Coda, Davey und die Erzählfigur. Der Autor und seine Subjekte in The Beginner’s Guide

23. Januar 2019

Einleitung: Davey Wreden, die Indie-Szene und ihre künstlerischen Ambitionen

Der Spielentwickler Davey Wreden erlangte spätestens mit der vollwertigen Veröffentlichung seines ersten Spiels The Stanley Parable im Jahre 2013 internationale Aufmerksamkeit in der Gaming-Community. Sein hochgradig raffiniertes Spiel persifliert und ironisiert bekannte Spielmechaniken aus Computerspielen und stellt dabei gleichzeitig selbst die geübtesten Narratologen vor Probleme. Denn gespielt wird keine übliche Handlung, sondern eine Auseinandersetzung mit dem Erzähler, der sich anfangs als auktorialer ausgibt und durch seinen Erzähltext bestimmte Spielhandlungen suggeriert. Entscheidet sich jedoch der Spieler diese Aktionen nicht zu befolgen, so verwandelt sich der Erzähler in einen Antagonisten, der fortan den Spieler auf zynische Art und Weise wieder dazu zu bringen versucht, dem vorgeschriebenen Pfad zu folgen. Es entfaltet sich ein unvorhersehbares Wechselspiel zwischen gesteuerter, stimmloser Spielfigur und gescripteter, körperloser Stimme, das ähnlich der Truman Show (US, R: Peter Weir, 1998) Gedankengänge des Skeptizismus und der Freiheitsphilosophie thematisiert. Das Spiel wird heutzutage oft als Paradebeispiel einer innovativen Indie-Szene hochgehalten, das sich gegen die großen Budgets und den spektakulären Schauwerten von Uncharted, Mass-Effect und anderen Mainstreamgames behaupten kann.

Die radikaleren Indie-Produzenten zeichnen sich dahingehend aus, Spiele über Spiele machen zu wollen. Das heißt, sie in einer solchen Art neu zu erfinden, dass Spielemechaniken, -traditionen oder -steuerungen neu kontextualisiert, verabsolutiert oder auch ins Absurde getrieben werden. So spielt man beispielsweise in Flower (Thatgamecompany, 2012) einzig durch das Neigen oder Kippen des Gamepads Blüten, die vom Wind durch riesige Blumenfelder geweht werden. In The Path (TaleofTales, 2007) wiederum wird dem Spieler in einer mysteriös-schauerhaften Rotkäppchenwelt die deutliche Anweisung gegeben, den vorgegebenen Weg zum Haus der Großmutter nicht zu verlassen. Das Rotkäppchen bewegt sich automatisch geradeaus und wird bei seiner Ankunft jedoch vom Wolf gefressen. Dem Spieler wird daraufhin vorgeworfen, sich allzu naiv an die Regeln gehalten zu haben; er wird in der Folge aufgefordert, Handlungsmacht zu übernehmen, indem er sich den Regeln widersetzt und den düsteren Wald erkundet. Eine solche Verdrehung von gängigen Spielmechanismen wird in der Öffentlichkeit des Internets selbstverständlich kontrovers rezipiert, wie man den Reviews auf den gängigen Plattformen entnehmen kann. Immer wieder steuern die öffentlichen Diskussionen das Kunstpotenzial von Computerspielen an.

Michaël Samyn, Mitentwickler von The Path, formuliert diesbezüglich ein klares Programm: „The question is not whether videogames are art. The question is how can we make good art with the medium of videogames.“1 Sein Selbstverständnis gründet sich daher nicht darin, mit digitalen Medien Kunst auszuüben, wie es die etablierte ,hohe‘ Kunstszene bereits seit Jahrzehnten tut, sondern an den Modellen der bestehenden Gaming-Kultur anzuschließen und sie in der künstlerischen Form des sogenannten ,Notgames‘ zu irritieren.2

Davey Wreden tritt mit seinem zweiten Spiel The Beginner's Guide (2015 auf der PC-Plattform Steam erschienen) noch einmal in diese Konstellation ein, scheinbar ohne sich deutlich darin zu positionieren. Nur ist diesmal nicht mehr das Thema der Erzählfreiheit zentral gesetzt, sondern ein ästhetisches Grundphänomen, das vor allem die Literaturwissenschaft bis zum heutigen Tage beschäftigt: das Verhältnis des Autors zu seinem Werk. Zu Beginn des Spiels meldet sich Davey Wreden als Erzähler selbst zu Wort und spricht von Coda, einem Programmierer, den er Anfang 2009 kennen gelernt habe.3 Die Erzählfigur findet besonderes Gefallen an den unveröffentlicht gebliebenen Spielen seines Freundes, der inzwischen die Entwicklung von Spielen eingestellt habe. Er glaubt, durch sie auf die Person ihres Erschaffers zu blicken, somit an Inspiration für sein eigenes Werk zu gelangen und dadurch seine nicht weiter explizierten, persönlichen Probleme zu überwinden. Beginner’s Guide ist somit des Erzählers Zusammentragung von Codas Spielen. Doch publiziert er Codas Level nicht in ihren originalen Fassungen, sondern er fügt ihnen einen interpretierenden Audio-Kommentar hinzu. Darüber hinaus belässt er es nicht dabei, den Spielenden mithilfe des Kommentars durch die Spiele zu leiten. Langwierige oder schwer zu lösende Passagen überspringt er durch Eingriffe in den Spielcode. Eigenartig mag dabei für den Spieler nicht nur sein, dass Computerspiele unüblicherweise einer Praxis der Interpretation unterzogen werden, sondern auch, dass die Erzählfigur für Coda ganz selbstverständlich auch sonstige Begriffe der hohen Kunst übernimmt: immerfort spricht er von Coda als einem Autor, von seinen Schaffensprozessen und von seinen Spielen als seinem Werk. Wreden fügt sich durch seine Interpretationen ein Bild von Coda als einem trübsinnigen Künstler zusammen – bis schließlich im letzten Kapitel Coda selbst mittels Textbotschaften interveniert und ihn für das Eindringen in seine Privatsphäre und das unerlaubte Modifizieren und Publizieren seiner Spiele anklagt. Alles, was sich Erzählfigur in diesem Spiel über Coda ausgedacht hatte, sei nur egomanische Selbstprojektion seinerseits.

Eine wirklich plastische Rezeption dieses Spiels liefert das Video des Game-Journalisten und Youtubers Chris Franklin, besser bekannt unter seinem Pseudonym ErrantSignal. Er bespricht The Beginner's Guide in einer ausgesprochen intelligenten Weise, weil er sich der Falle des Spiels bewusst ist, den Erzähler vorschnell mit dem Autor in eins zu setzen. Er trennt den Davey Wreden als Autoren des Spiels von Davey, der Erzählfigur, und liest in den Deutungsversuchen des Letzteren ein Fallbeispiel einer misslungenen, autorintentionalen Interpretation. Wenn er sich dann die Frage stellt, wie Beginner’s Guide als Ganzes gedeutet werden könnte, kommt er zu einem unentschiedenen Schluss. Eigentlich verarbeite Wreden in seinem Spiel seine Depression, auf die ein autobiografischer Blogpost4 gewisse Hinweise gibt. Glaubt man dieser Selbstkundgabe, so unterlag er nach der Publikation der Stanley Parable wirklich einer depressiven Phase, die von der überwältigenden medialen Aufmerksamkeit und dem damit verbundenem Ruhm herrührte. Doch würde man das Spiel wirklich so lesen, so würde man den Fehler des Erzählers reproduzieren, da man sich ein bestimmtes Bild eines Autors aus seinen künstlerischen Produkten zusammenfügt. Franklin spürt schließlich die meta-interpretativen Verstrickungen, aus denen er sich nicht wieder entwinden kann, beendet deshalb sein Video-Essay mit einer grundsätzlichen Selbstreflexion über seine Arbeit als Computerspielkritiker.5 Das Video von Franklin ist kein Einzelfall. Zu Beginner's Guide lassen sich viele eingesprochene und ausgeschriebene Essays im Netz finden.6 Es stiftet vielerorts Verwirrung, weil es seinen eigenen Widerspruch praktisch vorprogrammiert, eine autorintentionale Deutung als falsch zu erklären und sie gleichzeitig zu suggerieren. Wer hätte also gedacht, dass gerade ein Computerspiel in die Frage nach der Person und Konstruktion des Autors und der Werkinterpretation, dem vielleicht klassischsten aller literaturtheoretischen Themenfelder, vorstößt und ihre Reflexion in einer solchen Virulenz verlangt, dass es sich ein langjähriger Journalist zum Anlass nehmen muss, die Grenzen seines Berufs zu hinterfragen?

Bei der Suche nach dem passenden Theoriemodell für dieses Spiel genügt es nicht, auf die übliche poststrukturalistische Kritik am Autorbegriff – etwa Roland Barthes Der Tod des Autors7zu rekurrieren. Zwar gilt noch nach wie vor, dass der empirische Autor keine absolute Deutungshoheit über seinen Text beanspruchen kann, doch wäre es falsch, eine gänzlich autorunabhängige Textinterpretation anzulegen, wie sie Barthes in seiner klassisch gewordenen Schrift suggeriert. Ein ausdifferenziertes Modell der unterschiedlichen Autordiskurse hat Innokentij Kreknin 2014 vorgenommen.8 Seine theoretischen Überlegungen könnten nicht besser für Beginner’s Guide geeignet sein, denn er analysiert die verschiedenen Fremd- und Selbstbeschreibungen aus unterschiedlichen Medien und Fiktionsgraden und gelangt schließlich zu einer umfassenden Untersuchung der öffentlichen Subjektivierung des Autors, soweit diese textuell zu greifen ist.

Er unterscheidet vier, sich einander überschneidende, diskursive Bereiche. (1) Im ersten Bereich stehen solche nicht-ästhetische Texte, die den Autoren selbst zugeschrieben werden. Sie finden in der Alltagswirklichkeit statt. In Form von juridisch-sozialen Diskursen (z.B. Verträge/Signaturen) begründen sie Autorschaft durch Urheberschaft oder sie präsentieren in autopoietisch-individuellen Diskursen (z.B. Interviews, Tagebücher) die öffentliche Person des Autors in seinen eigenen Äußerungen.9 (2) Der zweite Bereich besteht aus den eigenen ästhetisch-literarischen Texten des Autors. Der von ihm eigens konstruierte Diskurs seines Subjekts kann in autofiktionalen bzw. autobiografischen Texten gefertigt sein. In diesen Bereich gehören ebenfalls jegliche Alter-Ego-Figuren, in denen die Identität des Autors semiotisch vermutet werden kann. (3) Drittens hat nicht nur der Autor selbst Anteil an der Konstruktion seines öffentlichen Bildes, sondern auch die jeweilige mediale und wissenschaftliche Praxis. Diese Fortschreibungen sind nicht-literarisch, was sie vom letzten Bereich trennt, denn an (4) vierter Stelle werden alle Fortschreibungen durch literarische Texte anderer Autoren gefasst.

Die Stichhaltigkeit dieser Beschreibungskategorien für The Beginner’s Guide mag bereits sichtbar geworden sein. Wredens Blogpost gehört wegen seiner autopoietisch-individuellen Funktion zum ersten Bereich alltagswirklicher Texte, die vom Autor selbst stammen. Im zweiten Bereich ist die Autofiktion Wredens zu Beginn von The Beginner’s Guides anzusiedeln, denn innerhalb seines eigenen ästhetischen Textes wird seine Identität selbst verhandelt. Darüber hinaus beschreibt Wreden in seinem Blogpost, wie die öffentliche mediale Aufmerksamkeit nach Release der Stanley Parable seine Selbstwahrnehmung und vor allem sein Verhältnis zu sich selbst. Er nennt keine konkreten Pressetexte, doch sind diese implizit gemeinten Texte leicht auffindbar und somit im dritten Bereich zu verorten.10 Und letztlich tritt auch der vierte Diskursbereich innerhalb der Diegese auf, denn – indem der Erzähler Coda interpretiert und seine Spiele modifiziert herausgibt – wird Coda seitens eines Fremdautoren fortgeschrieben.

Eine solche Einteilung soll erst einmal nur darüber Ausschluss geben, wie zentral das Spiel die Frage nach Autorschaft stellt und wie sehr die verschiedenen Autorschaftsdiskurse durch die verschiedenen Autorfiguren ineinander verwoben sind. Die Analyse dieser Verhältnisse soll Schritt für Schritt die Subjektivierung11 ‚Davey Wredens‘ anhand The Beginner’s Guide aufzeigen. Coda ist Wreden als Alter-Ego-Figur hinzuzuzählen, sodass sich die folgenden Fragen auftun: Wieso ist Coda als artifizielle Figur in den Text gesetzt und was für einen Typ Entwickler/Künstler/Mensch verkörpert er? Welche Funktion besitzt die Autofiktion in diesem Spiel? Was geschieht mit Coda durch die Einwirkung des Erzählers und was wird durch diesen Konflikt dargestellt? Und schließlich: Wie ist die Handlung des Spiels mit dem autobiografischen Blogpost in Verbindung zu setzen?

Dieser Beitrag basiert, nach einer kurzen Einleitung zum generellen Aufbau und Genre von The Beginner’s Guide, auf folgendem Dreischritt: (1) Coda liefert die materielle Basis des Spiels und wird als Autor und Subjekt nur durch seine Spiele und ohne die Kommentare des Erzählers untersucht (Kapitel 3), (2) um in einem zweiten Schritt die unrechtmäßige Fortschreibung Codas durch den Erzähler davon abheben zu können (Kapitel 4), (3) sodass schließlich das Gesamtwerk The Beginner’s Guides in diesem Zwist zwischen Coda und dem Erzähler als autofiktionales Projekt Davey Wredens gedeutet werden kann (Kapitel 5).

Es wird sich zeigen, dass in diesem Spiel das Programmieren von Spielen zur Technologie des Selbst aufsteigt, die es „dem Einzelnen ermöglicht, aus eigner Kraft oder mit Hilfe anderer eine Reihe von Operationen an seinem Körper oder seiner Seele, seinem Denken, seinem Verhalten und seiner Verhaltensweise vorzunehmen“12. Die Aufgabe, die klassischerweise dem Schreiben zuteilwurde, überträgt sich im 21. Jahrhundert auf die Kreation von Computerspielen. Das heißt auf den Punkt gebracht: The Beginner’s Guide demonstriert, was es bedeutet, das Computerspielmedium für eine dichte Arbeit am Subjekt fruchtbar zu machen.

Außerhalb der Genres? Das Spieldispositiv von The Beginner’s Guide

„Would you simply let them be what they are?“13, fordert Coda am Schluss des Spiels, womit er dem Spieler implizit aufträgt, seine Spiele noch einmal zu erleben, diesmal frei von den Vorbehalten der Erzählfigur. Und in der Tat schaltet sich nach dem ersten Durchlauf des Spiels in den Einstellungen die Option frei, den Erzählerkommentar auszuschalten. Das Spielen ohne Daveys Audio-Kommentar bietet so etwas wie ein ‚New Game Plus‘, eine Möglichkeit dasselbe Spielmaterial noch einmal zu durchlaufen, welches nun weitestgehend von der Schicht des ‚zweiten Autors‘ befreit ist. Doch Codas Spiele als das, was sie sind wertzuschätzen, ist leichter gesagt als getan. Seine kleinen Spiele sind häufig nicht mehr als kurze Kapitel mit markanten Pointen. Dabei ist keines von ihnen an konventionelle Spielemodelle gebunden und das, obwohl mit der Source-Engine ein übliches Tool für kommerzielle Spieleentwickler gewählt ist, dessen grafische Oberfläche bei Gamern auf sehr große Vertrautheit stößt. Schon das erste Kapitel, Escape, löst Irritation aus: Die zentral ausgerichtete Ego-Perspektive mit unsichtbarem Avatar aber sichtbarer Waffe ist genretypisch für den Ego-Shooter, auch das Setting der Weltraumstation passt dazu. Nur finden sich nirgends Gegner, für die die Waffe nützlich sein könnte, womit dem Genre seine primäre Spielmechanik geraubt wird. Ein Ego-Shooter ohne Gegner ist ein Widerspruch in sich. Diese Genreparodie zwingt den Spielenden dazu, seine Haltung als Spielender zu überdenken. Worin das eigentlich Spielerische des Kapitels besteht, ist auf den ersten Blick ungewiss. Manche anderen Kapitel richten sich sogar explizit gegen den Spieler und hinterfragen die Kategorie der Spielbarkeit generell.14 Beispielsweise wird die Spielinstanz im siebten Kapitel Down eine Stunde lang in eine Gefängniszelle gesperrt, ohne irgendeine Form von Interaktionsmöglichkeit zu besitzen.

Für Beginner’s Guide gilt grundsätzlich: Der Spieler ist nur eine Funktion, die das Spiel durchläuft. Es gibt in keinem Level zu bekämpfende Gegner und auch keine ausgeklügelten, zu erlernenden Spielregeln. Das Gameplay ist auf ein Minimum reduziert, die Steuerungsmöglichkeiten der Spielinstanz beschränken sich auf das Laufen, das Anwählen von Gesprächsoptionen und das Anwählen interagierbarer Objekte, etwa zum Lösen ausgesprochen einfacher Rätsel. Die Dialoge unterscheiden sich bei unterschiedlichen Antwortmöglichkeiten nur geringfügig. Diese Absenz traditioneller, genretypischer Spielemechaniken verbindet das Spiel mit den sogenannten ‚Walking Simulators ‘, in denen der Fokus statt auf spielerischer Herausforderung meist auf der Wahrnehmung und Exploration einer Spieldiegese liegt. Doch in den Walking Simulatoren wie etwa Dear Esther (The Chinese Room, 2012) gilt die Erkundung einer autonomen Spieldiegese als typische Genresituation. Konträr dazu sind Codas Spiele ausgesprochen linear und voneinander abgetrennt. In ihnen existieren keine offenen, begehbaren Flächen, noch erkundet man eine zusammenhängende Welt mit kontemplativen Schauwerten.

Beginner’s Guide ist in Codas sechzehn separate Spiele gegliedert, die von einem Intro und einem Epilog gerahmt, konsekutiv durchschritten werden und durch eine Reihe zusammenhängender und rekurrenter Motive ein Narrativ kreieren. Darüber stülpt sich als zweite Erzählebene die Narration der Erzählfigur mit seinen gelegentlichen Eingriffen. Nach dem ersten Durchspielen sind die Level dann jeweils im Menü wählbar und separat spielbar. Schon durch die Bezeichnung der einzelnen Spieleinheiten als ‚Chapter‘ anstatt von ‚Level‘ betont das Spiel seinen narrativen Gehalt. Aus diesem Grund sind einige Kapitel auch ausgesprochen text- und dialoglastig. Rezipiert man das Spiel nur als Let’s Play, geht trotz des nur reduzierten Gameplays die für die Handlungswirkung maßgebliche immersive Wirkung verloren, die das Spielmedium mit sich trägt.

Abbildung 1: Übersicht der Kapitel der Beginner’s Guide (2015), Zusammenstellung folgt dem Kapitelauswahlmenü

Zur folgenden Analyse von Codas Spielen isoliere ich zwei Kapitelgruppen, die sich durch eine deutliche motivische Zusammengehörigkeit auszeichnen, und – wichtiger als das – im hohen Maße über Codas persönliche Voraussetzungen beim Spieleprogrammieren Auskunft geben. Die erste Kapitelgruppe (Kapitel 4 und 5) wird von den zwei Mini-Kapiteln Entering und Exiting gerahmt, in der der Spieler einen dunklen Weg begeht und ein Schild passiert, auf dem entweder „You are now entering“15 oder „You are now exiting“16 geschrieben steht. Stairs und Puzzle (Kapitel 4 und 5) exemplifizieren die Privatheit, die das Spieleprogrammieren für Coda darstellt. In der zweiten Untergruppe (Kapitel 13 Mobius, Kapitel 14 Island und Kapitel 15 Machine) nimmt Codas künstlerische Schaffensblockade den thematischen Mittelpunkt ein. Sie wird außerdem vom Motiv der Maschine dominiert, die dem fünfzehnten Kapitel ihren Namen verleiht. Das letzte Kapitel Tower fällt aus dieser Gruppierung heraus, weil es explizit an die Erzählfigur gerichtet ist und deshalb erst im vierten Kapitel dieser Arbeit besprochen wird.

Der erste Autor: Coda

Spiele des Privaten: Kapitel 4 und 5

Im vierten Kapitel Stairs findet sich der Spielende in einem Areal wieder, in dem sich einzig ein Treppenaufgang und zwei blockhaft dargestellte Gebäude befinden. Beim Versuch die Treppen hinaufzugehen wird die Spielinstanz auf ein Minimaltempo verlangsamt und muss ungefähr zehn Minuten die Vorwärtstaste gedrückt halten, um oben anzukommen.17 Dort angekommen, wartet kein übliches Spielelement auf den Spieler, sondern ein Zimmer, das grafisch ebenso sporadisch dargestellt ist. Es ist mit orange-beigen, länglichen Blöcken versehen, die Möbel lediglich andeuten. Mittig im Raum befindet sich auf dem Boden eine große beige Fläche, über die sich eine große Öffnung in der Decke erstreckt, durch welche man das Himmelsblau erblickt. Sobald die Spielfigur den Raum betritt, erscheinen Sätze im gesamten Raum verteilt, darunter:

A game of only posters and Concept art showing what the game is intended to be.

A button you press to stop the chaos that doesn’t work.

A key in one game unlocks a door in a completely separate game.

You must address and rally a group of press reporters.18

Die meisten Sätze beschreiben durch die Signalbegriffe ‚game‘ oder ‚play‘ mögliche Bestandteile von oder für Spiele. Liest man sie als Spielideen sind einige von ihnen in einem solchen Maße mehrdimensional, dass sie ein ganzes Spiel vorzugeben scheinen. Während also „A game of only motivational posters, played one after the other while the player cannot move“ bereits eine ganze Spielwelt inklusive Regeln beschreibt, sind andere Propositionen partikularer. „A button you press to stop the chaos that doesn't work“ verknüpft interessanterweise eine ludische Ohnmacht mit einer verheerenden narrativen Konsequenz, jedoch fehlt jeglicher Kontext. Man mag sich bei manchen Sätzen an Konzepte im Sinne der Konzeptkunst nach Sol LeWitt erinnert fühlen19, als eine hinter einem Werk stehende, vollständig determinierende Proposition, während andere hingegen nicht mehr sind als Pointen, die eventuell Ausgangsmaterial zu Spielen liefern.

Manche dieser Ideen trifft man innerhalb The Beginner’s Guide auch tatsächlich wieder. „You must address and rally a group of eager press reporters“ spielt auf die Pressekonferenz in Kapitel 15 an20, „A key in one game unlocks a door in a completely separate game“ greift die Idee der Verbindung zweier separater Kapitel auf, die in „You are now entering/exiting“ (Kapitel 3 bzw. 6) wiederkehrt, und „A game of only posters and Concept art showing what the game is intended to be“ ähnelt just der aktuellen Situation im Raum. Anstatt von Concept Art sind es hier vielmehr sprachliche Konzeptideen zukünftiger Spiele. Stairs greift daher die Initiation des Spielekreierens auf, um sie selbst zum Thema eines Spiels zu machen. Der Raum nimmt so die Gestalt eines begehbaren Notizhefts an, eine Art Inspirationszimmer zur freien Kontemplation, welches zum Himmel hin geöffnet ist. Um diesen Raum kreativer Betätigung jedoch zu erreichen, muss der Spielende erst einmal die mühselige Phase des verlangsamten Treppenaufgangs hinter sich lassen.

Das nächste Kapitel könnte dazu kaum verschiedener sein. In Puzzle (Kapitel 5) wird der Spieler, nachdem er ein merklich einfaches Türpuzzle gelöst hat, in einen leeren Raum geführt. Die Leere des Raumes verhüllt jedoch ein Geheimnis des Entwicklers. Denn hinter ihnen befindet sich ein ganzes Universum von Gängen und Treppen, über die nur Coda zu wissen scheint. Dem Spieler wird es durch den regelwidrigen Eingriff der Erzählfigur enthüllt (s. Abb. 2). Fragen wir uns jedoch vielmehr, was für ein Verhältnis Coda in diesem Kapitel zu seinem Spieler impliziert. Für den Spieler ist es schlicht unmöglich, das Level in seiner Gesamtheit zu rezipieren. Nach dem lächerlich einfachen Türpuzzle scheint das Level selbst nun den Spieler zu verhöhnen, denn nicht der geringste Hinweis einer Lösung befindet sich im Raum. In diesem Nicht-Ereignis sitzt der Spieler fest. Da nun Coda seine Spiele jedoch prinzipiell nicht veröffentlicht, ist die Stelle des Spielers nicht offen zugänglich – einen Normalspieler gibt es also vor Daveys Fremdpublikation noch gar nicht. Coda verriegelt mit dieser Geste sein Kapitel vor außenstehenden Zugriffen: Nichteingeweihte sind nicht erwünscht; das Spiel ist ein Arkanum. Ein Satz von Stairs kann als Kommentar zu Puzzle gelesen werden: „You start in a small room, until you realize you can just walk through the walls.“

Abbildung 2: Kapitel 5 Puzzle. Nach dem Betätigen der Enter-Taste (Screenshot aus The Beginner’s Guide (2015))

Zwar ist in diesem Kapitel nicht vorgesehen, dass man wirklich durch Wände gehen kann, doch modelliert Puzzle parallel zum Zitat begehbare äußere Räumlichkeiten (Treppen und Gänge). Stellt man sich nun Coda mit seinem Hintergrundwissen vor, der das Türpuzzle löst, vor den Wänden steht und dabei weiß, dass der eigentliche Raum des Spiels unendlich groß erscheint, so wird die Verwandtschaft von Puzzle und Stairs deutlich. In beiden Spielen wird der Vorstellungskraft die Rolle zugewiesen, die Spiele zu vervollständigen. Das Treppenuniversum in Puzzle substituiert dabei die einzelnen Spielideen aus Stairs. Halten wir jedoch fest, dass sich Coda durch diese Exklusion der Nichteingeweihten eine Form von Besitz über sein Spiel vorbehält, der konkrete Konsequenzen für den Autorschaftsdiskurs mit sich bringt. Der verlangte Rezeptionsmodus des Spiels ist für den Autor natürlich unmittelbar plausibel, da er sich über den vollen Umfang des Spiels im Klaren ist. Die blockierenden Wände machen es dem Normalspieler unmöglich, dem Spiel überhaupt irgendetwas wie Sinn abzugewinnen, von Spielbarkeit ganz zu schweigen. In dieser Weise manifestiert sich Codas Wunsch zur Privatheit als Versuch, seine Spiele nah bei ihm zu halten. Im Spielmedium hat der Spieler zur Vervollkommnung des Spiels zumindest einen Anteil. Doch Coda belässt es dabei, seine hochgradig selbstbezüglichen Spiele nur an ihn selbst zu adressieren. Diese Erkenntnis erlaubt es im Folgenden, die Spielinstanz mit Coda gleichzusetzen.

„I can’t keep making these“, Codas künstlerische Selbstreflexionen: Kapitel 13, 14, 15

Spätestens ab dem dreizehnten Kapitel Mobius gerät das Thema der künstlerischen Selbstreflexion zunehmend in den Mittelpunkt. Ludisch ist an dieses Thema das Dialogsystem gebunden, in welchem der Spieler mit den Nummerntasten vorgefertigte Redesätze auswählen muss und so zur empathischen Reflektion gezwungen wird. Die Entscheidungen beeinflussen allerdings den Verlauf der Gespräche meist nur geringfügig. Trotzdem ist das Dialogsystem auch in diesem Spiel keine unerhebliche Mechanik. Wenn nur aktive Entscheidungen das Weiterspielen ermöglichen, so wird der Spielende erstens dazu gezwungen, die Wahlmöglichkeiten zu reflektieren, zweitens, eine spezifische Antwort auszuwählen, was gleichzeitig das Ablehnen der anderen Möglichkeiten bedeutet, und drittens, die Kontingenz der spezifischen Auswahl zu hinterfragen: Was wäre bei einer anderen Auswahl geschehen?

Im dreizehnten Kapitel Mobius fliegt eine gigantische Tür dem Raumschiff des Spielers entgegen. Prallt die Tür nach einer bestimmten Zeit auf das Raumschiff auf, wird das Spiel neugestartet. Der Spielende muss in dieser begrenzten Zeit den NPC mit der Aufschrift ,Truth‘ finden, um durch das Gespräch die Zeit anzuhalten und vom NPC aufgefordert zu werden, eine ehrliche Aussage über sich selbst zu treffen. Die Auswahlmöglichkeiten sind die folgenden:

1. I am bursting with creative energy.

2. I can’t keep making these.

3. My work is always fun.21

Bei der Wahl der positiven Antworten (1 und 3) tritt die Zeitstarre außer Kraft und die Tür prallt wieder auf das Raumschiff. Sie werden also vom Spiel selbst als unzulässig und falsch markiert. Als wahr akzeptiert wird nur die zweite Antwort: „I can’t keep making these [games]“. Coda definiert sich so nicht nur als künstlerisch resignierendes Subjekt, sondern ebenfalls als ein von seinem eigenen Werk bedrohtes, denn die auf das Raumschiff zu prallen drohende Tür ist dem immer wieder auftretenden Türpuzzle entnommen und bildet durch ihre hohe Rekurrenz ein Symbol für sein gesamtes Schaffen. Im Kontrast dazu sind die darauffolgenden Wahlmöglichkeiten alle wählbar, ohne dass die Zeit wieder ins Laufen gerät, eben weil sie alle die Schaffenskrise weiter explizieren und somit alle als wahr gelten:

1. I dont feel it anymore.

2. I’m out of ideas.

3. It’s draining me.

[…]

1. I’m alone.

2. I’m stuck on it.

3. I have to work harder.22

Bei jeder getroffenen Aussage ermutigt der NPC die Spielinstanz weiter, ehrlich zu sich zu sein und die Gründe seiner Schaffenskrise festzustellen. Auf die Antwort „I have to work harder“ erwidert der NPC solidarisch „We’re going to be okay.“23 Es ist nicht die letzte Stelle, an der Codas Spielfiguren Anteil an seinen eigenen Problemen nehmen werden.

Das vier- und fünfzehnte Kapitel (Island und Machine) beenden das Thema der künstlerischen Selbstreflexion mit einer Reihe dramatischer Sequenzen. In Island führt eine freundlich gesinnte Textinstanz/Stimme den Spielenden durch eine Reihe von Inseln. Die Aussagen des Anfangs von Island ähneln den Schlussaussagen von Mobius (s. letztes Zitat) und wiederholen die Gefühle der Ausweglosigkeit:

1. I'm completely out of ideas.

2. When I try to create I feel empty.

3. I have nothing left to give to my work.24

Im weiteren Verlauf von Island lässt sich die Spielinstanz mit der Stimme zu einem Handel ein, der darin besteht, das Türpuzzle zu lösen, um im Gegenzug zur defekten Maschine geführt zu werden. Stattdessen erreicht man einen Raum mit Wänden, an denen Textfragmente aus vorherigen Kapiteln geschrieben stehen.25 Auf das Drängen der Stimme hin formuliert das Ich, um den Selbstbetrug wissend, optimistische Aussagen über das Erschaffen von Spielen, wodurch die Wände niedergerissen werden. Nachdem man die letzte Textwand mit einer der Aussagen „1.: There is no shame, no fear, no guilt. 2.: I will be saved by my work. 3.: I believe this, unquestioningly. I am a vessel for certainty“26 niederreißt, enthüllt sich das bereits bekannte Gefängnis aus Kapitel 9 mit einer hinter den Gittern weinenden Frau.

Abbildung 3: Trauernde Frau/Codas Selbstbildnis aus Kapitel 9 ‚Island‘ (Screenshot aus The Beginner’s Guide (2015))

Es ist möglich, in der trauernden Frau die einzige vollständig menschlich dargestellte Figur im gesamten Spiel, Codas Selbstbildnis zu sehen, da die Spielinstanz in der just darauffolgenden Eröffnungspassage von The Machine mit „Ma'am“27 angesprochen wird.28 Da die Erzählfigur Coda jedoch männlich adressiert, muss Codas eigentliches Geschlecht offen bleiben.

Im fünfzehnten Kapitel The Machine trifft das Ich auf die Maschine, die überraschenderweise ebenfalls den Namen Coda trägt und als verdinglichte Erscheinung seiner defekten Autorschaft gelesen werden kann. Es trägt die rekurrierende Signatur Codas, drei zu einem Dreieck angeordnete Punkte mit einer nach oben gerichteten Hypotenuse, als Anordnung seiner Kurbeln. Als Symbol fordistischer Arbeit verkörpert der Motor die haltlose, automatisierte Arbeit einer Massen- und Konsumgesellschaft. Dieser Motor ist nun zum Erliegen gekommen.

Abbildung 4: Verhör der Maschine aus Kapitel 15 'Machine' (Screenshot aus The Beginner’s Guide (2015))

Die stumme und handlungsunfähige Entität wird von der Spielinstanz zum Verhör gestellt.

1. You stopped.

 

1. You stopped feeding us.

2. Your work was keeping us alive.

3. Your work was keeping us healthy.

Die Werke werden als lebensstiftende Ressourcen beschrieben, indem sie mit Futter (1) oder Lebensmitteln in weitestem Sinn (2/3) korreliert werden. Des Weiteren heißt es:

1. Those people out there, can you imagine what pain you've put them through?

2. It was only because of your creations that any of us could make it through, every day.

3. How could we possibly go back to trusting you to do this job?

 

1. So here's what needs to happen: you need to go out and apologize to them.

2. You have to admit to the people that you allowed them to suffer.

3. I've been so alone. [→ 1.: Apologize for leaving me.]

Als defekte Maschine kann Codas Autorschaft ihren Zweck nicht mehr erfüllen, neue Spiele zu produzieren. Die Spielinstanz versteht sich deshalb als Vertreter eines öffentlichen (Hunger-)Leidens, das von dem Ausbleiben neuer Produktionen herrührt. Wo in früheren Leveln noch eine selbstbezügliche Intimität herrschte, höhlt die Schaffenskrise Codas Gefühlsleben nun mit Einsamkeit aus („I’ve been so alone“). Die Forderung, sich bei der Öffentlichkeit zu entschuldigen, kann die wortlose Maschine natürlich nicht nachkommen, sodass der anklagende Ton der Spielinstanz ins Drohende kippt:

1. No? Nothing?

2. Think carefully, I know how to hurt you.

3. I have seen the thing you fear.

 

1. Alright then, I will apologize to the people on your behalf.29

In der folgenden Sequenz gerät das Ich analog zum Helden aus dem italienischen Filmklassiker 8 ½ (Federico Fellini, 1963) in die Situation, sich bei einer Pressekonferenz wegen seiner kreativen Blockade rechtfertigen zu müssen. Fellinis Protagonist Guido Anselmi scheitert, vor der aufgeregten Presse zu fliehen und begeht daraufhin mit einem Kopfschuss Suizid. Codas Spielinstanz handelt ähnlich. Die Presse besteht ausnahmslos aus regungslosen NPCs, sodass keine Gefahr von ihnen ausgeht. Da sich die Spielinstanz jedoch zum Vertreter dieser empörten Menge ausgibt, stellt sie in dieser merkwürdigen Selbstkonfrontation gleichzeitig Ankläger und Angeklagten dar. Die Sequenz mündet damit konsequent in der Destruktion der eigenen Spiele, indem die Spielinstanz auf die Kulissen ihrer vorigen Spiele schießt. Das Auslösen des Gewehrs ruft weiße Flächen hervor, als würden die grafischen Oberflächen ausgelöscht werden.30 Nur die Maschine selbst beweist sich letztlich als nicht vernichtbar: Innerhalb des Dunkelraums des Türrätsels bekommt der Spielende die Möglichkeit auf sie zu schießen, doch prallen an ihr die Kugeln wirkungslos ab.31

Charakteristika der Gefangenschaft

The Beginner’s Guide liegt ein Widerspruch zu Grunde, welcher aus der Gattung des Künstlerromans bekannt ist – sobald ein Autor seine Schaffenskrise selbst zum Ausgangspunkt seines Schreibens nimmt, liegt in dieser Stoffwahl zumindest der Anfang ihrer Überwindung. Wenn jedoch die Schaffenskrise als Motiv eingesetzt wird, so ist sie narrativen Gesetzen untergeordnet und kann keine autobiografische Modalität beanspruchen. Es gibt daher keinen zwangsläufigen Anlass, den destruktiven Schluss als authentische Repräsentation von Codas Innenleben zu verstehen. Getrennt werden sollte deshalb die textuelle Repräsentation Codas von seiner (vorenthaltenen) Biografie32. Doch auch bei der textuellen Gestalt Codas gäbe es der Leidenssemantik noch viel hinzuzufügen. Es wird Thema dieses Kapitels sein, wie das Motiv des Gefangenseins durch verschiedene kleinere Stimmen relativiert wird, die vielerorts im Spiel verstreut sind, was uns zur zugrundeliegenden Poetik von Codas Spielen führen wird.

Die beiden Zerstörungssequenzen am Ende von Island und Machine haben gemeinsam, dass ihnen ein Motiv des Blockiertseins vorausgeht. Während die Maschine die kreative Blockade des Autors symbolisiert, ist auch die körperlose Stimme aus Island durch das Türpuzzle blockiert, dessen Lösung sie nicht weiß. Schließlich korreliert diese Stimme ebenfalls ihre Freiheitssuche mit künstlerischer Produktion, denn erst mit der vom Spieler zu tätigenden Möglichkeit „I will be saved by my work“ (s.o.) wird sie endgültig befreit. Die Produktion künstlerischer Werke stellt also in diesen beiden Fällen eine Erlösungshoffnung dar – doch wie werden Freiheit und Gefangenschaft in Codas anderen Spielen semantisiert? Tastet man die sonstigen Nennungen dieser zentralen Opposition (‚Freiheit vs. Gefangenschaft‘) ab, differenziert sich diese semantische Relation.

Zurück zu Codas weiblichem Selbstbildnis. Es sitzt nicht zufällig in jenem Gefängnis, welches in Kapitel 9 mit dem sprechenden Namen Escape bereits entworfen und in zahlreichen Fassungen hartnäckig ausprobiert wurde:33

[Erzähler:] Here's a version where there are no bars but you can't actually get to the well. And then a version where the inside of the prison is the outside and the outside is the inside. Let me just blink you real quick through a few more of these, I mean he really unloaded on this prison idea, there's nearly a dozen of them.34

Die vielen Inversionen der immer gleichen Gefängnisbestandteile legen nahe, dass das Gefängnis kein so bedeutungsschweres Zeichen ist, wie es das Ende von Island nahelegt. Wenn das Gefängnis in seinen Manifestierungen variabel ist und als reines Material für die vielen absurden Fassungen aus Escape herhalten kann, so demonstriert Coda eine gewisse Souveränität über dieses Motiv.

Die Stimme aus Island ist indes auch nicht die einzige Figur, für die es unabdingbar ist, die Lösung des Türpuzzles zu wissen. So wird die Spielinstanz in Kapitel 7, Down, von zwei verschiedenen inhaftierten Dreier-NPC-Gruppen interviewt. Die erste beteuert, die Lösung zum Puzzle um jeden Preis zu benötigen. Unabhängig der Auswahl zeigen die NPCs sich verbittert. Hier tritt das aus Island bekannte Syntagma erneut auf: Der Wunsch, das Puzzle zu lösen, korreliert mit dem Wunsch nach einem Ende und dem Erreichen der Freiheit.

Abbildung 5: Verhör der ersten NPC-Gruppe aus Kapitel 7 Down35(Screenshot aus The Beginner’s Guide (2015))

An keiner Stelle wird dem Spielenden die Möglichkeit gegeben, die Lösung wirklich preis zu geben, weswegen die anderen Dialogenden ähnlich verlaufen. Höchst vielsagend ist dagegen die zweite NPC-Gruppe, da sie in ausgesprochener Opposition zur ersten steht. Sie ist der Meinung, dass man das Türpuzzle nicht lösen müsse und es viel interessanter sei, sich im dunklen Bereich zwischen den beiden Türen aufzuhalten. Im Unterschied vorrangegangenen Sequenz kann der Spieler ihr die Lösung des Türpuzzles verraten, doch stößt die Antwort auf wenig Interesse:

No no! We actually find the black space between the doors to be far more interesting. Have you seen it yet? […] I suggest you go and see the puzzle some time. It's not meant to be solved, but you can sit in the black space in the middle.36

Auf die Frage, warum man sich im Dunkeln aufhalten solle, erhält man lediglich die kryptische Antwort: „There is a reason, but it may take time before you understand. Which is fine. You'll see it again soon.“37 Der damit formulierte Lektürehinweis verlangt danach, das Zeichen des Gefängnisses als ein mindestens zweideutiges zu lesen. Indem das Gefängnis also durch diese zweite NPC-Gruppe relativiert wird, wird auch ein neues Licht auf die Leidenssemantik und die daran gekoppelten Extrememotionen der späteren Kapitel geworfen. Das Puzzle gilt in dieser zweiten Deutung als interessanter Kontemplationsraum, der in keiner Weise Konnotationen einer existentiellen Unsicherheit mit sich trägt.

Es gibt außerdem eine andere Sequenz, in der die verschiedenen Positionen vereint, wenn nicht gar versöhnt werden. Denn nachdem in Kapitel 9, Escape, die verschiedenen Gefängnis-Modelle simuliert werden, verlässt die Spielinstanz das letzte Gefängnis, um zu einer Telefonzelle zu kommen. Dort bekommt sie die Möglichkeit mit seinem früheren Ich zu sprechen, welches sich noch in Gefangenschaft befindet.

Abbildung 6: Selbsttelefonat aus Kapitel 9 ‚Escape‘. (Screenshot aus The Beginner’s Guide (2015))

Das frühere Ich gibt in der Folge sein Leiden am Gefängnisaufenthalt preis („But this is the worse [sic!], most desperate thing I've ever been through!“38) und spricht ebenfalls im Jargon der sich nach Freiheit sehnenden Stimme aus Island und der ersten NPC-Gruppe aus Down:

[früheres Ich:] Excited? It's [the promise of freedom] the only thing that matters to me! It's the only thing keeping me going! 'Excited' doesn't really do it justice.39

Die Spielinstanz hingegen, das bereits befreite Ich, spricht von einer (künftigen) Ernüchterung:

 

[Spielinstanz:] 1. Haha, I promise it's not as bad right now as you think it is.

2. You don't ever forget it, you just stop identifying with it.

3. Anything can seem infinite when you're drenched in it.40

Besonders sinnfällig ist die zweite Antwortoption, weil Codas Überidentifikation mit seinen Werken ein deutliches Leitmotiv seiner Spiele ist. Der Autorfigur schwebt in diesem Moment vor, dass die Distanzierung von seinem Werk einen Ausgang aus seiner Problemlage verspricht. Am Ende des Gesprächs macht die Spielinstanz ganz direkte Vorschläge, dem Gefängnis zu entkommen:

 

[Spielinstanz:] 1. To get out, all you have to do is be sincere.

2. To get out, you need to tell me how you feel right now.

3. To get out, just talk with me for a bit.41

Diese besteht nicht darin, eine emphatischen Freiheitsidee zu verfolgen, sondern (1) in einem aufrichtigen Selbstverhältnis bzw. (2 und 3) in einem offenen und persönlichen Gespräch mit seinem zukünftigen Selbst. Es scheint, dass es dieser ehrlichen Selbstbegegnung obliegt, dem Gefangensein zu entrinnen. Ein mögliches Ende des Gesprächs lautet folglich:

 [Früheres Ich:] Okay...I can talk.

Let's just talk for a bit.

Will you be here?

 

[Spielinstanz]:

1. I will be here for as long as you need.42

 

In dieser Gleichzeitigkeit, in der es gelingt, dass früheres und späteres Ich miteinander kommunizieren, enthüllt sich somit ein zeitloses Versprechen, immer für ein ehrliches Gespräch verfügbar zu sein. Das frühere Ich wird als das noch leidende, das spätere als das nicht mehr leidende Selbst semantisiert. Doch belegt der weitere Verlauf von Codas Schaffen, dass diese beiden Stimmen keine zeitlichen Zustände bezeichnen, sondern sie in Äquivalenz zu anderen Figuren und Stimmen des Spiels stehen und somit allgemeine Prinzipien von Codas Subjektivierung verkörpern. Das Selbstgespräch kann für Codas Spiele darüber hinaus als poetisches Verfahren abstrahiert werden. Ob im Selbsttelefonat, im Verhör der Maschine oder im Gespräch mit unterschiedlichen NPCs, inszenieren Codas Spiele verschiedene Realisierungen von Selbstkonfrontationen. Die unterschiedlichen Manifestierungen derselben Prinzipien werden aus dieser Perspektive zu einem Träger des Selbst, in deren Konfrontation das Subjekt ‚Coda‘ konstruiert wird. Über die Wahl des Mediums lässt sich nun sagen, dass es diese performative Dimension des digitalen Spiels ist, die es ermöglicht Codas Selbstkonfrontationen zu inszenieren. Der Spielende nimmt den Platz der virtuellen Spielinstanz ein und begegnet den einzelnen manifest gewordenen Facetten des Subjekts, indem er sie im eigenen Durchspielen simuliert. Das Subjekt wird so zu einer erfahrbaren Größe, ob vom Subjekt selbst oder im Nachvollzug eines anderen. Die Subjektivierung vollzieht sich in der Konfrontation seiner verschiedenen Prinzipien: Zwischen dem privaten, selbstbezüglichen Programmieren (Stairs; Puzzle), der freiheitstrunkenen Suche nach einem Ausgang aus der Gefangenschaft (Island; Machine), der Relativierung der Leidenssemantik (Escape; Down) und dem vertraulichen Gespräch (Telefonatsszene aus Down) ereignet sich die flottierende Semiose der Identität.43 In der Figur der ‚Selbst-Konfrontation‘ besteht die zugrundeliegende Poetik dieser Spiele.

Der zweite Autor: Die Erzählfigur

Die Herausgeberfiktion und ihre philologischen Implikationen

Dass Coda im Erzähler einen völlig unzureichenden Interpreten seiner Spiele findet, ist nicht nur dem hohen Reflexionsniveau seiner Spiele geschuldet. Der Erzähler scheint zunächst ein Deutungsprogramm zu verfolgen, das voll und ganz die Person Coda fokussiert:

What was going through his head as he was building this? This is what I like about Coda's games. I mean – not that they are all fascinating as games but that they all are going to give us access to their creator. I want us to see past the games themselves. I want to get to know who this human being really is. And that is exactly what we're going to do here.44

Der hiermit beschriebene Ansatz, von den Werken zur Autorperson dringen zu können, hat auch die ältere Literaturwissenschaft unter dem Stichwort der autorintentionalen Interpretation für viele Jahre bestimmt. Ebenfalls in der Beschreibung enthalten ist sein großes Manko, denn die autorintentionale Interpretation versteht das Werk weniger aus einem kulturellen Zusammenhang heraus, sondern als eine manifeste Äußerung seines Schöpfers. Der Erzähler ist hingegen kein Philologe, der einer wie auch immer gearteten Vorstellung von Wissenschaft Rechnung tragen muss, sondern rückt mit dem klaren Ziel ins Feld, Coda, seinem selbsternannten Freund, wieder zum Spieleentwickeln zu bewegen und ihm seine gebührende Anerkennung als Autor zu verleihen. Für den Spielenden, der Coda nur durch die vermittelte Überlieferung des Erzählers kennen lernen kann, ist deshalb jede Information des Erzähltextes höchst unzuverlässig.45 Der Erzähler unterscheidet nicht zwischen Textautor und Autorperson, weswegen er etwa in der Finalsequenz ganz direkt Codas Innenleben zu erblicken glaubt. Er rechtfertigt so die Fremdpublikation mit den folgenden Worten:

So now the work is becoming self-destructive. And I'll tell you, at the time when I first played this game, shortly after he made it, here's what I'm thinking to myself: Coda is stuck in his own head and that it's having a very negative effect on him and all he needs to do is just start showing his work to people to get some actual feedback on his games. It might get him out of isolation. And so, as I'm thinking this, I realized that I could be the one to initiate it. Because it would never occur to Coda to actually start listening to feedback. So, what if I did it for him? If he could feel the difference it could make to have more actual conversations with human beings would that bring him out of his mental spiral? Would it give it confidence in himself, bring meaning back into his work?46

Der Erzähler nimmt die Leidenssemantik des Endes in einer solchen Weise ernst, dass er sie auf die psychische Verfassung seines Freundes überträgt. Durch die im Spiel angelegte Kuration des Erzählers, stellt er nicht nur Codas Werk als ,Œuvre‘ dar, sondern verfolgt sein eigenes Ziel, Codas Leidensgeschichte zu erzählen. Die Literaturgeschichte kennt im Beispiel Franz Kafkas einen ähnlichen Autor voller Schaffenskrisen. Bedeutende Teile von Kafkas Werk wurden gegen dessen Willen vom befreundeten Verleger Max Brod posthum herausgegeben. Der zentrale Unterschied zwischen Kafka und dem fiktiven Coda liegt jedoch darin, dass der Prager Schriftsteller bereits zu Lebzeiten als Autor gegolten hat. The Beginner’s Guide hingegen spielt die widerwillige, öffentliche Entdeckung und Schaffung des Autors Coda durch und problematisiert dabei gleichzeitig, dass Herausgeberschaften zwangsläufig Mitautorschaften bedeuten. Jede Gesamtausgabe verfolgt zwangsläufig eine wie auch immer geartete Werkstrategie, kein Herausgeber ist ohne Einfluss auf das Werk.47 Und so wie Brod Kafka maßgeblich zu seinem posthumen Mythos verholfen hat, so ist es im entschiedenen Sinn des Erzählers, Codas Werk als Leidensgeschichte zu narrativieren und damit solche Künstlermythen zu reproduzieren. Noch schwerer wiegt jedoch, dass der Erzähler durch seine unzulässigen Interpretationen maßgeblich an der Subjektivierung Codas Teil hat. Das Werk, das als Medium privater Selbstbegegnung konzipiert worden war, ist nun gegenüber fremden Zugriffen geöffnet, inklusive des folgenden Missbrauchs der Erzählfigur.

Der Kampf um die Deutungshoheit

Erst durch sein letztes Level wehrt sich Coda gegen die Invasion in sein Werk. Es trägt den Namen The Tower und schafft durch seine düstere Stimmung und seine unmöglich zu lösenden Aufgaben kafkaeske Atmosphären. Der Erzähler muss gleich mehrmals in den Spielcode eingreifen, um den Turm durchschreitbar zu machen und den Spieler in das oberste Stockwerk des Turms zu leiten, wo der große Plottwist des Spiels auf ihn wartet.

Oben angekommen, richtet Coda sich in Form von Textstücken – bezeichnenderweise an den Wänden einer Galerie angebracht – mit aller Härte gegen seinen Eindringling. In den Hallen der hohen Kunst inszeniert er sich durch sprachliche Zeichen, die ihn als Sprecher in Abwesenheit verweilen lassen. Es verleiht dem Ausmaß seiner persönlichen Kränkung seinen adäquaten Ausdruck („When I am around you, I feel physically ill“48). Coda berichtet, dass Davey nicht erst zum Zeitpunkt der Fremdpublikation in seine Privatsphäre gedrungen ist, sondern die Spiele schon in ihrem Entstehen beeinflusst hat:

Abbildung 7: aus Kapitel 16 'Tower'49(Screenshot aus The Beginner’s Guide (2015))

Abbildung 8: aus Kapitel 16 'Tower'50(Screenshot aus The Beginner’s Guide (2015))

Coda markiert in den Textbotschaften seinen ästhetischen Standpunkt. Bedeutungsträchtige Lösungen bzw. eindeutige Deutungen seien für ihn ästhetisch irrelevant und seien nur durch den Einfluss des Erzählers in seine Spiele gekommen. Als Sinnbild dessen können die Laternen gelten, die der Erzähler als Ankunftsorte in die Kapitel gesetzt hat. Seine Erklärung der Laternen in Kapitel 8, Down, weist verglichen mit Coda auf denkbar konträre ästhetische Vorstellungen hin:

He wants a destination. Which is what this lamp-post is – it's a destination. We're gonna see it in his works as well, his games are going to become a lot more cohesive, a lot more fully developed, with more of a clear idea behind them51

Die Fixierung Erzählers auf die Zielgerichtetheit von Narrativen erinnert an eine traditionell-aristotelische Vorstellung von Handlungen mit klarem Aufbau und wahrheitshaltigem Schluss. Dem Erzähler geht es durchaus darum, diese Wahrheit als Botschaft zu verstehen und auf Coda als Autorperson rückzubinden. Den kommunikativen Austausch zwischen Autor und Rezipient stellt er sich typisch hermeneutisch in der Figur des Gesprächs vor. Im Angesicht einer unmöglich zu öffnenden Tür in Tower imaginiert er deshalb die folgende Aussage Codas:

The switch to open this door is actually on the other side of the door […] And it's scary for me, the idea of Coda cutting himself off entirely, just saying:,that's it, and that's the end of this conversation.52

Und auch über das zehnte Kapitel, House, sagt er im selben Gestus:

[…] but that game had an idea that it was actually trying to communicate.53

House steht beispielhaft für die ästhetische Disparität der beiden Autoren. Es wird vom Erzähler als größere Variation des Türpuzzles gelesen, als Raum „with two doors on either side and a dark transitional space between.“54 Darin muss der Spieler einem NPC beim Aufräumen in einer Hütte helfen, indem er von Zimmer zu Zimmer geht und die einzelnen unordentlichen Objekte anwählt. Die Anweisungen des NPCs kommen jedoch nie zu einem Ende und die Hütte fällt ebenfalls wieder in den unaufgeräumten Zustand zurück. Diese auf Wiederholung angelegten Spielhandlungen werden von einer beruhigenden, repetitiven Musik begleitet und scheinen als perpetuum mobile zeitlich offen spielbar zu sein. Auch der NPC öffnet sich während des Gesprächs mehr und mehr, erzählt von der seelisch reinigenden Tätigkeit des Aufräumens und Saubermachens – nur als er die persönlichste Frage, „Do you enjoy this?“55 stellt, schwinden er und alle vorher interagierbaren Elemente und der Spieler muss sich wieder zur Laterne begeben. Später stellt sich heraus, dass auch dieses abrupte Ende eine Modifikation des Erzählers gewesen ist. Der Erzähler bringt es also künstlich zu Ende, obwohl er vorher in der Geborgenheit der Hütte konstatiert hatte56:

After the intense set of prison games, this housecleaning level almost feels like cleansing. It's the moment after a particularly difficult or traumatic experience where you just need to let it sit and digest inside of you, and eventually cohere into something meaningful. […] I'm glad he [Coda] made this. I'm glad he made some peace.57

Innerhalb von Codas Leidensgeschichte weist der Erzähler diesem Kapitel den Sinn eines temporären Friedens zu. Das metaphorische Säubern der Hütte stehe für Codas Reinigung der Seele, sodass die fingierte Bedeutung des Spiels („cohere into something meaningful“) die Besserung von Codas realer Lebenslage darstellt. Doch obwohl das eigentlich nichtendende Level mit dieser These durchaus erklärt werden könnte, forciert der Erzähler einen negativen Schluss. Der Spieler muss die Hütte verlassen, eine Schneelandschaft überqueren und sich durch eine Stahlwand begeben, auf dessen Rückseite sich lediglich eine Laterne auf einem Wiesenstück befindet, woraufhin der Erzähler sein eigenes Zutun interpretiert:

Again, you can't stay in the dark space for too long. You just can't, it's how you stay alive. Which is the whole point of the puzzle doors, right? That sooner or later you have to pick up and move. I really thought that was the point of it.58

Und während sich die gewiss eigenwillige Deutung der Hütte als ,dark space‘ durch den Erzähler nicht unmittelbar plausibilisiert, verdeutlicht sich in diesem Zitat die Projektion seiner Idee einer Gefangenschaft, der unbedingt entronnen werden muss, womit auch er sich jenen freiheitsmanischen Stimmen angleicht, die im letzten Kapitel als Teil von Codas Subjektivierung begriffen wurden. Den vehementen Versuch, die Deutungshoheit über Codas Spiele zu erlangen, begründet der Erzähler wie folgt:

I think I never told you this, but when I took your work and was showing it to people – it actually – it felt as though I was responsible for something important and valuable. And the people who played them – they treated me like I was important. They really listened and cared what I had to say. Even though I showed your work I felt good about myself. Finally for a moment, while I had that, I liked myself.59

Der Erzähler stellt sich als geltungssüchtiges Individuum heraus, das in seiner eigenen Schaffenskrise nach der Stanley Parable Codas Spiele herausgibt, um als Mitautor von dem erhofften Ruhm zu profitieren und wieder ein stabiles Selbstverhältnis aufzubauen. Diese Fokussierung eines Zwecks spiegelt sich durchaus in seinen ästhetischen Verständnissen wieder, auf das Ende und die Bedeutung von Spielen gerichtet zu sein. Was sich bereits als Antinomie in Codas eigenen Spielen abgebildet hat, stellt sich also in dieser Endsequenz als Opposition zwischen Coda und der Erzählfigur heraus. Während für Coda Spiele entwickeln eine private und selbstgenügsame Tätigkeit ohne extrinsische Zwecke darstellt, ist es für den Erzähler öffentlich, zweckmäßig und mit der eigenen Befreiung verbunden.

Es lässt sich somit formulieren, dass die Fortschreibung des Erzählers die textuelle Subjektivierung Codas in einer solchen Weise beschädigt, dass der Fremddiskurs durch das Tower-Kapitel negiert werden muss. Coda wehrt deshalb die Interpretationsangebote des Erzählers entschieden ab, indem er eine gesunde Indifferenz gegenüber Kreativitätslosigkeit attesiert („Struggling to come up with new ideas is not making me depressed, low points are just a part of the process“60) und schließlich sogar das pathologische Urteil gegen den Erzähler selbst kehrt: „The fact that you think I am frustrated or broken says more about you than me.“61

Da der Erzähler seine Interpretationen zu Zwecken seiner eigenen Subjektivierung benötigt und sie nun falsifiziert sieht, fühlt er in seiner Abschlussrede in Tower, sein Selbst schwinden.

If I apologize truly and deeply, will you start making games again? Please, I need to feel okay with myself again and I always felt okay as long as I had your work to see myself in. […] Please start making games again, please help me, please give me some of whatever it is that makes you complete, I want whatever that wholeness that you just summoned out of nothing and put into your work, you were complete in some way that I never was. […] Please! I'm fading.62

Die Position des Spielers ist in dieser Konstellation raffiniert zweideutig situiert. Einerseits ist er für den Erzähler ein Element zur Erfüllung seines egozentrischen Vorhabens. Das heißt er macht sich an dessen Vergehen mitschuldig, weil er das Spiel nicht anders durchlaufen kann als durch Daveys Erzählung. Weil der Spielende jedoch als Spielinstanz außerdem auf der primären Motivebene die herausgestellte Subjektivierung Codas miterlebt, fluktuiert er zwischen den beiden gegensätzlichen Figuren und ihren vermittelten Wissensständen. Das erschwert die Rezeption des Spiels erheblich, da der Spielende disjunkte und diskrepante Informationen verarbeiten muss. Mit anderen Worten verdeckt die Narration der Erzählfigur die in Codas Spielen angeleckte tiefere Selbstreflexion und damit seine Subjektivierung. Man könnte hier von einer doppelten Fokalisierung sprechen, die sich in die Diskrepanz Spielinstanz/Erzählfigur aufteilt. Nach dem Ende von Tower folgt der Epilog. Nach einer umfangreichen Wanderung durch eine verschüttete Galerie und unterirdische Sandwüsten wird die Spielinstanz in die Atmosphäre gehoben, während es unter sich ein unendlich scheinendes Labyrinth betrachten kann.

Abbildung 9: aus Epilog63(Screenshot aus The Beginner’s Guide (2015))

Im Kontext der ästhetischen Auseinandersetzung der beiden Figuren verkörpert das Universum, genauso wie das Labyrinth, Ziel- und Zwecklosigkeit, also jene ludische Vorstellung, die beträchtlich von denen des Erzählers divergiert und stellvertretend für Codas Ästhetik gelten kann. Es ist weiterhin kein Zufall, dass just die Kombination dieser zwei Elemente die Autorperson Davey Wreden als Titelbilder seiner Twitter-Seite (s. Abb. 9) benutzt.64 Das nächste Kapitel soll deshalb diese beziehungsreiche Konstellation zwischen Wreden, seinem Erzähler und Coda innerhalb von The Beginner’s Guide in den Blick nehmen.

Abbildung 10: Davey Wredens Twitterprofil65.

 

Das autofiktionale Projekt Davey Wredens

The Beginner’s Guide beginnt mit der folgenden Aussage:

My name is Davey Wreden, I wrote The Stanley Parable, and while that game tells a pretty absurd story, today I'm going to tell you about a series of events that happened between 2008 and 2011. We're going to look at the games made by a friend of mine named Coda. Now these games mean a lot to me. I met Coda in early 2009 at a time when I was really struggling with some personal stuff, and his work pointed me in a very powerful direction, I found it to be a good reference point for the kinds of creative works that I wanted to make.

Der Großteil der Spielerschaft wird sofort einige der Aussagen als alltagswirkliche Tatsachen erkennen. Es stimmt, dass Davey Wreden der Autor der Stanley Parable ist; wer darüber hinaus eines seiner zahlreichen Interviews nach der Veröffentlichung gehört hat, wird wissen, dass es sich bei der Sprecherstimme nicht nur um die reale Stimme des Autors handelt, sondern auch, dass Wreden sich nach dem Erfolg der Stanley Parable wirklich zu einer Reihe persönlicher Probleme bekannte.

Dieses Stilmittel der Autofiktion, die Miteinbeziehung des Autors in seinen eigenen Text, verwirrt die fiktionalen Modi miteinander: die Vermengung dieser tatsächlich überprüfbaren Aussagen der Autorperson mit den nicht-überprüfbaren Aussagen (die Existenz Codas) im offenkundig fiktionalen Medium, macht es schwierig festzustellen, welche Bedeutungsebene des Spiels dem Subjekt ‚Davey Wreden‘ zuzurechnen sind, und von welchem Punkt er nicht mehr autobiografisch, sondern fiktional von sich spricht. Um sich dieser Schwierigkeit zu stellen, gilt es, die Alltagswirklichkeit des Autors durch autopoietisch-individuelle Epitexte (Kreknins erster Diskursbereich) ersichtlich zu machen, denn „[e]rst das Leben des Autors bzw. seine zusammenhängende Darstellung lassen den Zusammenhang des Werkes sichtbar werden.“66 In diesem Fall bildet der einschlägigste aller Epitexte zu The Beginner’s Guide der autobiografische Blogpost von Wreden namens Game of the Year67. Dieser Erlebnisbericht des Autors ist zwar perspektiviert, doch ermöglicht er, die Betrachtung auf das alltagswirkliche Subjekt ‚Davey Wreden‘ zu lenken. Kurz nach dem Erfolg der Stanley Parable, die von zahlreichen Game of the Year-Awards berücksichtigt wurde, schreibt der junge, frisch gebackene Autor von den Auswirkungen des schlagartigen Ruhms.

Abbildung 11: Auszug aus ,Game of the Year'68

Es ist typisch für die Welt der Indie-Spiele, dass die Kontaktdaten ihrer Macher nach wenig Mausklicken einsehbar sind. Und weil auch Wreden auf einen professionellen Vertrieb verzichtet, der die Kontaktanfragen auffängt und für ihn bearbeitet, erreichen ihn nach der Veröffentlichung unzählige Reaktionen und Anfragen persönlich. Er spürt dabei am eigenen Leib, was es heißt, der Öffentlichkeit des Internets ausgesetzt zu sein und unzähliges positives wie negatives Feedback zu erhalten. In ausgesprochen schwerer Weise trifft den jungen Autor ein Gefühl der Enteignung seines Erstlingswerks, welches er durch das massenhafte Feedback verspürt.

Abbildung 12: Zweiter Auszug aus ,Game of the Year‘.

Wreden beschreibt nicht nur, wie er die Ausgangsidee seines Spieles gänzlich vergessen hat, sondern auch, wie aus seinen Antworten Routine wird und sie ihre Bedeutung für ihn verlieren. Das Sprechen der Anderen drängt sich ihm so sehr auf, dass er nun auch die Freude an seinem eigenen Spiel verliert: „Everytime I turned to someone else’s opinion of the game, I felt less sure of my opinion of it. I began to forget why I liked the game. I was losing the thing I had created.“69 Durch die Werkenteignung, provoziert von den Fortschreibungen fremder Autoren, scheint auch die persönliche Geschichte und Bedeutung des Werkes nivelliert zu werden. Wreden bezieht sein Werk auf eine solch persönliche Weise auf seine eigene Subjektivierung, dass die Meinung der Anderen diesen privaten Bezug eklatant beschädigen.

Hin- und hergerissen zwischen Dankbarkeit für diese ungekannte Form von Aufmerksamkeit und der damit verbundenen Überforderung, auf alle Anfragen einzugehen, gibt Wreden den Kontakt mit der Öffentlichkeit für eine Weile auf und zieht sich zurück:

So basically I withdrew. I basically checked out oft he world, told people „I’m just gonna be myself for a while.“ I had never done that before. I spent a few months not really talking to anyone. It was lonely, but it was nice.70

An das Ende des Blogpost ist ein autobiografischer Comic angehängt, worin er von einer jüngst ausgebrochenen Depression berichtet. Seine suchtähnliche Abhängigkeit nach fremder Anerkennung kulminiert zur Zeit der Game of the Year-Awards.

Abbildung 13: Comic aus ,Game of the Year'71

Der Beginner’s Guide-Erzähler scheint in diesen Selbstaussagen unmittelbar durch: Den Willen, eine neue Lebensaufgabe nach dem ersten großen Erfolg zu finden, wie auch die pathologische Suche nach extrinsischer Bestätigung verkörpert der Erzähler gewiss in aller Deutlichkeit. Wreden bemerkt, dass der Ruhm sein Verhältnis zu seinen Spielen maßgeblich verändert hat. Aus der selbstbezüglichen Freude zu den eigenen Spielen ist eine extrinsische Suche nach Anerkennung geworden. Die Prinzipien Codas und der Erzählfigur sind somit bereits in diesem Blogpost angelegt, sodass The Beginner’s Guide als autofiktionales Projekt an Kontur gewinnt.

Man könnte es im Prinzip einer doppelten Mise-en-abyme-Struktur beschreiben: Wreden gibt in den Figuren des Erzählers und Codas denjenigen Konflikt wieder, den Coda exemplarisch in der Telefonatsszene problematisiert. Verkürzt formuliert sind es die zwei widerstrebenden Konzeptionen von Spielen als Befreiung und Spielen als Selbstbegegnung, die in der Extradiegese vom Erzähler als kommerziellen Entwickler gegenüber Coda als selbstgenügsamen Entwickler ausgespielt werden. Das autofiktive Verfahren lässt sich demnach auf die folgende Formel verdichten:

Wreden [Erzähler <-> Coda [Spiele als Befreiung <-> Spiele als Selbstbegegnung]]

In anderen Worten liegt das Konzept des Spiels also darin, Wredens Subjektivierung auf den fiktiven Charakter Coda zu projizieren und diesen Konflikt durch die Auseinandersetzung zwischen Coda und der Erzählfigur zu doppeln. Diese Selbstbilder sind jedoch keineswegs wertfrei konstruiert, denn im Blogpost pathologisiert er die semantische Sphäre des Erzählers. Indem der ruhmsüchtige Wreden sich als Alkoholsüchtigen zeichnet, wird das Charakteristikum der Suche nach Anerkennung und Erfolg zum temporären Krankheitsbild, infiziert durch die Fortschreibungen fremder Autoren.

Abbildung 14: Comic aus 'Game of the Year'

Gleichzeitig bedeutet das, dass Wreden sein gesundes Selbstbild durch die labile Figur Codas stilisiert (s. Twitter-Auftritt). Auch Coda oszilliert zwischen den Topoi des sich ausdrückenden Künstlers und einer reinen Selbstbezüglichkeit. Das eigene Selbst zwischen diesen beiden Polen auszuloten, ist das eigentliche Thema des Spiels.

Ausblick: Das Ich und das Computerspiel

Das Ergebnis ist dieses höchst persönliche Computerspiel, das in der Geschichte seines Mediums seinesgleichen sucht. Zwar gab es in der Gaming-Community schon immer berühmte Spielentwickler, die man aufgrund ihres profilierten Stils und Prestiges als Autoren anerkannt hat, doch ist es gewiss eine Neuerung des letzten Jahrzehnts, dass Computerspiele nun mehr und mehr als Medium autobiografischer bzw. autofiktionaler Geschichten genutzt werden. Die Kulturtechnik des Schreibens hatte diese Funktion seit Jahrhunderten inne, nun lassen die Autoren des digitalen Spiels erkennen, wie sie sich auf das digitale Spielmedium übertragen lässt. So erzählt etwa Nina Freeman in Cibele (2015) die intime Geschichte ihrer ersten Beziehung, die in einem Online-Spiel begonnen hat und in That Dragon, Cancer (2016) sind es die Eltern Amy und Ryan Green, die ein Spiel um den Tod ihres krebskranken Kleinkinds Joel Evan Green schufen, um nur zwei bekanntere Beispiele zu nennen. Doch auch von diesen Spielen hebt sich Beginner’s Guide ab, denn im Gegenteil zu diesen beiden Beispielen bemüht sich Wredens autofiktionales Projekt nicht darum, einen authentischen oder unmissverständlichen Einblick in das Leben des Autors zu geben. Wredens Spiel konstruiert eine weit darüberhinausgehende fiktionale Komplexität, deren Konsequenzen für den Spieler beachtlich sind. Computerspiele werden in Beginner’s Guide nicht nur einer Praxis der Interpretation unterzogen, die vehemente Korrumpierung des eigentlichen Spielbestands und die darauffolgende Gegenwehr Codas formuliert die implizite Forderung, das missratene Portrait Codas durch eine Relektüre richtigzustellen.

Wären Codas kleine, gewitzte Kapitel als einfache Spielsammlung ohne Kommentar und Narrativierung erschienen, so wären sie wohl wie viele andere künstlerisch ambitionierte Spiele in den Tiefen des Internets verschwunden. Doch indem Wreden sich als renommierter Game-Autor in Beginner’s Guide selbst zum Thema des Spiels erhebt, sich damit historisiert und sein Spiel dabei auch noch massenwirksam gestaltet, schafft er seinen intelligenten Spielideen eine überaus öffentliche Plattform. Man wird in der journalistischen Berichterstattung nicht mehr von The Stanley Parable schreiben können, ohne The Beginner’s Guide zu erwähnen, und immer Coda und die Erzählfigur dieses Spiels im Hinterkopf mit sich tragen, wenn Davey Wredens Name fällt. Robert Matthias Erdbeer hat jüngst The Beginner’s Guide als Parabel zweier widerstreitender Entwicklertypen gelesen.72 Coda verkörpert ihm zufolge durch sein unabhängiges und radikales Entwickeln von gameplay-entlasteten Spielen den Typus des kompromisslosen Artgame-Entwicklers, dessen reales Pendant Erdbeer im Notgame-Wortführer und Tale of Tales-Mitglied Michael Samyn findet. Überaus anschlussfähig ist diese Lesart für die autofiktionale Analyse, weil es auch den Notgames ein zentrales Anliegen ist, Aufrichtigkeit gegenüber dem Rezipienten zu erzeugen.73 Vielleicht liegt hierin also die historische Aufgabe des künstlerischen, digitalen Spiels: sinnhafte Modelle digitaler Subjektivierungen zu entwerfen – und das auch in Zeiten der Oppression allgegenwärtiger Mediendispositive.

 

Medienverzeichnis

Spiele

BioWare: Mass Effect (PS3). USA: seit 2007.

Everything Unlimited Ltd.: The Beginner’s Guide (Windows). USA: 2015.

Galactic Cafe: The Stanley Parable (Windows). USA: 2013.

Naughty Dog: Uncharted (PS3). USA: seit 2007.

Numinous Games: That Dragon, Cancer (Windows). USA: 2016.

Star Maid Games: Cibele, (Windows). USA: 2015.

Tale of Tales: The Path (Windows). BE: 2009.

Thatgamecompany: Flower (PS3). USA: Sony 2009.

The Chinese Room: Dear Esther (Windows). GB: The Chinese Room/Curve Digital 2012.

 

Texte

<http://thebeginnersguide.gamepedia.com/> [17.09.2017].

Barthes, Roland: Der Tod des Autors. In: Ders: Kritische Essays. 4. Das Rauschen der Sprache. 3. Aufl. Frankfurt a. M. Suhrkamp 2012, S. 57-63.

Erdbeer, Robert Matthias: On the Verge of the Game. Shared Narrative and Playability in Independent Gameplay. In: Spasova, Kamelia; Tenev, Darin; Kalinova, Maria: ПАРАЧОВЕШКОТО: грация и гравитация / The Parahuman: Grace and Gravity. Festschrift in Honor of Miglena Nikolchina. Sofia: Sofia University Press 2017. S.79-115.

Foucault, Michel: Technologien des Selbst. In: Defert, Daniel (Hg.): Ästhetik der Existenz. Schriften zur Lebenskunst. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2007, S. 287-318.

Foucault, Michel: Was ist ein Autor? In: Defert, Daniel (Hg.): Schriften zur Literatur. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1974, S. 7-31.

Froschauer, Adrian: „Sag mal erzählst du die Geschichte oder ich?“. Erzählerstimmen im Computerspiel: Erscheinungsformen und Funktionen (2017). In: PAIDIA – Zeitschrift für Computerspielforschung. <https://www.paidia.de/sag-mal-erzahlst-du-die-geschichte-oder-ich/> [12.07.2018].

Kreknin, Innokentij: Poetiken des Selbst. Identität, Autorschaft und Autofiktion am Beispiel von Rainald Goetz, Joachim Lottmann und Alban Nikolai Herbst. Studien zur deutschen Literatur. Bd. 206. Berlin/New York: De Gruyter 2014.

LeWitt, Sol: Paragraphs on Conceptual Art. In: Alberro, Alexander; Stimson, Blake (Hg.): Conceptual Art. A critical anthology. Massachusetts: MIT Press 1999, S. 12-17.

LeWitt, Sol: Sentences on Coneptual Art. In: Alberro, Alexander; Stimson, Blake (Hg.): Conceptual Art. A critical anthology. Massachusetts: MIT Press 1999, S. 106-107.

Midhani, Rory: The Beginner’s Guide Is Brilliant, Horrifying, Secretly Feminist. 2015. <https://www.autostraddle.com/the-beginners-guide-is-brilliant-horrifying-secretly-feminist-310119/> [17.09.2017].

Samyn, Michaël: Not a Manifesto. 2010. <http://notgames.org/blog/2010/03/19/not-a-manifesto/> [21.01.2017].

Spoerhase, Carlos: Was ist ein Werk? Über philologische Werkfunktion. In: Scientia Poetica. Jahrbuch für Geschichte der Literatur und der Wissenschaften. Jg. 11 (2007), S. 276-344.

Walker, John: Davey Wreden & William Pugh. Life after The Stanley Parable. 2014. < https://www.rockpapershotgun.com/2014/03/28/davey-wreden-william-pugh-the-stanley-parable-interview/> [9.12.2018].

Wagner-Egelhaaf, Martina: Einleitung: Was ist Auto(r)fiktion? In: Ders. (Hg.): Auto(r)fiktion. Literarische Verfahren der Selbstkonstruktion. Bielefeld: Aisthesis Verlag 2013, S. 7-21.

Wreden, Davey: Game of the Year. 2014. <http://www.galactic-cafe.com/2014/02/game-of-the-year/> [17.09.2017].

Wreden, Davey: Twitterprofil, <https://twitter.com/hellocakebread?lang=de> [17.09.2017].

 

Youtube-Videos

Errant Signal: Errant Signal – The Beginner’s Guide (Spoilers). 2016. <https://youtu.be/vAbh28j11RQ> [9.12.2018].

Khonziel: The Beginner’s Guide – Complete Walkthrough. 2016. <https://www.youtube.com/watch?v=qI00GA6tVKU&feature=youtu.be&t=2386> [18.11.2018].

Innuendo Studios: The Artist is Absent: Davey Wreden and The Beginner’s Guide. 2016. <https://youtu.be/4N6y6LEwsKc> [9.12.2018].

 

Artikelbild

Screenshot aus Davey Wreden: The Beginner’s Guide – Trailer. 2015. <https://www.youtube.com/watch?v=RBK5Jheu0To> [19.11.2018].

  1. Michaël Samyn: Not a Manifesto. 2010. <http://notgames.org/blog/2010/03/19/not-a-manifesto/>, aufgerufen am 21.01.2017.[]
  2. Zu einer ausführlicheren Analyse der Art- bzw. Notgames: Robert Matthias Erdbeer: On the Verge of the Game. Shared Narrative and Playability in Independent Gameplay. In: ПАРАЧОВЕШКОТО: грация и гравитация / The Parahuman: Grace and Gravity. Festschrift in Honor of Miglena Nikolchina. Hrsg. von Kamelia Spasova, Darin Tenev und Maria Kalinova. Sofia 2017, S. 79-115.[]
  3. Um Verwirrungen zu vermeiden, bezeichne ich im Folgenden ausschließlich den Autor als ‚Davey Wreden‘, während ‚Erzählfigur/Erzähler/Erzählinstanz/‘ die diegetische Figur meint.[]
  4. Wreden: Game of the Year. 2014. <www.galactic-cafe.com/2014/02/game-of-the-year/> [17.09.2017]. Inzwischen ist der Entwicklerblog von Galactic Café bereits offline und deshalb auch der Blogpost nicht mehr abrufbar. Davey Wreden hat mir eine persönliche Erlaubnis erteilt, das Material zu verwenden.  []
  5. Errant Signal: Errant Signal – The Beginner’s Guide. <https://youtu.be/vAbh28j11RQ?t=1093> [9.12.2018]. []
  6. Z.B. Innuendo Studios: The Artist is Absent. <https://www.youtube.com/watch?v=4N6y6LEwsKc> [9.12.2018].[]
  7. Barthes, Roland: Der Tod des Autors. 2012, S. 57-63.[]
  8. Die folgende Systematik stammt aus: Kreknin: Poetiken des Selbst. 2014, S. 53-59.[]
  9. Natürlich ist es problematisch, Tagebücher allgemein als nicht-literarische Textsorte einzuordnen. Kreknin rechnet deshalb auch eine Vielzahl an Überlappungsbereichen der einzelnen Bereiche ein. Ebd., S. 58. []
  10. Es sei ein Beispiel angegeben, in dem Davey Wreden und William Pugh sehr offen über die Auswirkungen des Bekanntheitsschubs sprechen: Walker: Davey Wreden & William Pugh. 2014. <https://www.rockpapershotgun.com/2014/03/28/davey-wreden-william-pugh-the-stanley-parable-interview/> [9.12.2018].[]
  11. „Als ‚Subjektivierungen‘ gelten hingegen die konkreten semiotischen Prozesse und diskursiven Praktiken, in denen ein Objekt zu seinem Subjektstatus gelangt.“ Kreknin: Poetiken des Selbst. 2014, S. 18.[]
  12. Michel Foucault: Technologien des Selbst. 2007, S. 289. []
  13. Im Folgenden werden stellengenaue Youtube-Links eines kommentarlosen Let’s Plays verwendet, um auf den Spieltext zu verweisen. Kapitel 16: Tower, <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=3970> [18.11.2018].[]
  14. Dazu Erdbeer: On The Verge of the Game. 2017, S. 95-97.[]
  15. Kapitel 3: Entering, <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=499> [18.11.2018].[]
  16. Kapitel 6: Exiting, <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=747> [18.11.2018].[]
  17. Die Erzählfigur macht mit der Enter-Taste einen Befehl verfügbar, um die Geschwindigkeit wieder auf das Normaltempo zu setzen.[]
  18. Eine unvollständige Liste der Sätze findet sich hier: http://thebeginnersguide.gamepedia.com/Chapter_4, [28.03.2017].[]
  19. „The idea becomes a machine that creates the art.“ LeWitt: Paragraphs on Conceptual Art.1999, S. 16. []
  20. Kapitel 15: Machine, <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=3292> [18.11.2018]. []
  21. Kapitel 13: Mobius, <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=2856> [18.11.2018].[]
  22. Ebd., <https://www.youtube.com/watch?v=qI00GA6tVKU&feature=youtu.be&t=3292> [18.11.2018].[]
  23. Ebd., <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=2898> [18.11.2018].[]
  24. Kapitel 16: Island, <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=2949> [18.11.2018].[]
  25. Ebd., <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=3079> [18.11.2018].[]
  26. Ebd., <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=3166> [18.11.2018].[]
  27. Kapitel 17: The Machine, <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=3203> [18.11.2018].[]
  28. Die Bloggerin Rory Midhani liest infolge dieser Weiblichkeitsbestimmung das Spiel als ein feministisches Spiel, was Stalking im Internet thematisiert. Rory Midhani: The Beginner’s Guide Is Brilliant, Horrifying, Secretly Feminist. 2015. <https://www.autostraddle.com/the-beginners-guide-is-brilliant-horrifying-secretly-feminist-310119/> [17.09.2017].[]
  29. Kapitel 17: The Machine, <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=3243> [18.11.2018]. []
  30. Auch hier bewegt sich The Beginner’s Guide in Nähe zu einem Werk, dass gemeinhin der Conceptual Art zugerechnet wird. Robert Rauschenbergs Erased De Kooning (1953) gilt als einer der prominenten Vorläufer der Bewegung und besteht ebenfalls in der systematischen Ausradierung eines bestehenden Werks. []
  31. Kapitel 17: The Machine, <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=3458> [18.11.2018]. []
  32. Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich behandle in diesem Beitrag Coda lediglich als fiktive Figur und nicht als in der Lebenswirklichkeit existierenden Person.  []
  33. Auch das eine LeWitt’sche Maxime: „For each work of art that becomes physical there are many manifestations that do not“. LeWitt, Sentences on Conceptual Art. 1999, S. 107.[]
  34. Kapitel 9: Escape, <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=1926> [18.11.2018].[]
  35. Kapitel 7: Down, <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=1021> [18.11.2018].Die folgende Wiki-Seite hat für dieses Kapitel alle möglichen Gesprächspfade aus den Game-Files extrahiert: <http://the-beginners-guide.wikia.com/wiki/Down> [18.11.2018]. Da das Let’s Play andere Wahlmöglichkeiten wählt, werde ich für die abweichenden Textstellen auf diese Seite verweisen. []
  36. Ebd., https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=1061. []
  37. Ebd., <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=1068> [18.11.2018].[]
  38. Kapitel 9: Escape, <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=2061> [18.11.2018].[]
  39. Hier: ‘past7c’ in: <http://the-beginners-guide.wikia.com/wiki/Escape> [18.11.2018]..[]
  40. Ebd., Escape, <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=2072> [18.11.2018].[]
  41. Ebd, <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=2096> [18.11.2018].[]
  42. Hier: ‚talk4‘ in: <http://the-beginners-guide.wikia.com/wiki/Escape> [18.11.2018]. []
  43. Es existieren noch weitere Spielpassagen, die eine Nennung verdienen, doch glaube ich, in Bezug auf die künstlerische Selbstbezüglichkeit Codas einen Rahmen aufgemacht zu haben, in den sich andere Analyseergebnisse einfügen lassen.[]
  44. Kapitel 0: Prologue, <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=102> [18.11.2018].[]
  45. Froschauer geht sogar so weit zu sagen, dass die Erzählerfigur „durch einen hohen Grad an Figuralität vollkommene Unsicherheit über den fiktionalen oder faktualen Status der von ihr dargestellten Ereignisse verbreiten kann.“ Während dieser Ansicht theoretisch zuzustimmen ist, ergibt es jedoch wenig Sinn das fiktionale Gefüge in sich zu hinterfragen. Da die Erzählfigur selbst offenlegt, in welchen Stellen von Codas Spielen er eingegriffen hat, stellt der Text selbst eine Basis der Interpretation bereit. Adrian Froschauer: „Sag mal erzählst du die Geschichte oder ich?“. Erzählerstimmen im Computerspiel: Erscheinungsformen und Funktionen. PAIDIA. Zeitschrift für Computerspielforschung (2017). <https://www.paidia.de/sag-mal-erzahlst-du-die-geschichte-oder-ich/>, [12.07.2018].[]
  46. Kapitel 15: Machine, <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=3367> [18.11.2018].[]
  47. Spoerhase würde formulieren, dass es die (Gesamt-)Werkstrategie ist, auf die Herausgeberschaften einwirken. Spoerhase: Was ist ein Werk? 2007, S. 320-325. []
  48. Kapitel 17: Tower, <https://www.youtube.com/watch?v=qI00GA6tVKU> [18.11.2018].[]
  49. Ebd., <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=3928> [18.11.2018].[]
  50. Ebd., <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=3941> [18.11.2018].[]
  51. Kapitel 7: Down, <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=1143> [18.11.2018].[]
  52. Kapitel 16: Tower, <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=3745> [18.11.2018].[]
  53. Ebd., <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=3673> [18.11.2018].  []
  54. Kapitel 10: House, <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=2153> [18.11.2018].[]
  55. Ebd., <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=2386> [18.11.2018]. []
  56. „Like the housecleaning game, you know that one used to actually loop the cleaning chores and you just cleaned a house forever, I had to cut it off so that you could exit the house and the game would actually end.“, Kapitel 17: Tower, <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=3662> [18.11.2018].[]
  57. Kapitel 10: House, <https://www.youtube.com/watch?v=qI00GA6tVKU&feature=youtu.be&t=2289> [18.11.2018].[]
  58. Ebd., <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=2388> [18.11.2018].[]
  59. Kapitel 17: Tower, <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=3911> [18.11.2018].[]
  60. Ebd., <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=3988> [18.11.2018]. []
  61. Ebd., <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=3999> [18.11.2018]. []
  62. Ebd., <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=4068> [18.11.2018]. []
  63. Kapitel 17: Epilogue, <https://youtu.be/qI00GA6tVKU?t=4481> [18.11.2018].[]
  64. Twitter nimmt für viele Unternehmen und Spieleentwickler eine zentrale PR-Funktion ein. Für Davey Wreden und sein persönliches Studio Everything Unlimted ist sein Twitter-Auftritt darüber hinaus das einzige öffentliche Profil, die Wahl der Titelbilder also keineswegs unbedeutend. []
  65. Davey Wreden: Twitterprofil. <https://twitter.com/hellocakebread?lang=de> [17.09.2017].[]
  66. Wagner-Egelhaaf: Was ist Auto(r)fiktion? 2014, S. 7.[]
  67. Wreden: Game of the Year. 2014. www.galactic-cafe.com/2014/02/game-of-the-year/ [17.09.2017]. Inzwischen ist der Entwicklerblog von Galactic Café bereits offline und deshalb auch der Blogpost nicht mehr abrufbar. Davey Wreden hat mir eine persönliche Erlaubnis erteilt, das Material zu verwenden.  []
  68. Ebd.[]
  69. Ebd.[]
  70. Ebd. []
  71. Transkript des Textes: „Since Stanley Parable launched I've felt kind of unhinged floating between two emotional states. On the one hand, a sense of ownership over this thing I've worked on for four years. On the other hand the loss of having turned that ownership over to hundreds of thousands of people. Adrift in this gap, I am desperate for something to latch onto, any form of validation that could give my work and my life meaning again. Game of the Year is one way of doing that.“ Ebd. []
  72. Erdbeer: On the Verge of the Game. 2017, S. 98. []
  73. Ebd. S. 98-109.[]

Schlagworte:

Spiele: 

So zitieren Sie diesen Artikel:

Lukman, Christopher: "Coda, Davey und die Erzählfigur. Der Autor und seine Subjekte in The Beginner’s Guide". In: PAIDIA – Zeitschrift für Computerspielforschung. 23.01.2019, https://paidia.de/coda-davey-und-die-erzaehlfigur-der-autor-und-seine-subjekte-in-the-beginners-guide/. [03.12.2024 - 17:31]

Autor*innen:

Christopher Lukman

Christopher Lukman studiert den Master-Studiengang Kulturpoetik der Literatur und Medien an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Zu seinen Studieninteressen gehören die Game Studies genauso wie das Kino der Weimarer Republik und die Medien-/Literaturtheorie. 2018 organisierte er den Workshop Erzählungen der Spiele. Workshop zur Computerspielnarratologie. Seine Texte über Computerspiele erschienen bereits in der WASD, auf vice.motherboard.com und videogametourism.at. E-Mail: c_lukm01 (at) uni-muenster.de