Autismus-Repräsentation in digitalen Spielen. Zur Verarbeitung von Stereotypen und Kontextualisierung im Neurodiversitätsdiskurs

27. März 2025
Abstract: Ziel dieses Beitrags ist es, anhand dreier Videospielanalysen aufzuzeigen, wie digitale Spiele autistische Charaktere auf der ästhetisch-narrativen Ebene repräsentieren und mit diffamierenden Stereotypisierungen oder dem Neurodiversitätsdiskurs verknüpfen. Zunächst wird die Konstruktion von Autismus im medizinischen Modell der Behinderung problematisiert und mit dem sozialen Modell sowie dem Neurodiversitätsdiskurs kontrastiert. Als Fallbeispiel wird das Spiel Auti-Sim analysiert, das zwar das Bewusstsein für Autismus stärken soll, jedoch problematische Stereotypisierungen des medizinischen Modells reproduziert. In den folgenden Abschnitten wird die Konnotation von Autismus in medial-kulturellen Codes anhand der Charaktere Brigid Tenenbaum in ‚BioShock‘ und der Darstellung autistisch codierter Figuren in ‚To the Moon‘ untersucht, wobei letzteres dezidiert neurodivergente Charaktere diskutiert.

Einleitung 

Während im medizinischen Diskurs bereits seit beinahe zwei Jahrzehnten von einem Anstieg von Autismus-Diagnosen, insbesondere bei Kindern, gesprochen wird1, so lassen sich ebenfalls vermehrt Repräsentationen von Autismus im Diskurs populärer Medien verzeichnen. Nachdem Barry Levinsons Film Rain Man und Dustin Hoffmans Darstellung des autistischen Charakters Raymond Babbitt die im medizinischen Bereich sogenannte ‚Autismusspektrumstörung‘ ins öffentliche Bewusstsein befördert hatte2, lässt sich spätestens seit 2007 von einem regelrechten Medienrummel um Autismus sprechen.3 Neben der zunehmenden medialen Berichterstattung4, sind es vor allem Filme und TV-Serien, die bestimmte Vorstellungen über die neurologische Besonderheit im populärkulturellen Diskurs verhärten.5 Gleichzeitig hat sich ein Kanon mit Romanen herausgebildet, die autistische Charaktere ins Zentrum der Handlung stellen6 und gleichermaßen wurden zahlreiche Biographien, Comics sowie Mangas7 veröffentlicht, die das ‚Leben auf dem Spektrum‘ und die sozialen und emotionalen Hürden ihrer Protagonist*innen thematisieren.8 Erfolgreiche mediale Produktionen, die autistische Charaktere in den Vordergrund stellen, wie etwa die Netflix-Serie Atypical, Sheldon Cooper in der Serie Big Bang Theory, das Reality-Dating-Format Love on the Spectrum oder auch der überaus kontroverse Film Music der Musikerin Sia, belegen, dass sich dieser Trend in der gegenwärtigen medialen Landschaft fortsetzt.  

Die Produktion und Rezeption derartiger Darstellungen gehen einerseits mit einem wachsenden Bewusstsein für Autismus9, aber andererseits auch mit problematischen Stereotypisierungen dieser komplexen und vielschichtigen neurologischen Besonderheit einher, die den Diskurs um Autismus maßgeblich formen und realsoziale Konsequenzen für Betroffene haben können.10 Wie Douwe Draaisma argumentiert, ist im Falle von Autismus sogar davon auszugehen, dass der Großteil der Bevölkerung hauptsächlich durch mediale Repräsentationen ein Bild von Autismus entwickelt, das oftmals mit den sozialen Erfahrungen Betroffener nicht übereinstimmen muss und in vielen Fällen diese sogar verzerrt.11  

Der von Betroffenen und Disability-Forscher*innen vorgebrachte Einwand bezieht sich dementsprechend auf die narrative Einbettung autistischer Charaktere in einen medizinisch-pathologisierenden, ableistischen bzw. neurotypisch geprägten Kontext, der autistische Charaktere als ‚anders‘, ‚behindert‘ oder bemitleidenswert semantisiert. In einigen medialen Repräsentationen werden die autistischen Figuren sogar aufgrund ihrer Eigenheiten verhöhnt,12 was besonders dann problematisch ist, wenn dies durch einen komödiantischen Bezugsrahmen verharmlost wird. Demgegenüber können autistische Charaktere zudem mit hyperpositiven bzw. hyperableistischen Attributen belegt werden – vor allem im Falle des gängigen Stereotyps der/des ‚Inselbegabten‘ –, was in realsozialen Situationen zu unrealistischen Erwartungen führen kann.  

Angesichts der medialen Aufmerksamkeit, die Autismus in den letzten zwei Jahrzehnten erfahren hat, ist es bemerkenswert, dass autistische Charaktere in digitalen Spielen vergleichsweise selten repräsentiert wurden und ungleich weniger mediale und akademische Aufmerksamkeit erfuhren als andere audiovisuelle Medien. Spätestens seit der positiv wahrgenommenen Enthüllung des autistischen Charakters Symmetra im AAA-Game Overwatch (Blizzard Entertainment 2016)13, hat die Awareness für autistische bzw. neurodivergente Charaktere deutlich zugenommen. Zudem hat sich in autistischen Gamer*innen Communities in den letzten Jahren ein ‚fester‘ Kanon etabliert, mithilfe dessen autistisch-codierte Videospiel-Charaktere diskutiert und archiviert werden. Für den wissenschaftlichen Diskurs gilt jedoch, dass die Erforschung der Beziehung zwischen Dis/Abilities14 und Games – und spezifischer: Neurodiversität – an der Schnittstelle zwischen Disability Studies und Game Studies generell unterrepräsentiert ist15 und erst seit wenigen Jahren Beachtung findet. Dies fällt vor allem auf, wenn man die Anzahl der Publikationen mit jenen vergleicht, die z.B. für die Beziehung zwischen digitalen Spielen und Geschlecht, Ethnizität oder Sexualität zu verzeichnen sind.16 Dies zeichnet sich ebenfalls deutlich an der geringen Anzahl von repräsentationslogischen Arbeiten zu Dis/Abilities und Gaming ab17, von denen sich die Großzahl mit körperlichen Behinderungen befasst.18 Konsequenterweise kann die Repräsentation von Autismus in digitalen Spielen als Forschungslücke geltend gemacht werden.19 Gleichzeitig sieht sich die Videospiele-Industrie mit Videospiel-Communities konfrontiert, die einerseits mehr Bewusstsein für und Akzeptanz von Diversität im Gaming fordern und sich andererseits für die inklusive Mitwirkung von Betroffenen an der Repräsentation von Minderheiten sowie der Gestaltung von Zugang zu digitalen Spielen einsetzen.  

Ziel dieses Beitrags ist es, anhand dreier Videospielanalysen aufzuzeigen, wie digitale Spiele autistische Charaktere auf der ästhetisch-narrativen Ebene repräsentieren und in Zusammenhang mit diffamierenden Stereotypisierungen verknüpfen oder im Neurodiversitätsdiskurs diskutieren können. 

Autismus-Konzepte: Medizinisches Modell und Neurodiversität 

Sowohl im medizinischen Kontext als auch in populärkulturellen Darstellungen wird Autismus traditionell auf Grundlage eines pathologischen Paradigmas definiert, wodurch er als neuronale Entwicklungsstörung sowie Verhaltensstörung verstanden wird, die therapeutische Behandlung erfordert.20 Dass Autismus als ‚Störung‘ gehandelt wird, die eine medizinisch-kategorisierbare Abweichung von einer vermeintlich ‚normalen‘ oder ‚gesunden‘ neurologischen Verfassung bildet, leitet sich vor allem aus diagnostischen Leitfäden wie dem DSM (Diagnostic and Statistical Manual for Mental Disorders) ab.21 Im aktuellen DSM-5 werden für die sogenannte ‚Autismus-Spektrum-Störung‘ verschiedene Diagnosekriterien/Symptome aufgelistet, die sich aus kognitiv-intellektuellen, sensorischen, psychosomatischen und sozialen Auffälligkeiten ergeben und die bei entsprechender Kombination oder Ausprägung mit unterschiedlichen Schweregraden bezeichnet werden können.22 Es sind jene diagnostischen Kriterien, auf die sich medialen Repräsentation von Autismus, häufig in überzeichneter Form, überwiegend beschränken: Defizite in der sozialen Kommunikation (von ‚social awkwardness‘ bis hin zur non-verbalen Kommunikation) und Interaktion, eingeschränkte und repetitive Verhaltensmuster (z.B. das Bestehen auf Routinen), eingeschränkte, aber mitunter stark ausgeprägte Interessensbereiche (‚Sonderinteresse‘), ungewöhnliche Reaktionen auf sensorische Erfahrungen (v.a. Hypersensitivität, übermäßige Reaktionen auf Geräusche, Licht, Berührungen), wobei diese Symptome klinisch signifikante Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Bereichen der entsprechenden Lebenswelt hervorrufen müssen.23 In diagnostischen Zusammenhängen werden zudem selbststimulierende Verhaltensweisen (wie z.B. Schaukeln, Umherlaufen oder Händeflattern) sowie Auffälligkeiten in der körperlichen Koordination genannt.24 Wie sich aus diesen Diagnosekriterien erkennen lässt, werden die vielfältigen und individuell sehr verschieden ausgeprägten Eigenheiten dieses Spektrums von einem bio-medizinischen Modell und einer Defizitlogik bedingt. Dies zeigt sich an medizinisch-therapeutischen Begriffen wie „Defizit“, „eingeschränkt“, „ungewöhnlich“, „übermäßig“, „Beeinträchtigung“, die sich im DSM, dem in Deutschland genutzten ICD-10-GM und im Forschungsdiskurs zur Symptomatik finden lässt.25 Da das Spektrum an Ausprägungen von Person zu Person unterschiedlich ausfällt und die sogenannten ‚Beeinträchtigungen‘ von manchen betroffenen Individuen nicht als solche bezeichnet, wahrgenommen oder sogar teilweise als Stärke gewertet werden26, existiert mittlerweile ein Gegendiskurs zum medizinischen Modell von Autismus:27 Autismus nicht als Krankheit, sondern als Ausdruck menschlicher Vielfalt bzw. Neurodiversität.28 

Für den Zusammenhang dieses Aufsatzes ist vor allem relevant, wie sich medizinische bzw. soziale Auffassungen von Autismus in Repräsentationen reproduzieren und gleichermaßen sozialkulturelle Diskurse und Narrative von Behinderung fortschreiben und konsequenterweise sowohl Selbst- als auch Fremdwahrnehmung von (minoritären) Gruppen maßgeblich bedingen und eine Reihe von sozialen, identitätspolitischen bis hin zu existenziellen Folgen haben können. Richard Dyer postuliert in seiner Arbeit zur medialen Repräsentation von Gender, Sexualität und Ethnizität:  

[…] how social groups are treated in cultural representation is part and parcel of how they are treated in life, that poverty, harassment, self-hate and discrimination (in housing, jobs, educational opportunity and so on) are shored up and instituted by representation.[…] How we are seen determines in part how we are treated; how we treat others is based on how we see them; such seeing comes from representation.29 

Während Dyer zwar nicht über Computerspiele spricht, so können seine Argumente dennoch für diese geltend gemacht werden: Obwohl im DSM bereits aus medizinischer Perspektive von einem Spektrum autistischer Ausprägungen gesprochen wird, so werden autistische Charaktere auffällig häufig in medialen Kontexten (v.a. Filmen) auf einige wenige Merkmale reduziert30, was sich mit der medialen Repräsentation von ‚Behinderungen‘ allgemein deckt.31  

In dieser Hinsicht kann die einseitige Hervorhebung und Überzeichnung von Charakterattributen ein ‚Othering‘ bzw. die Abweichung autistischer Charaktere von medizinisch- neurologischen oder sozialen Normen evozieren Zudem wird durch eine Trvialisierung und Verallgemeinerung von Autismus die Forderung nach der Repräsentation von Diversität im Autismus-Spektrum unterwandert. Problematisch sind zudem auch Repräsentationen, die autistische Charaktere als bemitleidenswert32 und abhängig von ihren neurotypischen Peers konstruieren33 oder als sogenannte „super crips“ (vor allem in Zusammenhang mit der Darstellung von ‚Inselbegabung‘)34 hervorheben und in Überwindungs- und Normalisierungsnarrative einbetten. 

Auti-Sim als Beispiel für eine ableistische Konstruktion von Autismus 

Ein Beispiel, das eine derartig stigmatisierende Kontextualisierung vornimmt, ist das Game Auti-Sim. Auti-Sim gilt als eines der ersten Games, in dem Spieler*innen die (vermeintliche) Perspektive eines autistischen Charakters einnehmen können. Das Spiel, das die sensorische Überforderung (Hypersensitivität) simulieren soll, die autistische Kinder in alltäglichen Situationen erleben können, wurde im Rahmen des Hacking Health Vancouver Hackathons entwickelt. Aufgrund der Thematik verbreitete sich Auti-Sim infolge seines Release viral im Internet.35 Das Ziel des Spiels ist es aus der First-Person-Perspektive des Avatars durch einen Spielplatz zu navigieren, auf dem eine Gruppe gesichtsloser Kinder eine Kakophonie zunehmend lauter werdender und sich überlagernder Störgeräusche (Geschrei, Kinderreime, Gelächter) erzeugt. Währenddessen wird das Sichtfeld der Spieler*innen immer weiter verzerrt und grobkörniger, wie in Abb. 1 zu erkennen ist. Wie Entwickler Taylan Kadayifcioglu erläuterte, soll das Spiel den Spieler*innen die Erfahrung der extremen Irritation der Sinne näherbringen und „give[] players a brief glimpse into what it's like for the millions of autistic children suffering from sensory overload issues“.36 Es wird vermittelt, dass die Umgebung unter Gleichaltrigen für autistische Kinder unerträglich ist und die einzige Lösung die Flucht vor dem „Horror“37 darstellt. Wie Sarah Gibbons argumentiert, ist das Spiel dezidiert „not designed to be enjoyable“38 und im Umkehrschluss suggeriert Auti-Sim, dass autistische Personen keine Freude an derartigen Situationen empfinden können. 

Abb. 1) In Auti-Sim verzerren sich Sicht- und Hörfeld zunehmend mit der Annäherung an die gesichtslosen, uniform gekleideten Kinder auf dem Spielplatz.39

Auti-Sim ist insofern prägnant, als es aufzeigt, wie derartige Simplifizierungen und Stereotypisierungen eine Auffassung von Autismus vermitteln, die beim neurotypischen spielenden Publikum äußerst negativ besetzt ist. Kristina Madej impliziert in ihrer kurzen Evaluation des Spiels als Serious Game für neurotypische „middle years children“ (6-12 Jahre) das zugrunde liegende ‚Othering‘ autistischer Personen, die das Spiel evoziert:  

The way in which the player would normally participate in such an environment, walking or running up to friends to play, is one that they would have experienced themselves. The contrast between their usual experience and the noise and static in the game gives children an experience different from their normal one and shows what someone with autism might be feeling.40  

Autismus wird in dieser Hinsicht, wie im medizinischen Modell expliziert, als Abweichung von einer sozialen Norm oder sogar von einer wie auch immer gearteten ‚normalen‘) Erfahrung beschrieben, die dem autistischen Kind vorenthalten ist. Die soziale Isolation, die, wie hier gezeigt, mit der neurologischen Eigenschaft einhergeht, wird zudem durch die Tatsache verstärkt, dass das zu spielende Kind, selbst nicht in den Genuss des Spielens kommt (selbst wenn es das möchte und dies das eigentlich Spielziel ist). Wie Kommentare auf der Herstellerseite41 des Spiels sowie Bewertungen und wissenschaftliche Publikationen verdeutlichen42, stellt das Spiel eine reduktionistische, selektive und überhöhte Version der Hypersensitivität dar, die bereits in anderen medialen Repräsentationen als Autismus-Motiv fungiert, und als pars pro toto für das überaus vielschichtige Spektrum autistischer Lebensrealitäten einsteht.43 Die Annahme, dass jede soziale Situation mit einem gewissen Geräuschpegel für autistische Personen vergleichbar mit einem „Horror-Spiel“ ist44, reduziert das autistische Spektrum auf eine behindernde Hypersensitivität, wie User*in Kraken160th bemerkt: 

Considering I have autism this pisses me off a great deal, it's autism not a freaking physical handicap we're still human and we can still adapt I don't understand why everyone thinks we can't survive in noise and only in quiet places we may be hypertensive but we can also single out almost everything around us in favor of one thing. This is a poor representation of people with autism and only enforces untrue stereotypes of us.45 

User*in Venus macht in Reaktion auf diesen Kommentar auf die Vielschichtigkeit des Spektrums aufmerksam: „ [K]eep in mind there’s different forms of autism, it may not line up with you, but it has a chance to, and its [sic] supposed to be the feeling kids with extreme autism get“.46 Dies bekräftigt zwar einerseits die Forderung nach einer Wahrnehmung von Autismus als vielschichtiges, neurodiverses Spektrum, verstärkt aber gleichzeitig die Tatsache, dass das Spiel in reduktionistischer Weise Autismus als gleichbedeutend mit „extreme autism“ setzt.  

Durch die Einschränkung der Entscheidungsfreiheit der Spieler*innen wird zudem ein gewisser Determinismus impliziert: Für Autist*innen gibt es keinen Ausweg, um aus der qualvollen sozialen Situation zu entkommen – außer durch Flucht. Spieler*innen können dies erreichen, indem sie die WASD-Tasten der Tastatur nicht betätigen (ergo: nicht handeln bzw. nicht spielen), den Avatar am Spielplatz vorbei oder, unter extremer Geräuschbelastung, mitten hindurch zur anderen Seite manövrieren. Diese eindimensionale Handlungsweise schließt alternative Bewältigungsstrategien aus47, die Individuen für derartige Situationen entwickeln, wie beispielsweise das Tragen von geräuschreduzierenden Kopfhörern. Das Spiel kann somit als regelrechtes ‚disabling‘ verstanden werden, dass Spieler*innen ein Gefühl der Machtlosigkeit vermittelt.48 Dies kann zwar durchaus bei den Spieler*innen Aufmerksamkeit für Autismus evozieren, unterstützt aber gewisse ableistische und pathologische Grundannahmen, vor allem, dass „being able-bodied is objectively preferable to being disabled“ und die Probleme lediglich auf Seiten des autistischen Individuums liegen.49  

Die Verallgemeinerung individueller Wahrnehmungsspektren, die mit einer medizinisch begründeten Defizitlogik sowie mit einer gewissen Dehumanisierung von Autismus einhergeht, zeigt sich auch in der inszenierten ‚Gesichtsblindheit‘ des Avatars. Sowohl der Avatar auch die spielenden Kinder haben keine individuellen Eigenschaften. Die Gesichter der uniform wirkenden Kinder werden in Auti-Sim unkenntlich gemacht und lassen, ebenso wie beim Avatar, keine Unterscheidung der emotionalen Zustände zu. Dies korrespondiert mit dem filmischen Stereotyp, dass Autist*innen menschliche Wesens- und Gesichtszüge, Emotionen oder andere individuelle Merkmale nicht erkennen können oder sogar selbst ein Mangel an Emotionen aufweisen.50 In medialen Darstellungen wird dies mit einer Unfähigkeit mit sozialen Situationen umzugehen verknüpft, diese aktiv zu suchen oder die Nähe zu anderen Menschen genießen zu können und erklärt narrativ den ‚Willen‘ zur sozialen Isolation. Allerdings ist die Wahrnehmung menschlicher Emotionen sowie der Umgang mit sozialen oder sensorisch unangenehmen Situationen für autistische Personen ebenso individuell und durch persönliche Erfahrungen und Strategien geprägt wie bei neurotypischen Menschen.51  

Letztendlich konnte das gesetzte Ziel des Auti-Sim-Projekts, Aufmerksamkeit, Empathie und Mitleid für Autist*innen zu erwirken, erreicht werden, was eine Studie zur Wirkung des Spiels auf Rezipient*innen belegt.52 Dies ist mit Sicherheit ein wohlgemeintes Anliegen. Wie Betroffene sowie die Disability Studies häufig argumentieren, ist eine Mitleidslogik jedoch für Aufklärung und Akzeptanz hinderlich und begrenzt die Möglichkeiten, zugänglichere Umgebungen für Menschen mit sensorischen Unterschieden zu schaffen53. Ein an medialen Darstellungen kritisierter Punkt der ebenfalls auf Auti-Sim zutrifft, ist, dass das Design autistischer Charaktere ohne Einbezug der Betroffenen vorgenommen wird, was zur Stereotypisierung, eben jenen Mitleidsnarrativen sowie der Pathologisierung beitragen kann.54 Im Fall des Auti-Sim-Entwicklers Taylan Kadayifcioglu bildete die Grundlage für die Gestaltung des Spiels ein Ausschnitt aus dem Kurzfilm Inside Autism55, in dem eine Situation in einem Klassenzimmer einer Schule gezeigt wird, in der ein Teenager vom Geräuschpegel überwältigt wird.56 Hierbei ist anzumerken, dass Inside Autism (2011) bereits eine) filmisch-fiktionale Verarbeitung von Autismus-Diskursen darstellt, jedoch nicht auf Hypersensitivität fokussiert ist, sondern Autismus als eine Reihe von neurologischen Ausprägungen und sozialen Verhaltensweisen verarbeitet und deutlich stärker auf die individuellen Reaktionen des autistischen Hauptcharakters James in unterschiedlichen sozialen Situationen eingeht.  

Mittlerweile hat sich Kadayifcioglu kritisch zu seinem Projekt geäußert. Es ist zu bedenken, dass Auti-Sim innerhalb von 12 Stunden auf einem Hackathon unter erschwerten Bedingungen programmiert wurde und insofern eher als Prototyp und nicht als finales oder wohldurchdachtes Game betrachtet werden sollte. Kadayifcioglu stellte schließlich aus diesem Grund einen Disclaimer auf die Herstellerseite des Games, mit der er sich von einer ausschließlichen Kontextualisierung von Auti-Sim im Autismus-Diskurs distanziert57 

Coding und Konnotation von autistischen Charakteren als Non-Playable Characters: Die autistische ‚Villain‘ in Bioshock  

Während Auti-Sim sich auf eine nicht-narrative Repräsentation von Sinneseindrücken beschränkt, integriert eine Reihe von Spielen der letzten zehn Jahre autistisch codierte Charaktere in ihre Erzählungen. Diese Beispiele, die den Großteil der Autismus-Darstellungen in digitalen Spielen ausmachen, beziehen sich in der Regel auf NPCs (non-playable characters).58 Häufig treten diese Figuren, wie in anderen medialen Darstellungen, in Nebenhandlungen auf und sind nicht zentral für den narrativen Verlauf.59 Kennzeichnend ist für die überwiegenden Game-Beispiele zudem, dass die Charaktere nicht als ‚Autist*innen‘ etikettiert oder diagnostiziert werden, sondern durch Bezugnahme auf populäre Diskurse um Autismus codiert sind oder erst durch die Forderung von Gamer Communities als solche bestätigt werden. Beispiele hierfür sind Jack Sauchak in Watch Dogs 260, ein hochgradig talentierter Hacker, der soziale Signale missachtet und als „little Mr. Spectrum“ bezeichnet wird sowie die Archäologin Patricia Tannis in Borderlands61, die im Spiel als „an insane introvert with Asperger's“62 bezeichnet wird und durch ihren Mangel an Empathie, diversen Zwangshandlungen und einer Hyperfixierung auf ihre Forschung im Spektrum verortet wird.  

Im Folgenden werden die Markierung und Konnotation der Charaktere Brigid Tenenbaum in BioShock und River Wyles in To the Moon herausgearbeitet. Es wird analysiert, wie sich die entsprechenden Semantisierungen der Charaktere in bestehende mediale Autismus-Narrative und Stereotypen einordnen lassen. Es wird gezeigt, dass sich diese Repräsentation ebenso wie in anderen medialen Darstellungen aus den „codes and conventions of the available cultural forms of presentation“63 speisen, jedoch durch die Einbettung in narrative Strukturen durchaus spezifisch semantisiert werden können. Dies sowohl hinsichtlich des pathologischen Paradigmas (Brigid Tenenbaum) als auch des Neurodiversitätsdiskurses (River Wyles), wodurch Stereotypisierungen durchaus reproduziert, unterwandert (To the Moon) oder bekräftigt (BioShock) werden können.  

Das wohl medial meist verbreitete Stereotyp autistischer Charaktere ist der des/der ‚savants‘ bzw. des/der genialen Gelehrten oder der/des beinahe „other-worldy“64 und ‚magical‘65 wirkenden Wissenschaftler*in mit einer speziellen ‚Inselbegabung‘, die die kognitiven Fähigkeiten der neurotypischen Charaktere weit übertrifft.66 Diese Darstellung wird besonders übersteigert, wenn es sich bei den Charakteren um Kinder handelt, die sich durch ihre intellektuellen Fähigkeiten von den als neurotypisch markierten Kindern und Erwachsenen abheben. Hierbei handelt es sich in der Regel um naturwissenschaftliche Kompetenzen mit ausgeprägtem Wissensfundus und einer Affinität zu Zahlen und mathematischen Formeln, die es den Charakteren ermöglicht, Muster und Zusammenhänge in ihrer Umwelt zu erkennen, die für die neurotypischen Figuren verborgen bleiben. In vielen Fällen wird dieses ‚Sonderinteresse‘ zwar als sozial-limitierend, aber in speziellen, und vor allem wissenschaftlichen Kontexten, als herausragend und unerreicht repräsentiert.67 Dieses Stereotyp ist vor allem deswegen problematisch, weil „[e]ven if savantism mostly comes with autism, the majority of cases of autism do not have savantism.“68 Bei derartigen Stereotypisierungen handelt es sich um den Ordnungsprozess, der für Repräsentationslogiken Bedingung ist und die Richard Dyer als „short cuts“ bezeichnet, d.h. eine für die Repräsentationspraxis unerlässliche Kondensierung der Masse an Daten69, die die realsoziale Welt bereitstellt. Diese stark selektive Setzung des selten vorkommenden ‚savantism‘ als absolutes und definierendes Attribut einer hochgradig heterogenen sozialen Gruppe impliziert eine stark reduktionistische Sichtweise, die in realsozialen Situationen fortgeführt werden kann. Durch die Belegung autistischer Charaktere mit derartigen hyperableistischen Attributen, wird Autismus vielfach nicht nur als „superpower“70 idealisiert, sondern kann zu unrealistischen Erwartungen führen und ein gewisses ‚Othering‘ autistischer Personen involvieren.  

Dieses Stereotyp ist im NPC Dr. Brigid Tenenbaum verarbeitet, die in BioShock (2007) eine zentrale Rolle im Narrativ des Spiels einnimmt. Tenenbaum wird über Rückblenden in Form von Tagebucheinträgen als geniale Genforscherin eingeführt, die in ihrer Jugend in einem deutschen Konzentrationslager ihre „Liebe zur Wissenschaft“71 entdeckte und bereits dort als den erwachsenen Forscher*innen intellektuell überlegen bezeichnet wird:  

I was at German prison camp only of sixteen years old when I realize I have love for science. German doctor, he make experiment. Sometime, he make scientific error. I tell him of this error, and this make him angry. But then he asks, "How can a child know such a thing?" I tell him, "Sometimes, I just know." He screams at me, "Then why tell me?" "Well," I said, "if you're going to do such things, at least you should do them properly."72  

In einem weiteren Tagebucheintrag wird ihre Fixierung auf wissenschaftliche Erkenntnisse sowie ein Desinteresse an ethischen Problemen (Experimenten an Menschen) erzählt, die sich mit der medialen Darstellung einer unangemessenen oder exklusiven Fokussierung auf das ‚Sonderinteresse‘ vergleichen lässt:73 

At the German prison camp, they put me to work on genetic experiments on other prisoners. They call me "Das Wunderkind", the wonder child. Germans, all they can talk about is blue eyes, and shape of forehead. All I care about is why is this one born strong, and that one weak? This one smart, that one stupid? All that killing, you think the Germans could have been interested in something useful?74

Diese Experimente führte Tenenbaum später im fiktionalen Unterwasserstaat Rapture fort – dem zentralen Setting des Spiels –, wo sie die genverändernde und hochgradig suchterzeugenden Substanz ADAM entdeckt, die junge Mädchen zu roboterhaften, willenlosen Sklavinnen mit übermenschlichen Fähigkeiten werden lässt. Tenenbaum vereint konsequenterweise eine Reihe von negativ besetzen Attributen, die sich teilweise mit denen des Mad Scientist-Stereotyps decken. Als Initiatorin des Hauptkonflikts des Spiels - die durch den Missbrauch von ADAM zusammenbrechende dystopische Gesellschaft Raptures -, tritt sie zunächst als (‚villain‘) auf. Wie Dunlap und Kowert darlegen, werden neurodivergente Charaktere bzw. psychische Leiden in digitalen Spielen häufig an der Systemstelle des böswilligen Antagonisten eingesetzt und konsequenterweise stigmatisiert.75 Das Othering Tenenbaums wird zudem durch den starken, osteuropäisch wirkenden Akzent verstärkt76, der besonders im filmischen Kontext häufig für den boshaften, verrückt-genialen Antagonisten zur Exotisierung und zur Kontrastierung mit der ‚guten‘ amerikanischen Heldenfigur funktionalisiert wird.77 Dies kann zu einer Rezeption führen, die den autistischen (sowie weiblich, jüdisch, deutsch-russischen) Charakter mit ähnlich negativen Attributen assoziieren lassen: 

When we meet her, she is full of grief for how her experiments have ruined the lives of young children (the Little Sisters) and begs us to save them. As you can probably guess, Tenenbaum is a very complex character who is not easy to love. She has done some terrible things during her life, but it is very difficult to not feel sympathy for her when your player stumbles across her.78  

Wenngleich Tenenbaum zunächst keine Reue für ihre Taten empfindet, so wird ihr das Ausmaß ihrer Taten im Verlauf der Handlung bewusst. Während ihre Handlungen als Konsequenzen ihrer Erfahrungen im Konzentrationslager gelesen wurden, so lässt sich diese Lesart aus ethischer Perspektive problematisieren: „After seeing the horrors of Auschwitz, and having initially been a prisoner herself, Tenenbaum still opts to perpetuate atrocity on the bodies of others, specifically defenseless girls“.79 

Letztendlich ist sie diejenige, die ein Gegenmittel für die genetische Katastrophe anbietet, wobei das Spiel kaum Einblicke in ihre emotional-psychischen Motivationen zulässt. Inwiefern der Charakter hier berechnend oder intrinsisch-moralisch motiviert handelt, bleibt fragwürdig.80 Hierdurch bekräftigt der Charakter das Stereotyp der ‚emotionslosen‘ bzw. ‚empathieunfähigen‘, ‚roboterhaften‘ wirkenden Autistin, die ebenfalls in filmischen Kontexten auftaucht81, jedoch mit der real-sozialen Erfahrungswelt und/oder der neurologischen Ausprägung von Autist*innen in der Regel nicht übereinstimmt.82 Diese Assoziation spiegelt sich zudem in ihrer Kreation wider, den skrupellosen und roboterhaften Little Sisters83, deren Menschlichkeit vollständig erodiert ist. Problematisch ist hierbei, dass Tenebaums Handlungen pathologisiert und naturalisiert werden: Durch ihre neurologische Veranlagung ist sie zunächst nicht in der Lage Empathie für ihre lebenden Experimente zu empfinden und kann daher keine moralischen Entscheidungen treffen. Den inneren Konflikt, der sie schließlich zu der Überzeugung bringt, dass ihre Little Sisters rettungswürdig sind, beschreibt sie mit Abscheu:  

What makes something like me? I look at genes all day long, and never do I see the blueprint of sin. I could blame the Germans, but in truth, I did not find tormentors in the Prison Camp, but kindred spirits. These children I brutalized have awoken something inside that for most is beautiful and natural, but in me, is an abomination… my maternal instinct.84  

Juho Matias Puro argumentiert hierzu, dass diese Aussage eine Lesart erzwingt, die Tenenbaums moralischen Bedenken nicht als Reflektion ihrer Handlungen, sondern vielmehr als reine biologische Funktion verstehen lässt.85 Letztendlich zeigt sich Tenenbaum hinsichtlich der moralischen Implikationen ihrer Forschung ambivalent oder gar paradox, was ebenfalls zur stereotypen Auffassung von Autist*innen als rätselhaft oder undurchdringbar zutragen kann.86 

Grundsätzlich wird Tenenbaum zwar als überragende Wissenschaftlerin repräsentiert, aber gleichzeitig als handlungsunfähig, als abhängig vom als neurotypisch markierten Protagonisten Jack gezeigt, wenn es um die Lösung des zentralen Konflikts geht:  

Tenenbaum appears to simply serve a helpful function, like the Little Sisters. Despite being a highly intelligent and skilled geneticist, managing to survive both the Holocaust and Rapture’s violent breakdown, and demonstrating a ruthless willingness to commit violent acts to protect her “little ones,” for some reason Tenenbaum must rely on Jack to save the girls.87  

Wenngleich der Charakter Brigid Tenenbaum komplexe moralische Konflikte hervorruft, so bleibt dessen Funktion und Qualität als neurodivergenter Charakter eindimensional und auf den Savantism reduziert, wie in einem Beitrag anlässlich des Autism Acceptance Month (2019) kritisiert wurde. Dies sei insofern problematisch, als derartige Darstellungen den Eindruck vermittelten, dass „an autistic person is only worth having around if they have a special ability or are exceedingly talented at one specific thing (their special interest).88 Im Falle von Brigid Tenenbaum sei dieses Sonderinteresse sogar ausschlaggebend für ihr Überleben im Camp gewesen.89 

Brigid Tenenbaum wird in keiner Szene des Spiels tatsächlich als Autistin bezeichnet oder diagnostiziert. Nachdem in Internetforen von Spieler*innen für einige Jahre Mutmaßungen angestellt wurden und autistische Gamer-Communities Tenenbaum in ihren persönlichen Kanon autistischer Charaktere aufgenommen hatten90, wurde sie jedoch schließlich in einem Interview mit Ken Levine, dem Creative Director von Bioshock als „high-operating autistic savant“91 bestätigt. In diesem Interview erklärt Levine Tenenbaums fehlende Empathie für ihre (menschlichen) Experimente mit ihrem Autismus: 

“She never brought the moral angle to any of her scientific works, whether it was her helping experiment on Jews in the camps or working with the Little Sisters,” Levine says. “Because of her autism, it never cracked through. She was disconnected from any human aspect or any sense of empathy. Then she had this moment and her empathy comes rushing in as she’s able to see what she’s done for the first time”.92 

Diese Aussagen lösten im Anschluss an die Publikation Diskussionen über die Generalisierung und Stereotypisierung von Autist*innen als emotionslos und empathieunfähig aus. Ken Levine antwortete auf Twitter mit einer Richtigstellung seiner Aussagen: „‘Autistic savants don't lack empathy,‘ he writes. ‘I can see how my comments might imply that. Tenenbaum lacked empathy b/c [sic] autism doesn't define her’“93 Vielmehr sei es ihre „absolute adoration of science […] that ultimately defined her.“94 Dies ist jedoch insofern irreführend, da, wie aufgezeigt wurde, BioShock autistische Eigenschaften als eben für jenes wissenschaftliche Spezialinteresse Tenenbaums zur Bedingung macht. 

To the Moon und die Verarbeitung des Neurodiversitätsdiskurses 

Im Zusammenhang mit Autismus-Repräsentation in digitalen Spielen wurde im kritischen und journalistischen Kontext sowie von autistischen Reviewern vor allem das Independent Game To the Moon hervorgehoben. Dieses Spiel konnotiert über die Charaktere River Wyles und Isabelle nicht nur zwei sehr unterschiedliche Versionen autistischer Figuren, sondern diskutiert deren neurologische und psychosoziale Ausprägungen im Zuge der Handlung im Neurodiversitätsdiskurs.95 Bei To the Moon handelt es sich um ein RPG im ästhetischen Stil von Japanese Roleplaying Games der 1990er Jahre, das sich hauptsächlich auf das Erzählen einer komplexen Geschichte zugunsten einer Reduzierung der Gameplay-Elemente fokussiert.96 Im Zentrum der Handlung wird fragmentarisch die Lebens- und Liebesgeschichte des Ehepaars John und River Wyles erzählt. Die Spieler*innen übernehmen dabei die Rolle zweier, weitestgehend beobachtender Wissenschaftler*innen – Dr. Eva Rosalene und Dr. Neil Watts –, die mit der Aufgabe betraut sind, dem gealterten John seinen letzten Wunsch zu erfüllen. An den Grund für seinen Wunsch – zum Mond zu reisen –, kann er sich allerdings selbst nicht erinnern. Um diesen Wunsch zu realisieren, tauchen die beiden Wissenschaftler*innen in eine interaktive Rekonstruktion sämtlicher Erinnerungen Johns ein, um mittels maschinell extrahierter Erinnerungsfragmente rückwärts durch dessen Lebensgeschichte zu navigieren. Durch die ausgiebige Analyse von bedeutsamen Erinnerungseinheiten, gewinnen sie zunehmend Einblicke in die Psyche ihres Patienten und rekonstruieren die Faktoren, die zu seiner gegenwärtigen Lebenssituation geführt haben. Im Laufe der Begehung von Johns Erinnerungen lernen die Spieler*innen, dass dieser Wunsch mit einem scherzhaften Versprechen zusammenhängt, dass er in der Nacht gemacht hat, in der er seine Frau River kennengelernt hat. Auf Basis dieser Prämisse behandelt das Spiel die Komplexe ‚Liebe‘ und die ‚Schwierigkeiten des Alterns‘, wendet jedoch zentrale Elemente der Handlung zur Diskussion neurodivergenter Lebens- und Sichtweisen auf. 

River wird im Zuge der Fragmente als „obviously different“97 eingeführt: Bereits in frühem Kindesalter entwickelt sie ein ausgeprägtes Interesse an Origami Hasen, deren Herstellung sie als Strategie zur sozialen Isolation und Entspannung nutzt sowie eine Fixierung auf ein Stoffschnabeltier, das sie zeitlebens mit sich trägt. Auffallend ist, dass das Spiel auf der metaphorischen Ebene stark psychologisierend vorgeht und Orte und Objekte (z.B. das Schnabeltier) nicht nur mit individuellen Emotionen der Charaktere versieht, sondern durch diese auch psychologische Zustände repräsentiert – allen voran die enge Bindung, die River und John aufbauen. Hierbei spielt z.B. ein Leuchtturm eine tragende Rolle, auf den River seit ihrer Kindheit emotional stark fixiert ist und der im Verlauf der Handlung zum Symbol für ihre Ehe wird. Durch den Einblick in die emotionalen Zustände der Charaktere wird deutlich dem Stereotyp der emotionslosen oder empathieunfähigen Autistin widersprochen. River bekundet durch Gesten, persönliche Anspielungen und Handlungen ihre starke Zuneigung zu John - wenngleich in teilweise nicht-normativer Weise und den klischeeirten Erwartungen widersprechend, die Zuneigungsbekundungen häufig in medialen Liebesszenarien hervorrufen. 

Grundsätzlich zeigt sich River als gebildete und überaus detailverliebte Person, die Johnny mit sehr spezifischen Fakten (z.B. zu Leuchttürmen) beeindruckt, und die in der Schule mit Präzision historische Fakten herleitet. Allerdings wird River keinesfalls als ‚savant‘ bezeichnet, sondern bestenfalls als mit ausgeprägtem (ungewöhnlichem) Interesse dargestellt. Weiterhin wird gezeigt, wie sie tickende Uhren verabscheut, wodurch John im gesamten Wohnbereich alle Uhren abgeschaltet hat, was eine erhöhte Sensitivität gegenüber lauten Geräuschen markiert, die bei autistischen Personen vorkommen kann. Die sozialen Erwartungen an River werden in einer Reihe von Szenen durch sie ‚enttäuscht‘, wodurch sie von den anderen Charakteren fortlaufend als ‚socially awkward‘ markiert wird. In einem Erinnerungsfragment verabredet sich Johnny mit River, um einen Film zu sehen, stellt aber enttäuscht fest, dass sie erst nicht vor dem Kino auftaucht und sich dann abseits von John im Kino platziert. Später konfrontiert er sie, und sie erklärt, dass sie den Film trotzdem, wie abgemacht, gemeinsam angesehen haben – wenn auch an verschiedenen Orten im Kinosaal, wie in Abb. 2 zu sehen ist. Mit derartigen Szenarien zeigt das Spiel Abweichungen zwischenmenschlicher Kommunikationsnormen, die jedoch situationsabhängig und ebenfalls von den Reaktionen der sozialen Gruppe abhängen: Der gemeinsame Kinobesuch bedeutet in aller Regel, vor allem im ‚Date‘-Kontext, dass beide Parteien nebeneinandersitzen. Johnny bemerkt zwar, dass er River dahingehend merkwürdig findet, toleriert ihre Eigenheiten jedoch als Teil ihrer Persönlichkeit und nicht etwa als Erscheinungsform neurologischer Defizite.98 John wird durchaus in Situationen der Überforderung gezeigt, wenn er versucht, die von ihm als ‚enigmatisch‘ wahrgenommene Verhaltensweise Rivers zu interpretieren. Aufgrund der langen Zeitspanne, die die erzählte Zeit der Handlung umfasst, ergeben sich jedoch Situationen einer reziproken Anpassung beider Charaktere, die letztendlich zu einer individuellen Bewältigung derartiger Missverständnisse führt. 

Abb. 2) River erklärt Johnny, dass es keinen Unterschied macht, wenn man im Kinosaal getrennt sitzt, da es schließlich lediglich um das Anschauen des Films gehe.

Schließlich betreten die beiden Wissenschaftler*innen auch eine Szene, die das Paar bei einem Psychologen zeigt. Es wird zwar suggeriert, dass River eine Diagnose erhält, allerdings wird dieses Erinnerungsfragment ausgespart. Stattdessen überreicht der Arzt ihnen ein Buch des Autors Tony Atwood – einen britischen klinischen Psychologen, der auf das Asperger-Syndrom spezialisiert ist. Bemerkenswert ist, dass weder die Charaktere, noch andere Handlungselemente, eine konkrete Aussage über den vielfach benannten ‚Zustand‘ von River machen, jedoch durch derartige kontextuelle Hinweise eine starke Zuordnung zum Autismus-Diskurs vornehmen: „To be clear, it is not ambiguous what ‚syndrome‘ the characters have […] As I played through the game for the first time several years ago, I knew almost immediately that River was autistic“99, wie in einem Review zu lesen ist. Dass Rivers ‚Besonderheit‘ jedoch individuell ist und Autismus in der real-sozialen Praxis als Spektrum erscheint, zeigt sich beispielsweise an einer Unterhaltung zwischen den beiden Wissenschaflter*innen, in der sich Dr. Watts fragt, ob „alle Leute wie sie ein fast-photographisches Gedächtnis haben“, worauf Dr. Rosalene antwortet „Nicht wirklich…wobei ich glaube, dass ihr Mustergedächtnis oft sehr ausgeprägt ist“.100 Mit derartigen Destabilisierungen und Relativierungen gefestigter Stereotype werden zwar mögliche Elemente des Autismus-Spektrum genannt, aber nicht als Absolutheit gefestigt, was der Neurodiversitätsprämisse – von einer Vereinheitlichung bzw. Stereotypisierung menschlicher Diversität abzusehen – entspricht. 

Ein weiterer Charakter in To the Moon, der ebenfalls als autistisch konnotiert wird, ist Rivers Freundin Isabelle. Diese klärt John darüber auf, dass es nicht angebracht sei, ohne Rivers Zustimmung Entscheidungen über ihr Leben zu treffen: „Ich mag es wirklich nicht, wenn ihr Neurotypischen denkt, ihr wüsstet, was am besten für andere ist.“101 Bemerkenswert ist hierbei, dass das Spiel – entgegen der gängigen Praxis medialer Repräsentationen – nicht nur den neurodivergenten Charakter markiert, sondern ebenfalls den neurotypischen (‚normalen‘) Charakter als Identitätskonstruktion entlarvt. Im Gegensatz zu z.B. motorischen Einschränkungen erscheint Autismus in der Regel als „hidden disability“102, d.h. Autismus beeinflusst in der Regel nicht das äußere Erscheinungsbild der Betroffenen. Vor allem in filmischen Zusammenhängen werden als autistisch markierte Charaktere durch die extrapolierte und auf wenige Eigenschaften reduzierte Konstruktion sozialer oder intellektueller Abweichung hypersichtbar und als Abweichung einer Norm dargestellt. Dies festigt folglich im Umkehrschluss die Eigenschaften und Handlungen der neurotypischen Charaktere als die unsichtbare, unhinterfragte Norm. In diesem Zusammenhang macht der Charakter Isabelle in To the Moon auf eine weitere Problematik aufmerksam: Auf die Frage John, warum Isabelle trotz gleicher Diagnose so normal wirke, erklärt diese das Konzept des ‚Masking‘, also die Unterdrückung emotionaler Bedürfnisse in sozialen Situationen zum Zweck der sozialen Anpassung, was bei Autist*innen Alltagspraxis sein kann und mit dem starken Druck, ständig als ‚normal‘ durchzugehen, sehr belastend sein kann.103 

Das Spiel zeichnet sich somit durch die Thematisierung der Konflikte mit denen sich Autist*innen im sozialen Alltag konfrontiert sehen können aus, erkundet divergente Formen der Kommunikation und diskutiert und dekonstruiert die binäre Unterscheidung zwischen Normalität und Abweichung. John und die Spieler*innen werden in diesem Zusammenhang mit gängigen Klischees konfrontiert, die sich zum Beispiel durch die Aussagen neurotypischer Schulkamerad*innen ergeben: Von diesen wird River abwertend als „dermaßen neben der Spur“104 oder „als wäre sie von einem anderen Planeten“105 bezeichnet, worauf er andeutet, dass diese Eigenheiten seine Zuneigung für River ausmachten (Abb. 2). Auf diese Weise wirft das Spiel verbreitete Stereotype auf und rekonstruiert diese nicht ausschließlich als Diagnosekriterien einer ‚Krankheit‘, sondern als spezifische Charaktereigenschaften Rivers, die auch maßgeblich von der sozialen Lebensrealität abhängig sind – selbst wenn diese von einigen Charaktren als „merkwürdig“106 aufgefasst werden. Rivers Identitätszuschreibungen, so zeigt das Spiel, sind ebenso bedingt durch die neurotypischen Charaktere sowie deren sozialen Kontexte und, ob River Akzeptanz oder Ablehnung erfährt, hängt letztendlich auch von persönlichen Präferenzen oder Abneigungen ihrer Peers ab. Die für den Neurodiversitätskontext relevante Argumentation, dass sich die neurologische Beschaffenheit und Wahrnehmung von Realität bei allen Menschen unterscheidet, kann somit für To the Moon als zentrale Aussage geltend gemacht werden. In einer Szene, in der sich der junge John und sein Freund Nicolas über Rivers Eigenheiten unterhalten, kommen die beiden Kameraden letztendlich zum Schluss „Jeder ist auf seine Art besonders“107 – eine Message, die im Spiel auf unterschiedlichste Weise wiederholt und durch verschiedene Metaphern expliziert wird, wie in Abb. 3. zu erkennen ist.  

Abb. 3) Metaphorik in To the Moon: River und Johnny diskutieren anhand des Sternenhimmels die Diversität menschlicher Erscheinungsformen108

Neben den positiven Reviews, die To the Moon erhalten hat, kann jedoch auch hier problematisiert werden, dass das Spiel zwar thematisch den Neurodiversitätsdiskurs aufgreift, jedoch abermals eine neurotypische Person zum spielbaren Hauptcharakter macht. Zudem wird River, bei allen Bemühungen von beiden Seiten, als Last für ihre Familie und soziale Umwelt empfunden, was Aira Lee beispielsweise als irreführendes und diffamierendes mediales Stereotyp entlarvt.109 Eine weitere Kritik, die auch bereits im Kontext von Filmen und Romanen angebracht wurde, ist, dass die allgemeine Diversitätsprämisse des Spiels als Version des „We are all a little bit autistic“110-Klischees verstanden werden kann. Wie Ian Hacking argumentiert, ist dies jedoch nicht notwendigerweise eine Diffamierung von Autismus, aber allenfalls eine (normalisierende) Verallgemeinerung, die letztendlich wiederum eine Reduktion und Trivialisierung des Autismus-Spektrums darstellt.111  

Fazit

Die Analyse der drei untersuchten Spiele verdeutlicht die Vielfalt in der Repräsentation von Autismus in digitalen Spielen. Die Art und Weise, wie Autismus dargestellt wird, reicht hierbei von extrem reduzierenden, trivialisierenden (Auti-Sim) oder gar diffamierenden (BioShock) Darstellungen, die stereotype Bilder perpetuieren, die nicht den komplexen und vielfältigen Erfahrungen von autistischen Menschen gerecht werden, bis hin zu Ansätzen, die versuchen, eine differenzierte und neurodiverse Sichtweise anzubieten (To the Moon). Wie Aira Lee mit Bezug zu To the Moon argumentiert, ist jedoch vor allem die überproportionale Repräsentation von autistischen Charakteren als NPCs oder als Nebencharaktere problematisch.112 

Zwei Spiele, die sich diesem Trend entgegensetzen sind die beiden Independent Games An Aspie Life113 und Max, An Autistic Journey114, in denen die Spieler*innen einen autistischen Avatar durch real-soziale Situationen führen müssen. Bemerkenswert ist bei diesen Spielen, dass diese nicht nur ästhetisch-narrative Ansätze zur Repräsentation von Autismus verfolgen, sondern auch interaktive Elemente integrieren - z.B. ein ‚anxiety meter‘ in Max, An Autistic Journey oder eine differenzierte Anzeige emotionaler Zustände in An Aspie Life -, die es den Spielern ermöglichen, sich ludisch-interaktiv mit Wahrnehmungs- und Lebensrealitätsspektren sowie Routinen von autistischen Figuren auseinanderzusetzen. Beide Spiele involvieren Elemente, die auf ludo-narrative Harmonie mit der Repräsentation sowie der narrativen Strukturen autistischer Erfahrung bedacht sind. Wie sich jene Gameplay-Mechaniken in diesen spezifischen Fällen zur Verarbeitung von Autismus-Stereotypen bzw. im Sinne einer Verortung im Neurodiversitätskontext verhalten, gilt es jedoch in zukünftigen Forschungsarbeiten herauszustellen.

 

Medienverzeichnis 

Spiele 

2K Games: Bioshock (Playstation 3). USA: 2K Games 2007. 

Blizzard: Overwatch (Windows). USA: Blizzard 2016. 

Professional Imagination: Max: An Autistic Journey (PC/Steam). USA: GPAC 2016. 

Gearbox Software: Borderlands (Windows). USA: 2K Games 2009 

Hennessey, Bradley; Watson, Joe: An Aspie Life (Windows). Australien: EnderLost Studios 2018. 

Taylan Kadayifcioglu: Auti-Sim (Windows). Canada: Hyper Hippo Entertainment 2011.  

Ubisoft Montreal: Watch Dogs 2 (Playstation 4). Kanada: Ubisoft 2016.  

Texte 

Carr, Diane: Ability, Disability and Dead Space. Game Studies. In: International Journal of Computer Game Research. Jg. 14, H. 2 (2014). <http://gamestudies.org/1402/articles/carr> [14.09.2024] 

Carr, Diane: Bodies That Count: Augmentation, Community, and Disability in a Science Fiction Game. In: Journal of Literary & Cultural Disability Studies. Jg. 14, H. 4 (2020), S. 421–436. 

Cullen, Amanda L.L.; Ringland, Kathryn E.; Wolf, Christine T.: A Better World: Representations of Disability in Overwatch. In: First Person Scholar, 28.3.2018. <http://www.firstpersonscholar.com/a-better-world/> [28.08.2024] 

Da Silva, Rafael Leonardo: Designing a Digital Roleplaying Game to Foster Awareness of Hidden Disabilities. In: International Journal of Designs for Learning. Jg. 11, H. 2,(2020), S. 55-63 

Draaisma, Douwe: Stereotypes of Autism. In: Philosophical Transactions: Biological Sciences. Jg. 364, H. 1522 (2009), S. 1475-1480. 

Dunlap, Kelli; Kowert, Rachel: Mental Health in 3D.A Dimensional Model of Mental Illness Representation in Digital Games. In: Loading. The Journal of the Canadian Game Studies Association. Jg. 14, H. 24 (2022), S. 122-133. <https://www.erudit.org/en/journals/loading/2021-v14-n24-loading06644/1084842ar/> [27.08.2024] 

Dyer, Richard: The Matter of Images. Essays on Representations. London; New York: Routledge 2000. 

Foss, Chris: Reading in Pictures: Re-visioning Autism and Literature through the Medium of Manga. In: Foss, Chris; Gray, Jonathan, W.; Whalen, Zach (Hg.): Disability in Comic Books and Graphic Narratives. New York: Palgrave Macmillan 2016, S. 95-110. 

Freeman-Loftis, Sonya: Imagining Autism: Fiction and Stereotypes on the Spectrum. Bloomington: Indiana UP 2015. 

Freitag, Christine M.: Autismus-Spektrum Störung nach DSM-5. In: Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie. Jg. 42, H. 3 (2014), S. 185-192. 

Futter, Mike: Faith in Rapture – Kevin Levine Shares Thoughts on Creating Authentic Diversity. In: GameInformer, 09.04.2015. <http://www.gameinformer.com/b/features/archive/2015/04/09/faith-in-rapture-ken-levine-shares-thoughts-on-creating-authentic-diversity.aspx?PostPageIndex=2> [14.09.2024] 

Gibbons, Sarah: Autis(i)m and Representation. Autis(i)m, Disability Simulation Games, and Neurodiversity. In: Davis, Lennard J. (Hg.): Beginning with Disability. A Primer. New York: Routledge 2018, S. 247-252.  

Goodley, Dan: Dis/Ability Studies. Theorising Disablism and Ableism. New York: Routledge 2014. 

Hacking, Ian: How We Have Been Learning to Talk about Autism. A Role for Stories. In: Metaphilosophy. Jg. 40, H. 3/4 (2009), S. 499-516.  

Hacking, Ian: Autism Fiction. A Mirror of an Internet Decade. In: University of Toronto Quarterly. Jg. 79, H. 2 (2010), S. 632-655.  

Jones, Sandra C.: Hey look, I’m (not) on TV: Autistic People Reflect on Autism Portrayals in Entertainment Media. In: Disability & Society. Jg. 39, H. 6 (2024), S. 1484-1501, 

Jurecic, Ann: Neurodiversity. In: College English. Jg. 69, H. 5 (2007), S. 421-442 

Ledder, Simon: On Dis/ability Within Game Studies: The Discursive Construction of Ludic Bodies. In Ellis, Katie, et al. (Hg.): Interdisciplinary Approaches to Disability: Looking Towards the Future. Bd. 2. New York: Routledge 2019, S. 30–44. 

Ledder, Simon: "Ich will kein Freak werden!" Die Produktion von "Verbesserung" und "Behinderung" in digitalen Spielen. In: Ranisch, Robert; Rockoff, Marcus; Schuol, Sebastian (Hg.): Selbstgestaltung des Menschen durch Biotechniken. Tübingen: Francke 2015, S. 253-270. 

Lee, Aira: To The Moon. Representation Matters. In: AbleGamers, 17.09.2017. <https://ablegamers.org/to-the-moon-representation-matters/> [14.09.2024]  

Madej, Krystina: Representation of Disability in Children’s Video Games. London; New York: Routledge. 

Mittmann, Gloria; Schrank, Beate; SteinerHofbauer, Verena: Portrayal of Autism in Mainstream Media. A Scoping Review About Representation, Stigmatisation and Effects on Consumers in NonFiction and Fiction Media. In: Current Psychology. Jg. 43 (2024), S. 8008-8017. 

Motherbeepin’: Autism Acceptance Month. Representation and Acceptance of Autism in Gaming. GNL Magazine, 17.04.2019. <https://genelmag.com/article/autism-acceptance-month-representation-and-acceptance-of-autism-in-gaming> [12.09.2024] 

Murray, Stuart (2008): Representing Autism. Culture, Narrative, Fascination. Liverpool, GB: UP 2008.  

Nye, James: What it's Like to be Autistic. New Video Game Simulates Sufferers' Hypersensitivity. In: Mail Online, 14.03.2013. <https://www.dailymail.co.uk/news/article-2293464/What-like-autistic-New-video-game-simulates-sufferers-hypersensitivity.html> [14.09.2024] 

Orland, Kyle: Auti-sim Lets You Experience the Horror of Sensory Overload. In: Ars Technica, 5.3.2013, https://arstechnica.com/gaming/2013/03/auti-sim-lets-you-experience-the-horror-of-sensory-overload/ [14.09.2024] 

Osteen, Mark: Autism and Representation. A Comprehensive Introduction. In: ders. (Hg.): Autism and Representation. London; New York: Routledge 2007, S. 1-48. 

Peoples, Megan: Autism in Video Games. In: Nerd Rambles Blog, 11.04.2021. <https://nerdramblesblog.wordpress.com/2021/04/11/autism-in-video-games/> [26.08.2024) 

Plank, Dana: Bodies in Play: Representations of Disability in 8- and 16-bit Video Game Soundscapes (Ohio State University, Dissertation). In: OhioLINK Electronic Theses and Dissertations Center, 2018. <http://rave.ohiolink.edu/etdc/view?acc_num=osu1543506274730883> [14.09.2024] 

Poe, Phillip, S.; Moseley, Maxwell, C.: "She’s a Little Different": Autism-Spectrum Disorders in Primetime TV Dramas. In: ETC: A Review of General Semantics. Jg. 73, H. 4 (2016), S. 291-313 

Pomerance, Murray; Palmer, Barton, R.: Autism in Film and Television. On the Island. Austin: Texas UP 2022.  

Prochnow, Alexandria: An Analysis of Autism Through Media Representation. In: ETC: A Review of General Semantics. Jg. 71, H. 2 (2014), S. 133-149. 

Puro, Juho Matias: Female Characters in Video Games. Representation and Character Types. In: Tampere University of Applied Sciences, 2016. <https://www.theseus.fi/handle/10024/113046> [14.09.2024] 

Redden, Angharad: Autistic Representation in Video Games. In: SideQuest, 16.01.2023. <https://sidequest.zone/2023/01/16/autistic-representation-in-video-games/> [12.09.2024] 

Sarge, Melanie, A.; Kim, Hark-Shin; Velez, John, A.: An Auti-Sim Intervention. The Role of Perspective Taking in Combating Public Stigma with Virtual Simulations. In: Cyberpsychology, Behavior, and Social Networking. Jg. 23, H. 1 (2020), S. 41-51. 

Schillmeier, Michael: Dis/Abling Practices: Rethinking Disability. In: Human Affairs. Jg. 17 (2007), S. 195–208. 

Shell, Jethro: What Do We See: An Investigation Into the Representation of Disability in Video Games. In: ArXiv, 2021, S. 1-25. 

Sirani, Jordan: Ken Levine Talks Characters and Relationships in His Next Game. In: IGN, 01.05.2017. <https://www.ign.com/articles/2015/04/10/ken-levine-talks-characters-and-relationships-in-his-next-game> [15.09.2024] 

Song, Yung Joo; Im, Bobae: Exploring the Impact of Supercrip Portrayal in TV Drama. Assessing Attitude Shifts Toward People with Autism Spectrum Disorder and Intellectual Disability. In: International Journal of Developmental Disabilities, (2024), S. 1–13.  

Stang, Sarah: Big Daddies and Their Little Sisters. Postfeminist Fatherhood in the Bioshock Series. In: Parker, Felan; Aldred, Jessica (Hg.): Beyond the Sea. Navigating Bioshock. London: McGill-Queen’s University Press 2018, S. 27-49 

Stasieńko, Jan; Dytman-Stasieńko, Agnieszka; Madej, Kristina; Flamma, Adam; Śledź, Maciej: “Fragile Avatars?“. Representations of Disability in Video Games. Wroclaw: University of Lower Silesia 2021. 

Tharian, Priyanka et al.(2019): Characters with Autism Spectrum Disorder in Fiction. Where are the Women and Girls. In: Advances in Autism. Jg. 5, H. 1 (2019), S. 50-63.  

Vanderhoef, John; Payne, Matthew Thomas: Big Daddies and Monstrous Mommies: Bioshock’s Maternal Abjection, Absence, and Annihilation. In: Parker, Felan; Aldred, Jessica (Hg.): Beyond the Sea. Navigating Bioshock. London: McGill-Queen’s University Press 2018, S. 50-73. 

Weidt, Elena: Warum gibt es immer mehr Autismus-Diagnosen. In: Tagesschau.de, 23.02.2023. <https://www.tagesschau.de/wissen/gesundheit/autismus-neurologie-trend-101.html> [03.09.2024] 

Filme 

Levinson, Barry: Rain Man. USA: Mark Johnson 1989.  

McClure, Tane: Inside Autism. USA : Paul Chilopoulos et al 2011. 

Sia: Music. USA: Vincent Landay et al. 2021. 

Serien 

Atypical. USA: Weird Brain 2017-2021. 

Big Bang Theory. USA: Warner Bros 2007-2019. 

Love on the Spectrum. USA: Northern Pictures seit 2020. 

Bilder 

Artikelbild: To the Moon (eigener Screenshot) 

Abb. 1: Auti-Sim – Verzerrtes Sicht- und Hörfeld (eigener Screenshot) 

Abb. 2: To the Moon – River und  Johnny im Kino (eigener Screenshot) 

Abb. 3: To the Moon –  Metaphorik anhand des Sternenhimmels (eigener Screenshot)

 

  1. Jurecic: Neurodiversity. 2007, S. 41;; Weidt: Warum. 2023.[]
  2. Osteen: Autism. 2007, S. 30.[]
  3. Jurecic: Neurodiversity. 2007, S. 421.[]
  4. Mittmann, Schrank, Steiner‑Hofbauer: Portrayal. 2023, S. 8010-8012.[]
  5. Pomerance; Barton: Autism. 2022; Poe; Moseley: Autism-Spectrum. 2016.[]
  6. Freeman Loftis: Imagining. 2015; Hacking: How. 2009.[]
  7. Siehe hierzu: Hacking: How. 2009 sowie Foss: Reading. 2016.[]
  8. Für einen einführenden Überblick zur Thematisierung und Repräsentation von Autismus in populären Medien siehe Osteen: Autism. 2007. []
  9. Jurecic: Neurodiversity. 2007, S. 422.[]
  10. Siehe z.B. Draaisma: Stereotypes. 2009; Hacking: How. 2009, S. 514; Freeman Loftis: Imagining. 2015; []
  11. Draaisma: Stereotypes. 2009, S. 1475; siehe auch: Prochnow: An Analysis. 2014, S. 136-142.[]
  12. Vgl. Jones: Hey Look. 2022, S. 1489.[]
  13. Siehe Cullen et. al.: Better World. 2018..[]
  14. Die Schreibweise Dis/Ability bezieht sich auf die Relation bzw. Ko-Konstitution und Ko-Konstruktion von ‚ability‘ und ‚disability‘. Siehe Goodley: Dis/Ability. 2014.[]
  15. Siehe Ledder: On Disability. 2019; Stasieńko et al.: Fragile Avatars. 2021, S. 9.[]
  16. Vgl. Shell: What. 2021, S. 1. []
  17. Ausnahmen sind Plank: Bodies. 2018, Stasieńko et al.: Fragile Avatars. 2021 sowie Madej: Representation. 2024. []
  18. Nennenswerte Arbeiten zur Repräsentation von Dis/Ability in digitalen Spielen sind Carr: Ability. 2014; Carr: Bodies. 2020; Ledder: Ich will. 2015 []
  19. Nennenswerte Ausnahmen bilden Gibbons: Disability. 2015; Madej: Representation. 2024, S. 77-82; Stasieńko et al.: Fragile Avatars. 2021, S. 36-39. []
  20. Freeman Loftis: Imagining. 2015, S. 4-5.[]
  21. Herausgegeben wird der DSM von der American Psychiatric Association, der größten und einflussreichsten psychiatrischen Vereinigung. In Deutschland wird vor allem der ICD-GM (International Classification of Diseases German Modification) benutzt. []
  22. Anmerkung: Das DSM-5 fasst mittlerweile auch ursprüngliche Unterscheidungskategorien wie frühkindlicher Autismus, Asperger-Syndrom und atypischer Autismus als Spektrum zusammen.[]
  23. Vgl. Freeman Loftis: Imagining. 2015, S. 3; Jurecic: Neurodiversity. 2007, 421f.[]
  24. Ebd. []
  25. Vgl. z.B. Freitag: Autismus-Spektrum. 2014.[]
  26. Vgl. Freeman Loftis: Imagining. 2015, S. 3.[]
  27. Dies sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die sozialen und infrastrukturellen Gegebenheiten und Normen der z.B. beruflichen, schulischen oder öffentlichen Lebenswelten von autistischen Personen durchaus als ‚behindernd‘ wahrgenommen werden können, da diese grundsätzlich auf neurotypischen Annahmen basieren (Freeman Loftis: Imagining. 2015, S. 3). []
  28. Freeman Loftis: Imagining. 2015, S. 4-5.[]
  29. Dyer: Matter. 2000, S. 1.[]
  30. Prochnow: An Analysis. 2014, S. 136; Pomerance; Barton: Autism. 2022, S. 160f..[]
  31. Stasieńko et al.: Fragile Avatars. 2021, S. 9.[]
  32. Draaisma: Stereotypes. 2009, S. 1478.[]
  33. Vgl. Jones: Hey Look. 2022, S. 1492; vgl. Poe; Mosely: She’s. 2016, S. 304-308.[]
  34. Song; Im: Exploring. 2024.[]
  35. Gibbons: Autis(im). 2018, S. 29.[]
  36. Orland: Auti-Sim. 2013.[]
  37. Orland: Auti-Sim. 2013.[]
  38. Gibbons: Autis(im). 2018, S. 28.[]
  39. Kadayifcioglu: Auti-Sim. 2011.[]
  40. Madej: Representation. 2024, S. 81.[]
  41. Siehe https://gamejolt.com/games/auti-sim/12761[]
  42. Z.B. Gibbons: Autis(i)m. 2018. []
  43. Siehe Pomerance; Barton: Autism. 2022, S. 160.[]
  44. Gibbons: Autis(i)m. 2018, S. 29.[]
  45. https://gamejolt.com/games/auti-sim/12761[]
  46. https://gamejolt.com/games/auti-sim/12761[]
  47. Gibbons: Autis(i)m. 2018, S. 29.[]
  48. Vgl. Gibbons: Autis(i)m. 2018, S. 28. o[]
  49. Gibbons: Autis(i)m. 2018, S. 29.[]
  50. Tharian et al.: Characters. 2019.[]
  51. Vgl. Hacking: How. 2009, S. 503.[]
  52. Sarge et al.: Intervention.2020, S. 41.[]
  53. Gibbons: Autis(i)m. 2018, S. 29.[]
  54. Vgl. Gibbons: Autis(i)m. 2018, S. 29; vgl. Draaisma: Stereotypes. 2009, 1478.[]
  55. Tane McClure: Inside Autism. USA Paul Chilopoulos et al 2011.[]
  56. Madej: Representation. 2024, S. 81.[]
  57. https://gamejolt.com/games/auti-sim/12761[]
  58. Vgl. Shell: What. 2021, S. 1. []
  59. Hacking: What. 2009, S. 507.[]
  60. Ubisoft: Watch Dogs 2. 2016. []
  61. 2K Games: Borderlands. 2009.[]
  62. 2K Games: Borderlands. 2009.[]
  63. Dyer: Matter. 2000, S. 2.[]
  64. Prochnow: An Analysis. 2014, S. 137.[]
  65. Prochnow: An Analysis. 2014, S. 136.[]
  66. Siehe: Draaisma: Stereotypes. 2009, S. 1477; Osteen: Autism. 2007, S. 12-14; Prochnow: An Analysis. 2014, S. 137-139; Freeman Loftis: Imagining. 2021, S. 16. []
  67. Freeman Loftis: Imagining. 2021, S. 16. []
  68. Draaisma: Stereotypes. 2009, S. 1477; Vgl. auch: Prochnow: An Analysis. 2014, S. 137. []
  69. Dyer: Matter. 2000, S. 12. []
  70. Hacking: How. 2009, S. 514. []
  71. 2K Games: BioShock. 2007.[]
  72. 2K Games: BioShock. 2007.[]
  73. Freeman Loftis: Imagining. 2015, S. 112.[]
  74. 2K Games: BioShock. 2007.[]
  75. Dunlap; Kowert: Representation. 2022, S. 79f.[]
  76. Tenenbaums Geburtsort ist, der Handlung des Spiels zufolge, der Ort Minsk.[]
  77. Siehe hierzu: Dyer: Matter. 2000, S. 57.[]
  78. Redden: Autistic. 2023.[]
  79. Green: Storytelling. 2017, S. 56.[]
  80. Green: Storytelling. 2017, S. 56.[]
  81. Freeman Loftis: Imagining. 2021, S. 10; Draaisma: Stereotypes. 2009, S. 1478. []
  82. Tharian et al.: Characters. 2019.[]
  83. Vanderhoef; Payne: Big. 2018, S. 56.[]
  84. 2K Games: BioShock. 2007.[]
  85. Vgl. Puro: Female. 2016, S. 16.[]
  86. Freeman Loftis: Imagining. 2021, S. 17.[]
  87. Stang: Big. 2018, S. 33.[]
  88. Motherbeepin: Autism. 2019.[]
  89. Vgl. Motherbeepin: Autism. 2019.[]
  90. Vgl. Peoples: Autism. 2021.[]
  91. Futter: Faith. 2015.[]
  92. Futter: Faith. 2015.[]
  93. Futter: Faith. 2015.[]
  94. Sirani: Ken. 2017. []
  95. Lee: To the Moon. 2019; Gibbons: Disabilty. 2015, S. 32.[]
  96. Das Gameplay besteht hauptsächlich aus ‚fetch quests‘ und trivialen Puzzles.[]
  97. Lee: To the Moon. 2019.[]
  98. Allerdings lässt sich hier einwenden, dass Johnnys Faszination für Rivers ‚Otherness‘ auch als Romantisierung neurodivergenter Sicht- und Lebensweisen gelesen werden kann, die mitunter problematisch sein kann. []
  99. Lee: To the Moon. 2019.[]
  100. Freebird Games: To the Moon. 2011.[]
  101. Freebird Games: To the Moon. 2011.[]
  102. Da Silva: Designing. 2020, S. 56.[]
  103. Gibbons: Disability. 2018, S. 34.[]
  104. Freebird Games: To the Moon. 2011.[]
  105. Freebird Games: To the Moon. 2011. Hacking erläutert, dass dies ein häufiges Motiv darstellt, das in autistischen Zusammenhängen anzutreffen ist: „[…] the trope of the alien that is so current both some autistic communities, to describe neurotypicals, and outside, describe people with autism.“ Hacking: How. 2009, S. 503.[]
  106. Freebird Games: To the Moon. 2011.[]
  107. Freebird Games: To the Moon. 2011.[]
  108. Freebird Games: To the Moon. 2011.[]
  109. Lee: To the Moon. 2019.[]
  110. Draaisma: Stereotypes. 2009. S. 1478.[]
  111. Hacking: How. 2009, S. 541.[]
  112. Lee: To the Moon. 2019.[]
  113. Ender Lost Studies: Aspie Life. 2018.[]
  114. Professional Imagination: Max. 2016.[]

Schlagworte:

Spiele: 

So zitieren Sie diesen Artikel:

Spöhrer, Markus: "Autismus-Repräsentation in digitalen Spielen. Zur Verarbeitung von Stereotypen und Kontextualisierung im Neurodiversitätsdiskurs". In: PAIDIA – Zeitschrift für Computerspielforschung. 27.03.2025, https://paidia.de/autismus-repraesentation-in-digitalen-spielen-stereotypen-neurodiversitaetsdiskurs/. [30.03.2025 - 09:39]

Autor*innen:

Markus Spöhrer

Dr. Markus Spöhrer lehrt und forscht zur Beziehung zwischen Dis-/Ability, Accessibility und digitalen Spielen. Gleichermaßen umfassen seine Forschungs- und Lehrinteressen auch die Repräsentation von Diversität in Film und anderen Medien. Er beschäftigt sich gegenwärtig ebenso mit der Repräsentation von und Interkation mit Überwachungslogiken in digitalen Spielen am Internationalen Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (Universität Tübingen).