass auch das Computerspiel eine Kunstform darstellt, zeigt spätestens Daniel Martin Feige umfassend auf, indem er die gesellschaftliche Relevanz sowie das ästhetische und (selbst)bildende Potenzial des Mediums überzeugend darlegt. Den Kunstwert des Computerspiels verortet er insbesondere darin, dass es den Spielenden ein Durchspielen ihrer selbst ermöglicht, d. h. „dass wir uns im Lichte dieser Praktiken selbst thematisieren und dadurch eine Aussicht auf uns selbst gewinnen“23. Aufgrund der Notwendigkeit des Eingreifens in die Handlung lässt sich nämlich in Erfahrung bringen, „was für Handlungen ich prinzipiell nachzuvollziehen in der Lage bin“, und dieses Potenzial macht es zu einem „Medium der Selbsterkenntnis [...], denn Computerspiele bieten mir auch die Möglichkeit, etwas über mich selbst zu lernen“.24

Jedes Medium in der Geschichte der Menschheit hat neue narrative Strategien und Grundmuster freigesetzt,25 schließlich sind „[a]ll media [...] active metaphors in their power to translate experience into new forms“26. Das Computerspiel – und damit auch das Zen-Adventure – schickt sich gleichfalls dazu an, bestehende Mythen zu adaptieren und weiterzuentwickeln, aber auch neue Narrative zu kreieren und diese in seiner eigenen Ausdrucksform zu vermitteln. Ian Bogost bezeichnet die eigentümliche Sprache des Computerspiels als „procedural rhetoric, the art of persuasion through rule-based representations and interactions rather than the spoken word, writing, images, or moving pictures“27.

Der Einsatz von Spielmechaniken und Gameplay28 als narrativen Elementen zur Vermittlung neuartiger Erzählungen erfolgt Mattie Brice zufolge in erster Linie in „minimalistic games, often dubbed ‘art games’“29 – als solche können auch die Zen-Adventures charakterisiert werden. Art-Games loten die (narrativen) Möglichkeiten und Grenzen des noch jungen Mediums gezielt aus und werden meist von einzelnen Entwickler(inne)n oder kleinen, unabhängigen (Indie-)Teams hergestellt, was Chen wie folgt begründet:

I think you’ll always find more artistic games in the indie circle, because with a smaller team working on a game, it’s more likely to be personal, and when it’s personal, it’s very much the same human condition that the developer had when he was building the game. And if that echoes with your own life, it’s more likely to touch you.30

Neben ihrer Charakterisierung als Zen-, Art- und Indie-Games können die Zen-Adventures aufgrund ihrer (mono)mythischen Konzeption noch einer weiteren Kategorie zugeordnet werden, nämlich jener des Adventure-Games.

Besinnliches Abenteuer: Das Zen-Adventure als Heldenreise und Pilgerfahrt

Spiele des Adventure-Genres sind zumeist geprägt von Erzählstrukturen, die „insofern mythisch sind, als sie Geschichten von zeitlosen Wahrheiten, kosmischer Ordnung und Heldenreisen und -taten erzählen“31. Die Heldenreise bzw. der Monomythos, den Joseph Campbell in die Stadien „Trennung von der Welt, Durchkämpfen zu einer Quelle übernatürlicher Kräfte und lebenbringende Rückkehr“32 einteilt, stellt sowohl in herkömmlichen Medien als auch im Computerspiel ein beliebtes narratives Grundmuster dar.33

Die Heldenreise wird auch in der Psychotherapie häufig als Narrativ eingesetzt, weil sie als Reise durch die eigene Seele erlebt werden kann, indem sie „nicht nur eine Geschichte interessant macht, sondern den Zuhörer mit seinen Schattenseiten und Ängsten in Kontakt bringt und diese heilsam transformieren kann“34. Diese therapeutische Wirkungskraft dürfte im Computerspiel besonders groß sein, da es ein breiteres Spektrum an Involvierungsstrategien bietet als die meisten ‚traditionellen‘ Medien und die Spielenden damit stärker in das Geschehen miteinbezieht.35

Auch Journey, Abzû und Gris lassen sich aufgrund ihrer abenteuerlichen und mythischen Elemente bzw. aufgrund ihrer Strukturierung als Heldenreise als Adventure-Games klassifizieren und damit in Neitzels Kategorie der „Spiele des Kämpfens und Erkundens“ einordnen; da sie jedoch auf gewaltsame Spielmechaniken verzichten, kann das Kämpfen weitestgehend als Durch-Kämpfen bzw. Durchqueren der Spielwelt, als „Zustreben auf ein in der Zukunft liegendes Ziel“ verstanden werden.36

Zen-Adventures heben sich in erster Linie dadurch von klassischen Helden-Adventures ab, dass sie meist gänzlich auf kriegerische Quests und Spielmechaniken verzichten. Der spielmechanische Fokus liegt (abgesehen von einfachen und erweiterten Fortbewegungsmechaniken wie Laufen, Springen, Fliegen und Tauchen) auf einer friedlichen Kommunikation mit tierähnlichen Bots bzw. Non-Player-Characters über nonverbale Laute37, der Flucht und dem Sich-Verstecken vor dunklen Bedrohungen, der Befreiung freundlich gesinnter übernatürlicher Wesen und Kräfte sowie dem „Umschlagen von Nichtwissen in Wissen [...] durch das Lösen konkreter Rätsel“38.

Im Zen-Adventure werden also Elemente des Zen-Genres (freies Erkunden, Entspannung) mit Elementen des Adventure-Genres (zielgerichtetes Erkunden, Spannung) in Einklang gebracht. Dadurch, dass mittels Avatar als „reflexive extension“39 der Spielenden eine monomythische Reise durch eine zauberhafte Welt fernab von hektischen Kämpfen, Bestzeiten oder Höchstpunktezahlen sowie von sprachlichem Erzählen erlebt werden kann, werden der Erfahrungswert, die emotionale Rezeption und die Sinnhaftigkeit der Spielhandlung gesteigert: Kontemplatives Verweilen (Meditation, Reflexion), affektives Empfinden (Emotion, Atmosphäre), milde Anstrengung (Involvierung, Flow) und sinnstiftende Kommunikation (Mythos, Erzählung) ermöglichen im Zusammenspiel eine Kunsterfahrung, die nicht nur keiner Worte bedarf, sondern der diese wohl sogar entgegenwirken dürften.

Das Zen-Adventure zielt darauf ab, den Spielenden über ein verändertes Zeitbewusstsein (Flow) hinaus „ein Abtauchen in alte Strukturen, die uns [...] mehr Halt und Orientierung versprechen“40, zu ermöglichen. Es entfaltet seine Wirkungskraft vor allem durch „Langsamkeit, Erkundung der Umgebung, Reflexion der Reise und narrative Themen, die an religiöse, mystische, mythische oder archetypische Themen anknüpfen“41. Darum kann ihm ein autotelischer Charakter zugeschrieben werden: Zen-Adventures sind „games for the sake of playing42, art pour l’art – nicht das schnellstmögliche Hinstreben auf ein Ziel ist Zweck der Reise, sondern das Reisen, die Erfahrung selbst.

Aufgrund dieses Charaktermerkmals bezeichnet Raoul DuBois Journey als „Cyberpilgerfahrt“43, und auch Franziska Aschers Paidia-Beitrag, in dem sich die Autorin mit der Sprachlosigkeit von Journey im Kontext der Atmosphärentheorie Gernot Böhmes auseinandersetzt, trägt passenderweise den Titel Der Weg ist das Ziel44. Abzû und Gris können dem Etikett der Pilgerreise ebenso gerecht werden, da auch sie in erster Linie auf Entschleunigung, Reflexion und eine vertiefte Wahrnehmung des zu bestreitenden Weges abzielen.

Der Pilgerweg [...] ist kein leerer Zwischenraum, den es so schnell wie möglich zu durchqueren gälte. Vielmehr ist er konstitutiv für das zu erreichende Ziel selbst. Dem Unterwegs-Sein kommt hier viel Bedeutsamkeit zu. Das Gehen bedeutet Buße, Heilung oder Dank. Es ist ein Gebet. [...] Die Beschleunigung ist der Versuch, die Zwischenzeit, die für die Überwindung des Zwischenraumes notwendig ist, ganz zum Verschwinden zu bringen. Die reiche Semantik des Weges verschwindet. Der Weg duftet nicht mehr. Ja der Weg selbst verschwindet. Die Beschleunigung führt zu einer semantischen Verarmung der Welt.45

Das Zen-Adventure erreicht somit eine über rein erkundungsorientierte und meditative Zen-Games hinausgehende rezeptionsästhetische Dimension, indem es seinem (weitestgehend) entspannenden, entschleunigenden Gameplay ein lineares, mythisch geprägtes Szenario und damit ein spirituelles bzw. religiöses Moment zugrunde legt, das mit abenteuerlichen, spannenden, teils sogar bedrohlichen Charakterzügen ausgeschmückt und hierdurch um kurzweilige Momente bereichert wird. Zugleich veranschaulicht es, dass auch Computerspiele, in denen vom Avatar keine Gewalthandlungen ausgehen und keine hektischen Kämpfe stattfinden, ergreifende Heldenreisen darstellen und als spannende Abenteuer erlebt werden können.

Heldinnenfigur light: Der nichtkriegerische Avatar im Zen-Adventure

Dass Campbell sich in seinen Ausführungen zum Monomythos vermehrt auf die Buddha-Legende bezieht, zeugt bereits davon, dass eine Heldenreise keineswegs auf Gewalthandlungen und Eroberungen basieren muss: Auch Siddhartha Gautama, der Erwachte, widmete sich schließlich nicht gewaltsam einem „großen Kampf“, sondern er „trieb die Genügsamkeit bis zum äußersten“, um sein Ziel zu erreichen – seine Waffen waren die Selbstbeherrschung und die Meditation.46

Journey, Abzû und Gris heben sich hinsichtlich ihres Gameplays in einem Punkt selbst von ähnlich konzipierten Zen-Adventures wie Rime (2017) oder Vane (2019) ab: Sie verzichten vollständig auf Spielmechaniken, bei denen von den Händen des Avatars mittels eines direkten Point of Action47 (beispielsweise zum Greifen von Objekten oder zum Öffnen von Türen) Gebrauch gemacht wird, und nehmen somit jeglicher potenziellen Form spielmechanischer Handgreiflichkeit von vornherein die Grundlage weg. Damit unterstreichen sie ihr friedliches Gameplay und transformieren zugleich die Erwartung, die an das Genre und an Computerspiele überhaupt herangetragen werden kann.

Am deutlichsten zeigt sich die Absicht der Entwickler(innen), die Friedfertigkeit der Avatare und damit auch ihrer Spiele zu betonen, in Journey, wo gänzlich auf die Abbildung von Händen verzichtet wird. Chen begründet diese Entscheidung wie folgt: „The goal was […] to show the positive side of humanity in them [den Spielenden]. […] We cut the [character’s] arms, because if you have arms, you think about picking up some kind of weapon and hitting something [...].“48

Die Protagonist(inn)en, die auch über kein Inventar verfügen und weder Rang49 noch Namen50 haben, weichen somit klar vom Archetyp des (männlichen) Kriegshelden ab, der sich seinen Weg durch das Abenteuer mit der Waffe bahnt, und stellen vielmehr Erlöser(innen)figuren oder eben friedliche (Pilger-)Reisende dar. In Abzû und Gris handelt es sich eindeutig um feminine Avatare, während Journey diesbezüglich großen Interpretationsspielraum gewährt – gemein ist den Zen-Adventures aber eine friedliche Grundhaltung, die sich im Erscheinungsbild und in den Fähigkeiten ihrer Hauptfiguren widerspiegelt.

Der Umstand, dass auch in Rime und Vane friedsame Kinder als Player-Characters gesteuert werden, bekräftigt die Vermutung, dass das Genre einen Beitrag im Rahmen der Entwicklung des Mediums Computerspiel hin zu einer „hybriden Spielekultur“51 leisten kann: Das Zen-Adventure schickt sich an, eine neue Form von Avatar mit nichtkriegerischen Fähigkeiten zu etablieren und damit auch einen bislang unterrepräsentierten Typus von Spielenden vermehrt anzusprechen, der vom Stereotyp des (männlichen) Zockers abweicht, indem er in Computerspiel(figur)en friedvolle, freundliche, geradezu kindliche Werte und zugleich eine besinnliche Form von Unterhaltung, eine Kunsterfahrung sucht.

Einen nennenswerten Teil dieses besonderen Typus von Spielenden dürften Spielerinnen ausmachen. Es kann nämlich davon ausgegangen werden, dass sich Frauen beim Spielen tendenziell lieber in der Spielwelt umschauen, d. h. prinzipiell eine größere Affinität zu meditativem bzw. atmosphärischem und/oder narrativem Spielen ohne Zeit- und Leistungsdruck und damit zum Zen-Adventure haben.52 Darum werden mit einer wachsenden Zahl von Spielerinnen auch vermehrt Anforderungen an das Medium gestellt, durch welche die Computerspielbranche kontinuierlich zum Umdenken gezwungen wird:

Frauen verfügen mitunter über andere Spielmotive als Männer, d.h. Freude und Spaß [...] stehen im Vordergrund und weniger der Wettkampf bzw. kompetitive Elemente. [...] Frauen spielen oft allein, Männer hingegen oft in virtuellen Teams. Für Frauen ist die Identifikation mit dem Spielcharakter wichtiger als für Männer.53

Zen-Adventures eignen sich besonders für eine tiefe Auseinandersetzung mit der Hauptfigur, da sie (nicht zuletzt aufgrund des vollständigen Verzichts auf sprachliche Erzählmittel) viele Leerstellen in Bezug auf das Wesen ihrer Avatare sowie auf deren Rolle in der lediglich mit vagen Anhaltspunkten versehenen Spielwelt und Erzählung offenlassen und damit die gedankliche Interaktion bzw. Imagination der Spielenden zum Vervollständigen dieser Unbestimmtheitspotenziale ankurbeln. In Anlehnung an Trena Lee und Alex Mitchell können die Protagonist(inn)en der Zen-Adventures darum als shell playable characters bezeichnet werden:

“Shell” playable characters are characters that allow players to derive their own interpretations of the character, attempting to untangle who the character is from ambiguities and gaps within the game. The playable character is thus not just an extension of the player herself. Instead, the player feels herself to be a separate entity within the game […].54

Aufgrund ihrer Ambiguität können die auf ihre Hülle beschränkten Avatare auch weitestgehend als Projektionsfläche für die persönlichen Charaktereigenschaften der Spielenden fungieren und ihre Hintergrundgeschichten können mit eigenen Assoziationen bzw. Vorstellungen vervollständigt werden. Die Narrative der Zen-Adventures sind deshalb „universal myth[s], trying to reach down into this collective subconscious layer and get this kind of story that resonates with everybody“55. Aus diesem Grund dürften die Spiele besonders für Erwachsene interessant sein, die im Laufe ihres Lebens bereits Erfahrungshaftigkeit und Wissen sammeln konnten und die Leerstellen entsprechend zu füllen wissen.

Gameplay, das unter die Haut geht: Körperlichkeit und Empathie im Zen-Adventure

Dadurch, dass die Player-Characters der Zen-Adventures nicht sterblich sind und es keine für das Computerspiel typische Bestrafung für ludisches Scheitern (etwa im Sinne eines Respawn oder eines Punkteverlustes) gibt, wird einerseits die Authentizität des Heldenreise-Narrativs gewahrt (der Tod der Heldinnenfigur würde streng genommen das Ende der Erzählung bzw. Game Over bedeuten). Andererseits werden hierdurch eine Störung des Erkundungseifers und Spiel-Flows sowie damit potenziell einhergehende negative ludische Emotionen verhindert, denn der

Tod der eigenen Spielfigur [...] durchbricht die Immersion vollständig. Interaktion, Selbstwirksamkeitserleben und Narration werden unvermittelt und gleichzeitig unterbrochen. Die Rückkehr zum Geschehen kann nicht ohne Einschränkungen selbstbestimmt erreicht werden. Die Spielerin wird auf sich selbst zurückgeworfen.56

Von den untersuchten Spielen beinhaltet lediglich Journey eine Form von Bestrafung, die über die vorbestimmte und narrativ relevante Reduzierung der spielmechanischen Fähigkeiten (etwa im Schneesturm) hinausgeht: Wird der Avatar von den mechanischen Wächtern entdeckt und attackiert, verliert er einen Großteil seiner Schleppe und damit seiner Flugkraft. Die daraus resultierenden negativen Emotionen sind allerdings von den Entwickler(inne)n so beabsichtigt und für das Spielerleben (insbesondere die umso emotionaler erlebte Apotheose im letzten Areal) konstitutiv.

Dieses „multimodale Körpererleben“57 stellt neben dem Einsatz von Cutscenes im Hinblick auf die emotionale Rezeption der Hauptfiguren von Journey und Gris die wirkungsvollste (ludo)narrative Strategie dar. Die minimalistischen, aber feinfühlig eingestimmten Fortbewegungsmechaniken des Avatars sind nämlich nicht nur ausschlaggebend für positive ludische Emotionen und einen angenehmen Spiel-Flow, sondern erfüllen auch eine narrative Funktion und begünstigen ein Mitfühlen, eine emotionale Bindung zur Figur.

Indem beispielsweise der Journey-Avatar im Zuge des beschwerlichen Aufstiegs in Schnee und Kälte seiner Flugkraft beraubt wird, „wird das erweiterte Körperschema, das der Spieler bis hierhin ausgebildet haben dürfte, in einem geradezu qualvollen Prozess sukzessive dekonstruiert und bis zur Bewegungsunfähigkeit geführt“58. Dadurch, dass die Pilgerfigur ihrer Kräfte beraubt wird und dieser Teil der Reise besonders gefahrvoll und beschwerlich ist, kann das Allmächtigkeitsgefühl im letzten Level dafür umso intensiver erlebt werden.

In Gris werden die Spielenden mit dem Fortschreiten der Handlung stärker emotional involviert, indem sie immer wieder neue Spielmechaniken erlernen und das Gelernte gleichzeitig eigenständig kombinieren und neu anwenden müssen. Sie erleben dabei mit, wie die anfangs kraftlose Gris sukzessive Kraft schöpft und neue Wege findet, um mit Schwierigkeiten umzugehen – aber auch, wie sie immer wieder Rückschläge erleiden muss.

Unterstützt wird die emotionale Involvierung in den Zen-Adventures neben den genannten Gameplay-Besonderheiten, visuell-ästhetischen Reizen und akustischer Untermalung durch ein haptisches Element, nämlich die Vibrationsfunktion des Controller-Interfaces: Dadurch, dass z. B. ein hartes Aufprallen auf den Boden oder die Macht des Sturmes „direkt physisch erfahrbar“59 gemacht wird, werden das Körpererleben und damit auch das Mitfühlen subtil gesteigert.

Aufgrund dieser Involvierungsstrategien sowie des Fehlens von Avatartod, Zeitdruck, Scores und Sprache kann der Fokus im Zen-Adventure ganz auf die Erkundung der Spielwelt, die gedankliche Auseinandersetzung mit der (Vor-)Geschichte und vor allem das atmosphärische Erleben gerichtet werden.

Atmosphären zum Eintauchen: Das Zen-Adventure zwischen Abenteuerlichkeit und Leichtigkeit

Das Computerspiel lebt wie kein anderes Medium von Präsenzerleben und Atmosphären, es vermittelt den Spielenden ein „Spüren von Anwesenheit60. Der virtuelle Raum kann insofern körperlich erfahrbar werden und Immersion ermöglichen, als er vom spielenden Individuum als „Sphäre seiner sinnlichen Präsenz“61 wahrgenommen wird – sofern es auch gewillt ist, sich darauf einzulassen:

Computerspiele besitzen Körperlichkeit, weil sie mit uns zusammen ‚Atmosphären‘ erzeugen. [...] Genauso wie eine beeindruckende Landschaft, eine melancholische Musikkomposition oder ein düsterer Raum, erzeugen auch Computerspiele körperliche Stimmungen, die jedoch stets davon abhängig sind, in welchem Verhältnis Spieler und Spiel zueinander stehen. Einerseits muss das digitale Spiel atmosphärische Angebote machen [...], andererseits muss auch der Spieler bereit sein, ganz in dieser Atmosphäre einzutauchen.62

Die Grundstimmungen, die in den Zen-Adventures durch ein „affektives Raumdesign“63 gezielt erzeugt werden, wechseln sich zugunsten der Dramaturgie zwischen Melancholie, Wohlgefühl und der für das Adventure-Genre unverzichtbaren Geheimnishaftigkeit und Bedrohung ab. Die Spielwelt an sich muss den Charakter eines „irresistible mystery“64 ausstrahlen und die Spielenden müssen sich darin in gewissem Maße auch verloren fühlen können, denn sobald sie „realize that there is no opportunity to become lost, the scope for exploration is severely diminished“65. Deshalb wird das Erkunden auch nicht mittels Map oder Kompass erleichtert, sondern Orientierungshilfen werden lediglich suggestiv (z. B. durch visuelle oder auditive Hinweise) vermittelt.

Die Abenteuerlichkeit wird außerdem untermalt durch das Erzeugen „von wirkungsvoll gestalteten, suggestiven, mysteriösen und auch unheimlichen Atmosphären“66 – darum eignen sich in erster Linie Inseln, Höhlen, Wälder und Ruinen als Handlungsorte. Auch Unterwasserwelten bieten ein „Erlebnismilieu für rauschhafte Abenteuer“67 und damit die ideale Grundlage für ein atmosphärisches, immersives Spielerlebnis – nicht umsonst geht der Immersionsbegriff auf die „physical experience of being submerged in water“68 zurück.

Das Wasser kann einerseits als „Latenzraum des Unbekannten und damit auch von Gefahren und Bedrohungen“69 erfahren werden, wodurch der Adventure-Charakter eines Spiels betont wird. Andererseits ist es aber auch „ein entschieden befreiendes Medium, welches die Schwerkraft aufhebt, neue Bewegungspotenziale erschließt und damit der Mechanik des Spieles etwas verleiht, das sich vielleicht am ehesten als eine gewisse ‚Leichtigkeit‘ beschreiben lässt“.70

Während Abzû gänzlich ein Tauchabenteuer darstellt, ist die Spielwelt von Gris in mehreren Arealen faktisch (wenn auch mit übernatürlichen physikalischen Gesetzen angereichert) und jene von Journey immerhin sinnbildlich als Unterwasserwelt konzipiert – auch hier trägt das Wasser(artige) zu einem angenehmen Gameplay und Spiel-Flow bei. Journey orientiert sich hierzu beim Design einzelner Areale optisch, akustisch und teils die physikalischen Gesetze seiner Spielwelt betreffend an der Flora und Fauna des Meeres, wenngleich der Avatar nicht wirklich im Wasser schwimmt, sondern durch die Luft fliegt oder in einem ätherhaften Nebel scheinbar schwerelos dahinschwebt.

Durch das „spielerische Getragensein“71, das empfunden werden kann, wenn der Avatar mit leichtgängigen (den wohl treffendsten Ausdruck liefert die englische Sprache: smoothen) Fortbewegungsmechaniken durch gestimmte Landschaften und Atmosphären navigiert wird,

werden wir als Spieler selbst zu fließenden Wesen, nicht mehr ganz auf dieser Seite des Bildschirms und auch nicht ganz auf der anderen, mal getragen von der Leichtigkeit des Mediums, mal niedergedrückt von seiner Schwere, aber immer auf der Suche nach jenem „absolute other“ [...], das seine Versinnbildlichung im nassen Element findet.72

Dass das Zen-Adventure ein solches Gefühl des Losgelöst-Seins, der Absolutheit vermitteln möchte, wird einerseits durch die ‚Leichtigkeit‘ der Spielmechaniken und andererseits durch den mythisch-narrativen Charakter verdeutlicht, schließlich ermöglicht auch der Mythos „Momente der Ekstase, in denen wir uns tief berührt und vorübergehend über uns selbst hinausgehoben fühlen“73. Hinzu kommt, dass die Spiele nicht nur zum Staunen und Erkunden, sondern auch zum wohltuenden Verweilen und zur Kontemplation einladen – dies spiegelt sich in erster Linie in einer außergewöhnlichen spielmechanischen Fähigkeit der Hauptfiguren in den Third-Person-Zen-Adventures wider, nämlich in der Avatar-Meditation.

Vom freundlichen Sehen und Sein: Avatar-Meditation in Journey und Abzû

Journey und Abzû bieten eine explizite Form von Entschleunigung und Versenkung an, indem sie die Spielenden dazu einladen, als eigene Entität in der Spielwelt zu meditieren und sich dadurch in einer vertieften Wahrnehmung, in einer objektiven Sichtweise (repräsentiert durch die virtuelle Kameraperspektive) zu üben.

Die Epoche der Hast hat aber keine Zeit, die Wahrnehmung zu vertiefen. Allein in der Tiefe des Seins tut sich ein Raum auf, wo alle Dinge sich anschmiegen und miteinander kommunizieren. Gerade diese Freundlichkeit des Seins läßt die Welt duften. [...] Erst im kontemplativen Verweilen, ja in einer asketischen Zurückhaltung enthüllen die Dinge ihre Schönheit, ihre duftende Essenz.74

In Journey und Abzû wird der meditative (Zen-)Charakter der Spiele also auch dadurch verdeutlicht, dass die Avatare über die Fähigkeit verfügen, sich meditativ zurückzuziehen, während in der Rezeption der Spielenden die Ästhetik der Spielwelt in den Vordergrund tritt – hierdurch wird nicht zuletzt eine harmonische Beziehung zwischen Welt und Figur betont. Keith Stuart bezeichnet Journey darum passenderweise als „part adventure, part meditation on life and death“75 – ein Adventure-Game, das mit meditativen Elementen und einer tiefgründigen Sinnfrage kombiniert wird.

In Journey nimmt die Pilgerfigur vor den Schreinen am Ende jedes Areals eine meditative Pose ein, wodurch die narrativen Cutscenes getriggert werden, bevor der Übergang zum nächsten Spielweltareal erfolgt. Besonders im Multiplayer-Modus erinnern die Avatare in diesen Sequenzen an Kinder, die sich von einem (Groß-)Elternteil eine Geschichte vorlesen lassen, die sie zum Staunen und zum Innehalten bewegt und auf die sie ihre ganze Aufmerksamkeit richten. Darin offenbart sich wiederum die bereits angesprochene Ähnlichkeit zwischen den Motiven der Meditation und des Erzählens (und damit auch des Computerspiels): Entschleunigung, Besinnung, Kontingenzbewältigung.

Der Avatar von Journey beginnt seine Heldenreise bereits mit einer meditativen Pose inmitten einer sengenden Wüste des Verlorenseins. Überdies beginnt er in der Spiellandschaft eigenständig zu meditieren, wenn für längere Zeit keine Aktionstaste gedrückt oder wenn die Menüfunktion aufgerufen wurde. Dabei wird die Umgebung aus verschiedenen Kameraperspektiven gezeigt und die Figur zeitweilig aus dem Bildschirmfokus verdrängt. Ein gemeinsames Meditieren im Online-Multiplayer-Modus wird sogar mit der Trophäe Reflexion belohnt – ein gemeinsames Innehalten lohnt sich dadurch umso mehr.

Auch Abzû bietet dem Avatar und damit den Spielenden die Möglichkeit zum kontemplativen Verweilen an: In jedem Areal befindet sich eine Haifisch-Statue, auf der sich die Taucherin zum Meditieren niederlassen kann (siehe Titelbild). Im Meditationsmodus, der sich auch direkt über das Hauptmenü aufrufen lässt, können die Spielenden zwischen mehreren dynamischen Kameraperspektiven hin und her wechseln und so einzelne im Areal kursierende Fischschwärme eingehend beobachten, wodurch die Atmosphäre der belebten Spielwelt in den Vordergrund und der Blick der bzw. das für Third-Person-Spiele typische „Mitsehen“76 mit der Figur zugleich in den Hintergrund tritt.

Indem der Avatar per Knopfdruck in einen Zustand der gedanklichen Leere versetzt wird, dürfen auch die Spielenden, sofern sie sich dieser Herausforderung stellen (schließlich gibt es in dieser Epoche der Hast nichts Schwierigeres und zugleich Erforderlicheres als ein besinnliches Innehalten und kontemplatives Verweilen), an diesem Zustand teilhaben und eins mit der Spielwelt werden, sich in der avatarischen (Zen-)Meditation üben:

Die Leere leert den Blickenden ins Erblickte. Geübt wird ein gleichsam objekthaftes, Objekt werdendes, ein sein-lassendes, freundliches Sehen. Man muß das Wasser so betrachten, wie das Wasser Wasser sieht.[...] Eine vollkommene Betrachtung käme dadurch zustande, daß der Betrachter gleichsam wasserhaft wird. [...] Die Leere ist das Offene, das eine gegenseitige Durchdringung zuläßt. Sie stiftet die Freundlichkeit.77

Durch die Meditationsfähigkeit der Avatare verraten die Zen-Adventures letztendlich auch etwas über das Wesen ihrer Hauptfiguren, mit denen sich die Spielenden im Idealfall identifizieren und von denen sie sich etwas für ihr eigenes Leben abkupfern können und sollen, indem sie mit ihnen gemeinsam in der Welt verweilen, reflektierend innehalten und sich in einer freundlichen Betrachtung, in Achtsamkeit und Mitgefühl üben.

Medienverzeichnis

Computerspiele

Friend & Foe: Vane. Japan: Friend & Foe 2019.

Nomada Studio: Gris. USA: Devolver Digital 2018.

Tequila Works: Rime. USA & Deutschland: Grey Box & Six Foot 2017.

Thatgamecompany: flOw. USA: Sony Interactive Entertainment 2006.

Thatgamecompany: Flower. USA: Sony Interactive Entertainment & Annapurna Interactive 2009.

Thatgamecompany: Journey. USA: Sony Interactive Entertainment 2012.

Giant Squid Studios: Abzû. USA: 505 Games 2016.

Texte

Ackermann, Judith: Dekonstruktion einer Immersion. Der Avatartod als distanzierendes Moment im Computerspiel. In: Inderst, Rudolf Thomas; Just, Peter (Hg.): Build ’em Up – Shoot ’em Down. Körperlichkeit in digitalen Spielen. Glückstadt: Werner Hülsbusch 2013, S. 365–380.

Armstrong, Karen: Eine kurze Geschichte des Mythos. Aus dem Englischen übersetzt von Ulrike Bischoff. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2007 [2005].

Ascher, Franziska: Journey – Der Weg ist das Ziel. 2012. < https://www.paidia.de/journey-ps3/ > [03.06.2020].

Bogost, Ian: Persuasive Games. The Expressive Power of Video Games. Cambridge & London: The MIT Press 2007.

Bogost, Ian: Persuasive Games: Video Game Zen. 2007.
https://www.gamasutra.com/view/feature/130994/persuasive_games_video_game_zen.php > [23.04.2020].

Böhme, Gernot: Aisthetik. Vorlesungen über Ästhetik als allgemeine Wahrnehmungslehre. München: Wilhelm Fink 2001.

Böhme, Gernot: Architektur und Atmosphäre. München: Wilhelm Fink 2006.

Börchers, Fabian: Handeln. In: Feige, Daniel Martin; u. a. (Hg.): Philosophie des Computerspiels. Theorie – Praxis – Ästhetik. Stuttgart: J. B. Metzler 2018, S. 97–122.

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Avatar-Meditation in Abzû (2016): Ein einfaches Drücken der Pad-Taste genügt, um den Avatar und damit die Spielenden in einen Zustand der Meditation zu versetzen. Quelle: Eigener Screenshot.

  1. Die Genre-Konzipierung Zen-Adventure-Game basiert auf meiner Masterarbeit Laut\Spiel/Sprache (2020), in der ich mich in einem sprachkritischen Kontext mit den Strategien nichtsprachlichen Erzählens und dem Zusammenhang zwischen meditativen und narrativen Elementen in diesem neuartigen Hybrid-Genre auseinandersetze. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass in diesem Paidia-Beitrag vereinzelt Stellen aus der Masterarbeit im Wortlaut übernommen wurden, die nicht eigens als Selbstzitate angeführt werden. Die Arbeit ist frei verfügbar unter < https://diglib.uibk.ac.at/ulbtirolhs/content/titleinfo/5303467 > [06.05.2021].[]
  2. Parkin: Journeyman. 2015.[]
  3. Zen-Games verfolgen die Absicht, „positive Werte und Zustände wie Frieden, Ruhe, Meditation, Lebensbejahung, Freundlichkeit usw. als Spielmechaniken umzusetzen und damit entsprechende Gefühle in den Spielenden zu evozieren“. Steffen: Level Up Religion. 2017, S. 233.[]
  4. Martens: The Player. 2016.[]
  5. Chen: Flow in Games. 2007, S. 31.[]
  6. Grünberger & Leineweber: Aus der Zeit gefallen? 2016, S. 292.[]
  7. Zwar ist die Bezeichnung Zen auch im Bereich der Casual Games (vor allem Rätsel-, Geduld- und Denkspiele) geläufig; diese Spiele zielen allerdings auf eine Form von Versenkung ab, bei der bzw. indem die Konzentrations- und Denkfähigkeit angeregt wird und teils repetitive Handlungsschemata vollzogen werden. Das Zen-(Adventure-)Game setzt dagegen verstärkt auf ein atmosphärisch-meditatives (und narratives) Erleben, es möchte durch sein Gameplay und seine Ästhetik vielmehr eine spezifische Stimmung erzeugen und zugleich freundliche Werte vermitteln. Hierzu sowie zum komplexen Zusammenhang zwischen Flow, Meditation und Zen vgl. Steffen: Level Up Religion. 2017, S. 315–328, besonders S. 321ff.[]
  8. Parker: Video Games into Art. 2013.[]
  9. Vgl. Bogost: Video Game Zen. 2007.[]
  10. Bösel & Möring: Affekt. 2018, S. 198.[]
  11. Serviss: In Search of Meditative Games. 2013.[]
  12. Steffen: Level Up Religion. 2017, S. 314.[]
  13. Bösel & Möring: Affekt. 2018, S. 201.[]
  14. Steffen: Level Up Religion. 2017, S. 321.[]
  15. Wenngleich sich Marcel Proust (zit. in Han: Duft der Zeit. 2015 [2009], S. 47) mit diesem Ausdruck auf „die Epoche der Eisenbahn“ und die „›kinematographische[]‹ Zeit“ bezieht, kann der Begriff zweifelsohne auch auf die digitalisierte Gegenwart umgemünzt werden, in der Datenströme den Takt des von Zeit- und Leistungsdruck bestimmten Alltags voranpeitschen, in der das Innehalten und die lange Weile der hektischen Hast nach Aktuellerem und ‚Besserem‘ gewichen sind.[]
  16. Steffen: Level Up Religion. 2017, S. 309.[]
  17. Nicht nur Meditationspraktiken, sondern auch „Erzählungen sind Mittel und Moment einer bewussten Entschleunigung“. Grünberger & Leineweber: Aus der Zeit gefallen? 2016, S. 287.[]
  18. Koschorke: Wahrheit und Erfindung. 2012, S. 11.[]
  19. Fludernik: Erzähltheorie. 2013 [2006], S. 73.[]
  20. Koschorke: Wahrheit und Erfindung. 2012, S. 17.[]
  21. Walker: Myth. 2005, S. 329.[]
  22. Armstrong: Eine kurze Geschichte des Mythos. 2007 [2005], S. 14f.[]
  23. Feige: Computerspiele. 2015, S. 138.[]
  24. Börchers: Handeln. 2018, S. 120.[]
  25. Vgl. Ryan: Will New Media Produce New Narratives? 2004, S. 356.[]
  26. McLuhan: Understanding Media. 2001 [1964], S. 63.[]
  27. Bogost: Persuasive Games. 2007, S. ix.[]
  28. Zur Erläuterung der Begriffe Spielmechanik und Gameplay vgl. besonders Sicart: Defining Game Mechanics. 2008 sowie Sicart: Moral Dilemmas in Computer Games. 2013, S. 30.[]
  29. Brice: Narrative Is a Game Mechanic. 2012.[]
  30. Smith: A Personal Journey. 2012.[]
  31. Steffen: Level Up Religion. 2017, S. 296.[]
  32. Campbell: Der Heros in tausend Gestalten. 2018 [1949], S. 48.[]
  33. Vgl. Steffen: Level Up Religion. 2017, S. 291.[]
  34. Hagemeyer: Fantasiereisen. 2017, S. 9.[]
  35. Einen Überblick über die vielfältigen Involvierungsstrategien des Computerspiels liefert Neitzel: Involvierungsstrategien des Computerspiels. 2012.[]
  36. Neitzel: Gespielte Geschichten. 2000, S. 230.[]
  37. Den Aspekt der Sprachlosigkeit der Spiele und der Laute-Spielmechaniken werde ich im Rahmen eines weiteren Laut\Spiel/Sprache-Beitrags noch ausführlich in einem sprachkritischen Kontext behandeln, er wird darum in diesem Beitrag weitgehend ausgeklammert.[]
  38. Ebd., S. 236.[]
  39. Klevjer: What is the Avatar? 2006, S. 95.[]
  40. Grünberger & Leineweber: Aus der Zeit gefallen? 2016, S. 292.[]
  41. Steffen: Level Up Religion. 2017, S. 323.[]
  42. Plate: Religion is Playing Games. 2010, S. 226.[]
  43. DuBois: Pro Evolution Pilgrimage. 2018. []
  44. Ascher: Der Weg ist das Ziel. 2012.[]
  45. Han: Duft der Zeit. 2015 [2009], S. 42. Wenn Han (ebd., S. 24) von der duftenden Zeit spricht, so meint er damit eine erfüllte Zeit, die vom Subjekt als angenehm und harmonisch erlebt wird, indem sie (beispielsweise durch besinnliches Verweilen oder auch den Kunstgriff des Erzählens) mit Sinn (also Essenz oder Duft) angereichert wird: „Die Erzählung läßt die Zeit duften. [...] Die Zeit beginnt zu duften, wenn sie eine Dauer gewinnt, wenn sie eine narrative Spannung oder eine Tiefenspannung erhält, wenn sie an Tiefe und Weite, ja an Raum gewinnt.“[]
  46. Campbell: Der Heros in tausend Gestalten. 2018 [1949], S. 43.[]
  47. Zur Erläuterung der Begriffe Point of Action und Point of View vgl. besonders Neitzel: Point of View. 2014, S. 84f. Lediglich in Abzû macht der Avatar in Cutscenes – allerdings mittels eines indirekten Point of Action – von seinen Händen Gebrauch, um Kettentrommeln zu aktivieren, durch die sich die Tore in die nächsten Spielwelt-Areale öffnen lassen.[]
  48. Smith: A Personal Journey. 2012.[]
  49. Mit Ausnahme von Journey: Die Robe der Pilgerfigur kann insofern als Rang- bzw. Statussymbol fungieren, als sie erstens nach mehreren Spielverläufen sukzessive mit mehr Symbolen geschmückt wird, also die Erfahrung der Spielenden widerspiegelt, und zweitens nach dem Auffinden aller im Spiel enthaltenen Glyphen in weißer Farbe verfügbar ist, wodurch das Flugpotenzial des Avatars gesteigert wird und er an eine Engelsfigur oder an eine(n) Erleuchtete(n) erinnert.[]
  50. Mit Ausnahme von Gris, nach der auch das Spiel Gris (spanisch für Grau) benannt ist.[]
  51. Huberts: Männer zocken auf dem Mars, Frauen auf der Venus? 2020.[]
  52. Vgl. Lindemann: Warum Frauen anders zocken als Männer. 2008.[]
  53. Hahn: Gender und Gaming. 2017.[]
  54. Lee & Mitchell: Filling in the Gaps. 2018, S. 247f.[]
  55. Valdes: Abzu's secrets are about more than a Journey-esque scuba dive. 2014.[]
  56. Ackermann: Dekonstruktion einer Immersion. 2013, S. 369.[]
  57. Fahlenbrach & Schröter: Game Studies und Rezeptionsästhetik. 2015, S. 192.[]
  58. Ebd.[]
  59. Ebd., S. 197.[]
  60. Böhme: Aisthetik. 2001, S. 45.[]
  61. Böhme: Architektur und Atmosphäre. 2006, S. 88.[]
  62. Huberts: Eine Hand für ein Auge! 2013, S. 215.[]
  63. Fahlenbrach & Schröter: Game Studies und Rezeptionsästhetik. 2015, S. 185.[]
  64. Carson: Environmental Storytelling. 2000.[]
  65. Calleja: In-Game. 2011, S. 75.[]
  66. Bösel & Möring: Affekt. 2018, S. 198.[]
  67. Niewerth: Dive! Dive! Dive! 2014, S. 251.[]
  68. Murray: Hamlet on the Holodeck. 1997, S. 98.[]
  69. Niewerth: Dive! Dive! Dive! 2014, S. 242.[]
  70. Ebd., S. 251.[]
  71. Ebd.[]
  72. Ebd., S. 258.[]
  73. Armstrong: Eine kurze Geschichte des Mythos. 2007 [2005], S. 13.[]
  74. Han: Duft der Zeit. 2015 [2009], S. 51.[]
  75. Stuart: Is Journey a game or a piece of interactive art? 2012.[]
  76. Neitzel: Point of View und Point of Action. 2014, S. 75.[]
  77. Han: Philosophie des Zen-Buddhismus. 2019 [2002], S. 47f.[]

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So zitieren Sie diesen Artikel:

Steiner, Anton: "Laut\Spiel/Sprache I: Das meditative Abenteuer". In: PAIDIA – Zeitschrift für Computerspielforschung. 12.07.2021, https://paidia.de/lautspiel-sprache-i-das-meditative-abenteuer/. [26.12.2024 - 10:55]

Autor*innen:

Anton Steiner

Anton Steiner studierte Germanistik und Medien an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck. In seiner Masterarbeit widmete er sich den Strategien sprachlosen Erzählens im Computerspiel (insbesondere im ‚Zen-Adventure-Game‘). Sein Interesse gilt darüber hinaus der Filmwissenschaft, Ideologiekritik und Mythentheorie. Begeisterung verspürt er nirgendwo mehr als im Musikschaffen und im Tennisspiel.