Abb.1: The Night of the Rabbit (Daedelic 2013; Spielecover)

„Willkommen in (d)einem Reich der Magie“ – Phantastische Welten spielend verstehen am Beispiel von ‚The Night of the Rabbit‘

15. Februar 2022
Abstract: Phantastische Welten stellen aufgrund des genretypischen Spannungsverhältnisses von Wirklich-keitsferne und -nähe insbesondere für junge RezipientInnen eine große Herausforderung im Rah-men ihres literarischen Verstehensprozesses dar. Computerspiele ermöglichen als interaktive Me-dien jedoch, eben jene Spannungsverhältnisse aufzulösen und für Spieler*innen verschiedener Altersgruppen erfahrbar zu machen. Fantastic worlds represent a challenge in the context of their literary understanding process, espe-cially for young recipients, due to the tension between the distance and proximity that is typical of the genre. As interactive media, games make it possible to dissolve precisely these tensions and make them tangible for players of different age groups.

Egal ob Hogwarts, Oz oder Narnia … Phantastische Geschichten entführen ihre Rezipient*innen zumeist mit nur wenigen Worten in faszinierende Welten, die sie fortan begleiten und nur ein Seitenumblättern, einen Knopfdruck oder einen Mausklick entfernt sind. Diese Welten zu verstehen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen, erscheint jedoch nur auf den ersten Blick als einfach oder wenig voraussetzungsreich. Vielmehr stellen phantastische Erzählungen aufgrund ihres genreinhärenten Spannungsverhältnisses von Wirklichkeitsferne und -nähe ihre Rezipient*innen medienübergreifend vor große Herausforderungen in ihrem literarischen Verstehensprozess1: Die sich narrativ vielfältig manifestierenden Momente der Unschlüssigkeit2 fordern sie zwar einerseits während der Lektüre altersunabhängig dazu auf, die beschriebenen phantastischen Welten zu imaginieren; andererseits müssen sie diese aufgrund ihrer Andersartigkeit ebenso mit erlebter Wirklichkeit in Einklang bringen bzw. von dieser abgrenzen. Insbesondere für Kinder ist dieses Spannungsverhältnis nur umso größer, da sie angesichts ihres entwicklungsbedingt noch gering ausgeprägten Erfahrungsschatzes noch kein Verständnis von Phantastik, Wirklichkeit und im allgemeinen Fiktion entwickelt haben, was sich verstehenshinderlich auf ihren Umgang mit phantastischen Weltkonstruktionen auswirken kann.3 Narrative Computerspiele bieten als interaktiv-immersive Geschichtenträger jedoch die Möglichkeit, eben jenes Spannungsverhältnis durch das selbstbestimmte aktive Handeln aufzulösen und vor dem Hintergrund eines erfahrungsbasierten Ansatzes erfahrbar zu machen.4

Im Rahmen des folgenden Beitrags steht daher die Frage zentral, wie sich die Potenziale phantastischer Weltendarstellung im Computerspiel für den literarischen Verstehensprozess von jungen Rezipient*innen (Fokus sechs bis zwölf Jahre)5 nutzen lassen. Exemplarisch wird hierzu das Point-And-Click-Adventure The Night of the Rabbit (Daedalic 2013) hinsichtlich seiner literarischen Erfahrungsräume analysiert und ein literaturdidaktischer Blick auf dessen Lern- und Verstehenspotenziale geworfen. Vor dem Hintergrund dieser didaktisch-pädagogischen Perspektive steht hierbei die Annahme zentral, dass sich das Spiel sowohl für die Erreichung von curricularen Lernzielen des Literaturunterrichts eignet und dabei nicht nur auf der Handlungsebene eine erste Auseinandersetzung mit phantastischen Welten und ihren zentralen Charakteristika ermöglicht, sondern durch die interaktiv-immersive Gestaltung der narratologischen Metastruktur (bspw. zirkuläre Handlungsschleifen, Auseinandersetzung mit Zeit- & Handlungsachsen, Einbettung des Auftretens von phantastischen Haupt- und Nebenfiguren) Momente der Unschlüssigkeit erfahrbar macht. Hierzu wird im Folgenden geklärt, wie phantastische Welten sich überhaupt in Computerspielen realisieren, welche Bedeutung sie für ihre Rezipient*innen haben und wie sich diese anschließend für die Ausprägung literarischen Verstehens nutzen lassen.

Von Zauberern, Elfen und Orks – Phantastische Welten in Computerspiel und Lebenswelt

Phantastische Welten begleiten junge Rezipient*innen bereits von klein auf: In Bilderbüchern lernen sie phantastische Fabelwesen kennen, die sie sich in textueller Printliteratur dann eigenständig vorstellen müssen, Hörspiele untermalen Fantastisches klanglich, Serien und Filme bannen mystische Orte direkt auf die Leinwand und damit in die Köpfe ihrer Zuschauer*innen. Ein Blick in Nutzungsstudien zur Rezeption unterschiedlicher literarischer Genres zeigt dabei – unabhängig von der medialen Darbietung – dass nicht nur Kinder vom Phantastischen fasziniert sind, sondern die Rezeption von phantastischen Erzählungen altersübergreifend einen festen Platz in der Lebenswelt verschiedener Altersgruppen hat.6 Im Gegensatz zu printbasierten, auditiven oder audio-visuellen Medien konfrontieren Computerspiele ihre Spieler*innen jedoch nicht nur mit einer phantastischen Welt; vielmehr werden sie durch die Spielstruktur und -mechanik dazu gebracht, selbst vor dem Hintergrund des Phantastischen zu handeln und eigene Entscheidungen zu treffen, die zumeist Auswirkungen auf die Figuren und die Welt im Spiel haben.7 Trotz dieser komplexen Anforderungen sieht sich die Nutzung phantastischer Stoffe – insbesondere durch Kinder und Jugendliche – noch immer mit dem Vorwurf der Trivialisierung konfrontiert,8 die ausschließlich dem Eskapismus dient; im Kontext mit digitalen Spielen wird die Sinnhaftigkeit der Auseinandersetzung mit dem Phantastischen beinahe vollständig abgesprochen.9 Welche Rolle kommt daher dem Phantastischen in der Kinder- und Jugendliteratur und ihren Medien zu und was bedeutet „Phantastik“ in diesem Kontext?

Phantastik in Kinder- und Jugendliteratur und ihren Medien

Ähnlich wie in anderen Disziplinen der Kultur- und Sozialwissenschaften zeichnet sich der literaturdidaktische wie kinder- und jugendliterarische Diskurs zur Untersuchung und Nutzung phantastischer Stoffe bei Kindern und Jugendlichen durch eine vielfältige Begriffsbestimmung dessen aus, was unter den Begriff des Phantastischen falle und welche Geschichten und Medien demnach Phantastisches erzählen würden.10 Als Ausgangspunkt der Diskussionen um den Wert des Phantastischen gilt auch hier die Abhandlung von Tzvetan Todorov, der in seiner viel zitierten Einführung in die fantastische Literatur (1972/2013) festhält, dass

Das Fantastische […] die Unschlüssigkeit [ist], die ein Mensch empfindet, der nur die natürlichen Gesetze kennt und sich einem Ereignis gegenübersieht, das den Augenschein des Übernatürlichen hat.11

Wenngleich die Ausführungen Todorovs seit seiner Veröffentlichungen viel diskutiert und insbesondere das Verhältnis von Rezipient*in und literarischer Figur kritisch reflektiert wurden, ergibt sich aus seiner Definition ein Minimalkonsens, der auch im Rahmen der Auseinandersetzung mit kinder- und jugendliterarischer Phantastik eine bedeutsame Rolle spielt: Eine Geschichte ist dann phantastisch, wenn sich entweder die*r Rezipient*in über eine Gestaltungsstruktur, ein Motiv, einen Gegenstand, eine Figur etc. wundert, sie vor dem Hintergrund der beschriebenen Welt jedoch akzeptieren und in dessen Rahmen als gegeben tolerieren kann. Die Momente der Verwunderung können auch von einer intradiegetischen Figur – also einer Figur innerhalb der Geschichte – übernommen und damit zum Thema gemacht werden.12 Dabei changieren auch kinder- und jugendliterarische Erzählungen zwischen den bekannten Formen des Unheimlichen (auch das Realistische) und Wunderbaren (auch das Imaginäre)13, sodass sich die Narrative strukturell und gestalterisch kaum von fortgeschritteneren Erzählungen der High-Fantasy unterscheiden.14 Reinformen des Unheimlichen oder Wunderbaren lassen sich auch in der Kinder- und Jugendliteratur meistens nicht entdecken; eher existieren Mischformen, die einzelne Gestaltungselemente aufgreifen und neu kontextualisieren.15 Dadurch, dass junge Rezipient*innen zumeist erfahrungsbedingt noch kein Konzept von literarischen Gattungen und Genres entwickelt haben, kommt es bei ihnen während der Auseinandersetzung mit phantastischen Geschichten auch weniger zu konkreten Momenten der Unschlüssigkeit, sondern vielmehr zu Irritationen über einzelnen Elemente, die sich aber oftmals an phantastische Gestaltungselemente zurückführen lassen.16 Vor dem Hintergrund dessen plädierte u. a. Haas in seinem Aufsatz aus dem Jahr 1978 Über die Funktionen des Fantastischen (neu aufgegriffen im Jahr 2005) dafür, insbesondere im kinder- und jugendliterarischen Bereich, die Minimaldefinition Todorovs um alle Momente, die Kinder irritierten, zu erweitern. Als Grundlage hierfür verweist er auf die alternativen Denkmuster, die Kinder und Jugendliche bei der Auseinandersetzung mit phantastischen Welten anstellen müssen, da in diesen, Probleme nicht durch reallogisches Denken und erlebte Kausalketten aufgebrochen werden könnten, sondern sich die kognitive Auseinandersetzung an den konstituierenden Momenten der jeweiligen literarischen Welt orientieren müsste.17 Angesichts dessen formulierte Abraham erstmals im Jahr 2012, später auch an anderen Stellen18, fünf Kategorien, die auf kinder- und jugendliterarische Phantastik zutreffe, ohne dabei eine starre Definition vorzugeben:

  1. Medienübergreifende Stofflichkeit und narrative Struktur: Phantastische Geschichten der kindlichen und jugendlichen Lebenswelt erzählen medienübergreifend vom Unerklärlichen und Unwirklichen anhand prototypischer Figuren und Motive.19
  2. Relativierung von Wirklichkeitsmodellen: In phantastischen Erzählungen werden Wirklichkeiten konstruiert, die von der eigenen Realität abweichen und die mit dieser in Einklang gebracht oder aber als andersartig akzeptiert werden muss.
  3. Ordnungsbruch: Durch die Wirklichkeitsabweichungen werden Brüche erzeugt, die von Kindern und Jugendlichen wahrgenommen werden können.
  4. Alteritätserfahrungen: In phantastischen Welten werden dennoch zentrale anthropologische Themen verhandelt, die Reflexionsangebote und Handlungsempfehlungen für die reale Welt beinhalten.
  5. Wiederkehr des Verdrängten: Phantastische Geschichten beinhalten oftmals Motive, Themen und Inhalte, die aus unserer Vergangenheit stammen und im gesellschaftlichen Diskurs nicht mehr verhandelt oder aber verdrängt werden. Phantastisches ist damit immer ein Spiegelbild von gesellschaftlicher und politischer Auseinandersetzung, auch von fehlender.

Auch wenn Abraham seine Ausführungen vor allem auf phantastische Welten in printbasierter Literatur und Filmen bezieht, finden sich diese fünf Kategorien medienübergreifend in allen Darstellungsformen des Phantastischen – auch in Computerspielen: Typische Fabel- und Fantasywesen – wie Drachen, Hexen, Elfen, Orks etc. – finden sich nicht nur in Tolkiens Herrn der Ringe (Tolkien 1954) oder Funkes Drachenreiter (Funke 1997), sondern auch in der Witcher Saga (CD Project 2007) in den Abenteuern Geralt von Rivas; Strategiespiele wie Warcraft III (Blizzard 2002) erzählen ähnlich wie die Chroniken von Narnia (Lewis 1939-1954) oder jüngst die für den deutschen Kinder- und Jugendliteraturpreis nominierten Erzählungen von Podkin Einohr (Larwood 2018) ebenfalls von Völkern und den Kriegen zwischen ihnen; trotz knubbeliger Point-and-Click-Optik bieten Whispered World (Daedalic 2009) oder Silence (Daedalic 2016) durch die Auseinandersetzung mit zentralen Themen wie Leben, Tod, Trauer und Freundschaft in ihren phantastischen Welten zahlreiche Anknüpfungspunkte für Alteritätserfahrungen und die Diskussion von anthropologischen Grundfragen, ähnlich wie Geschichten in phantastischen orientierten Bilderbüchern.

Die Bedeutung von phantastischen Stoffen im kindlichen Lern- und Entwicklungsprozess

Doch welche Rolle spielen nun phantastische Geschichten in kindlichen Lern- und Entwicklungsprozessen und wie lassen sich diese für die Auseinandersetzung mit literarischen Welten nutzen?

Phantastische Weltkonstruktionen bieten vor dem Hintergrund ihrer deutlich von der Realität abweichenden Wirklichkeiten – im Gegensatz zu anderen Geschichten – vielfältige Möglichkeiten für die grundlegende Lern- und Verstehensentwicklung von Kindern und Jugendlichen: So fällt beispielsweise die Auseinandersetzung mit anthropologischen Grundfragen und Problemstellungen deutlich leichter als bei realorientierten Geschichten. Aktuelle Probleme des Rezipierenden – lebensweltlich oder gesamtgesellschaftlich relevant – finden sich nicht in direkter Abbildung im phantastischen Gegenstand, sondern werden durch abstrakte, metaphorische und symbolische Darstellung indirekt transportiert. Eine Auseinandersetzung mit phantastischen Welten wird dadurch in zweierlei Hinsicht erleichtert: Zum einen bieten sie einen Gegenpol zum Erlebten des Rezipierenden, sodass eine ästhetische Annäherung an die Geschichte unbelastet von Vorerfahrungen möglich wird.20 Zum anderen fällt durch die Andersartigkeit des Phantastischen die Analyse und Reflexion der geschilderten Herausforderungen der phantastischen Welt leichter als in realitätsnahen Geschichten, selbst wenn ähnliche anthropologische Grundfragen thematisiert werden, da diese nicht direkt auf die Lebenswelt der Rezipient*innen übertragen werden.21 Für die kindliche Lern- und Verstehensentwicklung sind beide Aspekte besonders relevant, da durch die Wirklichkeitsferne erst Zugänge zur Auseinandersetzung geschaffen werden, die bei der Erschließung anderer Geschichtenformen durch Vorerfahrung und Realitätsnähe verschlossen bleiben würden.22 Begünstigt wird die Auseinandersetzung durch die in phantastischen Werken typischen Handlungsverläufe und klaren Figurenkonstellationen: In phantastischen Geschichten gibt es zumeist eine*n Held*in, die*r alleine oder gemeinsam mit Verbündeten ein wie auch immer geartetes Abenteuer in einer wirklichkeitsfernen Welt bestehen und dabei von zumeist als ‚böse‘ gekennzeichneten Widersachern verfolgt wird oder diese erst bezwingen muss. Ob ‚das Böse‘ dabei innerhalb oder außerhalb des Protagonisten liegt, hängt von der Geschichte ab. Durch die typischen Gestaltungsmerkmale können sich kindliche Rezipient*innen so auch schnell in unbekannten Welten orientieren, da diese genretypischen Konventionen folgen, die zwar von der realen Wirklichkeit abweichen, aber geschichtenübergreifend konstant gestaltet sind. Durch den klaren Gut-Böse-Dualismus fällt die Identifikation mit einer positiv konnotierten Heldenfigur leicht, was wiederum die Auseinandersetzung mit den verhandelten Themen der phantastischen Welten begünstigt.23

Für die Anbahnung literarischer Verstehensprozesse – auch in schulischen Vermittlungssettings – bedeutet dies, dass sich phantastische Geschichten sowohl für die Entwicklung grundlegender literarischer Kompetenzen der Handlungsebene und Metaebene von Erzählungen eigenen, aber auch weiterführende literarische Bildungsaspekte der affektiv-ästhetischen Auseinandersetzung anregen24:

Zu den literarischen Grundkompetenzen der Handlungsebene zählt sowohl das Handlungs- als auch das Figurenverstehen. Phantastische Geschichten tragen durch ihren genretypischen Aufbau zu beiden Grundkompetenzen bei, da die Auseinandersetzung mit der beschriebenen literarischen Welt durch ihre Abweichung leicht gelingt und typische Handlungsmuster sowohl innerhalb einer Geschichte als auch geschichtenübergreifend immer wieder auftauchen (Bezug: literarische Grundkompetenz Handlungsverstehen). Positiv gekennzeichnete Heldenfiguren erleichtern die Identifikation der Rezipient*innen mit diesen, was die Perspektivübernahme fördert und den Nachvollzug von Handlungsmotivationen unterstützt (Bezug: literarische Grundkompetenz Figurenverstehen). Die zumeist klar gekennzeichneten Gut-Böse-Dualismen ermöglichen darüber hinaus eine eindeutige Zuordnung von Figuren in komplexere Konstellationsgeflechte und ihren damit verbundenen Handlungsentscheidungen (Bezug: literarische Grundkompetenz Figurenverstehen).

Das Verstehen der literarischen Metaebene umfasst indessen die Auseinandersetzung mit der sprachlichen sowie symbolisch-metaphorischen Gestaltung. Neben genretypischen Formulierungen und Sprachgewohnheiten (Bezug: literarische Grundkompetenz Sprachliche Mittel verstehen) sticht dabei insbesondere die symbolisch-metaphorische Gestaltung phantastischer Werke heraus, die sich für literarische Lernprozesse nutzen lässt: Diese beziehen sich einerseits auf die phantastischen intradiegetischen Strukturen – wie magische Gegenstände, Wesen, innergeschichtliche Erzählungen – die durch ihre wirklichkeitsferne Darstellung zwar innerhalb der Geschichte eine Rolle spielen, aber vor allem durch die extradiegetische Realität der Rezipient*innen eine Bedeutung erhalten. Durch die Wirklichkeitsferne der Gestaltungselemente ist die Wahrnehmung der transferierten Bedeutung dieser – im Sinne von „Das steht für etwas, weil…“ – leichter mit kindlichen Rezipient*innen zu thematisieren als bei realitätsorientierten Werken (Bezug: literarische Grundkompetenz Symbol- und Metaphernverstehen). Andererseits ermöglicht der Weltenübertritt, der insbesondere in offenen Weltenkonstruktionen zwischen Primär- und Sekundärwelt vollzogen wird oder sich in implizierten Verhältnissen findet (vgl. Nikolajeva 1988), eine konkrete Auseinandersetzung mit der Konstruktion von Geschichten und ihren Elementen. Den Momenten des Übergangs kommt in phantastischen Geschichten eine große Bedeutung zu, die sich auch narrativ in der Erzähldichte und -tiefe wiederfindet. Angesichts dieser Signalwirkung fällt es kindlichen Rezipient*innen oftmals leichter, sich mit diesen als Schlüsselmomenten auseinanderzusetzen und Überlegungen anzustellen, was dieser Übergang nun sowohl für die Figur als auch das Verhältnis der beschriebenen Primär- und Sekundärwelt bedeutet. Ähnliches gilt auch für die phantastischen Momente der Unschlüssigkeit, des Wunderbaren und Unheimlichen, die aufgrund ihrer genretypischen Vielfalt zu Irritationsmomenten bei ihren Rezipient*innen führen und Reflexions- sowie Sinndeutungsprozesse begünstigen (Bezug: literarische Grundkompetenz Sinndeutung).

Neben der Anbahnung literarischer Grundkompetenzen bieten phantastische Welten jedoch ebenso vielfältige Möglichkeiten zur Entwicklung literarischer Bildung:

Zum einen bieten sie aufgrund der bereits beschriebenen wirklichkeitsfernen Thematisierung anthropologischer Grundfragen die Möglichkeit, sich mit eben jenen anhand eines verfremdeten Blicks auseinanderzusetzen und dabei gleichermaßen Alteritätserfahrungen zu sammeln. Die Andersartigkeit phantastischer Welten eröffnet im Gegensatz zu anderen literarischen Genres eher den Zugang durch ein immersives Versunkensein in die beschriebene Geschichte, da diese die Rezipient*innen aus ihrem Alltag herausnimmt und in abweichende Realitäten entführt. Hierdurch entsteht eine eher spielerische, zweckentfremdete Auseinandersetzung mit literarischen Gegenständen, die weniger kognitiv als affektiv aufgeladen ist und zu Suchprozessen zwischen eigener Lebenswelt und phantastischer Geschichte führt, wodurch die Lese-, Seh- oder Spielmotivation mit Literatur gesteigert wird.25 Darüber hinaus ermöglichen phantastische Geschichten eine tiefergehende Auseinandersetzung mit dem metakognitiven Verhältnis von Fiktion und Wirklichkeit und damit der fiktionalen Weltengestaltung von literarischen Gegenständen an sich. Insbesondere Kinder, die noch wenige literarische Vorerfahrungen haben, tun sich mit diesem Verhältnis leichter, wenn sie sich hierzu mit phantastischen Geschichten auseinandersetzen, da die die Signalstärke des als fiktional Angezeigten höher ist als in realorientierter Literatur.26

Potenziale von Computerspielen für das Verstehen phantastischer Welten

Während sich die beschriebenen, genretypischen Potenziale – sowohl für die Verstehensentwicklung von Kindern an sich als auch bezüglich literarischer Verstehensprozesse – in beinahe allen phantastischen Welten finden und daher potenziell für den Erwerb, Auf- und Ausbau von u.a. literarischen Kompetenzen geeignet sind, bestehen hinsichtlich ihrer Zugänglichkeit jedoch große Unterschiede:

Phantastisches und kaum Vorstellbares ausschließlich anhand von Text zu imaginieren, gelingt insbesondere Kindern mit noch wenigen literarischen Vorerfahrungen und gering ausgeprägtem literarischen Verstehen nur schwer: Schließlich müssen sie zunächst das geschriebene Wort entziffern, um es dann kognitiv und affektiv zu durchdringen und abschließend das Gelesene und Verstandene mental zu verarbeiten – beispielsweise in Form von imaginierten Vorstellungen der literarischen Welt. Bei realorientierten Geschichten gelingt eben jene Vorstellung leichter, da Rezipient*innen hierzu an ihren individuellen Erfahrungen und ihrer Lebenswirklichkeit anschließen können27 – den Stadttrubel Berlins aus Kästners Emil und die Detektive (Kästner 1929) können sich Kinder eher vorstellen als die Landschaften Alagaësia (Paolini 2002) oder die Hügel und Täler Phantásiens (Ende 1979). Darüber hinaus versetzen textuelle Zugangsformen ihre Rezipient*innen ausschließlich in die Rolle einer*s passiven Leser*in. Ein Eingreifen in die Geschichte ist nicht möglich, die Rezipient*innen begleiten die beschriebenen Figuren vielmehr bei ihren Abenteuern als dass sie sie gemeinsam erleben. Gerade bei wirklichkeitsfernen Beschreibungen in geschlossenen Weltensystemen28 entsteht so eine große Distanz zwischen Geschichte, Held*in und Rezipient*in, die nur durch literarische – überwiegend kognitiv basierte – Verstehensprozesse überwunden werden kann. Gelingt einem Kind dies nicht, bleibt die phantastische Welt für sie oder ihn verschlossen.

Die Zugänglichkeit zu phantastischen Geschichten hängt daher einerseits davon ab, auf welche Zeichensysteme die Rezipient*innen zugreifen können, und andererseits anhand welcher Handlungen sie die beschriebene Welt erschließen können, dürfen und sollen. Computerspiele bieten hinsichtlich beider Anforderungen gegenstandsspezifische Potenziale, die sich für die Ausprägung literarischer Verstehensprozesse nutzen lassen:

Zugänglichkeit über multidimensionale Zeichensysteme

Computerspiele präsentieren im Gegensatz zu anderen Medienformen ihre erzählten Geschichten anhand multidimensionaler Zeichensysteme: Phantastische Geschichten in Buchform können ausschließlich über die textuelle Ebene erschlossen werden, Hörspiele und -bücher nutzen auditive Elemente, um die beschriebenen Welten zum Leben zu erwecken, in Film und Serie werden Figuren und Orte audio-visuell auf die Leinwand gebracht. In Computerspielen werden hingegen die verschiedenen Ebenen miteinander kombiniert: Den Spielenden wird auf dem Bildschirm visuell die phantastische Welt präsentiert, die zuvor ausgearbeitet und mit auditiven Elementen angereichert wurde.29 Gespräche zwischen Figuren werden durch Untertitel textuell begleitet, Gegenstände durch Begleitinformationen angereichert oder aber selbst in das Spiel eingebunden. Hinzu kommt das interaktive, enaktive Erkunden der Spielenden, da diese nicht nur Buchstaben und Satzgefügen folgen, sondern sich – in Abhängigkeit zum Spielgenre – überwiegend frei in der Spielwelt bewegen können und dabei selbstständig auf weitere Gestaltungselemente stoßen, mit welchen sie dann interagieren können.30

Für die Auseinandersetzung mit phantastischen Welten bedeutet dies, dass ihre Rezipient*innen auf mehr als ein Zeichensystem zugreifen können, um sich die beschriebene Welt und ihre Handlungsträger*innen zu erschließen. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der Wirklichkeitsferne phantastischer Erzählungen von Bedeutung, da vor allem Kinder nicht direkt auf lebensweltlichen Vorerfahrungen zurückgreifen können, um sich einer phantastischen Welt anzunähern; vielmehr werden ihre Themen indirekt verhandelt. Die Imagination wird durch die audio-visuelle Ebene unterstützt oder überhaupt erst angeregt. Die Möglichkeit, sich interaktiv mit der beschriebenen Welt auseinanderzusetzen und selbstständig, u.a. auch abseits von ansonsten textuell ausgetretenen Pfaden, orientieren zu können, befördert zusätzlich die Annäherung an phantastische Orte und Figuren, da Spiele auf die Handlungen ihrer Spielenden reagieren.

Aktive Partizipation statt passiver Rezeption

Hieran anknüpfend ergibt sich das zweite Potenzial: Computerspiele versetzen ihre Spielenden in die Lage der aktiven Partizipation und nicht der passiven Rezeption. In anderen Medienformen – wie Text, Audio oder Bewegtbild – nehmen Rezipient*innen eine passive Rolle ein. Unabhängig davon, was sie vom dargestellten Geschehen halten, können sie in Büchern keinen Einfluss darauf nehmen, wie die beschriebenen Held*innen reagieren. Hörspiele, -bücher, Filme und Serien setzen ihre Geschichten ohne das Drücken auf den Pausenknopf fort, ohne dass die Rezipierenden darauf einwirken können. Die beschriebenen Welten in Computerspielen funktionieren im Gegensatz hierzu nur durch die Aktion der Spielenden und ihre Interaktion mit Welt und Figuren. Wird ein Gespräch nicht geführt, ein Rätsel nicht gelöst oder ein bestimmter Ort im Spiel nicht erreicht, wird die Geschichte nicht fortgesetzt. Die Handlung löst die Rezeption im Computerspiel ab oder wird ein Teil von dieser.

Für die Durchdringung phantastischer Welten ist dies von Bedeutung, da die Momente des Unwirklichen, Unheimlichen und Wunderbaren nicht einfach so passieren, sondern immer auf Aktionen bzw. Interaktionen des Spielenden selbst zurückzuführen sind. Das Phantastische wird so viel greifbarer, weniger abstrakt und leichter zu durchdringen, da die Distanz zwischen Phantastik und Partizipant*in durch ihre oder seine Handlungen überbrückt und anschaulicher wird. Computerspiele ermöglichen daher in diesem Kontext ein erfahrungsbasiertes, auf Interaktionen zurückführbares Lernen31, das tiefergehende Vernetzungen von Inhalten und Kompetenzen erlaubt, als die ausschließliche passive Rezeption.

„Das ist doch nur in der Geschichte so“ – Phantastische Welten verstehen lernen am Beispiel von The Night of the Rabbit

Wie die beschriebenen Potenziale von Computerspielen zur Auseinandersetzung mit phantastischen Welten und der Entwicklung literarischer Verstehensprozesse genutzt werden können, soll im Folgenden anhand des Point-and-Click-Adventures The Night of the Rabbit (Daedalic 2013) erläutert werden.

Abb.1: The Night of the Rabbit (Daedelic 2013; Spielecover)

Abb.1: The Night of the Rabbit (Daedelic 2013; Spielecover)

Das Spiel erzählt von den Abenteuern von Jeremias Haselnuss, der eines Tages einen seltsamen Brief mit der Anleitung zu einem magischen Ritual erhält. Da Jerry – so nennen ihn seine Freunde – ohnehin nichts lieber als ein Magier sein möchte, nimmt er die Herausforderung an und beschwört mithilfe einer Karottenflamme sowohl die Truhe des großen Zauberers Zaroff herauf als auch den Marquis de Hoto, einen weißen, sprechenden Hasen in rotem Mantel, der Jerry unter seine Fittiche nimmt und ihn als Lehrling zu einem Baumläufer ausbilden möchte. Jerry folgt dem Marquis kurzerhand durch ein Portal in die magische Welt von Mauswald, in welchem er auf Eichhörnchengröße geschrumpft fortan verschiedene Zauber und die Fähigkeit erlernt, zwischen den Welten umherzureisen. Schnell wird jedoch klar: In Mauswald und den anderen Welten stimmt etwas nicht und es liegt an Jerry, das Unheil aufzuhalten, dass alle Bewohner in Mauswald zu verschlingen droht – die Machenschaften des Zauberers Zaroff, der mithilfe eines Bannzaubers Lebewesen aller Welten zu seinem willenlosen Publikum machen möchte. Innerhalb des knapp sieben- bis neunstündigen Point-and-Click-Adventures übernehmen die Spielenden daher die Rolle von Jerry und versuchen, Zaroff mit manch wundersamer Rätselkombination aufzuhalten und die verschiedenen Welten in guter Tradition der Baumläufer wieder zu sicheren Orten zu machen.

Für die Annäherung an phantastische Welten und die Ausprägung literarischer Verstehensprozesse bietet das Spiel vielfältige Potenziale, die sich u. a. in der Konstruktion der magischen Welten, den literarischen Figuren sowie den zahlreichen Momenten des Wundersamen zeigen:

Lernfeld 1: Sich magischen Welten annähern

Die Spielwelten in The Night of the Rabbit zeichnen sich durch vielfältige Momente des Wundersamen, Unmöglichen und Magischen aus und eignen sich daher insbesondere für eine erste niedrigschwellige Annäherung an phantastische Weltgestaltungen:

Jerrys Abenteuer beginnen zwar zunächst in einer realorientierten Primärwelt, die jedoch schnell durch das Eindringen des Marquis de Hoto mit Artefakten der magischen Sekundärwelten angereichert wird. Der junge Zauberlehrling selbst lernt im weiteren Spielverlauf, zwischen den verschiedenen Sekundärwelten durch Portalbäume hin und herzureisen (Primärwelt, Sekundärwelten: irland-, japan- & antarktisähnlich), die sich zwar in ihrer individuellen magischen Gestaltung unterscheiden, jedoch alle dem gleichen Prinzip folgen: Nichts ist unmöglich und genau so können Jerry und die Spielenden agieren. Mit einem einfachen Zauberspruch können Steine zum Sprechen, Pflanzen zum Wachsen oder traurige Gesichter zum Schmunzeln gebracht werden. Die absurdesten Rätselkombinationen ergeben innerhalb der Spielwelt einen Sinn und sind jeweils handlungslogisch nachvollziehbar eingebettet, auch wenn sie manchmal von einem mürrischen Zwerg oder einem immer wieder wegnickenden Zauberer erklärt werden müssen. Der genretypische Weltenübertritt wird so zum tragenden Spielprinzip und Thema der Geschichte, welches die Spielenden selbst steuern und sich so an die phantastische Andersartigkeit der Spielwelten annähern können. Dass die einzelnen Welten dabei vornehmlich phantastisch konnotierte Orte – wie Zaubergärten, Magiertürme oder mausgroße Städte unter einer einzelnen Baumwurzel – zeigen, unterstützt dabei die Auseinandersetzung mit dem Wundersamen nur weiter.

Der Marquis muss seinen Anfang in der Zwischenwelt finden (Screenshot aus The Night of the Rabbit (2013))

Der Marquis muss seinen Anfang in der Zwischenwelt finden (Screenshot aus The Night of the Rabbit (2013))

Darüber hinaus wird den Spielenden in The Night of the Rabbit direkt zu Beginn des Spiels durch verschiedene narrative Gestaltungsstrukturen deutlich gemacht, dass es sich bei der vorliegenden Geschichte um eine phantastische Erzählung handelt, was die Erstannäherung begünstigt: Das Spiel beginnt mit dem stummen Marquis de Hoto, der in einer Art Zwischenwelt auf einen Waldschrat trifft, welcher ihn auf seine offensichtliche Verwirrung ob der Szenerie anspricht und fragt, ob er sich verlaufen habe. Dabei wird dem Spielenden die Zwischenwelt als Baumkrone präsentiert, deren Zweige in unterschiedliche Pfützen führen, die – ähnlich wie in den Chroniken von Narnia – jeweils für eine andere Welt stehen und durch eben jene Pfützen betreten werden können. Der Waldschrat fragt den Marquis nach einigem Suchen, ob er einen Anfang sucht, der sich nach einem „Es war einmal“ anfühlt, bevor er ihm auf seinen Weg hilft und das Intro in Reimform mit eben jenem „Es war einmal“ beginnt. Bereits dieser Einstieg verweist deutlich auf die phantastischen Elemente in der folgenden Geschichte, sodass die Spielenden nicht überraschend mit einer sich wandelnden Primärwelt konfrontiert werden, sondern direkt einer phantastisch gestalteten begegnen und sich mit dieser anschließend auseinandersetzen können.

Lernfeld 2: Sich mit phantastischen Figuren auseinandersetzen

Weiterhin eigenen sich insbesondere die skizzierten phantastischen Figuren in The Night of the Rabbit für die Anbahnung literarischer Verstehensprozesse vor dem Hintergrund phantastischer Weltgestaltung:

Jerry wird innerhalb des Spiels als der kindliche Held gezeigt, der er ist. Er übernimmt zu Beginn die Rolle des Zauberlehrlings, der jedoch schnell über sich und die ihm zu Beginn zur Verfügung stehende Welt hinauswächst und trotz Zweifeln und Ängsten am Ende die magischen Portalwelten vor Zaroff rettet. Hierbei kommt zum einen das genretypische Auserwähltenmotiv phantastischer Geschichten zum Tragen, da sowohl Zauberer- als auch Tierwelt sich einig sind, dass „Nur [Jerry] den Bann brechen“ (Alter Magier im Zaubererturm des Randbereichs von Mauswald) und die Portalwelten retten kann. Zum anderen zweifelt Jerry selbst an seinen Fähigkeiten und ob diese ausreichen, um Zaroff entgegenzutreten. Jerry wird dadurch zwar klar als Heldenfigur positioniert, durch seine Verletzlichkeit und Unsicherheit wird er den Spielenden jedoch nahbarer gemacht, als es eine strahlende Heldenfigur ohne Zweifel, Ängste und Fehler könnte. Eine Identifikation mit Jerry und die Übernahme seiner Figurenperspektive wird hierdurch erleichtert und insbesondere für junge Spielende ein Zugang geschaffen, der den Aufbau von Figurenverstehen unterstützt – vor allem auch deshalb, weil die Spielenden in die Rolle von Jerry schlüpfen und dadurch einen Erfahrungsraum für ihre eigenen Stärken und Zweifel gespiegelt bekommen.

Neben dem nahbaren Protagonisten zeichnet sich das Point-and-Click-Adventure jedoch ebenso durch einen klar gezeichneten Gut-Böse-Dualismus der Figuren aus, der die Zuordnung von Figuren in Beziehungsgeflechten unterstützt und ihre Handlungsmotivationen nachvollziehbar macht. Zaroff wird dabei als klarer Gegenspieler Jerrys inszeniert, der die magischen Portalwelten unterjochen und deren Bewohner*innen zu seinem Publikum machen möchte. Der Marquis de Hoto übernimmt zu Beginn die Rolle des weisen Lehrmeisters, der jedoch noch mehr zu wissen scheint, als er Jerry zu Beginn der Geschichte erzählen möchte. Die Waldbewohner sind Jerry alle grundsätzlich wohlgesinnt, die Echsenmenschen und auch die Krähen, vor denen sich die Mäuse, Hasen, Ziesel und Eichhörnchen fürchten werden als hinterhältig, verschlagen und undurchschaubar konnotiert.

Mit fortschreitendem Handlungsverlauf erfahren die Spielenden jedoch einen Bruch in der Figurenbeschreibung: Immer wieder werden sie durch Figuren darauf hingewiesen, dass der Marquis etwas im Schilde führt, was er den Spielenden nicht erklären kann. Zum Ende der Geschichte erfahren sie, dass sowohl der Marquis als auch Zaroff eigentlich gebrochene Helden sind, die zum Bösen verführt wurden und der Marquis sich nicht mehr anders zu helfen wusste, als Zaroff seine Fähigkeit des Weltenwanderns zu nehmen. Dieser fand sich daraufhin gefangen in einer für ihn unerträglichen Welt, „in der Magie nur auf Bühnen existiert“ (Zaroff im Epilog der Geschichte). Durch den Bruch der beiden scheinbar eindeutig beschrieben Figuren bietet The Night of the Rabbit vielfältige Reflexionsanlässe über die Figurenzuschreibung, die zentral für die Anbahnung von grundlegenden literarischen Verstehensprozessen sind und durch die subjektive Involviertheit der Rezipient*innen als Spielende begünstigt werden.

Lernfeld 3: Momente des Unwirklichen, Wunderbaren und Unheimlichen als Resonanzraum

Neben der grundlegenden Annäherung an eine phantastische Welt oder der Auseinandersetzung mit phantastischen Figuren ermöglicht The Night of the Rabbit insbesondere bereits jungen Spieler*innen den Umgang mit Momenten des Unwirklichen, Wundersamen und Unheimlichen, da das Spiel diese Momente zu zentralen Themen des Spielerlebnisses macht:

Abb. 3: Baumläufer oder Zauberlehrling? Nicht nur Jerry wundert sich über die Dinge, die in Maus-wald vor sich gehen (Screenshot aus The Night of the Rabbit (2013))

Abb. 3: Baumläufer oder Zauberlehrling? Nicht nur Jerry wundert sich über die Dinge, die in Maus-wald vor sich gehen (Screenshot aus The Night of the Rabbit (2013))

Bereits zu Beginn der Geschichte greift der Marquis de Hoto Jerrys Verwunderung über das Phantastische in seiner Primärwelt mit dem Satz auf: „Vergiss unmöglich! Für einen Zauberer ist nichts unmöglich!“. Dieser wird im Anschluss zu Jerrys Leitprinzip, weshalb es ihm – und auch den Spielenden – möglich wird, den Transfer zwischen den verschiedenen Portalwelten zu akzeptieren und die wundersamsten Rätselkombinationen als durchaus akzeptable Lösungsstrategie anzuwenden. In den beschriebenen phantastischen Welten ist nun mal alles möglich, auch die Selbstmanipulation Jerrys in seinen Träumen, um den Zauberer Zaroff am Ende des Spiels zu besiegen, oder die eigentlich unmögliche Flucht des wahren Marquis de Hoto aus seinem Glasgefängnis in der Flasche des alten Magiers, welche nach dem Abspann nur durch ein „Nichts ist unmöglich!“ und einem leisen Glasklirren für die Spielenden angedeutet wird. Vor diesem Hintergrund verändert sich der Umgang mit dem Wundersamen für die Spielenden in The Night of the Rabbit grundlegend: Nicht das Wundern über die phantastische Welt steht im Mittelpunkt – da in dieser schließlich alles möglich ist – sondern das gemeinsame Wundern mit den Figuren innerhalb des intradiegetischen Erzählrahmens. Diese äußern an zentralen Stellen des handlungslogischen Geschehens – in bester Todorov ’scher Tradition – ihre Verwunderung über die Vorkommnisse, die von der regulären phantastischen Weltgestaltung abweichen: So unterhalten sich sprechende Eichhörnchen über die Echsenmenschen, die zusehends Mauswald tyrannisieren; der Vorsitzende des Stadtrats – seines Zeichens ein Uhu – versteht nicht, wieso der Marquis das Wipfelfest nur wegen Jerrys Ankunft feiern will, obwohl man das doch jedes Jahr auch ohne Anlass täte; der alte Magier kann kaum glauben, dass der Marquis vor ihm steht, da dieser doch eigentlich geschrumpft in einer Flasche sicher in seinem Wandschrank stehen sollte. Die Momente des Wundersamen sind dabei vielfältig angelegt und reichen von den Verwunderungen der magischen Waldbewohner bis hin zu intertextuellen Verweisen auf andere phantastische Geschichten, wie die Chroniken von Narnia, Alice im Wunderland, Peter Pan oder Märchen wie Aschenputtel oder Frau Holle.

Im Gegensatz zu einer monodimensionalen Buchlektüre fordert das Computerspiel die Auseinandersetzung der Spielenden mit dem Moment des Wunderns durch die Spielmechanik jedoch ein: Die Spielenden müssen den Momenten des Wunderns nachgehen, um im Spielgeschehen voranzukommen und die Antworten auf die Fragen Jerrys zu finden, um zum Schluss Zaroff zu besiegen. Ohne eine Auseinandersetzung mit den wundersamen Elementen bleibt ein Fortkommen aus.

Fazit

Anhand des Beispiels von The Night of the Rabbit wird deutlich, dass phantastische Welten in Computerspielen durchaus zur Anbahnung von literarischen Lernprozessen genutzt werden können. Für kindliche Spielende bieten phantastische Geschichten vielfältige Potenziale, die den Erwerb, Auf- und Ausbau von literarischen Verstehens- und Lernprozessen unterstützen und dabei zur Entwicklung von literarischen Grundkompetenzen und literarischer Bildung beitragen. Computerspiele eigenen sich aufgrund ihrer gegenstandsspezifischen Gestaltungsstrukturen in besonderer Art und Weise, das sie ihre Spielenden zum eigenen Handeln anhalten und sie damit von der Rolle einer*s passiven Rezipient*in in die Rolle einer*s aktiv Beeinflussenden versetzen, was zu einem auf Interaktionen basierenden, nachhaltigen Verstehensprozess beiträgt. The Night of the Rabbit ist dabei besonders für die Auseinandersetzung von kindlichen Spielenden geeignet, da die Spielwelt eine niedrigschwellige Annäherung an phantastische Weltkonstruktionen begünstigt, eine Auseinandersetzung mit literarischen Figuren anhand genretypischer Dualismen ermöglicht und gleichzeitig bricht, sowie die Momente des Wundersamen, Magischen und Unheimlichen zum Leitthema macht, mit welchem sich die Spielenden auseinandersetzen müssen, um im Spielgeschehen voran zu kommen. Für die Anbahnung literarischer Verstehensprozesse bedeutet dies, dass computerspielbasierte Formen des Phantastischen durchaus für die Förderung literarischer Kompetenzen – auch in schulischen Vermittlungsprozessen – eingesetzt werden können, um eine phantastische Erstannäherung aber auch eine fundierte Reflexion zu gewährleisten.

Medienverzeichnis

Spiele

Blizzard Entertainment: Warcraft III (Microsoft Windows). USA: 2002.

CD Project: The Witcher (Microsoft Windows). Polen: 2007.

Daedalic: Whispered World (Microsoft Windows). Deutschland: 2009.

Daedalic: Night of the Rabbit (Microsoft Windows). Deutschland: 2013.

Daedalic: Silence (Microsoft Windows).. Deutschland: 2016.

Primärliteratur

Ende, Michael: Die unendliche Geschichte. Stuttgart: Thienemann 1979.

Funke, Cornelia: Drachenreiter. Hamburg: Cecilie Dressler Verlag 1997.

Kästner, Erich: Emil und die Detektive. Berlin-Grundwald: Williams 1929.

Larwood, Kieran: Podkin Einohr. Der magische Dolch. Band 1. Ravensburg: Ravensburger 2018.

Lewis, Clive Staples: Die Chroniken von Narnia. Moers: Brendow 1939-1954.

Paolini, Christopher: Eragon. Das Vermächtnis der Drachenreiter. Band 1. München: cbj-Verlag 2002.

Tolkien, John R. R.: Der Herr der Ringe. Drei Bände. Stuttgart: Klett Cotta 1954.

Sekundärliteratur

Abraham, Ulf: Fantastik in Literatur und Film. Eine Einführung für Schule und Hochschule. Berlin: Erich Schmidt Verlag 2012.

Abraham, Ulf: Themenschwerpunkt: Literarische Fantastik. In: Praxis Deutsch, 41, H. 247 (2014).

Abraham, Ulf: Einlass in die Wunderländer, Zutritt zu den Zauberzeiten! Plädoyer für eine kulturwissenschaftlich und literaturdidaktisch reflektierte Sicht auf die literarische Fantastik. In: Jantzen, Christoph/Ritter, Alexandra/Ritter, Michael (Hrsg.): Faszination Zauberwelt. Neue Perspektiven auf die Fantastik in Kinder- und Jugendmedien. München: kopaed 2020, S. 15-26.

Beer, Alexander: Virtuelle Spielwelten. Verschiedene Perspektiven auf die Fantastik in der digitalen Welt. In: Jantzen, Christoph/Ritter, Alexandra/Ritter, Michael (Hrsg.): Faszination Zauberwelt. Neue Perspektiven auf die Fantastik in Kinder- und Jugendmedien. München: kopaed 2020, S. 239-250.

Boelmann, Jan M./König, Lisa: Literarische Kompetenzen messen, literarische Bildung fördern. Das BOLIVE-Modell. Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren 2021.

Boelmann, Jan M./König, Lisa/Stechel, Janek: Genug gespielt. Warum Computerspiele eine eigene Didaktik brauchen. In: Literatur und Unterricht. H. 2 (2021). (in Veröffentlichung).

Boelmann, Jan M./Stechel, Janek: Erfahrungsbasiertes Lernen mit Computerspielen in formalen Bildungskontexten. In: ide 2 (2020), S. 9-21.

Bopp, Matthias: Immersive Didaktik. Verdeckte Lernhilfen und Framingprozesse in Computerspielen. In: kommunikation@gesellschaft. 2005 Online unter: https://www.researchgate.net/publication/45844524_Immersive_Didaktik_verdeckte_Lernhilfen_und_Framingprozesse_in_Computerspielen (14. Januar 2022)

Brittnacher, Hans Richard/May, Markus (Hrsg.): Phantastik. Ein interdisziplinäres Handbuch. Stuttgart: Metzler 2013.

Durst, Uwe: Theorie der phantastischen Literatur. Berlin: LIT-Verlag 2010.

Ewers, Hans-Heino: Kinder- und Jugendliteratur. In: Brittnacher, Hans Richard/May, Markus (Hrsg.): Phantastik. Ein interdisziplinäres Handbuch. Stuttgart: Metzler 2013, S. 249-257.

Freund, Winfried: Deutsche Phantastik. München: Wilhelm Fink Verlag 1999.

Fritz, Jürgen: Zur Faszinationskraft virtueller Spielwelten. In: Dittler, Ulrich/Hoyer, Michael (Hrsg.): Machen Computer Kinder dumm? Wirkung interaktiver, digitaler Medien auf Kinder und Jugendliche aus medienpsychologischer und mediendidaktischer Sicht. München: kopaed 2006, S. 119-146.

Haas, Gerhard: Struktur und Funktion der phantastischen Literatur. In: Wirkendes Wort. Jg. 28, H. 5 (1978), S. 340-356.

Haas, Gerhard: Funktionen von Phantastik. In: Knobloch, Jörg/Stenzel, Gudrun (Hrsg.): Zauberland und Tintenwelt. Fantastik in der Kinder- und Jugendliteratur. Weinheim: Juventa 2005, S. 26-38.

Hinrichs, Gunnar: Hören als. In: Hilgers, Thomas/Koch, Gertrud (Hrsg.): Perspektive und Fiktion. Paderborn: Fink 2017, S. 195-219.

Illinger, Daniel: Erspielte Welten. Über die Beziehung zwischen Fantasy und Videospiel. In: Jantzen, Christoph/Ritter, Alexandra/Ritter, Michael (Hrsg.): Faszination Zauberwelt. Neue Perspektiven auf die Fantastik in Kinder- und Jugendmedien. München: kopaed 2020, S. 121-132.

Kahlert, Joachim: Der Sachunterricht und seine Didaktik. Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt 2016.

Köhnlein, Walter: Sachunterricht und Bildung. Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt 2012.

Kolb, Alice Y./Kolb, David A.: The Experiential Educator. Principles and practices of experiential learning. Kaunakakai, HI: EBLS Press 2017.

König, Lisa: Fiktionswahrnehmung als Grundlage literarischen Verstehens. Eine empirische Studie über den Zusammenhang von Fiktionsverstehen und literarischer Kompetenz. Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren 2020.

Kraam-Aulenbach, Nadia: Interaktives, problemlösendes Denken im vernetzten Computerspiel. Wuppertal 2002. Online unter: http://elpub.bib.uni-wuppertal.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-319/d030203.pdf (14. Januar 2022).

Lypp, Maria: Einfachheit als Kategorie der Kinderliteratur. Frankfurt a.M.: dipa 1984.

Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hrsg.): JIM-Studie 2020. Jugend, Information, Medien. Basisuntersuchung zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger. 2020. Onlinequelle: https://www.mpfs.de/fileadmin/files/Studien/JIM/2020/JIM-Studie-2020_Web_final.pdf. (01. Juli 2021).

Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hrsg.): KIM-Studie 2020. Kinder, Internet, Medien. Basisuntersuchung zum Medienumgang 6- bis 13-Jähriger. 2020 Onlinequelle: https://www.mpfs.de/fileadmin/files/Studien/KIM/2020/KIM-Studie2020_WEB_final.pdf. (01. Juli 2021).

Mohr, Judith: Zwischen Mittelerde und Tintenwelt. Zur Struktur fantastischer Welten in der Fantasy. Frankfurt a.M.: Peter Lang Verlag 2012.

Neitzel, Britta/Mohr, Rolf F.: Das Spiel mit dem Medium. Partizipation, Immersion, Interaktion. In: dies. (Hrsg.): Das Spiel mit dem Medium. Partizipation – Immersion – Interaktion. Zur Teilhabe an den Medien von Kunst bis Computerspiel. Marburg: Schüren 2006, S. 9-19.

Nickel-Bacon, Irmgard: Fantastische Literatur. In: Wild, Reiner (Hrsg.): Geschichte der deutschen Kinder- und Jugendliteratur. Stuttgart/Weimar: Metzler 2008, S. 393-405.

Nikolajeva, Maria: The Magic Code. The use of magical patterns in fantasy for children. Göteburg: Almquist & Wiksell International 1988.

Nünning, Ansgar/Nünning, Vera: Methoden der literatur- und kulturwissenschaftlichen Textanalyse. Ansätze, Grundlagen, Modellanalysen. Stuttgart/Weimar: Metzler 2010.

Pietschmann, Daniel: Das Erleben virtueller Welten. Involvierung, Immersion und Engagement in Computerspielen. Glückstadt: vwh 2017.

Rank, Bernhard: Phantastische Kinder- und Jugendliteratur. In: Lange, Günther (Hrsg.): Kinder- und Jugendliteratur der Gegenwart. Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren 2011, S. 168-192.

Reicher, Maria E.: Ontologie fiktiver Gegenstände. In: Klauk, Tobias/Köppe, Tilmann (Hrsg.): Fiktionalität – Ein interdisziplinäres Handbuch. Berlin: De Gruyter 2014, S. 159-189.

Rietz, Florian: Perspektivübernahmekompetenzen. Ein literaturdidaktisches Modell. Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren 2017.

Splendid Research: Bücher Monitor. 2017. Onlinequelle: https://www.splendid-research.com/de/studie-buecher.html (01. Juli 2021).

Todorov, Tzvetan: Einführung in die fantastische Literatur/Introduction à la littérature fantastique. Berlin: Wagenbach 1972/2013.

Vach, Karin: Magie und Abenteuer im Klassenzimmer? Überlegungen zu einer Didaktik des Fantastischen. In: Jantzen, Christoph/Ritter, Alexandra/Ritter, Michael (Hrsg.): Faszination Zauberwelt. Neue Perspektiven auf die Fantastik in Kinder- und Jugendmedien. München: kopaed 2020, S. 141-152.

van Inwangen, Peter: Fiktionale Geschöpfe. In: Konrad, Eva-Maria (Hrsg.): Fiktion, Wahrheit, Interpretation. Philologische und philosophische Perspektiven. Paderborn: Mentis 2007, S. 73-93.

Ziener, Birgit: Phantastische Alltagskultur. In: Brittnacher, Hans Richard/May, Markus (Hrsg.) (2013): Phantastik. Ein interdisziplinäres Handbuch. Stuttgart: Metzler 2013, S. 258-263.

  1. Vgl. u.a. Abraham: Fantastik in Literatur und Film. 2012; Haas: Funktionen von Phantastik. 2005; Mohr: Zwischen Mittelerde und Tintenwelt. 2012.[]
  2. Vgl. Todorov: Einführung in die fantastische Literatur. 1972/2013, S. 34f.[]
  3. Vgl. König: Fiktionswahrnehmung als Grundlage literarischen Verstehens. 2020.[]
  4. Vgl. Boelmann/Stechel: Erfahrungsbasiertes Lernen mit Computerspielen. 2020; Boelmann/König/Stechel: Genug gespielt. 2021.[]
  5. Vgl. u.a. Boelmann/König: Literarische Kompetenzen messen, literarische Bildung fördern. 2021; König: Fiktionswahrnehmung als Grundlage literarischen Verstehens 2020.[]
  6. Vgl. u.a. KIM-Studie 2020, S. 30; JIM-Studie 2020, S. 23ff.; Büchermonitor 2017.[]
  7. Vgl. Boelmann/König/Stechel: Genug gespielt. 2021, i.V.; Pietschmann: Das Erleben virtueller Welten. 2017, S. 11f.; Fritz: Zur Faszinationskraft virtueller Spielwelten. 2006, S. 120f.[]
  8. Vgl. Brittnacher/May: Phantastik. 2013, S. 1.[]
  9. Vgl. u.a. Illinger: Erspielte Welten. 2020, S. 121f.[]
  10. Vgl. Abraham: Fantastik in Literatur und Film. 2012.[]
  11. Todorov: Einführung in die fantastische Literatur. 1972, S. 26 sowie 2013, S. 34.[]
  12. Vgl. u.a. Rank: Phantastische Kinder- und Jugendliteratur. 2011, S. 168f.; Ewers: Kinder- und Jugendliteratur. 2013, S. 252f.[]
  13. Die Begriffe des Unheimlichen und des Wunderbaren bilden eines der zentralsten Terminologiepaare des Forschungsdiskurses rund um phantastische Erzählungen und gehen auf die Abhandlungen Todorovs zurück. Dieser beschreibt in seiner Einführung in die fantastische Literatur, dass sich fantastische Gestaltungsstrukturen besonders im Wechselspiel zwischen Unheimlichen und Wunderbaren finden und dabei das Genre prägen. Unter dem Unheimlichen fasst er dabei Phänomene, die zunächst unwirklich erscheinen, aber vor allem auf Betrug oder Täuschung beruhen und damit nicht per se imaginär sind. Im Gegensatz hierzu fasst er unter dem Wunderbaren Ereignisse zusammen, die nicht mit rationalen Mitteln erklärt werden können und daher von der Wirklichkeit abweichen. Zu beiden Formen beschreibt er noch spezifische Unterarten und zuzuordnende Phänomene. Für eine genauere Darstellung vgl. daher Todorov: Einführung in die fantastische Literatur. 1972[]
  14. Vgl. Haas: Funktionen von Phantastik. 2005, S. 119; Ewers: Kinder- und Jugendliteratur. 2013, S. 253.[]
  15. Vgl. u.a. Durst: Theorie der phantastischen Literatur. 2010; Freund: Deutsche Phantastik. 1999.[]
  16. Vgl. Lypp: Einfachheit als Kategorie der Kinderliteratur. 1984.[]
  17. Vgl. u.a. Köhnlein: Sachunterricht und Bildung. 2012; Kahlert: Der Sachunterricht und seine Didaktik. 2016.[]
  18. Vgl. u.a. Abraham: Themenschwerpunkt: Literarische Fantastik. 2014, S. 5ff.; Abraham: Einlass in die Wunderländer, Zutritt zu den Zauberzeiten. 2020, S. 15ff.[]
  19. Vgl. hierzu u.a. auch Brittnacher/May: 2012; Freund: Deutsche Phantastik. 1999.[]
  20. Vgl. Abraham: Fantastik in Literatur und Film. 2012; Vach: Magie und Abenteuer im Klassenzimmer. 2020.[]
  21. Vgl. Nickel-Bacon: Fantastische Literatur. 2008, S. 393f.[]
  22. Vgl. u.a. Hinrichs: Hören als. 2017; van Inwangen: Fiktionale Geschöpfe. 2007; Reicher: Ontologie fiktiver Gegenstände. 2014.[]
  23. Vgl. u.a. Nünning/Nünning: Methoden der literatur- und kulturwissenschaftlichen Textanalyse. 2010; Rietz: Perspektivübernahmekompetenzen. 2017.[]
  24. Vgl. Boelmann/König: Literarische Kompetenzen messen, literarische Bildung fördern. 2021, S. 37f.[]
  25. Vgl. u.a. Bopp: Immersive Didaktik. 2005; Pietschmann: Das Erleben virtueller Welten. 2017.[]
  26. Vgl. König: Fiktionswahrnehmung als Grundlage literarischen Verstehens. 2020, S. 136f.[]
  27. Vgl. u.a. König: Fiktionswahrnehmung als Grundlage literarischen Verstehens. 2020; S. 319.[]
  28. Vgl. Nikolajeva: The Magic Code. 1988.[]
  29. Vgl. Beer: Virtuelle Spielwelten. 2020, S. 239; Ziener: Phantastische Alltagskultur. 2013, S. 259.[]
  30. Vgl. Kraam-Aulenbach: Interaktives, problemlösendes Denken. 2002; Neitzel/Mohr: Das Spiel mit dem Medium. 2006.[]
  31. Vgl. Kolb/Kolb: The Experiential Educator. 2017; Boelmann/Stechel: Erfahrungsbasiertes Lernen mit Computerspielen. 2021.[]

Schlagworte:

Spiele: 

So zitieren Sie diesen Artikel:

König, Lisa: "„Willkommen in (d)einem Reich der Magie“ – Phantastische Welten spielend verstehen am Beispiel von ‚The Night of the Rabbit‘". In: PAIDIA – Zeitschrift für Computerspielforschung. 15.02.2022, https://paidia.de/phantastische-welten-spielend-verstehen/. [21.12.2024 - 15:39]

Autor*innen:

Lisa König

Dr. Lisa König ist stellvertr. Direktorin des Zentrums für didaktische Computerspielforschung und akademische Mitarbeiterin für Literatur und Mediendidaktik an der Pädagogischen Hochschule Freiburg. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen u.a. in der Untersuchung literarisch-medialer Ver-stehensprozesse, dem Einsatz interaktiver Medien im Unterricht sowie der empirischen Bildungs-forschung.