Die Motivation des Gamepad-Layouts: Eine diachrone bildlinguistische Betrachtung der Knopfbelegung und -benennung
Einführung
Der Videospiel-Controller, manchmal auch als Gamepad bezeichnet, liegt als Zubehör jeder Videospielkonsole bei und erfreut sich auch beim Spielen am klassischerweise mit Maus und Tastatur gesteuerten Computer immer größerer Beliebtheit. Das Bild des Controllers ist wohl ein ebenso weitläufig bekanntes Symbol für die Sphäre der Videospiele wie das erste Level von Super Mario Bros. (1985) auf dem Nintendo Entertainment System (NES) oder die in Hollywood und auf Plattencovern rezipierte Lara Croft aus Tomb Raider (2001). Dabei ist ‚der‘ Controller kein ohne weiteres auf ein Produkt beschränkbares Konzept. Viele Designs existieren – davon mehrere offizielle, die einer entsprechend auf sie ausgelegten Konsole beiliegen, wie sie von Microsoft, Nintendo und Sony für ihre entsprechenden Geräte produziert werden. Zahlreiche Nachahmer, die sich meist stark am Tastenlayout der offiziellen Gamepads orientieren, kommen hinzu. Dass es solche nachahmenden Designs gibt, weist bereits darauf hin, dass es bestimmte Konventionen in der Anordnung der vorhandenen Tasten geben muss, die nachgeahmt werden können. Die Existenz dieser Konventionen und generell die Existenz bestimmter Tasten weist indessen darauf hin, dass sie aus einem bestimmten Grund notwendig oder durch bestimmte Voraussetzungen nützlich und nutzbar sind. Diese Grundlagen könnten technischer Natur sein, von der Form eines Controllers und seiner Nutzung durch menschliche Hände bestimmt sein oder, durch die Produktion von Gamepads vor allem in den U.S.A. und in Japan, sogar kulturelle Verankerungen besitzen. Der Beitrag verschafft zunächst einen ausführlichen Überblick über die Entwicklung der Controllerdesigns der dritten bis achten Heimkonsolengenerationen. Im Anschluss folgt die Analyse der festgestellten Muster in der Tastenlayouts sowie insbesondere der -benennung. Abschließend werden aus dieser Analyse Thesen zur Konventionsbildung von Spielenden in der Tastennutzung gebildet. Er stellt zur Erforschung dieser möglichen Theorien folgenden Forschungsfragen, um eine Theoriebildung hinsichtlich der Motivation von Tastenlayouts und -belegungen möglich zu machen.
1. Welche kulturellen Verankerungen lassen sich in der Gegenüberstellung von U.S.-amerikanischen und japanischen Controllerlayouts und Tastenbelegungen finden?
2. Lassen sich die Layouts von Spiele-Controllern in eine historische Linie einordnen, die eine Entwicklungsgeschichte des Bedarfs bestimmter Tasten oder Tastenkombinationen offenlegt?
Im Verlauf des Beitrags werden einige bei der Besprechung von Videospiel-Controllern übliche technische Begriffe verwendet. Face Buttons bezeichnen die auf der oberen, dem Spielenden zugewandten Seite des Controllers gelegenen Aktionstasten. Hierunter zählen jedoch nicht die ebenfalls auf der Vorderseite und zur Bewegung von Avatar und Kameraperspektive genutzten gelegenen Steuerkreuze und Analogsticks, ebenso wenig die Menütasten und die Systemtasten, die für administrative Funktionen innerhalb des Spiels oder innerhalb des Operationssystems der Konsole verwendet werden. Die auf der dem Bildschirm zugewandten Rückseite des Controllers gelegenen Tasten werden als Schultertasten bezeichnet. Des Weiteren werden im Verlauf des Beitrags die Begriffe Buttons, Tasten und Knöpfe synonym verwendet.
Chronologische Einordnung von Konsolen in Generationen
Um eine Entwicklung von Controller-Designs festzustellen, müssen sie zunächst in eine historische Linie gebracht werden. Da neue Controller-Designs mit der Einführung ihrer entsprechenden Konsole korrespondieren, bietet sich der Rückgriff auf die Einordnung der Konsolen in ihre sogenannten Generationen an.
Generell werden Videospielkonsolen in Generationen, derzeit acht an der Zahl, eingeteilt. Die Zuteilung zur gleichen Generation richtet sich nach Veröffentlichungsdatum, Rechenkraft und Speichermedium, ist jedoch prinzipiell eher eine lose Einteilung. So können auch zwischen den Veröffentlichungen innerhalb einer Generation mehrere Jahre liegen, und auch wenn das standardmäßige Speichermedium einer Generation beispielsweise die CD ist, können modulbasierte Konsolen auf ähnlichem technologischem Stand oder mit vergleichbarer zeitlicher Einordnung Teil der Generation sein. Ein weiteres mögliches, aber selten direkt besprochenes Merkmal von Konsolengenerationen, das sie teilweise zur früheren Generation abgrenzt, ist das Layout der Controller und die darauf vorhandenen Buttons. Dies lässt sich gut dadurch erklären, dass die Existenz bestimmter Knöpfe die Existenz von bestimmten Spielideen und damit letztendlich von ganzen Spielarten ermöglicht. Anders ausgedrückt: Fehlen bestimmte Eingabemöglichkeiten, sind manche Arten von Spielbewegung unmöglich. Sie können erst erdacht werden, wenn die entsprechenden Knöpfe bereitstehen. Eine von der Bewegung des Avatars unabhängige Kamerabewegung im dreidimensionalen Spielraum war erst dann möglich, als Controller eine zweite Möglichkeit zur Richtungssteuerung anboten: Entweder einen Analogstick zusätzlich zum Steuerkreuz wie die Dreamcast (Abb. 06) oder der N64 oder ein Set von zwei Analogsticks wie die zweite Generation des PlayStation 1-Controllers oder die Xbox (Abb. 08, 11).
Die Generationen der Videospielkonsolen lassen sich folgendermaßen aufteilen.1 Bei den angegebenen Konsolen handelt es nicht um erschöpfende Auflistungen, sondern um Beispiele, da gerade die frühen Generationen aus sehr vielen unterschiedlichen Geräten bestanden. Relevant für diesen Artikel sind die Konsolen der dritten bis achten Generation. Die ersten beiden Generationen, deren Konsolen sich noch stark an den Konventionen der Arcade-Spielautomaten orientierten, experimentieren noch stark mit Joysticks, Drehknöpfen, Trackballs und anderen, heute bis auf wenige Sonderfälle nicht mehr zu findenden Steuerungsoptionen und sollen daher hier nicht beachtet werden.2 Die Konsolen, deren Controller hierin behandelt wird, sind kursiv in ihrer entsprechenden Zeile angegeben.3
Generation (Zeitraum) | Beispiele für Konsolen |
Erste (1972–1977): | Pong, Magnavox Odyssey |
Zweite (1976–1983): | Atari 2600, Intellivision |
Dritte (1983–1987): | NES |
Vierte (1987–1993): | SNES, Sega MegaDrive |
Fünfte (1993–1998): | PlayStation 1, Nintendo 64, Sega Saturn |
Sechste (1998–2005): | Sega Dreamcast, PlayStation 2, Nintendo Gamecube, Xbox |
Siebte (2005–2012): | PlayStation 3, Xbox 360, Nintendo Wii |
Achte (2012-heute): | PlayStation 4, Xbox One, Nintendo Wii U, Nintendo Switch (JoyCon und Pro), [Steam-Controller] |
Die Generationen existieren analog zu bestimmten Tendenzen der Gamepad-Layouts, die im Folgenden genauer zu erläutern und anhand der Bebilderung zu verstehen sind. Als Anker für die Klassifizierung soll hier die Anzahl der Steuersticks, meist Analogsticks, dienen, da sich an dieser eine klare Entwicklungslinie beobachten lässt. Das Hinzufügen von Sticks zählt außerdem zu den wichtigsten Veränderungen hinsichtlich des Layouts, da sie im Vergleich zu digitalen Steuerkreuzen erweiterte Bewegung und Orientierung im dreidimensional modellierten virtuellen Raum zulassen.
Klassifikation von Gamepad-Layouts hinsichtlich ihrer Stick-Anzahl
Reine Button-Layouts
Teil dieser Layout-Form sind die Gamepads des NES (dritte Generation, Abb. 01), des SNES (vierte Generation, Abb. 02) und der erste, mit der Konsole ausgelieferte PlayStation 1-Controller (fünfte Generation, Abb. 07).
Sie bestehen ausschließlich aus digitalen Knöpfen und besitzen keine analogen Tasten oder Sticks. Die Anzahl der Buttons wächst mit voranschreitender Zeit: Der NES-Controller verfügt lediglich über ein Steuerkreuz, zwei Face Buttons und zwei Menütasten, der SNES-Controller der nächsten Generation besitzt bereits vier Face Buttons – mit der bis heute typischen Benennung A, B, X und Y – und zwei Schultertasten. Der Sega MegaDrive (Abb. 05), der sich zeitlich ähnlich dem SNES einordnen lässt, besaß hingegen ein Steuerkreuz, eine Menütaste und die drei Face Buttons A, B und C – ein Layout, das heute eher als Ausnahme allein steht.
Spiele dieser Generationen, die mit reinen Button-Layouts gespielt werden, beschränken sich quasi ausschließlich auf zweidimensionale Spielwelten, in denen der Avatar entweder aus einer Vogelperspektive oder Seitenansicht gesteuert wird. Eine Vier-Wege-Steuerung via Steuerkreuz (oben, unten, links und rechts) reicht hierfür aus, ein zweites Steuermedium etwa für das Umsehen in der ersten oder dritten Person ist nicht nötig. Ausnahmen wie der First Person Shooter DOOM auf dem SNES von 1995 ließen noch keine freie Steuerung der Kamera zu, sondern arretierten sie an der Laufsteuerung des Avatars.
Ein-Stick-Layouts
Teil dieser Layoutform sind das Gamepad des Nintendo 64 (fünfte Generation, Abb. 03), das des Sega Dreamcast (sechste Generation, Abb. 06) sowie der Steam-Controller (achte Generation, Abb. 13).
Controller-Layouts mit einem Stick bauen auf den Button-Layouts ihrer Vorgängerkonsolen auf und bieten einen Stick als zusätzliche Steuermethode an, die gemeinsam mit dem Steuerkreuz die getrennte Nutzung von Avatarbewegung und Kamerajustierung möglich macht. Der Stick ist zumeist analog, eine Ausnahme bildet hier der mechanische N64-Stick, der die Bewegung über einen Hebel an eine die Basis des Sticks umgebende digitale Kontaktstelle im Controller weitergibt.
Ein-Stick-Layouts können generell als Zwischenform angesehen werden, da sie heutzutage nahezu komplett durch Zwei-Stick-Layouts ersetzt worden sind. Dies hat den Grund, dass eine flüssige Steuerung sowohl von Avatar als auch von Kamera in einem dreidimensional modellierten virtuellen Raum über analoge Sticks genauer und komfortabler funktioniert als über die digitale Eingabe von vier Richtungen auf einem Steuerkreuz. Eine interessante Ausnahme bildet der vom Spieleentwickler und -publisher Valve konzipierte Steam Controller (Abb. 13), der speziell für das Spielen von PC-Spielen auf der Verkaufsplattform Steam entwickelt wurde. Dieser funktioniert zwar ähnlich einem Zwei-Stick-Gamepad, ersetzt den rechten Stick jedoch durch ein Trackpad ähnlich derer, die sich auf vielen Laptops finden lassen. Dieses übersetzt die Daumenbewegung in Signale, die je nach Spiel die Kamera oder auch einen Cursor steuern. Grund hierfür ist die Auslegung des Steam Controllers für PC-Spiele: Da viele davon mit Cursorsteuerungen ähnlich einem Mauszeiger operieren, der sich über einen Analogstick deutlich umständlicher steuern lässt als mit einer tatsächlichen Maus, simuliert das Trackpad Mausbewegungen.
Zwei-Stick-Layouts
Teil dieser Layoutform sind der nach Veröffentlichung der Konsole erschienene Dualshock-Controller der PlayStation 1 (fünfte Generation, Abb. 08), sowie die Gamepads von PlayStation 2, Xbox, Nintendo Gamecube (sechste Generation, Abb. 09), PlayStation 3, Xbox 360 (beide siebte Generation, Abb. 09, 11), PlayStation 4 (Abb. 10), Xbox One (Abb. 12) und Nintendo Switch (Abb. 04) (alle achte Generation).
Die aktuell am weitesten genutzte Layout-Form von Gamepads besteht aus zwei analogen Steuersticks, einem digitalen Steuerkreuz, zwei digitalen Menütasten, vier digitalen Face Buttons, vier Schultertasten, von denen meist zwei digitale Knöpfe und zwei analoge Trigger darstellen. Diese Trigger sind dahingehend vergleichbar mit namensgebenden Schusswaffen-Abzügen, dass sie bis zu einem gewissen Grad gedrückt werden können, ohne den Mechanismus zu aktivieren, beziehungsweise im Fall der Druck in analoge Signale umwandelnden Schultertrigger, ohne den Endstatus eines Mechanismus zu erreichen. So kann beispielsweise durch sanften Druck auf einen solchen Trigger die Spielkamera nur zum Teil auf einen anvisierten Gegenstand zoomen, was beispielsweise in Shooter-Spielen beim Zielen helfen kann.
Zusätzlich zu dieser Standardauswahl an Tasten besitzen heutige Gamepads herstellerabhängig oft noch ein bis zwei Systemtasten, die mit der Navigation im Betriebssystem der entsprechenden Konsole zusammenhängen. So verfügen die Xbox-Controller über einen runden, mit dem Produktlogo versehenen Xbox-Button in der Mitte (Abb. 11, 12). PlayStation-Gamepads besitzen einen die gleiche Funktion bedienenden PlayStation-Button (Abb. 10, auf Abb. 09 nicht sichtbar, nimmt dort die Stelle des Analog-Buttons ein), der mit dem Dualshock 4 um einen sogenannten Share-Button ergänzt wird, der sofortigen Zugriff auf die Aufnahmefunktionen der PlayStation 4 ermöglicht (Abb. 10). Auch Nintendos Pro-Controller für die Nintendo Switch, der das gleiche Button-Layout wie ein Xbox-Controller verwendet, besitzt einen mit dem Ikon eines kleinen Hauses versehenen Home-Button, der die Systemsteuerung ermöglicht, sowie einen mit einem Quadrat versehenen Share-Button (Abb. 04).
Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Tastenlayout
In der diachronen Betrachtung der Controller-Layouts und Beschriftung lassen sich bestimmte Linien erkennen, die vor allem innerhalb der Weiterentwicklung von Controllern eines Herstellers sichtbar werden, jedoch auch herstellerübergreifend wirken.
Auf ganz grundlegender Ebene lässt sich feststellen, dass alle Bewegungssteuerung-Einheiten sich tendenziell auf der linken Seite des Gamepads befinden. Dies trifft auf alle Steuerkreuze zu, außerdem auf alle einzelnen Sticks abgesehen vom zentral liegenden N64-Stick, und auf je einen der beiden Sticks in Zwei-Stick-Layouts.
Sind ein Steuerkreuz und mindestens ein Stick vorhanden, so lassen sich zwei grundlegende Layoutformen finden: Entweder das Steuerkreuz befindet sich links oberhalb des Sticks (Alle PlayStation-Controller, N64, Steam) oder rechts-unterhalb (Switch Pro, Alle Xbox-Controller). Die von links oben nach rechts unten führende Achse zwischen beiden Steuermedien bleibt damit konsistent. Grund hierfür ist wohl die Erreichbarkeit mit dem linken Daumen, der somit an beide Steuermedien herankommt. Sind zwei Sticks oder ein Stick und ein weiteres Steuermedium (Trackpad des Steam-Controllers, gelbe C-Buttons des N64-Pads) vorhanden, so ist davon je eines auf einer der beiden Häften des Controllers zu finden. Der N64-Controller bildet mit seinen drei Steuermedien (Steuerkreuz, Stick, C-Buttons) eine Ausnahme, passt jedoch dennoch in die festgestellte Symmetrie, da sich das Kreuz links, die C-Buttons rechts und der Stick genau zentral befindet. Der GameCube-Controller befindet sich als konsequente Weiterentwicklung des N64-Controllers zwischen diesem und dem aktuell üblichen Layout: Die C-Tasten wurden zu einem C-Stick, der die Funktion des rechten Analogsticks übernimmt, sich jedoch im Design vom linken Stick unterscheidet.
Alle Face Buttons befinden sich konsistent auf der rechten Seite des Controllers, egal ob es sich um zwei (NES, N64), drei (MegaDrive) oder vier (alle anderen) handelt. In der Entwicklung bis heute hat sich die Existenz von vier Face Buttons durchgesetzt (Alle PlayStation, alle Xbox, SNES, Nintendo Switch). Ferner bleibt die Größe der Face Buttons pro Controller meist konsistent: Lediglich der GameCube-Controller mit seiner im Vergleich zur B-Taste stark vergrößerten A-Taste und den halbkreisförmigen X und Y bildet hier eine Ausnahme. Erwähnenswert ist zudem der originale Xbox-Controller mit dem Codenamen „Duke“, der oberhalb der Face Buttons zwei weitere, kleinere Tasten besaß, die im Redesign des Xbox-Controllers zum bis heute genutzten Design wegfielen. Alle Menü- und Systemtasten befinden sich entweder über den Face Buttons (MegaDrive), genau mittig auf dem Controller (PlayStation, NES, SNES, N64) oder beides davon (Xbox, Switch Pro). Lediglich die dreieckige Menütaste des Dreamcast-Controllers befindet sich mittig, aber unterhalb der anderen Knöpfe. Der Platz oberhalb wird stattdessen von einem kleinen Bildschirm belegt, der den Titelbildschirm des gestarteten Spiels ausgibt. Über eine solche Zusatzfunktion verfügt innerhalb der gewählten Menge an Controllern lediglich noch der der PlayStation 4, der über ein Touchpad in der Mitte oben verfügt. Dieses reagiert gleichzeitig auf Druck, nimmt so die Funktion der auf den früheren PlayStation-Controllern Select genannten Taste ein und fungiert damit als eine der regulären Menütasten.
Hinsichtlich der Schultertasten lassen sich hauptsächlich Gemeinsamkeiten erkennen. Alle Controller, die über Schultertasten verfügen (alle außer NES, MegaDrive) besitzen davon eine gerade Anzahl in achsensymmetrischer Anordnung an der vorderen, dem Bildschirm zugewandten Fläche des Controllers: Entweder je eine Taste links und rechts oder je zwei. Eine nennenswerte Ausnahme hierzu bildet der N64- sowie der GameCube-Controller, die zusätzlich an der Unterseite über eine sogenannte Z-Taste verfügen, einen Trigger zusätzlich zu den beiden Schultertasten. Der N64-Controller ist somit nicht nur das einzige Gamepad mit Taste an der Unterseite, sondern auch gemeinsam mit seinem Nachfolger das einzige mit ungerader Schultertastenanzahl.
Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Benennung
Eine starke Gemeinsamkeit lässt sich auch hinsichtlich der Tastenbenennung feststellen. Zunächst einmal fehlt allen Steuermedien mit Ausnahme der C-Buttons des N64 eine konkrete Benennung auf den Gamepads; diese werden im Diskurs meist pauschal als Analogsticks, Steuersticks, Steuerkreuz oder Directional Buttons bezeichnet. Interessanter zeichnet sich die Betrachtung der Face Buttons: Schon in der dritten Generation mit dem NES finden sich die Bezeichnungen A und B für die beiden Knöpfe. Diese ist nicht nur konsistent auf allen Nintendo-Controllern, sie wird auch von Sega übernommen und um ein C erweitert (MegaDrive). Auch der von Nintendo in der vierten Generation eingeführte Standard, die vier Face Buttons mit A, B, X und Y zu bezeichnen wird von Sega (Dreamcast) und Microsoft (alle Xbox) übernommen, jedoch angeglichen. Hinzu kommen die farblichen Markierungen der Buttons Nintendos originale Anordnung der Tasten sieht wie folgt aus: A rechts und rot, B unten und gelb, X oben und blau, Y links und grün. Segas Dreamcast vertauscht die Positionen von A und B, und die von X und Y und verteilt die Farben neu (also A unten und rot, B rechts und blau, X links und gelb, Y oben und grün). Microsofts Xbox-Reihe vertauscht ebenfalls sowohl die Positionen von A und B als auch die von X und Y und unterscheidet sich farblich erneut komplett von Nintendo und Sega (A unten und grün, B rechts und rot, X links und blau, Y oben und gelb).4 Sonys PlayStation-Reihe übernimmt lediglich die kreuzförmige Anordnung der vier Face Buttons; die Benennung unterscheidet sich mit Icons in den Formen X (unten), Kreis (rechts), Quadrat (links) und Dreieck (oben) massiv von allen anderen betrachteten Exemplaren. Auf diese Symbole soll im nachfolgenden Abschnitt "Benennungsherkünfte und Konventionen" noch ausführlicher eingegangen werden.
Auch hinsichtlich der Menübuttons lassen sich Gemeinsamkeiten ausmachen, die von Nintendos Etablierung durch den NES ausgehen und bis in die achte Generation zu finden sind. NES und SNES nutzen die Bezeichnungen Start und Select für ihre beiden Menütasten. Gerade die Bezeichnung Start wird von jeder Firma in den späteren Iterationen der Controller-Designs übernommen. Sowohl Nintendo selbst mit dem N64, der wie der MegaDrive nur noch über eine Menütaste (Start) verfügt, als auch die dreieckige Starttaste des Dreamcasts, die Starttaste der Xbox, der Xbox 360 und der PlayStation 1-3 übernehmen diese Benennung. Auch die Select-Taste findet sich bei Sonys PlayStation 1-3 in ihrer Funktion und Benennung klar an Nintendos Vorbild orientiert wieder. Bei Microsofts Xbox und Xbox 360 hingegen übernimmt eine sogenannte Back-Taste – symbolisiert durch einen nach links gerichteten Pfeil auf dem Button – die Funktion, die auf den ersten drei PlayStations von der Select-Taste übernommen werden. Das Vorbild der NES wirkt somit bis in die siebte Konsolengeneration.
Ein Bruch von dieser durch Nintendo etablierten Benennung findet sich hingegen in jedem Tastenlayout der achten Generation. Der Xbox One-Controller ersetzt Start und Back durch Menu und View5, die durch unterschiedliche Belegung bei Doppelklick oder Halten der Tasten gleichzeitig als Systembuttons fungieren. Die vierte Iteration der PlayStation ersetzt Start durch Options und schafft den Select-Button zugunsten des Share-Systemknopfes ab. Die Funktion des Select-Buttons wird auf dem Controller der PlayStation 4 durch das Drücken des Touchpads abgedeckt.
Eine besondere Rolle kommt seit der siebten Generation Nintendo selbst zu: Die an eine Bewegungssteuerung angepassten Wii-Controller ersetzten Start und Select durch Plus (+) und Minus (–).6 Diese Benennung findet sich auch in der achten Generation auf dem Tablet-Controller der Wii U, wo sie jedoch um die zusätzliche Beschriftung Start unter dem Plus und Select unter dem Minus ergänzt werden.7 Konsequenterweise finden sich auch auf den erneut bewegungslastigen Joy-Con-Controllern der Switch die Symbole für Plus und Minus, jedoch ohne zusätzliche Erweiterung um Start und Select.8 Sie werden, um eine Konsistenz in der Benennung innerhalb der Accessoires für eine Konsole zu gewährleisten, auch beim Pro-Controller der Switch genutzt.
Bei der Namensgebung/Benennung der Schultertasten finden sich wohl mit Abstand die wenigsten Abweichungen, sowohl diachron über die Generationen hinweg als auch im synchronen Vergleich der derzeitig aktuellen Konsolen. Grundsätzlich sind alle Schultertasten mit L und R – links und rechts – nach ihrer tatsächlichen Position auf der Hinterseite des Gamepads benannt. Für Gamepads mit lediglich zwei Schultertasten ist diese simple Benennung ausreichend und üblich (SNES, N64). Kommt ein zweites paar Schultertasten hinzu, so müssen die beiden L- und R-Tasten durch einen Benennungszusatz voneinander unterschieden werden. Hier wählen unterschiedliche Hersteller wiederum verschiedene Möglichkeiten, wohl auch, um einen Wiedererkennungswert hinsichtlich ihrer Marke zu erzeugen. Mit der PlayStation 1 als früheste der betrachteten Konsolen mit vier Schultertasten etabliert Sony die Benennungen L1 und R1 für die oberen Buttons sowie L2 und R2 für die unteren Trigger. Diese Linie bleibt bis in die heutige Interation der PlayStation 4 unverändert. Microsofts Xbox 360 hingegen führt in der siebten Generation die ebenfalls bis heute für alle Xbox-Konsolen geltende Terminologie LB und RB (Left Button, Right Button) sowie LT und RT (Left Trigger, Right Trigger) ein. Nintendo hingegen greifen eine Besonderheit einer ihrer früheren Konsolen auf: die dritte, an der Unterseite gelegene Z-Taste des N64-Controllers. Mit Einführung der da bereits längst üblichen vier Schultertasten zu Beginn der achten Generation an der Wii U fügten Nintendo den Buttons L und R die Trigger ZL und ZR hinzu.9 Auch die Nintendo Switch nutzt dieses Layout.
Die Benennung der Systemtasten fällt im Vergleich zu den Face Buttons, Schultertasten und Menütasten deutlich diverser aus. Grund hierfür ist ihre späte Einführung zu Beginn der siebten Generation, als die Spielkonsolen sich in ihrer Struktur stärker dem PC annäherten und die Bedienung ihrer Betriebssysteme durch den Nutzenden erlaubten. Eine Taste, die das gestartete Spiel suspendieren und den Nutzenden ins Betriebssystem zurückbringen konnte, war damit nötig. Während Nintendo diese Taste seit Einführung auf der Wii schlicht als Home-Button bezeichnet und mit dem Symbol eines Hauses versieht, ist sie auf der PlayStation 3 und 4 ein runder, durchsichtiger Button mit eingelassenem PlayStation-Trademark-Symbol und wird konsequenterweise PlayStation-Button genannt. Auch Microsofts Systembutton ist mit dem Logo der Konsole, dem grünen Xbox-Kreuz versehen, wird jedoch als Guide-Button10 bezeichnet.
Benennungsherkünfte und Konventionen
Aus der Betrachtung der Gemeinsamkeiten lassen sich einige Konventionen in der Benennung von Tasten erkennen, die sich bis in die dritte Generation zurückführen lassen. Die Rede ist von A und B sowie von Start und Select, den Tasten des NES. Gerade A und B haben sich über viele Generationen und Konsolenhersteller hinweg als Namen der Face Buttons etabliert, ebenso wie die in der vierten Generation ebenfalls von Nintendo hinzugefügten Tasten X und Y. Es stellt sich nun zunächst die Frage, woher diese konkreten Namen kommen. Obwohl keine offiziellen Designdokumente sicheren Aufschluss über Nintendos Entscheidung zulassen, lassen sich leicht plausible Vermutungen über A und B treffen. Sind mehrere Knöpfe mit ähnlicher Funktion vorhanden oder möchte man sich die Option offenhalten, weitere hinzuzufügen (wie von NES zu SNES geschehen), so bietet sich eine fortlaufende Nummerierung durch Zahlen oder Buchstaben an. A und B als erste beiden Buchstaben des römischen Alphabets, das auch in Japan beim Schreiben von Romaji (der romanisierten Schreibweise japanischer Hiragana und Katakana) und insbesondere auf dem internationalen Markt Verwendung findet, bietet sich hier ebenso an wie die Ziffern 1 und 2. Mit bezifferten Zahlen arbeiteten zuvor viele Arcade-Automaten und auch der Großteil der oft sperrigen Controller von Konsolen der ersten und zweiten Generation wie das Intellivision oder das Emerson Arcadia-2001. Mit dem Wechsel von Zahlen zu Buchstaben konnte Nintendo also die sperrige, an Arbeitsgeräte erinnernde Optik von Nummernpads hinter sich lassen und ihrem Gamepad eine eigene Identität verleihen.
Komplexer wird die Herleitung der Face Button-Namen, wenn man X und Y ins Auge fasst. Es ließe sich argumentieren, dass aus A und B am Beginn des Alphabets bei Hinzufügen zweier neuer Tasten im Generationenwechsel zwei Buchstaben vom Ende des Alphabets Sinn ergeben würden, um die beiden Tastenduos klar voneinander abzugrenzen. Die Betrachtung der Steuerung eines für das SNES entwickelten Spiels stellvertretend für viele andere untermauert diese Vermutung. Folgende Steuerungsoptionen sind in Secret of Mana (1993, Square Soft) für das SNES an die Tasten A, B, X und Y gebunden:
A Button: Press and hold the A button to dash.
B Button: Press the B button to perform an attack.
Y Button: Press the Y button to summon the ring menu for your currently controller character.
X Button: Press the X button to summon the ring menu for a computer controller character.11
Während A und B also durch das Rennen und Attackieren eine direkte Interaktion mit der Spielwelt initiieren, wie auf dem NES etabliert, öffnen X und Y verschiedene Menüs. Die beiden zusätzlichen Tasten wurden damit zunächst als Teil einer verbesserten Verwaltungsinfrastruktur innerhalb von Spielen wahrgenommen statt als zusätzliche Interaktionsmöglichkeit. Diese Philosophie bleibt selbst in der nächsten Generation mit Einführung der PlayStation 1 durch Sony erhalten und verschiebt sich erst im Laufe der fünften und mit Wechsel zur sechsten Generation durch die höhere Komplexität der Steuerung in den nun technisch möglichen und populärer werdenden 3D-Spielen (siehe hierzu auch das nachfolgende Kapitel „Indexikalität der PlayStation-Face Buttons“).
Es stellt sich jedoch die Frage, warum die beiden Tasten dann nicht mit den Buchstaben Y und Z versehen sind. Möglich wäre, dass sich Nintendo die Einführung eines dritten Buttons für die Zukunft offen gehalten hat, so wie es Sega nach dem NES mit dem MegaDrive (der A, B und C besitzt) und nach dem SNES mit dem Saturn (der neben A, B und C auch X, Y und Z besitzt) getan hat. Auch Nintendo selbst nutzt diese Möglichkeit nur eine Generation später mit den Nintendo 64, der neben den vier C-Tasten eben auch die bereits besprochene Z-Schultertaste einführt. Grundsätzlich sind die Namen der Tasten jedoch als rein symbolisch zu bewerten. Auch dass der A-Button, unabhängig von seiner Lage, zum Bestätigen oder „Anklicken“ (etwa beim Ansprechen eines Nichtspieler-Charakters) genutzt wird und der B-Button zum Abbrechen dient, fließt in den symbolischen Stellenwert der beiden Buchstabentasten ein. A steht grundsätzlich an erster Stelle, ist die erste Wahl und damit die positive Option, egal ob die Taste wie beim NES und SNES rechts oder bei Xbox und Dreamcast links liegt. B als „zweite Wahl“ übernimmt damit die negative, negierende Funktion.
Die Herkunft von Start und Select lässt sich hingegen aus der Sphäre der Heimkonsolen auf die lange zuvor den Videospielmarkt dominierenden Arcade-Spieleautomaten zurückführen. Da jeder Automat nur ein Spiel abspielte, war die Hardware und damit auch die Peripherie individuell an die Software angepasst. Ein Spielautomat trug daher nur diejenigen Knöpfe, die auch für das Spiel von Bedeutung waren (vgl. etwa die beiden Trackballs von Marble Madness, Abb. 14). Eine Ausnahme bildeten oft zwei Tasten, die für den Start des Spiels nach Einwurf einer Münze sowie für die Auswahl der Spieleranzahl genutzt wurden. Nicht nur die Funktion als Menütasten, sondern auch die Namenskonventionen von Start und Select lassen sich also auf die Anfangszeit der Videospiele zurückführen. Ohne dieses kontextuelle Hintergrundwissen aus der Zeit vor 1980 mutet die Benennung jedoch arbiträr an. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Tasten mit der Zeit ihre indexikalische Funktion verloren und eine symbolische angenommen haben. Start steht heutzutage stellvertretend für eine Menü- und Pausetaste, während Select oft ein spezifisches Menü aufruft, etwa eine Landkarte, oder zum Überspringen von Zwischensequenzen genutzt werden kann. Dass diese Symbole also irgendwann im Lauf der Zeit durch andere arbiträre Symbole unterstützt werden, wie etwa bei Nintendo durch das Gleich- und graduelle Ersetzen mit + und –, oder durch neue ikonische Namen wie Guide (Xbox) für die Kartentaste oder Options (PlayStation 4) für das Menü ersetzt werden, erscheint bei diachroner Betrachtung nicht verwunderlich. Auch, dass diese arbiträren Zeichen gelegentlich durch zumindest indexikalische, teilweise ikonische Symbole ersetzt werden, etwa das Haus-Icon auf dem Home-Button von Nintendos Switch Pro-Controller, überrascht nicht.
Indexikalität der PlayStation-Face Buttons
Eine interessante Ausnahme zur üblichen Benennung durch Buchstaben oder Zahlen aller anderen betrachteten Gamepads bilden die von Sony seit Einführung der PlayStation-Marke in der fünften Generation genutzten vier Face Button-Symbole: 12. Diese als Dreieck, Kreis, X und Quadrat bekannten und in dieser Reihenfolge von oben im Uhrzeigersinn angeordneten Symbole nehmen die Face Button-Positionen ein, die auf den bisher besprochenen Gamepads von A, B, X und Y besetzt werden. Im tatsächlichen Gebrauch auf dem Gamepad sind die Zeichen zudem je mit einer Farbe versehen: Dreieck ist grün, Kreis ist rot, X ist blau und Quadrat ist rosafarben. Die vier Bilder sind dabei mit je einer ganz konkreten Verweisfunktion entwickelt worden. Teiyu Goto, der Designer der Zeichen, führt sie wie folgt aus:
I gave each symbol a meaning and a color. [...] The triangle refers to viewpoint; I had it represent one's head or direction and made it green. Square refers to a piece of paper; I had it represent menus or documents and made it pink. [...] The circle and X represent 'yes' or 'no' decision-making, and I made them red and blue, respectively. People thought those colors were mixed up, and I had to reinforce to management that that's what I wanted.13
Das Dreieck (sankaku oder 三角)14 zeigt also eine Perspektive an, was insbesondere verständlich wird, wenn man bedenkt, dass die Spitze des Dreiecks im üblichen Gebrauch des Controllers auf den Bildschirm und somit hin zum Spielgeschehen zeigt. Quadrat (shikaku oder 四角) repräsentiert ein Stück Papier und zeigt damit die Listenhaftigkeit von Spielmenüs an, die mit dieser Taste geöffnet werden sollen. Hierin lässt sich erneut die Abkopplung der X- und Y-Tasten als Menübuttons von den anderen beiden Face Buttons erkennen, wie sie zuvor bei der Betrachtung des SNES-Gamepads identifiziert worden sind.
Eine besonders spannende Ebene der kulturbezogenen Subjektivität von Symbolen findet sich in der Betrachtung von Kreis und Quadrat. Laut Goto dienen diese zum Bestätigen (Kreis, rot) und Abbrechen (X, blau). Er spricht auch die Verknüpfung der Farbe rot mit der Konnotation ‚Abbruch‘ an und beteuert, dass er diese absichtlich dem Bestätigen-Button zugeordnet hat (nicht jedoch, warum er dies tat). Soweit lässt sich diese Zuordnung akzeptieren, aus westlicher Perspektive jedoch nicht als ikonisch herleiten. Tatsächlich gilt der Kreis im japanischen Kulturkontext als makelloses, vollendetes Zeichen, oft mit der Sonne in Verbindung gebracht, die als roter Kreis auch die Flagge Japans schmückt. Auf japanisch bedeutet ‚Kreis‘ maru (丸), was gleichzeitig ‚richtig‘ bedeutet. X hingegen ist batsu (バツボタン), was auch ‚Strafe‘ bedeutet,15 und die Geste der vor dem Körper kreuzartig verschränkten Arme gilt in der japanischen Kultur als universelles Zeichen der Ablehnung. Die Signifié-Ebenen der Signifiants Kreis und X sind damit für Menschen, die mit der japanischen Kultur vertraut sind, intuitiv verständlich.
Deutlich komplizierter wird die Geschichte der beiden Tasten, zieht man den internationalen Markt mit in Betracht. Bei der Lokalisation der japanischen PlayStation 1 nach Amerika und von dort nach Europa entschied sich Sony of America dafür, die Funktionen der Kreis- und X-Tasten zu vertauschen. Grund dafür war die beobachtete Ruheposition der Daumen westlicher Spielender, die intuitiv auf dem unterem Button, dem X, zum liegen kamen. Das X wurde damit zum Bestätigen-Knopf umgedeutet, dem am meisten gebrauchten und damit am besten erreichbaren Button der meisten Spiele. Konsequenterweise musste der Kreis-Knopf also die Funktion des Abbrechens übernehmen.16 Sicherlich unterstützend wirkte in diesem Zusammenhang die Einfärbung der beiden Tasten, da westliche Spielende die rote Färbung des Kreises eben nicht mit dem perfekten Sonnensymbol, sondern mit der Warnfarbe Rot in Verbindung brachten. Das dem Grün einer Ampel deutlich nähere Blau des X-Knopfes zusammen mit der „fokussierenden“ Eigenschaft des X, dessen Mitte als zielendes Fadenkreuz interpretiert werden kann und damit Schuss- oder Schlagtreffer, aber auch das punktgenaue Landen nach einem Sprung symbolisieren kann, unterstützten zudem die Interpretation des X-Knopfes als positive, bestätigende Taste. Nahezu alle Spiele, die aus dem japanischen Markt für den westlichen übersetzt wurden, nahmen sich dieser Umdeutung an und tauschten ihre Steuerungsoptionen entsprechend. Die wenigen Beispiele, in denen dies nicht passierte (etwa Final Fantasy VII, Metal Gear Solid) sorgten für entsprechende Befremdung bei westlichen Spielenden. Shimomura (2011) vergleicht diese Umdeutung eines ehemals indexikalischen Symbols mit der Existenz des „Speichern“-Symbols in Textbearbeitungsprogrammen, das auch heute noch die Form einer Diskette hat, obwohl ein immer geringer werdender Teil der Bevölkerung überhaupt weiß, was eine Diskette überhaupt ist. Das Speichersymbol wird damit nicht mehr primär als Verweis auf ein Speichermedium gesehen und weckt damit die Assoziation eines auf eine Disk gesicherten Dokuments, sondern es steht symbolisch für den Akt des Abspeicherns.17 Das Design des PlayStation-Controllers folgt damit ursprünglich, wie Blomberg es formuliert, "[der Annahme], dass der Spielende Controller und Videospiel in eine Zeichenbeziehung setzen kann".18 Es verliert diese Korrelation jedoch auf dem internationalen Markt und nimmt stattdessen die Vorgaben einer Art des Embodiments an, die durch Konventionalisierung gestärkt und durch das Tabu des Bruchs dieser Konvention irritierend aufgedeckt wird.
Zeichenstatus und Konvention
Obwohl Blombergs Perspektive hier insbesondere auf den PlayStation-Controller angewendet werden kann, bezieht er sich tatsächlich auf grundsätzliches Controller-Design. In seinem Aufsatz The Semiotics of the Game Controller führt Blomberg aus, dass der Controller als konventionalisiertes Zeichen fungiert, dessen Signifié in der Interaktion des Spielers besteht und dessen Signifiant eine dadurch ausgelöste Spielaktion ist19. Dadurch ergibt sich zum einen, dass der Inhalt des Signifiants sich je nach Spiel ändert. Zum anderen jedoch auch, dass sich das ‚Controller-Zeichen‘ in mehrere ‚Tasten-Zeichen‘ zerlegen lässt, denn dieser Ansatz lässt sich vom Gesamt des Gamepads auf jede darauf vorhandene Taste übertragen. Wenn die Beziehung zwischen Tastendruck und Spielaktion also, anders als von Gotos PlayStation-Controller ursprünglich angedacht, grundsätzlich arbiträr ist, so sollte eine Spielaktion, wie zum Beispiel das Verschieben des Blickfeldes, im Durchschnitt aller Spiele gleichmäßig auf alle Tasten verteilt sein. Dies ist jedoch nicht der Fall. Tatsächlich zeigt der Großteil der Spiele ab der fünften Generation (in der die Bewegung im 3D-Raum populär wurde und damit die Notwendigkeit einer separaten Beweglichkeit des Blickfeldes aufkam) eine Neigung, die Kameraperspektive mit dem rechten Analogstick beziehungsweise einem rechts gelegenen Steuermedium zu verschieben. Ähnlich verhält es sich mit dem Abfeuern von Geschossen. Zwar wäre es durchaus denkbar, durch den Druck der Select-Taste oder eines Face Buttons zu Schießen, und manche Spiele der fünften und sechsten Generation experimentierten durchaus mit solchen Tastenbelegungen. Der PlayStation 2-Exklusivtitel Jak II (2003) etwa nutzt zum Schießen die Quadrat-Taste. Seit der sechsten, insbesondere jedoch in der siebten und achten Konsolengeneration hat sich jedoch die Konvention durchgesetzt, mit einer Schultertaste und dabei vor allem mit einer der beiden rechten Schultertasten zu feuern. Die korrespondierende linke Schultertaste wird entsprechend oft zum Zielen über Kimme und Korn genutzt, bevor gefeuert werden kann. Andere Arten des Zielens und Feuerns lösen in an die Konvention gewöhnten Spielenden entsprechende Irritationen aus. Diverse solcher Konventionen existieren in der kontemporären Spielelandschaft. So ist seit Nintendos Super Mario Bros. (1985) auf dem NES in Spielen, die eine Sprung-Aktion anbieten, die A-Taste (X im Fall der PlayStation) die übliche Wahl für diese Aktion, egal ob sie die untere (Microsoft) oder rechte (Nintendo) Face-Taste darstellt. Die Irritation, die ein Abweichen von dieser Norm auslöst, ist teilweise so groß, dass Nachfolgeteile abweichender Spielereihen ihr Steuerungsschema oft ändern, um der Konvention zu genügen oder sich ihr zumindest anzunähern. Als prominentes Beispiel wäre etwa Devil May Cry (2001) zu nennen, das Sprünge mit der Dreieck-Taste, also dem oberen Face Button, auslöst, und dessen bis dato fünf Nachfolgeteile hierfür allesamt auf die X-Taste beziehungsweise den unteren Face Button ausgewichen sind. Auch Dark Souls (2011), dessen Sprungaktion durch das Gedrückthalten des rechten Face Buttons und anschließende Lösen und erneute kurze Drücken desselben Buttons ausgelöst wird, versuchte bereits im Nachfolger (2014) und allen weiteren Teilen, den Sprung für Spielende weniger kompliziert und einfacher kontrollierbar zu gestalten. Da der untere Face Button als kontextsensitive Aktionstaste jedoch bereits belegt war, wird der Sprung in diesen Fällen durch das Eindrücken des rechten Analogsticks, auf dem der rechte Daumen beim Bewegen der Kamera ruht, ausgelöst; eine zwar deutlich zweckmäßigere, jedoch weiterhin irritierende Wahl.
Zugrundeliegende Motivationen der Konventionen
Diese Konventionen legen die Vermutung nahe, dass ihnen gewisse Motivationen zugrunde liegen. Ansonsten wären sie nicht so konsequent plattform- und generationenübergreifend gefestigt und beibehalten worden.
Ein beträchtlicher Teil dieser Motivation dürfte wie bereits angedeutet mit dem Embodiment bestimmter Aktionen des Spielendenavatars zu tun haben. Schießt ein Avatar mit einer Waffe, so assoziieren wir diese Aktion mit dem Ziehen eines Abzugs mithilfe des Zeigefingers. Das macht die Nutzung der Schultertasten, die anders als die Face Buttons, Analogsticks und Steuerkreuze generell nicht mit dem Daumen, sondern mit Zeige- oder Mittelfinger gedrückt werden, sogleich zur intuitiven Wahl. Da die Schulter-Trigger ohnehin dem Modell eines Abzugs folgen, trägt deren Nutzung noch zusätzlich zum Verkörperungsgefühl, selbst die Waffe zu feuern, bei. Das Schwenken der Kamera durch einen Analogstick folgt ebenfalls der Verkörperungslogik: Im dreidimensional modellierten virtuellen Raum ist die Kamera meist am Körper des Avatars arretiert, wenn dieser sichtbar ist (in einer Third Person-Perspektive) oder am Kopf des Avatars, wenn der Körper unsichtbar ist (in einer First Person-Perspektive ist). In dieser Hinsicht funktioniert das Schwenken der Kamera also ganz ähnlich dem Drehen des eigenen Körpers beziehungsweise Kopfs, um das Sichtfeld zu ändern. Der Avatar dient als Achse, die durch den ebenfalls mittig arretierten, aber zu allen Seiten frei lenkbaren Stick repräsentiert wird und gleichzeitig die eigene Kopfbewegung oder Körperdrehung intuitiv imitiert.
Viele weitere Konventionen hängen weniger mit Einkörperung des Spielenden in Aspekte des Spiels zusammen, sondern mehr mit der Physiognomie des Menschen, genauer gesagt mit den körperlichen Voraussetzungen der größten Spielendengruppen. Dass die Schusstrigger meist rechts liegen und nicht links lässt sich dadurch erklären, dass der Großteil der Weltbevölkerung rechtshändig ist. Aus demselben Grund liegen alle Face Buttons grundsätzlich rechts, während schon die frühesten Steuermodule, egal ob Steuerkreuz oder Stick, eher links liegen: das schnelle Wechseln von einer Taste zur anderen, womöglich in Kombination mit der Nutzung einer Schultertaste durch einen anderen Finger derselben Hand benötigt sehr viel mehr Feinmotorik und Koordination als das Verlagern des Gewichts des Daumens von einer Seite des Steuermedium aufs andere. Diese ‚sprunghaften‘ (In der Videospielszene gerne als twitchy bezeichneten) Aktionen sind somit deutlich effektiver mit der Primärhand ausführbar. Spiele, die die freie Umbelegung von Tastenfunktionen der einen auf die andere Controllerseite zulassen, sind äußerst rar. Noch seltener sind hingegen linkshändige Controller – der 2018 veröffentlichte Xbox Adaptive Controller20, der speziell für zugängliches Spielen auch bei körperlicher Beeinträchtigung entwickelt wurde und frei konfigurier- und erweiterbar ist, ist der erste von einem Konsolenhersteller offiziell vertriebene Controller, der ein linkshändiges Layout überhaupt theoretisch möglich macht (abgesehen von den Nintendo Wii-Motion Controllern, die beliebig in beide Hände genommen werden können).
Lesbarkeit des Layouts
Um eine Konventionalisierung der Verbindung bestimmter Tasten mit bestimmten Spielaktionen überhaupt erst möglich zu machen, muss das Layout eines Gamepads für die Rezipienten zunächst lesbar sein. Obwohl der Begriff der Lesbarkeit aus dem Bereich der Bildlinguistik, also der gemeinsamen Rezeption von Text (hier: aufgedruckte Buchstaben und Symbole) und anderen visuellen Reizen (hier: Farben, Formen), eine visuelle Aufnahme nahelegt, schließt er auch die haptische Ebene nicht aus. Diese ist bei der Untersuchung von Eingabegeräten naturgemäß von ganz besonderer Bedeutung, da sich gerade die Form der Buttons, ihr Druckpunkt, ihre Lage auf dem Controller vor allem erspüren lässt. Wildgen (2013) ordnet den Tastsinn etwa als Grundprinzip einer visuellen Semiotik ein und spricht ihm besondere Bedeutung in der Rezeption bei Texturunterschieden etwa der bildenden Künste, insbesondere aber des menschlichen Körpers zu.21
In der Betrachtung des Gamepads nimmt Text eine stark untergeordnete Rolle ein. Abgesehen von teilweisen Beschriftungen wie Start oder Select arbeiten Buttons grundsätzlich eher mit Symbolen. Diese entstammen zwar dem Schriftsystem, es lässt sich jedoch argumentieren, dass sie nicht eigenständig als Zeichen wirken, da die Beschriftung immer gleichzeitig auf den Button selbst verweist. Dennoch ist es interessant anzumerken, dass deutlich öfter von „Drücke A“ die Rede ist als von „Drücke die A-Taste“, der Text also im Dialog eine bedeutende Rolle spielt. Die hauptsächlich haptische Funktion des Controllers sorgt jedoch dafür, dass die Namen der Tasten gleichzeitig oder zumindest lediglich stellvertretend für die Knöpfe selbst gedacht werden. "Drücke A" bedeutet somit nicht "Lege den Finger auf das Symbol A", sondern "Drücke die als A designierte Taste", selbst, wenn das A nicht auf der Taste, sondern daneben geschrieben ist. Es gilt:
These 1:
Die [Beschriftung] ist der Signifié des Signifiants <Taste>.
Wie eine Taste gelesen wird, hängt maßgeblich damit zusammen, welche Spielaktionen mit ihr ausgelöst werden. Welche Spielaktion sich für welche Taste ‚korrekt‘ oder ‚natürlich‘ anfühlt, hängt mit der Lage der Taste, mit kultureller Vorerfahrung (wie etwa dem Wissen um die Funktion eines Abzugs) und der Physiognomie der bedienenden Hände zusammen (etwa der Rechts- oder Linkshändigkeit des Nutzenden). Diese Erwartung verfestigt sich in Konventionen, die sich von einem Gamepad auf ein anderes, ähnlich gebautes übertragen lassen. Diese Konventionen sind deutlich stärker mit der Position der Tasten als mit deren Benennung verbunden. In logischer Konsequenz irritiert also eine Steuerung auf einem andersartig gebauten Controller, der die Umsetzung dieser Konventionen nicht zulässt. Es gelten:
These 2:
Das Zeichen [Beschriftung-Taste] stellt selbst den Signifié eines Signifiants <Spielaktion> dar.
These 3:
Die erwartete Spielaktion, die durch den Druck der Taste ausgelöst wird, ist bestimmt durch Konventionen.
These 4:
Die Konventionen entstehen durch Embodiment über für die manuelle Eingabe komfortable, durch die Physiognomie der Hände vorgegebene Platzierung.
Dass die erwartete Spielaktion tatsächlich wie in These 3 verankert ist und nicht etwa eine ikonische Beziehung zwischen Tastendruck und Spielaktion bestehen muss, um eine Erwartung zu schüren, lässt sich im empirischen Experiment zeigen. Shafer, Carbonara & Popova (2014) nach, dass die ideomotorische Assoziation zwischen der motorisch ausgeführten Aktion und der wahrgenommenen Auswirkung bei ikonischen Aktionen (wie dem Drücken einer Taste, damit auch der Avatar im Spiel eine Taste betätigt) nicht stärker als bei symbolischen ist.22 Ihre Studie bezieht sich auf „natural controllers“, mimetisch-kinetische Steuergeräte wie die Wii Motion Plus oder der PlayStation Move-Controller, die in dieser Arbeit nicht behandelt werden, stützt sich jedoch zusätzlich auf konsistente Vorläuferergebnisse mit konventionellen Gamepads, die ebenfalls keinen Zusammenhang zwischen „natural mapping“ und Involvierung finden.23 Diese Feststellung scheint der Überzeugung zu widersprechen, dass die indexikalische Verwandtschaft eines Tastendrucks zur Spielaktion (Schultertrigger zu Pistolenabzug) die Belegung einer Taste mit einer Aktion motiviert. Die Motivation der Tastenbelegung hängt jedoch nicht mit dem wahrgenommenen Spaßfaktor oder der räumlichen Perzeption der Spielenden zusammen. Sie ist allen eigentlichen Interaktionen der Spielenden vorgeschaltet und dient nicht zwingend der Förderung der Involvierung, sondern der Erlernbarkeit und intuitiven Nutzbarkeit des Spielsystems.
Insofern widersprechen sich die empirischen Funde und die These nicht.
Eine indexikalische Verbindung zwischen Taste und Spielaktion ist möglich, wenn Tasten normativ für bestimmte Zwecke designt und entsprechend markiert sind. Dieser Index kann jedoch, wie am Beispiel des PlayStation-Controllers beschrieben, von Spielendengruppen oder auch individuellen Spielern aufgelöst werden, wenn ihnen der Kontextverweis kulturell nicht bekannt ist. Physiognomische Konventionen, etwa die gemeinsame Erreichbarkeit aller vier Face Buttons durch denselben Daumen, können die Intention einer indexikalischen Taste-Spielaktion-Verbindung überschreiben. Es gilt:
These 5:
In manchen Fällen sind in These 3 beschriebenen Konventionen Indices für kulturelle Gegebenheiten. Diese Konventionen können der in These 4 beschriebenen Motivation widersprechen, jedoch ebenso von ihr ersetzt werden. Ebenso können neue Konventionen alte ersetzen, wenn die Notwendigkeit besteht, vorhandene Steuerschemata auf neue Gamepadformen oder wahrgenommene Gruppierungen von Tasten zu übertragen.
Eine zentrale Grundlage des Verstehens von Schrift-Bild-Kompositionen stellt also auch die Gruppierung dar, die Sichtbarkeit dessen, was zusammengehört. Einzelne Elemente lassen sich vergleichen und bei feststellbarer Gemeinsamkeit gemeinsam interpretieren.24 Gemeinsamkeiten können neben der Positionierung in Form, Farbe oder anderer gemeinsamer Salienzen der Buttons bestehen und insgesamt als „Komposition“25 bezeichnet werden.
In der Rezeption des Gamepads wirken visuelle und haptische Erschließung der Komposition gemeinsam mit den Vorgaben der Konvention. Was visuell gruppiert werden kann, kann schließlich auch vom Tastsinn als verwandte Komposition erkannt werden. So besitzen die Schultertasten grundsätzlich dieselbe Farbe, meist grau oder schwarz, und sind durch ihre gemeinsame Position auf der Rückseite des Controllers klar als verwandt ertastbar. Obwohl wir ein Gamepad-Layout visuell als Fläche wahrnehmen (und anhand von flachen Bildern beschreiben und untersuchen), haben wir es tatsächlich mit einer Oberfläche zu tun, die über hervorstehende, teils glatte, teils raue, eindrückbare Knöpfe verfügt. Was also in Wahrheit reliefartig ist, interpretieren wir zunächst diagrammatisch: „Oberflächen gelten uns als Flächen; und dies genau dann, wenn ihre Funktion darin besteht, Bilder oder Inskriptionen zur Erscheinung kommen zu lassen.“26, so Krämer (2012). In diesem Fall soll die Oberfläche der Controller die Tasten und deren Inskriptionen zur Erscheinung kommen lassen. Der Controller selbst ist zwar durch Vorgaben der Ergonomie und des technischen Standes limitiert, in der bildlinguistischen Betrachtung jedoch hauptsächlich die Leinwand der darauf lesbaren Elemente.
Und dennoch lassen sich auch die Gamepads selbst ‚lesen‘, wenn wir feststellen, dass ihre Form sich im Layout der Tasten wiederfindet. Alle betrachteten Controller besitzen eine Art symmetrischer Achse, die sich vertikal in der Mitte des Pads finden lässt und es in zwei sich stark ähnelnde Hälften teilt, die generell über die gleiche Anzahl an Buttons verfügen. Jede dieser Hälften wird damit klar einer der beiden bedienenden Hände zugeordnet. Eine bemerkenswerte Ausnahme bildet in den betrachteten Fällen der dreizackige N64-Controller (Abb. 03), der als einziges Pad ein Umgreifen der Hände erfordert: Je nach Spiel greift die linke Hand mittig, um den Stick zu bedienen und den unten an der Unterseite befestigten Z-Button zu nutzen oder links, um das Steuerkreuz und die linke Schultertaste zu erreichen. Der N64-Controller bedient damit zwar im Gesamtbild dasselbe Symmetrieempfinden wie die anderen Gamepads, ist in seiner Anwendung jedoch in zwei verschiedene Formen geteilt: Ein klassisches Gamepad mit symmetrischer Anordnung der Tasten oder ein asymmetrisches Pad, das links lediglich über zwei Eingabemöglichkeiten verfügt, rechts aber die Face Buttons wie gewohnt bedient. Die Existenz der kreuzförmig angeordneten C-Tasten, die selbst eine Besonderheit darstellen, da sie gleichzeitig ein Steuerkreuz und zusätzliche Face Buttons darstellen, ist sicher auf diesen Designgrundsatz ausgelegt: Je nach Bedarf können sie als zusätzliche Aktionstasten dienen oder die Steuerung der Kamera zulassen. Die Komposition des N64-Controller lässt sich damit, im Gegensatz zu den anderen betrachteten Gamepad-Designs, nicht klar bestimmen, sondern ist spielsituationsabhängig.
Dass sich die Wahrnehmung der Face Buttons von der „2+2-Struktur“ von SNES und der PlayStation 1, also der Existenz von zwei Aktions- und zwei zusätzlichen Menütasten, zu einer Wahrnehmung von vier gleichwertigen, für Aktionen nutzbaren Face Buttons gewandelt hat, hat wohl nicht zuletzt damit zu tun, dass sie in gleichmäßiger, kreuz- oder karoförmiger Anordnung am rechten Rand des Controllers liegen und bequem vom gleichen Finger, dem Daumen, erreicht werden können. Dass sie damit als symmetrischer Gegenpol zum links gelegenen, sowohl in der Funktion als auch optisch als Einheit wahrgenommenen Steuerkreuz liegen, trug sicherlich ebenfalls zur Vereinheitlichung der Wahrnehmung bei. Obwohl die beiden Buchstabenpaare AB und XY ihrer Position im Alphabet nach klar getrennt sind, so überwiegt in der Rezeption nach doch die Gemeinsamkeit als ‚Buchstabentaste‘. Ähnliches wirkt auf die Symbole der PlayStation-Face Buttons, sowohl innerhalb des japanischen Kulturkontexts als auch außen. Während mit kulturellem japanischen Wissen X und Kreis klar als Paar erkennbar sind, fehlt Dreieck und Viereck abgesehen von ihrer Gemeinsamkeit als geometrische Grundformen eine erkennbare Verbindung, selbst wenn man Gotos initialen Anspruch des indexikalischen Verweises auf ‚Blickwinkel‘ und ‚Menü‘ erkennt. Ohne japanischen Wissenskontext bleiben nur vier arbiträre Symbole, die schon dahingehend und auch aus dem Marketing Sonys heraus (man sehe sich nur das Trademark-Zeichen an, das alle vier Symbole beinhaltet) als Einheit erkannt werden müssen.
Durch ihre Mittigkeit, die sie gleichzeitig keiner der beiden operierenden Hände zuordnet, aber von beiden prinzipiell erreichbar macht, lösen sich auch die Menü- und Systemtasten als separate Einheiten aus dem Gesamtbild des Gamepads. Sie zu betätigen erfordert einen Umgriff, ein stärkeres Bewegen des Daumens oder gar der ganzen Hand. Sie unterbrechen somit den Spielfluss, so wie es auch in der Funktion der Tasten angelegt ist: Durch das Öffnen eines Menüs oder das Zurückführen des Spielenden ins Betriebssystem der Konsole.
Fazit und Ausblick
Nicht ohne Grund sind die hier beschriebenen Merkmale und Gruppierungen pauschal auf fast allen betrachteten Gamepads zu finden. Ihre visuelle und haptische Lesbarkeit produziert in Verbindung mit bekannten Konventionen Aktionsvektoren, mithilfe derer Spielende die Steuerung eines neuen Spiels schnell erlernen. Fehlt den Spielenden das Wissen um bestimmte Konventionen, so hilft das standardisierte Layout durch die visuelle und haptische Führung der Finger dabei, diese zu erlernen. Gamepads, die vom Standard ihrer Zeit abweichen, tun dies in ergänzender und nicht in ersetzender Weise, indem sie zusätzliche Tasten in bekannte Gruppierungen anfügen oder Spielenden die Möglichkeit geben, bekannte Konventionen in neuen Gruppierungen zu erkennen.
Die anhand der in diesem Beitrag beobachteten Phänomene und Gemeinsamkeiten gebildeten Thesen können für sich allein noch keine Grundlage bilden, auf der das Design zukünftiger Controller vorausgesagt oder in der Praxis adaptiert werden kann. Sie sind jedoch als theoretische Basis für empirische Forschung ähnlich der Untersuchungen von Shafer et al und Limperos et al von Bedeutung. Beispielweise können die Erwartungen von Spielenden hinsichtlich der Komposition von Tastengruppierungen oder der Konvention von Tastenbelegungen praktisch geprüft werden. Auch Irritationen, die bei der Nutzung von alten, keiner der heute aktiven Konventionen folgenden Gamepads entstehen, könnten mithilfe der Thesen aufgezeigt werden. Eine Definition von Merkmalen, die eine „Veraltung“ für Spielende kontemporärer Controllerformen ausmacht, wäre somit möglich.
Medienverzeichnis
Spiele
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Literatur
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Bilder
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Abb. 04: Nintendo Switch Pro Controller. de.wikipedia.org. <https://de.wikipedia.org/wiki/Nintendo_Switch_Pro_Controller#/media/File:Nintendo-Switch-Pro-Controller-FL.jpg>
Abb. 05: Sega Mega Drive Controller. de.wikipedia.org. <https://de.wikipedia.org/wiki/Sega_Mega_Drive#/media/File:Sega-Mega-Drive-controllers.jpg>
Abb. 12: Xbox Wireless Controller. en.wikipedia.org. <https://en.wikipedia.org/wiki/Xbox_One_controller#/media/File:Microsoft-Xbox-One-controller.jpg>
Abb. 16: Microsoft Xbox Adaptive Controller. Xbox.com. <https://news.xbox.com/en-us/media/>
Alle weiteren Abbildungen von Mark Brown, Game Maker's Toolkit erstellt: <https://twitter.com/britishgaming/status/877895262169165826>
[Alle Links zuletzt aufgerufen und überprüft am 15.03.2019.]
- Wikipedia. List of Home Video Game Consoles.[↩]
- Ausnahmen finden sich heute etwa in sogenannten Arcade-Sticks, also großen Gamepads mit Spielautomaten-Layout, die sich auch an moderne Konsolen anschließen lassen und gerade in der kompetitiven Kampfspielszene noch häufig genutzt werden.[↩]
- Layouts der Controller Wii Motion Plus, Wii U Gamepad und Switch JoyCon werden an geeigneter Stelle als Beispiel angeführt, jedoch nicht weiter behandelt. Sie sind daher nicht Teil des Appendix, sondern werden an entsprechender Stelle in den Fußnoten zitiert.[↩]
- Kang, Frankie.[↩]
- Faroukhmanesh, Megan.[↩]
- Wii Remote. en.wikipedia.org. <https://en.wikipedia.org/wiki/Wii_Remote#/media/File:Wii_Remote_Image.jpg>[↩]
- Wii U Gamepad. en.wikipedia.org. <https://en.wikipedia.org/wiki/Wii_U_GamePad#/media/File:Wii_U_controller_illustration.svg>[↩]
- Joy-Con. en.wikipedia.org. <https://en.wikipedia.org/wiki/Joy-Con#/media/File:Nintendo_Switch_Joy-Con_Controllers.png>[↩]
- Die über zwei asymmetrische, in beiden Händen gehaltene Controller verfügende Wii der siebten Generation hatte an einem der Controller zwar zwei Schultertasten, diese waren jedoch mit C und Z bezeichnet, wohl ebenfalls in Anspielung an die Z-Taste und die C-Buttons des N64.[↩]
- Faroukhmanesh, Megan.[↩]
- Secret of Mana/Controls. Strategywiki.org <https://strategywiki.org/wiki/Secret_of_Mana/Controls>[↩]
- Copyright and Trademark notice. Playstation.com.[↩]
- Goto, Teiyu, 2001, nach Shimomura, David. 2011.[↩]
- Herzlichen Dank an Michael Meier vom Kulturpodcast Kompendium des Unbehagens, der auf seinem Aufenthalt in Osaka für mich die offiziellen japanischen Namen der Tasten recherchiert hat.[↩]
- Gallant, Matthew; Shimomura, David. 2011.[↩]
- Vgl. Shimomura, David. 2011.[↩]
- Shimomura, David. 2011.[↩]
- Blomberg, Johan. 2018.[↩]
- Blomberg, Johan. 2018.[↩]
- Microsoft. Xbox Adaptive Controller.[↩]
- Vgl. Wildgen, Wolfgang. 2013. S. 13, 160, 183.[↩]
- Shafer, Carbonara & Popova. 2014. S. 269, 271, 283f.[↩]
- Limperos, Schmierbach, Kegerise, & Dardis. 2011. S. 345ff.[↩]
- Vgl. Große, Franziska. 2011. S. 37.[↩]
- Kress & Van Leeuwen. 2010 [2006]. S. 176.[↩]
- Krämer, Sybille. 2012. S. 79.[↩]